Eigenschaften | |||||||||||
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Allgemein | |||||||||||
Name, Symbol, Ordnungszahl | Fluor, F, 9 | ||||||||||
Elementkategorie | |||||||||||
Gruppe, Periode, Block | 17, 2, p | ||||||||||
Aussehen | blasses, gelbliches Gas | ||||||||||
Massenanteil an der Erdhülle | 0,06[1] | ||||||||||
Atomar | |||||||||||
Atommasse | 18,9984 u | ||||||||||
Atomradius (berechnet) | 50 (42) pm | ||||||||||
Kovalenter Radius | 71 pm | ||||||||||
Van-der-Waals-Radius | 147 pm | ||||||||||
Elektronenkonfiguration | [He] 2s2 2p5 | ||||||||||
1. Ionisierungsenergie | 1681,0 | ||||||||||
2. Ionisierungsenergie | 3374,2 | ||||||||||
3. Ionisierungsenergie | 6050,4 | ||||||||||
Physikalisch | |||||||||||
Aggregatzustand | gasförmig | ||||||||||
Dichte | 1,6965 kg · m−3[2] bei 273 K | ||||||||||
Magnetismus | diamagnetisch | ||||||||||
Schmelzpunkt | 53,53 K (−219,62 °C) | ||||||||||
Siedepunkt | 85,03 (−188,12 °C) | ||||||||||
Molares Volumen | 11,20 · 10−6 m3·mol−1 | ||||||||||
Verdampfungsenthalpie | 3,2698 | ||||||||||
Schmelzenthalpie | 0,2552 kJ·mol−1 | ||||||||||
Wärmeleitfähigkeit | 0,0279 W·m−1·K−1 | ||||||||||
Chemisch | |||||||||||
Oxidationszustände | −1 | ||||||||||
Normalpotential | 2,87 V (F + e− → F−) | ||||||||||
Elektronegativität | 4,0 (Pauling-Skala) | ||||||||||
Isotope | |||||||||||
Weitere Isotope siehe Liste der Isotope | |||||||||||
NMR-Eigenschaften | |||||||||||
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Sicherheitshinweise | |||||||||||
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Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Fluor [chemisches Element im mit dem Symbol F und der Ordnungszahl 9. Im Periodensystem der Elemente steht es in der 7. Hauptgruppe und gehört damit zu den Halogenen. Wie die anderen Halogene liegt es in Form von zweiatomigen Molekülen vor. Fluor ist ein äußerst reaktives, sehr giftiges Gas mit einem durchdringenden Geruch, der auch noch in kleinen Konzentrationen bemerkt werden kann. Es ist farblos und erscheint in dicken Schichten blass gelb. Es ist das elektronegativste aller Elemente und reagiert mit allen anderen Elementen außer den Edelgasen Helium, Neon und Argon.
] ist einDer Name des Elementes leitet sich von lat. fluor „Fluss“ ab. Der Ursprung liegt darin, dass das wichtigste natürlich vorkommende Fluormineral Fluorit in der Metallurgie als Flussmittel zur Herabsetzung des Schmelzpunktes von Erzen verwendet wurde.
Während elementares Fluor für Lebewesen sehr giftig ist und Haut stark verätzt, sind Fluoridionen für sie essentiell. Sie sind vor allem am Aufbau der Knochen und Zähne beteiligt. Auf Grund der geringen benötigten Fluoridmenge wird es zu den Spurenelementen gezählt. Um eine ausreichende Fluorversorgung zu gewährleisten, kann es dem Trinkwasser oder Speisesalz zugesetzt werden (Fluoridierung).
Geschichte
Das erste beschriebene Fluorsalz war das natürlich vorkommende Calciumfluorid (Flussspat). Es wurde 1530 von Georgius Agricola beschrieben und 1556 von ihm als Hilfsmittel zum Schmelzen von Erzen erwähnt.[3] Es macht Erzschmelzen und Schlacken dünnflüssiger, lässt sie fließen.
