Johanngeorgenstadt

Stadt im Erzgebirgskreis, Sachsen, Deutschland
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 17. Januar 2005 um 19:39 Uhr durch Hejkal (Diskussion | Beiträge) (Städtepartnerschaften). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Ansicht Karte
Wappen fehlt
Hilfe zu Wappen
Deutschlandkarte, Position von Johanngeorgenstadt hervorgehoben
Basisdaten
Bundesland: Sachsen
Regierungsbezirk: Chemnitz
Landkreis: Aue-Schwarzenberg
Geografische Lage: 50° 25' n. Br.
12° 43' ö. L.
Höhe: 700 - 1.019 m ü. NN
Fläche: 29,59 km²
Einwohner: 5.748 (31. Dezember 2003)
Bevölkerungsdichte: 194 Einwohner je km²
Postleitzahl: 08349
Vorwahl: 03773
Kfz-Kennzeichen: ASZ, alt: SZB
Gemeindeschlüssel: 14 1 91 180
Stadtgliederung: 12 Stadtteile
Adresse der
Stadtverwaltung:
Eibenstocker Straße 67
08349 Johanngeorgenstadt
Website: www.johanngeorgenstadt.de
E-Mail-Adresse: info@johanngeorgenstadt.de
Politik
Bürgermeister: Holger Hascheck (SPD)

Johanngeorgenstadt ist eine Stadt im sächsischen Erzgebirge und liegt direkt an der tschechischen Grenze. Sie ist auch als "Stadt des Schwibbogens" bekannt.

Geographie

Die Stadt liegt an der Einmündung des Breitenbaches in das Schwarzwasser auf dem fast 900 m hohen Fastenberg. Die nächst höchten Berge in der Umgebung der Stadt sind der 1019 m hohe Auersberg und der 1043 m hohe Blatenský vrch (Plattenberg). Aufgrund des rauhen Klimas wird diese Gegend gelegentlich auch als sächsisches Sibirien bezeichnet.

Geschichte

Am 23. Februar 1654 wurde von Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen die Gründung von Johanngeorgenstadt durch böhmische Exulanten am Fastenberg unmittelbar an der sächsischen Grenze im Amt Schwarzenberg genehmigt. 1680 sind in der Stadt und deren Umgebung etwa 100 Erzgruben gezählt worden. Der Bergbau auf Silber wurde auch auf Zinn ausgedehnt, ging aber im 18. Jahrhundert zurück. Bereits 1651 wurde im heutigen Stadtteil Wittigsthal ein Hammerwerk in Betrieb genommen, aus dem 1827 das erste sächsische Eisenblechwalzwerk hervorging. Im 19. Jahrhundert begann u.a. die Produktion von Bandspitze und Lederhandschuhen. Am 19. August 1867 vernichtete ein verheerender Großbrand 287 von 355 Häuser des Stadtgebietes. Es kamen dabei 7 Erwachsene und 5 Kinder ums Leben.

Die erste Großsprungschanze Deutschlands entstand 1929 und trug den Namen Hans-Heinz-Schanze. 1934 wurde der zuvor eingestellte Bergbau wieder aufgenommen. Ab 1945 erlebte der Uranabbau durch die Gründung der SAG Wismut, später SDAG Wismut, einen rasanten, keine Rücksicht auf Mensch und Umwelt nehmenden Aufschwung. Ein Großteil der Altstadt musste aufgrund von Bergschäden ab 1953 weitgehend abgebrochen werden und es wurden mehrere neue Wohnsiedlungen errichtet (Mittel- und Neustadt, Mühlberg, Neuoberhaus). Von 1951 bis 1957 bildete Johanngeorgenstadt einen eigenen Stadtkreis, danach wurde der Ort in den Kreis Schwarzenberg (heute Landkreis Aue-Schwarzenberg) integriert.

Die ab 1990 einsetzende Schließung zahlreicher Betriebe der Handschuh-, Textil- und Möbelindustrie sowie des Maschinenbaues sorgte für einen starken Rückgang der Bevölkerungszahl weit unter das Vorkriegsniveau. Dies wiederum hatte den Abriss vieler leerstehender Wohngebäude (vor allem in Neuoberhaus, Pachthaus und der Mittelstadt) zur Folge.

