Die Kulturlandschaft Rheingau ist ein rechtsrheinisches, zwischen Wiesbaden und Lorch gelegenes sanft gewelltes Hügelland, das an den Südhängen des Taunus bis zum Rhein abfällt.
Der Rheingau zeichnet sich durch zahlreiche Sehenswürdigkeiten aus und zählt zu den wichtigsten Anbaugebieten für Qualitätswein in Deutschland. Politisch gehört der Rheingau zum Rheingau-Taunus-Kreis im Bundesland Hessen.
Geographie
Landschaft
Die landschaftlich reizvolle Region ist dreigeteilt:
- Direkt am Rhein befinden sich flach abfallende, lössbedeckte Weinberge, malerische Dörfer und berühmte Weingüter. Die alte Kulturlandschaft besitzt viele historische Burgen, Schlösser, Kirchen und Klöster, die den Rheingau auch für den Tourismus attraktiv machen.
- Oberhalb der Weinberge geht der Rheingau in das so genannte Rheingau-Gebirge mit dem Hinterlandswald über. Der Quarzitrücken mit der höchsten Erhebung des Rheingaus, der Kalten Herberge (619 m), einer bewaldeten Kuppe oberhalb von Hallgarten, fällt mit vielen kleinen Bachtälern ab ins Wispertal. Diese Landschaft mit Schluchtwäldern, Hochmooren und Wiesenbächen eignet sich hervorragend zum Wandern. Hier kann man auf vielen Kilometern tagelang unterwegs sein, ohne außerhalb der wenigen Ortschaften jemanden zu treffen. Dies ist eine Seltenheit im dichtbesiedelten Rhein-Main-Gebiet.
- Zwischen Rüdesheim und Lorch drängt sich der Rhein zwischen hohen, bewaldeten Bergrücken in Richtung Norden. Dieser Abschnitt des Mittelrheintals – Inbegriff der Rheinromantik zu Goethes Zeiten – ist geprägt durch Felsgruppen, Trockenwälder und kleinere Weinbaugebiete, die an die Ortschaften angrenzen. Hier gedeihen einige der besten Weine Deutschlands; ein berühmter Name ist der Assmannshäuser Höllenberg. Um die Landschaft zu erkunden, wandert man am besten entlang der gut ausgeschilderten Wanderwege mit den klingenden Namen Rheingau-Riesling-Route, Rhein-Burgen-Wanderweg, Rheinhöhenweg oder Rheinsteig.
Rebfläche, Rebsorten und Weinstile
So herausragend der Rheingau unter dem Gesichtspunkt der Qualität auch ist, hinsichtlich seiner Größe gehört er mit seinen 3100 Hektar Rebfläche zu den kleinsten deutschen Anbaugebieten und rangiert an 7. Stelle. Knapp 2,5 % der deutschen Weinernte werden hier erzeugt -insgesamt etwa 20 Millionen Liter Wein pro Jahr, davon 85 % Weißwein. Der Durchschnittsertrag liegt bei 6700 Litern pro Hektar, das ist deutlich weniger als der deutsche Durchschnitt von rund 9500 Litern. Unter den Rebsorten nimmt der Riesling mit knapp 80 % die unangefochtene Spitzenstellung ein, während auf den Spätburgunder rund 12,5 und auf den Müller-Thurgau lediglich 2 % entfallen. Die Rieslinge aus dem östlichen und mittleren Rheingau sind, sofern sie von den tiefer gelegenen Lagen auf sandigen Lehmböden stammen, stets voller, kräftiger und im Alter erdiger als jene, die in Rüdesheim auf Schieferverwitterung wachsen. Diese sind eleganter und schillernder. Eine Ausnahme bilden die Weine aus Lorch. Der Rheingauer Wein ist selbst in kleineren Jahrgängen kein Wein für den schnellen Konsum, sondern sollte wegen seiner markanten Säurestruktur und seiner Komplexität reifen. Je nach Jahrgang und Qualitätsstufe wird dies bei trockenen Weinen vier bis sechs Jahre dauern.
Klima
Das Klima im Rheingau ist geprägt durch trocken-warme Sommer und milde Winter. In den Ortslagen nahe dem Rhein wachsen in den Gärten mediterrane Gehölze (Feigenbäume, Oliven, Aprikosen und Pfirsiche), an den Rhein-Steilhängen herrscht eine an die Trockenheit angepasste Vegetation vor. Die durchschnittlichen Tagestemperaturen in den Sommermonaten liegen bei über 19 °C, im Winter selten unter 1 °C. Die Jahresniederschlagsmenge beträgt zwischen 450 mm in einigen Orten am Rhein und über 1000 mm auf der Kalten Herberge.
Böden
Die Böden des Rheingaus sind relativ einheitlich. Man unterscheidet im Wesentlichen zwischen drei Bodentypen:
- Taunusquarzit: in den höheren Lagen des östlichen und mittleren Rheingaus sowie bei Lorch;
- Sandiger Lehm und Löß (auch mit Mergel durchsetzt) in den tiefer gelegenen Lagen des östlichen und mittleren Rheingaus
- Schiefer und Phylitschiefer: ersterer in Rüdesheim am Rüdesheimer Berg und Lorch, letzterer in Assmannshausen
Geschichte
Im alten Frankenreich war der Rheingau ein Gau, der zum Teil von Grafen im Auftrag des Königs verwaltet wurde; dieser Teil wurde daher als „Königssondergau“ bezeichnet. Östlich lagen der Niddagau und der Maingau, südlich der Oberrheingau und nördlich der Lahngau.