Der erste, der sich eingehender mit dem Flussspat und seinen Eigenschaften beschäftigte, war Carl Wilhelm Scheele. Er entdeckte die Flusssäure und ihre ätzende Wirkung auf Glas. Eine weitere Eigenschaft, die er an Flussspat entdeckte war die Fluoreszenz, die nach dem Mineral benannt ist.[3]
1811 wurde von Humphrey Davy erstmals vorhergesagt, dass Fluor ein eigenständiges Element ist. Danach versuchten viele Chemiker, das reine Element zu gewinnen. Auf Grund der Schwierigkeiten, die durch die Reaktivität und Giftigkeit entstanden, dauerte es bis zum 28. Juni 1886, als es Henri Moissan erstmals gelang, elementares Fluor darzustellen, und zwar durch Elektrolyse einer Lösung von Kaliumhydrogendifluorid in flüssigem Fluorwasserstoff bei tiefen Temperaturen. Für diese Leistung bekam Moissan den Nobelpreis für Chemie im Jahr 1906 verliehen.[4]
Aufschwung nahm die Fluorherstellung im Zweiten Weltkrieg, einerseits durch die Entwicklung der Atombombe in den USA (Manhattan-Projekt), weil die Isotopanreicherung von Uran-235 über gasförmiges Uranhexafluorid (UF6) erfolgt, das mit Hilfe von elementarem Fluor hergestellt wird.[5][6] Andererseits betrieb damals die I. G. Farben in Gottow eine Fluorelektrolyse-Zelle, deren Produkt angeblich nur zur Herstellung eines neuen Brandmittels (Chlortrifluorid) für Brandbomben dienen sollte.[7] Ob man mit dieser Fluorproduktion auch in Deutschland damals Uran aufbereiten konnte, wird kontrovers diskutiert.[8][9]
Vorkommen
In der Erdkruste ist Fluor ist mit 525 ppm ein relativ häufiges Element[10]. Es kommt auf Grund seiner Reaktivität nicht elementar, sondern nur gebunden als Fluorid in Form einiger Minerale vor. Im Meerwasser ist auf Grund der geringen Löslichkeit vieler Fluoride nur wenig Fluor enthalten. Die häufigsten Fluorminerale sind der Fluorit CaF2und der Fluorapatit Ca5(PO4)3F. Der größte Teil des Fluorits ist in Fluorapatit gebunden, jedoch enthält dieser nur einen geringen Massenanteil Fluor von 3,5 %. Daher wird Fluorapatit nicht wegen seines Fluorgehaltes, sondern vor allem als Phosphatquelle abgebaut. Die Hauptquelle für die Gewinnung von Fluor und Fluorverbindungen ist der Fluorit. Größere Fluoritvorkommen findet man in Mexiko, China, Südafrika, Spanien und Russland. Auch in Deutschland, etwa bei Wölsendorf in der Oberpfalz findet sich Fluorit.
Ein weiteres natürlich vorkommendes Fluormineral war Kryolith Na3AlF6. Dessen einzige bekannte Vorkommen auf Grönland sind jedoch abgebaut. Das in der Aluminiumproduktion benötigte Kryolith wird daher künstlich hergestellt.
Fluor kommt auch in einigen seltenen Mineralen als Bestandteil vor. Beispiele sind der Schmuckstein Topas Al2SiO4(OH, F)2, Sellait MgF2 und Bastnäsit (La,Ce)(CO3)F. Eine Übersicht findet man in der Kategorie:Fluormineral.
Einige wenige Organismen können fluororganische Verbindungen herstellen. Der südafrikanische Busch Gifblaar und weitere Pflanzenarten der Gattung Dichapetalum können Fluoressigsäure synthetisieren und in ihren Blättern speichern. Dies dient zur Abwehr von Fressfeinden, für die Fluoressigsäure tödlich wirkt. Die Giftwirkung wird durch Unterbrechung des Citratzyklus ausgelöst.[11]
Gewinnung und Darstellung
Das Ausgangsmaterial für die Gewinnung von elementarem Fluor und anderer Fluorverbindungen ist überwiegend Fluorit CaF2. Aus diesem wird durch Reaktion mit konzentrierter Schwefelsäure Flusssäure gewonnen.
-
- Reaktion von Calciumfluorid mit Schwefelsäure
Eine weitere Quelle für Flusssäure ist die Phosphatgewinnung, bei der Flusssäure als Abfallprodukt bei der Verarbeitung von Fluorapatit entsteht.
