Die Deutsche Oper Berlin ist das zweitgrößte deutsche Opernhaus und die mit Abstand größte der drei Staatsopern des Landes Berlin. Mit der Staatsoper Unter den Linden, der Komischen Oper, dem Staatsballett Berlin und den Berliner Opernwerkstätten gehört sie zur Berliner Opernstiftung.

Geschichte
Die Geschichte des Hauses geht zurück auf das Deutsche Opernhaus in Charlottenburg (Bismarckstraße 34–37), das von 1911 bis 1912 durch Heinrich Seeling erbaut und am 7. November 1912 mit Ludwig van Beethovens Fidelio eröffnet wurde. Die Initiative für die Gründung ging auf bürgerliche Kreise Charlottenburgs, der reichsten Großstadt Preußens, zurück, die als wirtschaftliche Stütze des Staates und intellektuelle Vorreiter ein Opernhaus "für sich" als Gegenentwurf gegen die "erstarrte" Repräsentationsbühne der Hofoper Unter den Linden errichten wollten. Nach der Bildung von Groß-Berlin und der damit verbundenen Eingemeindung der bis dahin selbstständigen Stadt Charlottenburg in die damalige Reichshauptstadt 1920 erfolgte 1925 eine Umbenennung in Städtische Oper; das Haus verfügte über 2300 Sitzplätze.
Während der Zeit des Nationalsozialismus unterstand das Haus als erstes Wagner-Haus des Landes neben Bayreuth den Behörden des Propaganda-Ministers Joseph Goebbels und wurde in dieser Zeit wieder in Deutsches Opernhaus umbenannt. Als oberstem Repräsentanten Preußens unterstand dagegen die Staatsoper Unter den Linden Hermann Göring, wobei die Häuser manchmal in Stellvertretung der "Oberherren" rivalisierten. Das Charlottenburger Operngebäude wurde 1935 durch Paul Baumgarten umgebaut (2098 Sitzplätze) und am 23. November 1943 zerstört; Vorstellungen fanden bis 1945 im Admiralspalast in Berlin-Mitte statt.
Nach Kriegsende nutzte die nun wieder Städtische Oper für Vorstellungen das Gebäude des Theaters des Westens in der Kantstraße, bis der durch Fritz Bornemann von 1957 bis 1961 erbaute, noch heute genutzte Neubau mit 1865 Sitzplätzen am 24. September 1961 mit Mozarts Don Giovanni eröffnet werden konnte; der Opernneubau hatte 27,5 Millionen DM gekostet. Im Jahr 1961 erfolgte auf Anregung von Ferenc Fricsay als Reaktion auf den Mauerbau auch die Umbenennung auf den heutigen Namen Deutsche Oper Berlin. Um Verwechslungen mit der Deutschen Oper Berlin zu vermeiden, erhielt das Operhaus unter den Linden, das in der DDR-Zeit erstmals in "Deutsche Staatsoper" umgetauft worden war, um die Bedeutung der DDR als eigenständiger Deutscher Staat zu unterstreichen, wieder ihren Vorkriegsnamen "Staatsoper unter den Linden".
1986 wurde auf Initiative von Götz Friedrich in New York die Stiftung The American Berlin Opera Foundation gegründet.
Im August 2006 setzte die Oper auf Rat von Sicherheitsbehörden eine Inszenierung der Oper Idomeneo von Wolfgang Amadeus Mozart ab, da man Störungen durch islamische Fundamentalisten befürchtete. In einem Akt werden verschiedene abgeschlagene Köpfe präsentiert, darunter der des islamischen Propheten Mohammed.Von verschiedenen Politikern wurde die Absetzung als Selbstzensur kritisiert. Schließlich wurde die Oper am 18. Dezember 2006 in unveränderter Form aufgeführt und sowohl von Seiten der Presse als auch von vorauseilend scharf urteilenden Politikern die Kritik an der Intendanz des Hauses revidiert.
Künstlerisches Profil
Die Deutsche Oper Berlin ist mit 1.885 Sitzplätzen heute das weitaus größte Opernhaus Berlins. Sie allein bietet rund 42% der Plätze der drei Berliner Häuser der Opernstiftung. Daher liegt das Haus auch bei den Besucherzahlen vor den beiden anderen Berliner Opernhäusern. Die prozentuale Auslastung ist dabei zwar geringer als die der Staatsoper Unter den Linden, die jedoch auch nur 1.396 Sitzplätze aufweist und deutlich höhere Zuschüsse erhält.
Aufgabe der Deutschen Oper Berlin ist daher die Pflege des "großen" Repertoires des 19. Jahrhunderts mit Eckpunkten wie Richard Strauss, Richard Wagner, Giacomo Puccini und Giuseppe Verdi. Hier lagen in der Vergangenheit sowohl die großen Regie-Erfolge von Götz Friedrich, Hans Neuenfels, Achim Freyer, Daniel Libeskind oder John Dew und hier liegen auch die Schwerpunkte des manchmal als schwierig oder aufsässig bekannten Orchesters, das sich mit den "richtigen" Dirigenten (s. unten) immer wieder leicht zu Spitzenleistungen aufschwingt (in den letzten Jahren z.B. "Oedipe" v. Eenescu, "Saint Francois d'Assise" von Olivier Messiaen, "Das Schloss" von Aribert Reimann, "Die Meistersinger von Nürnberg" von Wagner oder "Die Frau ohne Schatten" in ungekürzter Fassung von Strauss).