Verkehr

 
Postmeilensäule in der Neustadt

Johanngeorgenstadt war in das Poststraßensystem des Kurfürstentums Sachsens einbezogen. An diese Zeit erinnert die Distanzsäule aus dem Jahre 1728 vor dem Postamt in der Neustadt, die Ganzmeilensäule Nr. 56 gegenüber des Pulverturmes und der Viertelmeilenstein Nr. 55 im Ortsteil Steinbach, die beide von [[1725] stammen. 1883 wurde die Eisenbahn nach Schwarzenberg in Betrieb genommen und 1899 die durchgängige Verbindung über Neudek (Nejdek) nach Karlsbad (Karlovy Vary). Es bestehen Busverbindungen nach Schwarzenberg und über Eibenstock nach Rodewisch. Durch einen Fußgängergrenzübergang, der auch mit Kleinkrafträdern benutzt werden darf, ist die tschechische Nachbargemeinde Potůčky (Breitenbach) zu erreichen.

Öffentliche Einrichtungen

Das Rathaus befindet sich in einem ehemaligen Kasernengebäude an der Eibenstocker Straße in der Mittelstadt. Das alte Rathaus befand sich ursprünglich am Marktplatz, es wurde 1867 beim Stadtbrand vernichtet und sein Nachfolgerbau ab 1955 abgerissen.

Das in den fünfziger Jahren in der Neustadt errichtete Kulturhaus "Karl Marx" ist seit vielen Jahren geschlossen.

Seit 1927 besteht in der Hospitalstraße 5 eine Jugendherberge, die über 60 Gästebetten verfügt. 1986 wurde sie mit dem Titel "Schönste Jugendherberge" ausgezeichnet. [1]

Die in den Jahren 1930/31 an der Eibenstocker Straße errichtete Turnhalle wurde nach Renoverierung und Erweiterung Ende Oktober 2004 als Sport- und Begegnungsstätte "Franz Mehring" wieder eröffnet.


Freizeit- und Sportanlagen

Ein Naturbad, das vom Schwefelbach gespeist wird, lädt im Sommer zum Besuch ein. Das unweit des Bades befindliche Natureisstadion an den Schanzen ist in der Wintersaison geöffnet.

Das Loipenzentrum im Stadtteil Schwefelwerk wurde 2004 mit einem neuen Funktionsgebäude komplettiert und als Nordic-Aktiv-Zentrum des Deutschen Skiverbandes anerkannt. Hier beginnt die im Winter sehr beliebte Ski-Kammloipe über Weitersglashütte und Mühlleithen bis nach Schöneck. Ferner stehen im Külliggutgelände Liftanlagen den Skisportlern zur Verfügung.

Städtepartnerschaften

Stadtgliederung

Johanngeorgenstadt besteht aus den Ortsteilen Altstadt (volkstümlich genannt Sockendorf), Mittelstadt, Neustadt, Schwefelwerk, Jugel (Ober- und Unterjugel), Henneberg, Wittigsthal, Pachthaus, Heimberg (mit Külliggut), Steigerdorf (mit Haberlandmühle), Steinbach und Sauschwemme.

Entwicklung des Stadtgebiets

Der nach dem Zweiten Weltkrieg angelegte Stadtteil Neuoberhaus, benannt nach dem alten Bergwerk Neuoberhaus Sachsen, in dem sich u. a. die Betriebsberufsschule "Martin Hoop" befand, wurde nach 1990 aufgegeben, vollständig abgerissen und wiederaufgeforstet.