Nur ein keiner Teil der produzierten Flusssäure wird zu elementarem Fluor weiterverarbeitet. Der größte Teil wird direkt zu anderen fluorierten Verbindungen verarbeitet. Das geht in einigen Fällen nicht; dafür ist elementares Fluor nötig.
Da Fluor eines der stärksten Oxidationsmittel ist, kann es auf chemischem Weg nur sehr umständlich und nicht wirtschaftlich gewonnen werden. Stattdessen wird ein elektrochemisches Verfahren eingesetzt. Die Bruttoreaktion verläuft gemäß:
Das Verfahren, das angewendet wird, wird nachHenri Moissan, der das Verfahren erstmals angewendet hat, Moissan-Verfahren genannt. Dabei wird kein reiner Fluorwasserstoff zur Elektrolyse verwendet, sondern eine Mischung von Kaliumfluorid und Fluorwasserstoff im Verhältnis von 1:1 bis 1:3. Der wichtigste Grund für die Verwendung dieser Mischung liegt darin, dass die Leitfähigkeit der Schmelze im Vergleich zu reinem Fluorwasserstoff, der wie reines Wasser Stom nur sehr wenig leitet, stark erhöht ist. Für die Elektrolyse ist es wichtig, dass die Schmelze komplett wasserfrei ist, da sonst während der Elektrolyse Sauerstoff anstatt Fluor entstehen würde.
Technisch wird das sogenannte Mitteltemperatur-Verfahren mit Temperaturen von 70 bis 130 °C und einer Kaliumfluorid-Fluorwasserstoff-Mischung von 1:2 angewendet. Bei höheren Fluorwasserstoffgehalten würde ein größerer Dampfdruck entstehen, so dass bei tiefen Temperaturen und aufwändiger Kühlung gearbeitet werden müsste. Bei niedrigeren Gehalten (etwa 1:1) sind die Schmelztemperaturen höher (1:1-Verhältnis: 225 °C), was den Umgang erheblich erschwert und die Korrosion fördert. Die Elektrolyse findet mit Graphit-Elektroden in Zellen aus Stahl oder Monel statt, die zusätzliche Eisenbleche zur Trennung von Anoden- und Kathodenraum enthalten, um eine Durchmischung der entstehenden Gase verhindern. An die Elektroden wird eine Spannung von etwa 8–12 Volt angelegt. Der bei der Elektolyse verbrauchte Fluorwasserstoff wird kontinuierlich ersetzt.
Das Rohfluor, das die Elektrolysezelle verlässt, ist mit Fluorwasserstoff verunreinigt, enthält aber auch Sauerstoff, Tetrafluormethan (CF4) und perfluorierten Kohlenwasserstoffen, die durch Reaktion von Fluor und dem Elektrodenmaterial entstehen. Diese Verunreinigungen können durch Ausfrieren und Adsorption von Fluorwasserstoff an Natriumfluorid entfernt werden.
Chemisch kann Fluor nur durch einen Trick hergestellt werden, indem durch Versetzen von K2MnF6 mit SbF5 bei etwa 150 °C das instabile MnF4 freigesetzt wird, das wiederum in F2 und MnF3 zerfällt.[12]
Eigenschaften
Physikalische Eigenschaften
Fluor ist bei Raumtemperatur ein blassgelbes, stark riechendes Gas. Die Farbe ist von der Schichtdicke abhängig, unterhalb von einem Meter Dicke erscheint das Gas farblos, erst darüber ist es gelb. Unterhalb von −188,13 °C[1] ist Fluor flüssig und von „kanariengelber“ Farbe.[13]. Der Schmelzpunkt des Fluor liegt bei −219.52 °C[1]. Von festem Fluor sind zwei Modifikationen bekannt. Zwischen −227,6 °C und dem Schmelzpunkt liegt Fluor in einer kubischen Kristallstruktur mit Gitterparameter a=667 pm vor (β-Fluor).[14] Unterhalb von −227,6 °C ist die monokline α-Modifikation mit den Gitterparametern a=550 pm, b=328 pm, c=728 pm und β=102.17° stabil.[15] Fluor ist mit einer Dichte von 1,70 kg/m3 bei 0 °C und 1013 hPa[2] dichter als Luft.