Gerühmt wird das Charlottenburger Opernorchester vor allem für seine besondere Vielseitigkeit und sein Wagnerspiel, daher ist das Orchester der Deutschen Oper Berlin eine der größten Rekrutierungsquellen für das Bayreuther Festspielorchester. Im Haus an der Bismarckstraße wurde der "Parsifal" von Richard Wagner 1914 erstaufgeführt, und Wagners "Der Ring des Nibelungen" in der Regie von Götz Friedrich (immer noch gezeigt) gilt als epochemachende Regiearbeit. Ab der Spielzeit 2009/10 wird der Wagner- und Strauss-Spezialist Donald Runnicles als Generalmusikdirektor diesen Bereich noch weiter stärken.
Weiter ist das Haus dem Werk von Hans Werner Henze verpflichtet, von dem hier zahlreiche Werke auf- und uraufgeführt wurden. Nicht zuletzt die Pflege des Repertoires von Leos Janacek hat für die Deutsche Oper Berlin große Bedeutung. Unter der gegenwärtigen Intendanz der zuvor in Kiel sehr erfolgreichen Kirsten Harms, die sich vor allem mit der Wiederentdeckung selten gespielter Werke profilieren will, hat das Haus zuletzt künstlerisch wieder deutliche künstlerische Impulse setzen können.
Der Opernbau
Nüchtern (bis zur Staubtrockenheit, wie Kritiker sagen), monumental und imposant ist das architektonische Konzept des Neubaus der größten Berliner Oper aus den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Architekturlegende Fritz Bornemann (übrigens in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts Ausstattungs-Assistent am Vorgängerhaus an gleicher Stelle) konzipierte eine massive Außenwand zur 6-spurigen Bismarckstraße, an der das Gebäude liegt. Die Wand schützt den Theatersaal vollständig vor dem Straßenlärm. Sie ermöglicht aber nicht zuletzt durch ihre Stützwirkung an den Seitenfassaden durch pures Glas und leicht schwebende Treppenhäuser große Leichtigkeit und Transparenz. Das Treppenhaus war und ist für Filme und Werbespots wegen seiner entmaterialisierten Leichtigkeit als Kulisse beliebt. In den Foyers der Oper, die nicht versteckt in Zwischengeschosse oder Souterrains gedrängt sind, erwartet den Besucher Weite und Eleganz, die von Schlichtheit und Reduktion bestimmt ist. Teile der Foyers können wegen ihrer Größe selbst für Theatervorstellungen und Vorträge sowie Festlichkeiten abgeteilt und genutzt werden. Ansonsten bieten sie in den Pausen Panoramablicke nach Ost und West. Der Zuschauerrraum ist kein klassisches Opern-U in Glocken-Form, vielmehr ein Amphitheater mit optimaler Sicht der ganzen Bühne von jedem einzelnen Platz und der besten Akustik aller Berliner Musikbühnen (nur Deutsche und Komische Oper spielen in Berlin die Opernvorstellungen ohne elektronische Sound-Anlage zur Aktustik-Optimierung). Die strenge Wandverkleidung des Saales aus Edelhölzern, die Farbgebung und die gezielt gerichtete Beleuchtung betonen, dass bei einem Opernbesuch in der Deutschen Oper Berlin die Aufführung und nicht etwa Repräsentation im Vordergrund steht. Der Saal verfügt über 1865 Plätze ohne klassische Logen. Nahezu alle Vorstellungen werden zum besseren Textverständnis mit Übertiteln gegeben. Als beispielgebende Theaterarchitektur des 20. Jahrhunderts steht das Theatergebäude unter Denkmalschutz.