Im Jahr 983 nahm der Mainzer Bischof Willigis am Reichstag Ottos II. in Verona teil, wo ihm dieser am 13. Juni die so genannte „Veroneser Schenkung“ machte. Die Schenkung sprach dem Erzbistum Gebiete von Ingelheim bis nach Heimbach und Kaub, das Gebiet beiderseits der unteren Nahe sowie den rechtsrheinischen Rheingau zu. Sie war Grundlage für einen großen Teil des späteren Kurstaates (Kurmainz), über den der Erzbischof als Landesherr regierte.
Der Rheingau war 600 Jahre lang bis zum Ende des 18. Jahrhunderts vom Rheingauer Gebück, einer aus "gebückten" Buchen bestehenede natürlichen Grenzbefestigung, umschlossen.
Weinbau
Die klimatischen Bedingungen begünstigen den Weinbau, der in der Region schon zur Zeit Karls des Großen betrieben wurde. Rheingauer Weine, insbesondere der Rheingauer Riesling, genießen einen Spitzenruf in aller Welt.
Siehe auch: Hauptartikel Rheingau (Weinbaugebiet)
Städte und Gemeinden im Rheingau
- Assmannshausen
- Eibingen
- Eltville am Rhein
- Geisenheim
- Kiedrich
- Lorch
- Oestrich-Winkel
- Rüdesheim am Rhein
- Walluf
- Oestrich-Winkel
Folgende Orte liegen außerhalb des Rheingaus, gehören aber als „exterritorial“ zum Weinbaugebiet Rheingau und dürfen die Weinbaugebietsbezeichnung „Rheingau“ verwenden:
- Flörsheim-Wicker
- Hochheim am Main (Hochheim und Hochheim-Massenheim)
- Wiesbaden (mit der Lage Neroberg, den Stadtteilen Dotzheim, Frauenstein, Mainz-Kostheim und Schierstein)
- Die Weinlage Böddiger Berg bei Felsberg an der Eder
Sehenswürdigkeiten
Der Rheingau zeichnet sich durch zahlreiche Sehenswürdigkeiten aus, darunter das Niederwalddenkmal, das Kloster Eberbach, die Schlösser Biebrich, Johannisberg und Vollrads, der Oestricher Kran sowie die Altstädte von Rüdesheim (Drosselgasse), Eltville und Kiedrich. Im westlichen Teil beginnt das UNESCO-Weltkulturerbe Mittelrheintal.
Siehe auch: Liste der Schlösser und Burgen im Rheingau, Liste der Klöster und Kirchen im Rheingau
Bildergalerie
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Weinberg (Höllenberg), Assmannshausen ist für seinen Spätburgunder-Rotwein bekannt (Assmannshäuser Höllenberg).
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Gipfel der Kalten Herberge
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Kloster Eberbach - der Cabinettkeller
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Die Basilika von Schloss Johannisberg
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Rheingauer Dom in Geisenheim
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Der Spätlesereiter im Hof des Klosters Johannisberg, Geisenheim
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Oestricher Kran in Oestrich-Winkel, der letzte erhaltene Weinladekran am Rheinufer
Kultur
Literatur
- Becker, Dirk M. - vivat Wiesbaden und Rheingau - Spaziergänge zwischen Tradition und Moderne, Universum Verlag 2006, ISBN 389869141-1
- Karl Baedeker GmbH - Baedeker Wiesbaden Rheingau, Ostfildern-Kemnat 2001, ISBN 3-8795-4076-4
- Oliver Bock - Rheingau von A bis Z, Societäts Verlag, ISBN 3-7973-0921-X
- Oliver Bock - Rheingauer Weinschmecker, Societäts Verlag
- Oliver Bock - Der Rheingau - Des Stromes Goldene Mitte, Societäts Verlag
- Alfred Zirwes - Im Rheingau unterwegs, Societäts Verlag
- Hans Ambrosi, Wolfgang Blum - Rheingau pur, Verlagsgruppe Rhein Main
- Herbert Michel - Rheingauer Dialekt, Gesellschaft zur Förderung der Forschungsanstalt Geisenheim anlässlich deren 125-jährigen Bestehens, ISBN 3-9805-265-1-8
- Magazin für Kultur und Lebensart - vivat Wiesbaden und Rheingau, Universum Verlag Wiesbaden
- C.u.F. Lange - Das Weinlexikon, Fischer Verlag 2003, ISBN 3-596-15867-2
- Richard Henk - Rheingau, Brausdruck GmbH, Heidelberg, ISBN 3-921524-90-3
- Martin Mosebach: Der Rheingau (ein Essay in Deutsche Landschaften), S. Fischer Verlag 2003, ISBN 3-10-070404-5
- Alfred Zirwes - "Im Rheingau-Gebirge unterwegs", Societäts Verlag, ISBN 3-7973-0839-6
- Alfred Zirwes - "Auf Kur in den Rheingau", Selbstverlag, ISBN 3-00-015910-X