Moleküleigenschaften
Fluor liegt im elementarem Zustand wie die anderen Halogene in Form zweiatomiger Moleküle vor. Die Bindungslänge im Fluormolekül ist mit 144 pm kürzer als die Einfachbindungen in anderen Elementen (beispielsweise Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung: 154 pm). Trotz dieser kurzen Bindung ist die Dissoziationsenergie der Fluor-Fluor-Bindung im Vergleich zu anderen Bindungen mit 158 kJ/mol gering und entspricht etwa der des Iodmoleküls mit einer Bindungslänge von 266 pm. Die Gründe für die geringe Dissoziationsenergie liegen vor allem daran, dass sich die freien Elektronenpaare der Fluoratome stark nähern und es zu Abstoßungen kommt. Diese schwache Bindung bewirkt die hohe Reaktivität des Fluors.
Durch die Molekülorbitaltheorie lässt sich die Bindung im Fluormolekül ebenfalls erklären. Dabei werden die s- und p-Atomorbitale der einzelnen Atome zu bindenden und antibindenden Molekülorbitalen zusammengesetzt. Die 1s- und 2s-Orbitale der Sauerstoffatome werden jeweils zu σs und σs*- bindenden und antibindenden Molekülorbitalen. Da diese Orbitale vollständig mit Elektronen gefüllt sind, tragen sie nichts zur Bindung bei. Aus den 2p-Orbitalen werden insgesamt sechs Molekülorbitale mit unterschiedlicher Energie. Dies sind die bindenden σp-, πx- und πy-, sowie die entsprechenden antibindenden σp*-, πx*- und πy*-Molekülorbitale. Die π-Orbitale besitzen dabei gleiche Energie. Werden Elektronen in die Molekülorbitale verteilt, kommt es dazu, dass sowohl sämtliche bindenden als auch die antibindenden π*-Orbitale vollständig besetzt sind. Dadurch ergibt sich eine Bindungsordnung von (6−4)/2 = 1 und ein diamagnetisches Verhalten, das auch beobachtet wird.
Chemische Eigenschaften
Fluor gehört zu den stärksten bei Raumtemperatur beständigen Oxidationsmitteln. Es ist das elektronegativste Element und reagiert mit allen Elementen außer Helium, Neon und Argon. Die Reaktionen verlaufen meist heftig. So reagiert Fluor im Gegensatz zu allen anderen Halogenen Lichtaktivierung selbst als Feststoff bei −200 °C explosiv mit Wasserstoff unter Bildung von Fluorwasserstoff. Fluor ist das einzige Element, das mit den Edelgasen Krypton, Xenon und Radon direkt reagiert. So bildet sich bei 400 °C aus Xenon und Fluor Xenon(II)-fluorid.
Auch viele andere Stoffe reagieren lebhaft mit Fluor, darunter viele Wasserstoffverbindungen wie beispielsweise Wasser, Ammoniak, Monosilan, Propan oder organische Lösungsmittel. So wird Wasser durch Fluor unter anderem in Sauerstoff (O2) und Fluorwasserstoff (HF) gespalten. Nebenbei entstehen in kleinerer Menge Ozon O3 und HOF. Treibende Kraft hinter all diesen Reaktionen ist jeweils die exotherm verlaufende Bildung von Fluorwasserstoff.
Mit festen Materialien reagiert Fluor dagegen wegen der kleineren Angriffsfläche langsamer und kontrollierter. Bei vielen Metallen führt die Reaktion mit elementarem Fluor zur Bildung einer Passivierungsschicht auf der Metalloberfläche, die das Metall vor dem weiteren Angriff des Gases schützt. Da die Schicht bei hohen Temperaturen oder Fluordrücken nicht dicht ist, kann es dann zu einer Weiterreaktion von Fluor und Metall kommen, die zur Aufschmelzung des Materials führt. Da beim Aufschmelzen ständig frisches Metall freigelegt wird, das dann wieder zur Reaktion mit Fluor bereit steht, kann es letztlich sogar zu einem unkontrollierten Reaktionsverlauf kommen (so genanntes Fluorfeuer).