Wichtige Uraufführungen
Städtische Oper Berlin
- 1923: E. N. von Reznicek: Holofernes
- 1932: Franz Schreker: Der Schmied von Gent
- 1932: Kurt Weill: Die Bürgschaft
Deutsche Oper Berlin
- 1961: Giselher Klebe: Alkmene
- 1964: Roger Sessions: Montezuma
- 1965: Hans Werner Henze: Der junge Lord
- 1966: Roman Haubenstock-Ramati: Amerika
- 1968: Luigi Dallapiccola: Ulisse
- 1969: Boris Blacher: 200.000 Taler
- 1972: Wolfgang Fortner: Elisabeth Tudor
- 1981: Mauricio Kagel: Aus Deutschland
- 1987: Wolfgang Rihm: Oedipus
- 1988: Marc Neikrug: Los Alamos
- 1990: Hans Werner Henze: Das verratene Meer
- 2005: Isabel Mundry: Ein Atemzug – Odyssee
Intendanten
Die Intendanten der Deutschen Oper Berlin:
- Georg Hartmann (1912 – 1923)
- Wilhelm Holthoff von Faßmann (1923 – 1925)
- Heinz Tietjen (1925 – 1931)
- Carl Ebert (1931 – 1933)
- Max von Schillings (1933)
- Wilhelm Rode (1934 – 1944)
- Michael Bohnen (1945 – 1947)
- Heinz Tietjen (1948 – 1954)
- Carl Ebert (1954 – 1961)
- Gustav Rudolf Sellner (1961 – 1972)
- Egon Seefehlner (1972 – 1976)
- Siegfried Palm (1976 – 1981)
- Götz Friedrich (1981 – 2000)
- André Schmitz (kommissarisch) (2000 – 2001)
- Udo Zimmermann (2001 – 2003)
- Heinz Dieter Sense / Peter Sauerbaum (kommissarisch) (2003 – 2004)
- Kirsten Harms (seit 2004)
Generalmusikdirektoren (GMD) sowie bedeutende Gastdirigenten
- GMD Bruno Walter (1925 – 1929)
- GMD Artur Rother (1935 – 1943, 1953 – 1958)
- GMD Karl Dammer (1937 – 1943)
- GMD Ferenc Fricsay (1949 – 1952)
- GMD Richard Kraus (1954 – 1961)
- GMD Lorin Maazel (1965 – 1971)
- GMD Jesús López Cobos (1981 – 1990)
- GMD Rafael Frühbeck de Burgos (1992 – 1997)
- GMD Christian Thielemann (1997 – 2004)
- GMD Renato Palumbo (2006 - 2007)
- GMD Donald Runnicles (ab 2009)
- Gerd Albrecht
- Daniel Barenboim
- Leo Blech
- Semyon Bychkov
- Andris Nelsons
- Alberto Zedda
- Fabio Luisi
- Michael Boder
- Leopold Hager
- Heinrich Schiff
- Max von Schillings
- Karl Böhm
- Fritz Busch
- Lawrence Foster
- Wilhelm Furtwängler
- Heinrich Hollreiser
- Herbert von Karajan
- Claudio Abbado
- Zubin Metha
- Eugen Jochum
- James Levine
- Donald Runnincles
- Giuseppe Sinopoli
- Peter Schneider
- Horst Stein
- Marc Albrecht
- Fritz Stiedry
- Arturo Toscanini
- Marcello Viotti
Ehrenmitglied des Orchesters: Vicco von Bülow alias Loriot
Idomeneo-Wiederaufnahme 2006
Ein starkes Echo fand die Entscheidung der Deutschen Oper Berlin, eine für den November 2006 geplante Wiederaufnahme der Idomeneo-Inszenierung des Regisseurs Hans Neuenfels vom Spielplan zu nehmen. Der für seine provokanten Inszenierungen bekannte Regisseur hatte als Epilog der Oper eine Szene eingefügt, in der der abgeschlagene Kopf des islamischen Propheten Mohammed – neben den gleichfalls abgeschlagenen Köpfen von Jesus Christus, Buddha und Poseidon – gezeigt wurde. Dies löste Bedenken beim Berliner Innensenator[1] und dem Landeskriminalamt Berlin aus, welcher die Intendantin im Urlaub anrief. In einer Analyse waren Innensenator und LKA zu dem Schluss gekommen, dass sie „Störungen“ auf Grund dieser Einfügungen im Epilog „nicht ausschließen“ könnten. Die aufgrund der Analyse von der Intendanz getroffene Entscheidung, die Inszenierung nicht stattfinden zu lassen, löste eine Welle von zum Teil sehr scharfen Protesten aus. Später versuchte sich der Innensenator von der Entscheidung der Intendanz zu distanzieren; die dramatischen Formulierungen seien Standard in solchen Berichten und eine konkrete Bedrohung hätte es nicht gegeben. In der Opernzeitschrift "Opernwelt" ist das Haus für die Saison 2006/07 wegen der Ab- und Wiederansetzung der Idomeneo-Inszenierung zum Ärgernis des Jahres gewählt worden.
Im Endeffekt führte die Ideomeneo-Absetzung zu einer fruchtbaren öffentlichen Debatte über Kunst und Religionsfreiheit und, gleichsam als Nebeneffekt, zu einer Solidarisierung des Stammpublikums mit dem Haus und der Intendanz sowie zu einer deutlichen Steigerung des Publikumszuspruchs.
Siehe auch
Weblinks
- Offizielle Homepage der Deutschen Oper Berlin
- Homepage des Förderkreises der Deutschen Oper Berlin
- Interview über die aktuellen künstlerischen Perspektiven der Deutschen Oper
- Offizielle Homepage der Bigband der Deutschen Oper Berlin
- Berlin: Städtische Oper mit diversen zeitgenössischen Postkartenmotiven (englisch)
- Berlin: Deutsche Oper mit diversen zeitgenössischen Postkartenmotiven (englisch)
Quellen
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