Eingemeindungen

  • 1935: Jugel und Wittigsthal
  • 1951: Steinbach


Kultur und Sehenswürdigkeiten

 
Blick zur ev.-luth. Kirche
  • Denkmal des Stadtgründers Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen auf dem Marktplatz, geschaffen 1863 vom Bildhauer Wilhelm Schwenk aus Dresden, erneuert 1984.
  • Schillerbrunnen von 1859 auf dem Marktplatz, zur Feier des 100. Geburtstages von Friedrich von Schiller eingeweiht.
  • Sockel des Kriegerdenkmals (1870/71) und mehrere Gedenksteine für Söhne der Stadt auf dem Marktplatz.
  • Ehem. Löbelhaus am Markt. An dieser Stelle stand vor dem Stadtbrand 1867 das Eckhaus des 1. Bürgermeisters Johann Löbel d. Ä.. Hier übernachtete 1785 Johann Wolfgang von Goethe. Die Goethe-Gedenktafel befindet sich heute im Postamt in der Neustadt.
  • Ev.-luth. Stadtkirche im neugotischen Stil, 1872 geweiht. Im Inneren u.a. Monumentalgemälde "Betender Bergmann" und "Exulantenschicksal".
  • Auf dem Röderplatz Denkmal für den Dichter und Sänger des Erzgebirges, Schuldirektor Christian Friedrich Röder (* 1827, † 1900).
  • Unweit der Schwefelwerkstraße Nachbau eines Pferdegöpels und Huthauses mit Besichtigungsmöglichkeit.[2]
  • In der Neustadt kursächsische Postmeilensäule von 1728 (früherer Standort aus dem Markt).
  • Im Stadtteil Wittigsthal Lehr- und Schaubergwerk "Frisch Glück" (Glöckl) und Herrenhaus von 1836.[3]
  • Naturschutzgebiet Kleiner Kranichsee (Hochmoor mit Aussichtsgerüst) im Ortsteil Henneberg
  • Auersberg (1019 m) mit Aussichtsturm und Berghotel
 
Idyll am Haldenteich mit Blick auf die Stadt (vor 1917)

Regelmäßige Veranstaltungen

  • Januar: Grenzlauf
  • 23. Februar: Stadtgründungstag
  • Juli: Gugler Fast
  • August: Altstadtfest in "Sockendorf"
  • 3. Adventswochenende: Schwibbogenfest (Weihnachtsmarkt)

Ehrenbürger

  • 1665: Johann Löbel d. Ä. (* 1592, † 1666), 1. Bürgermeister, erhielt vom sächs. Kurfürsten die Abgabenfreiheit für sein Haus
  • 1680: Matthäus Allius (* 1632, † 1701), Stadtrichter, erhielt wegen Verdienste um die Stadt kurfürstliches Hausprivileg
  • 1865: Wilhelm Fischer (* 1796, † 1884), 1827-1835 Bergmeister in Johann'stadt, stiftete 300 Taler für das Haldensluster Gestift
  • 1868: Bernhard von Uhde, Kreisdirektor in Zwickau, bemühte sich um schnelle Beseitigung der Brandschäden von 1867
  • 1869: Friedrich August Weidauer († 1897), Bürgermeister von Schwarzenberg, leistete Hilfe beim Wiederaufbau des Rathauses
  • 1869: Heinrich Moritz Reichelt († 1886) Markscheider in Schwarzenberg, Stifter von Taufstein und Bergglocke der Stadtkirche
  • 1870: Ernst Fedor Alexander Degen († 1882), Apotheker und Bürgermeister, leistete Mithilfe beim Wiederaufbau der Stadt
  • 1874: Konrad Eduard Löhr († 1890), Bürgermeister in Bautzen, Landtagssekretär, setzte sich für den Bahnbau ein
  • 1874: Heinrich Otto von Erdmannsdorff (* 1815, † 1888), Herr auf Schönfeld, Landtagsmitglied, unterstützte Eisenbahnbau
  • 1874: F. O. Starke, Mitglied der 2. Ständekammer, Förderer des Eisenbahnbaues von Schwarzenberg nach Johanngeorgenstadt
  • 1874: Mehnert, Kommissar und Landtagsmitglied, setzte sich für Bahnbau nach Johanngeorgenstadt ein
  • 1874: Karl Eduard Mannsfeld, Gerichtsdirektor in Schwarzenberg, Mitglied der 2. Ständekammer, Förderer des Bahnbaus
  • 1874: Friedrich Wilhelm Pfotenhauer (* 1812, † 1877), Oberbürgermeister der Stadt Dresden , Eisenbahnbauförderer
  • 1878: Christian Adolph Lenk (* 1801, † 1879), Kantor, Diakon und Pfarrer, rettete beim Stadtbrand die Kirchenbücher
  • 1880: Léonce Robert Freiherr von Könneritz (* 1835, † 1890), Sächsischer Finanzminister, Eisenbahnbauförderer
  • 1880: Gustav Adolf Vodel, Geheimer Regierungsrat und Kreishauptmann in Zwickau, unterstützte die Eisenbahnanbindung
  • 1889: Karl August Seifert, Stadtrat und Förderer des Schulwesens
  • 1895: Fürst Otto von Bismarck (* 1815, † 1898), Reichskanzler, unterstützte den Wiederaufbau nach dem Stadtbrand 1867
  • 1901: Karl Anton Unger (* 1831, † 1909), Fabrikbesitzer in Dresden, stiftete mehrfach Geld für die Stadt und den Frauenverein
  • 1911: Dr. jur. Dr. med. h. c. Otto Robert Georgi (* 1831, † 1918), Oberbürgermstr. v. Leipzig, Stifter d. Bergmannswitwenkasse
  • 1913: Dr. Walter Glaß (* 1874, † 1914), Amtsrichter, Landwehr-Hauptmann, Gründer und Vors. des Wintersportvereins
  • 1918: Hermann Gerber, Rentner, stiftete Geld für Unterstützung Armer im 1. Weltkrieg
  • 1919: Carl Hugo Schönherr († 1925), Fabrikbesitzer in Leipzig, stiftete 1000 Mark für die Armenpflege
  • 2004: Christian Teller, Vorsitzender des Erzgebirgszweigvereins und Heimatforscher
  • 2004: Heiner Georgi, Lehrer