Auch Kunststoffe reagieren bei Raumtemperatur zumeist sehr kontrolliert mit elementarem Fluor. Wie bei den Metallen, so führt auch beim Kunststoff die Reaktion mit Fluor zur Bildung einer fluorierten Oberflächenschicht.
Glas ist bei Raumtemperatur gegen Fluorwasserstoff-freies Fluor inert. Bei höherer Temperatur beobachtet man jedoch eine mehr oder weniger schnelle Reaktion. Verantwortlich hierfür sind Fluoratome, die durch die thermische Dissoziation des molekularen Fluors gebildet werden und dadurch besonders reaktionsfreudig sind. Produkt der Reaktion ist gasförmiges Siliciumtetrafluorid. Spuren von Fluorwasserstoff führen dagegen auch ohne Erhitzen zu einer schnellen Reaktion .
Isotope
Fluor ist eines von 22 Reinelementen, natürlich vorkommendes Fluor besteht zu 100 % aus dem Isotop 19F. Daneben sind weitere 16 künstliche Isotope von 14F bis 31F sowie das Kernisomer 18mF bekannt.[16] Das Isotop 15Fluor ist das langlebigste der instabilen Isotope und zerfällt unter Protonenabgabe mit einer Halbwertszeit von 410 Jahren zum instabilen 15O. Außer dem Isotop 18F, das eine Halbwertszeit von 109,77 Minuten besitzt, zerfallen alle anderen künstlichen Isotope innerhalb von Zeptosekunden bis etwas über einer Minute.
18F wird in der Krebsdiagnostik – meist in Form von Fluor-Deoxyglucose – als Radiopharmakon in der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) eingesetzt.
Siehe auch: Liste der Fluor-Isotope
Verwendung
Auf Grund der hohen Reaktivität und des schwierígen Umgangs mit Fluor kann elementares Fluor nur eingeschränkt verwendet werden. Es wird überwiegend zu fluorierten Verbindungen weiterverabeitet, die auf andere Weise nicht hergestellt werden können. Der größte Teil des produzierten Fluors wird für die Herstellung von Uranhexafluorid benötigt. Dieses ist ein wichtiges Zwischenprodukt in der Urangewinnung für Kernkraftwerke. Mit Hilfe des Uranhexafluorid ist es möglich, das gewünschte 235U anzureichern. Ein zweites wichtiges Produkt, das nur mit Hilfe von elementarem Fluor hergestellt werden kann, ist Schwefelhexafluorid. Dieses dient als gasförmiges Dielektrikum in Hochspannungsschaltern und -generatoren.
Fluor dient zur Oberflächenfluorierung von Kunststoffen. Dies wird für Kraftstofftanks in Automobilen eingesetzt und bewirkt eine niedrigere Benzindurchlässigkeit. Eine zweite Auswirkung der Fluorierung ist, dass Farben und Lacke auf so behandelten Oberflächen besser haften können.
Werden Fluor und Graphit zusammen erhitzt, entsteht Fluorgraphit, das als Trockenschmiermittel und Elektrodenmaterial eingesetzt werden kann.
Nachweis
Für Fluoridionen existieren mehrere Nachweise. Bei der sogenannten Kriechprobe wird in einem Reagenzglas aus Glas eine fluoridhaltige Substanz mit konzentrierter Schwefelsäure versetzt.
- Fluorid-Ionen reagieren mit Schwefelsäure zu Sulfat-Ionen und Fluorwasserstoff.
Es steigen Fluorwasserstoffdämpfe auf, die das Glas anätzen. Gleichzeitig ist die Schwefelsäure auf Grund der Veränderung der Oberfläche nicht mehr in der Lage, das Glas zu benetzen.[17]
Eine zweite Nachweismöglichkeit ist die sogenannte Wassertropfenprobe. Dabei wird die fluoridhaltige Substanz mit Kieselsäure und Schwefelsäure zusammengebracht. Es entsteht gasförmiges Siliciumtetrafluorid. Über das Gefäß mit der Probe wird ein Wassertropfen gehalten. Durch Reaktion von Siliciumtetrafluorid mit dem Wasser bildet sich Siliciumdioxid, das als charakteristischer weißer Rand um den Tropfen kristallisiert.[17]
- Bildung des Siliciumtetrafluorids.
- Reaktion im Wassertropfen
- siehe auch: Nachweise für Fluorid
In der modernen Analytik, insbesondere für organische Fluorverbindungen spielt die NMR-Spektroskopie eine große Rolle. Fluor besitzt den Vorteil, zu 100 % aus einem Isotop (Reinelement) zu bestehen, das durch NMR-Spektroskopie nachweisbar ist.
Biologische und medizinische Bedeutung
Fluorid wird nicht nur als wichtig für die Härtung des Zahnschmelzes, sondern auch für das Knochenwachstum angesehen. Neuesten Studien zufolge wirkt Fluor dabei jedoch nur als Katalysator. Lebensmittel mit reichlichem Fluoridgehalt sind: Seefische, schwarzer Tee und viele Mineralwässer (solche mit einem Fluoridgehalt von mehr als 1,5 mg je Liter müssen mit dem Warnhinweis „fluoridhaltig“ versehen werden!).
In vielen Regionen kann die als „täglicher Bedarf“ bezeichnete Menge von ca. 1 Milligramm Fluor (als Fluorid) nicht durch die Ernährung gedeckt werden. Im Handel ist deshalb fluoridiertes Speisesalz und fluoridierte Zahnpasta erhältlich. In manchen Ländern wird dem Trinkwasser Fluorid beigefügt, was zu besseren Zähnen führen soll. Solche Maßnahmen bezeichnet man als Fluoridierung.
Da der gesundheitliche Nutzen der Fluorverbindungen bei zu großen Dosen schnell in Schädigungen des Organismus umschlägt, ist die Aufnahme von Fluor oberhalb der empfohlenen Dosis zu vermeiden. Weiterhin gibt es Hinweise darauf, dass die Anwendung auch niedrig konzentrierter Fluorsalze und -verbindungen Krebs verursachen sowie das Nervensystem und weitere Organe dauerhaft schädigen kann. Zahnarztverbände weisen dies jedoch – teilweise mit fragwürdigen Argumenten – zurück.[18]
Obwohl seltener genannt als die kariesprophylaktische Bedeutung, sind Fluoride (und Flusssäure) gelegentlich Ursache von Berufskrankheiten wie Skelettfluorose, Lungenschäden, Reizung des Magen-Darm-Trakts oder Verätzungen, die im Berufskrankheiten-System unter Bk Nr. 13 08 erfasst sind.[19]
Toxikologie von Fluor und Fluorverbindungen
Die Toxizität der Fluorverbindungen entfaltet sich über verschieden Mechanismen: [20]
- Fluor, Flusssäure, Hexafluorokieselsäure und die wasserlöslichen Fluoride führen zu lokalen Verätzungen der Haut und Schleimhäute.
- Fluor und Fluoride sind in der Lage, verschiedene Enzyme zu beeinträchtigen, darunter Phosphatasen (und Kinasen), Esterasen (Cholinesterasen) und diverse Enzyme der Glykolyse-Kette, vor allem Enolase. Auf diese Weise kommt es zu hyperglykämischen Zuständen mit entsprechenden Schädigungen des Herzmuskels, der Leber- und Nierenparenchyme und der Neuronen im ZNS.
- Bei der chronischen Vergiftung werden Fluoride in Knochen und Zähnen eingelagert, wodurch das Knochengewebe (Osteoblasten) zum weiteren Wachstum stimuliert wird. Die dabei entstehenden Knochenverdickungen und -auflagerungen führen zur Versteifung der Gelenke, die Wirbelsäule kann vollständig ankylosieren. Das aktive Knochenmark wird zunehmend eingeengt. Dabei verliert der Knochen seine elastische Qualität und es treten vermehrt Knochenbrüche auf. Die Zähne werden ebenfalls brüchig, verfärben sich und weisen eine übertriebene Abnützung auf. Dieses als Fluorose bekannte Krankheitsbild wurde vor allem bei beruflich exponierten Menschen (Formen von Erosionsschäden!) und bei Rindern (Immissionsschäden!) beobachtet. Das in vielen Ländern beobachtete Phänomen von Zahnfleckungen („mottled teeth“) aufgrund von irreversiblen Mineralisationsstörungen des Zahnschmelzes wird durch „erhöhten“ Fluoridgehalt des Trinkwassers verursacht und kann nur bei Einwirkung während der Zahnentwicklung auftreten. Diese Zahnflecken bei Erwachsenen deuten daher auf eine Exposition mindestens während der ersten ca. 8 Lebensjahre hin.