Söhne der Stadt

  • Johann Gabriel Löbel (* 1635, † 1696), Glashütten- und Farbmühlenbesitzer in Jugel, Hammerherr in Wittigsthal u. Breitenbach
  • Carl Gottlob Beck (* 1733, † 1802), zog 1763 nach Nördlingen und gründete Verlagsbuchhandlung (heute: Verlag C. H. Beck)
  • Christian Gottlob Wild (* 1758, † 1835) Lehrer an der Lateinschule und Organist, 1. Mundartdichter des Erzgebirges
  • Dr. phil. Gotthelf Gustav Gündel (* 1794, † 1860), Freund Goethes, Erzieher im Haus Frizzoni in Bergamo/Italien
  • Oswald Lorenz (* 1806, † 1889), Musiklehrer u. -schriftsteller, Freund Robert Schumanns und Redakteur dessen Musikzeitschrift
  • Ludwig Edelmann (* 1835, † 1925), Fabrikant, Gründer der evangelischen Gemeinde in der Bergstadt Platten (Horní Blatná)
  • Ernst Georg August Baumgarten (* 1837, † 1884), Oberförster, Erfinder des lenkbaren starren Luftschiffes
  • Amatus Otto Unger (* 1838, † 1914), Posthalter, Vorst. der "Vereinigten Strohstoff-Fabriken" Dresden, Fabrikbes. in Jonasmühle
  • Eugen Kircheisen († 1913), Bildhauer in Braunschweig, schuf 1895 das Krieger- und 1901 das Röderdenkmal
  • August Max Schreyer (* 1845, † 1922), Oberforstrat in Pulsnitz, Dichter des Liedes "Dr Vugelbeerbaam"
  • Prof. Dr. phil. et med. vet. Oskar Röder (* 1862, † 1952), Geh. Medizinalrat, Klinikleiter der Veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig
  • Hans C. Otto (* 1879, † 1929), Handschuhfabrikbesitzer, zuletzt in Wien, fertigte z. B. Brauthandschuhe für Kaisertochter
  • Max F. Schmidt, in den zwanziger Jahren Musikdirektor in New York, 1928 Weihe einer "Max-Schmidt-Bank" am Höhenweg
  • Dr. phil. Richard Truckenbrodt (* 1887, † 1961), Lehrer, promovierte 1926 über westerzgeb. Volkskunde
  • Gustav Schäfer (* 1906, † 1991), Ruder-Olympiasieger 1936 im Einer
  • Kurt Magritz (* 1909), Achitekt ubd Grafiker in Berlin
  • André Hennicke (* 1959), Schauspieler, als "Gesicht des neuen deutschen Films" bezeichnet
  • Björn Kircheisen (* 1983), Sportler: Nordische Kombination
  • Sven Hannawald geb. Pöhler (* 1974), Sportler: Skisprung
  • De Randfichten, Erzgebirgische Volksmusik


Literatur

  • Engelschall Johann Christian: Beschreibung der Exulanten- und Bergstadt Johanngeorgenstadt, Leipzig 1723 (Erweiterter Nachdruck: Stuttgart 1997).
  • Möhrig-Marothi, Wolfgang: Miriquidis Raunen. Sächsische und böhmische Sagen aus dem westlichen Hocherzgebirge (Johanngeorgenstadt und Umgebung, Bd. 1-5, 1987-2001.


Vorlage:Navigationsleiste Städte und Gemeinden im Landkreis Aue-Schwarzenberg