- Die hochtoxischen Fluoracetate und Fluoracetamid werden nach der Resorption zu Fluorcitrat metabolisiert. Diese Verbindung führt zur Blockade des für den Citratzyklus so wichtigen Enzyms Aconitase. Dies bewirkt eine Anreicherung von Citrat im Blut, was wiederum die Körperzellen von der Energiezufuhr abschneidet.[21]
Unlösliche Fluoride, wie zum Beispiel Calciumfluorid, sind dagegen ungiftig. Ebenso perfluorierte Alkane, die als Blutersatzstoffe in der Erprobung sind, und die handelsüblichen Fluorcarbone, wie PTFE (Teflon), PVDF, PFA und viele andere.
Vorsichtsmaßnahmen
Fluor ist ein toxisches, stark oxidierendes und – infolge der Bildung von Fluorwasserstoff – sehr stark ätzendes Gas. Die maximale Arbeitsplatz-Konzentration (MAK) von Fluor beträgt 0,1 ppm. Ein gewisser Schutz vor Fluorvergiftungen ist der sehr starke und äußerst unangenehme Geruch des Gases, der schon bei einer Konzentration im ppb-Bereich deutlich wahrnehmbar ist. Langdauernde Fluor- oder Fluorid-Exposition – beispielsweise durch den regelmäßigen Genuss übermäßig fluoridierten Wassers – kann zur sogenannten Fluorose führen.
Verbindungen
Als elektronegativstes aller Elemente kommt Fluor in Verbindungen ausschließlich in der Oxidationsstufe −1 vor. Es sind von allen Elementen außer Helium, Neon und Argon Fluorverbindungen bekannt.
Fluorwasserstoff
Fluorwasserstoff ist ein stark ätzendes, giftiges Gas. Die wässrige Lösung des Fluorwasserstoffs wird meistens Flusssäure genannt. Während wasserfreies Fluorwasserstoffgas zu den stärksten Säuren, den sogenannten Supersäuren zählt, ist Flusssäure nur mittelstark. Fluorwasserstoff ist eine der wenigen Substanzen, die direkt mit Glas reagieren. Dementsprechend ist die Verwendung als Ätzlösung in der Glasindustrie eine Anwendung von Flusssäure. Darüberhinaus ist Fluorwasserstoff das Ausgangsmaterial für die Herstellung von Fluor und vielen anderen Fluorverbindungen.
Fluoride
Fluoride sind die Salze des Fluorwasserstoffs. Sie sind die wichtigsten und verbreitetsten Fluorsalze. In der Natur kommt vor allem das schwerlösliche Calciumfluorid CaF2 in Form des Minerals Fluorit vor. Ein technisch wichtiges Fluorid ist das Uranhexafluorid UF6. Es spielt eine wichtige Rolle in der Produktion von Brennstoffen für Kernkraftwerke. Mit Hilfe von Uranhexafluorid kann das Isotop 235U angereichert werden.
Organische Fluorverbindungen
Es existiert eine Reihe von organischen Fluorverbindungen. Eine der bekanntesten fluorhaltigen Stoffgruppen sind die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW). Diese meist gasförmigen Stoffe dienten als Kältemittel in Kühlschränken und Treibgas für Spraydosen. Da diese Stoffe den Ozonabbau verstärken und somit die Ozonschicht schädigen, ist ihre Herstellung und Verwendung mit dem Montreal-Protokoll stark eingeschränkt worden. Dagegen sind Fluorkohlenwasserstoffe für die Ozonschicht ungefährlich. Eine weitere umweltschädliche Auswirkung fluorhaltiger organischer Verbindungen ist ihre Absorptionsfähigkeit für Infrarotstrahlung. Daher wirken sie als Treibhausgase.[22]
Eine aus dem Alltag bekannte organische Fluorverbindung ist Polytetrafluorethen (PFTE), die unter dem Handelsnamen Teflon® als Beschichtung von Bratpfannen verwendet wird. Perfluorierte Tenside, die unter anderem bei der Herstellung von PFTE verwendet werden, und andere perfluorierte Verbindungen verfügen über eine äußerst stabile Kohlenstoff-Fluor-Bindung. Diese Bindung verleiht den Stoffen eine hohe chemische und thermische Beständigkeit, was aber auch dazu führt, dass die Substanzen in der Umwelt persistent sind und kaum abgebaut werden.[23]
- siehe auch Kategorie:Organofluorverbindung
Weitere Fluorverbindungen
Mit den anderen Halogenen bildet Fluor eine Reihe von Interhalogenverbindungen. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist Chlortrifluorid, ein giftiges Gas, das vor allem als Fluorierungsmittel eingesetzt wird.
Im Gegensatz zu den schwereren Halogenen existiert nur eine Fluorsauerstoffsäure, die hypofluorige Säure HOF. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Oktettregel für Fluor (im Gegensatz zu Chlor) streng gilt.
Literatur
- Arnold F. Holleman, Nils Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102. Auflage. Berlin 2007, ISBN 978-3-11-017770-1.
- Norman N. Greenwood, Alan Earnshaw: Chemie der Elemente. 1. Auflage. Weinheim 1988, ISBN 3-527-26169-9.
- M.Binnewies: Allgemeine und Anorganische Chemie Spektrum Verlag, Heidelberg 2004 ISBN 3-8274-0208-5.
- Ralf Steudel: Chemie der Nichtmetalle. de Gruyter, Berlin 1998, ISBN 3-11-012322-3.
Einzelnachweise
Die Werte für die Eigenschaften (Infobox) sind, wenn nicht anders angegeben, aus www.webelements.com (Fluor) entnommen.
- ↑ a b c Holleman-Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102. Auflage, de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-017770-1.
- ↑ a b Eintrag zu Fluor in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
- ↑ a b P. Meiers: Fluoride History, 1. Entdeckung des Fluors (April 2007)
- ↑ Alain Tressaud: Henri Moissan: Chemie-Nobelpreisträger 1906 in: Angew. Chem. 2006, 118, 6946–6950 doi:10.1002/ange.200601600
- ↑ Voegtlin C., Hodge H.C.: Pharmacology and toxicology of Uranium Compounds. With a section on the pharmacology and toxicology of fluorine and hydrogen fluoride, National Nuclear Energy Series, McGraw Hill Book Company, 1949
- ↑ Goldwhite H.: The Manhattan Project, in R. E. Banks, D.W.A. Sharp, J.C. Tatlow (eds.) Fluorine – the first hundred years, Elsevier, Lausanne & New York, 1986, S. 109 ff.
- ↑ Karr E.: Elemental fluorine. I. G. Farbenindustrie Leverkusen, FIAT final report 838, vom 15. Juni 1946
- ↑ R. Karlsch: Hitlers Bombe, Deutsche Verlags-Anstalt München, 2005
- ↑ J. M. Scalia: In geheimer Mission nach Japan: U 234, Ullstein, 3. Aufl. 2006 (Hinweis: Mit U 234 ist kein Uranisotop gemeint, sondern die Nummer des U-Bootes)
- ↑ Hans Wedepohl: The composition of the continental crust, in: Geochimica et Cosmochimica Acta, 1995, 59, 7, 1217–1232
- ↑ Klaus Roth: Das Sinnloseste: der Zitronensäurezyklus in: Chemie in unserer Zeit, 2005, 39, 348–354
- ↑ Erwin Riedel: Anorganische Chemie. Berlin: Walter de Gruyter, 2004
- ↑ J. Burdon, B. Emson, A.J. Edwards: Is fluorine gas really yellow?, J. Fluorine Chem., 1987, 34, 471–474
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- ↑ Bayerisches Landesamt für Umweltschutz: FCKW und FCKW-Ersatzstoffe, Stand: Mai 2004(pdf)
- ↑ Allergie – Umwelt – Gesundheit: Perfluorierte Verbindungen
Weblinks
- chemie-master.de (Foto von flüssigem Fluor)
- Los Alamos National Laboratory – Fluorine
- It's Elemental – Fluorine
- EnvironmentalChemistry.com – Fluorine
- Fluoride im menschlichen Körper