North American XB-70

US-amerikanisches Versuchsflugzeug von North American Aviation
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North American XB-70 Valkyrie (deutsch: Walküre) war der Name eines US-amerikanischen Versuchsflugzeugs von North American Aviation Anfang der 1960er-Jahre. Die XB-70 sollte die Machbarkeit eines strategischen Mach-3-Bombers aufzeigen. Ursprünglich sollte die Maschine als Nachfolger der B-52 in Serie gehen. Das Projekt wurde aber vor dem Serienstart auf nur zwei Erprobungsträger reduziert, daher auch der Zusatz "X" für "Prototyp" im Namen. Die Eckdaten der konzipierten Maschine entsprachen dem damaligen Zeitgeist: Nachdem in kurzer Folge nur ein paar Jahre zuvor Mach-1 und Mach-2 überschritten wurde, glaubte man wie selbstverständlich, dass diese Entwicklung einfach so weitergehen müsse.

North American XB-70 Valkyrie beim Start.

Geschichte

Sie wurde bei Projektstart in Konkurrenz zu den Interkontinentalraketen einerseits und zu nuklear angetriebenen Flugzeugen andererseits gesehen. Das Ziel der Indienststellung der B-70 wurde jedoch aufgegeben. Ausschlaggebend war das hohe Risiko, dem ein Flugzeug durch Flugabwehrraketen ausgesetzt ist. Gleichzeitig hatte Russland erhebliche Fortschritte in der Radartechnik gemacht. Für ein VHF-Radar wäre die B-70 schon auf etliche hundert Kilometer Entfernung sichtbar gewesen. Mit dem Aufkommen ballistischer Raketen großer Reichweite und Tragfähigkeit führte man auf US-Amerikanischer wie Sowjetischer Seite wesentlich günstigere Interkontinentalraketen ein, die die B-70 genauso überflüssig machten wie die russische T-4. Trotzdem wurde die Entwicklung fortgesetzt, um experimentelle Erfahrungen zu sammeln. Die Forschungsergebnisse aus dem XB-70 Programm beeinflußten die US-Luftfahrt noch auf Jahrzehnte hinweg.

 
Der Nachlauf der Canards ist sichtbar bei dieser North American XB-70

Bei der XB-70 wurde zum ersten Mal bei einem Flugzeug Kompressionsauftrieb genutzt. Das Phänomen des Kompressionsauftriebs war von den NACA-Ingenieuren Clarence A. Syvertson und Alfred J. Eggers im Jahr 1956 zum ersten Mal beschrieben worden. Sie hatten die unerklärliche Abweichungen der Flugbahnen bei Wiedereintrittskörpern untersucht und so das Prinzip für den Kompressionsauftrieb erarbeitet. Die Schockwelle, die durch den Lufteinlauf der Triebwerke erzeugt wird, wird unter den Tragflügel geführt und durch die heruntergeklappten Tragflächenspitzen unter diesem gehalten. Dadurch entsteht Kompressions-Auftrieb, der den notwendigen Anstellwinkel verringert und damit den induzierten Luftwiderstand bei Überschall um 30% reduzierte. [1] Erst so konnte man annehmbare Reichweiten bei Mach 3 erreichen.

Es wurde auch ein Luftüberlegenheitsjäger entwickelt, der die B-70 während der ganzen Mission begleiten und beschützen sollte: North American XF-108 Rapier. Dieser kam jedoch nicht über das Projektstadium hinaus.

Von der XB-70 wurden 2 Stück gebaut. Die erste Valkyrie AV/1 (SN: 62-0001) flog zum ersten Mal am 21. September 1964, die zweite AV/2 am 17. Juli 1965. Ein Mach-3-Flug wurde erstmals am 14. Oktober 1965 durchgeführt, zeigte aber schwere strukturelle Schwächen der AV/1 auf, die daraufhin auf Mach 2,5 beschränkt wurde. Die AV/2 wies vielfältige technische Verbesserungen auf und konnte dauerhaft mit Mach 3 fliegen, im Gegensatz zu anderen Kampfflugzeugen, die mit dieser hohen Geschwindigkeit, wenn überhaupt, nur für wenige Minuten fliegen können.

 
Sekundenbruchteile nach dem Zusammenstoß, das Heckleitwerk der Valkyrie ist abgerissen, die F-104 explodiert

Am 8. Juni 1966 trafen sich mehrere US-amerikanische Militärflugzeuge (u.a. Valkyrie, F-104 Starfighter, F-4 Phantom, Northrop T-38 Talon) im Formationsflug zu einem Fototermin, bei dem die bekanntesten Flugzeuge der United States Air Force mit General-Electric-Triebwerken auf einem Foto eingefangen werden sollten. Kurz bevor sich die Formation nach dem eigentlichen Fototermin auflöste, näherte sich die F-104 aus der Formation - ohne Aufforderung oder Anweisung dazu - viel zu nahe an die riesige XB-70. Plötzlich berührte die F-104 den rechten Flügel der XB-70, mutmaßlich auf Grund von Wirbelschleppen, die von der sehr viel größeren Valkyrie und deren halb nach unten geschwenkten Flügelenden erzeugt wurden. Danach wurde die F-104 durch den Luftstrom der XB-70 über die Delta-Flügelfläche der Valkyrie gesaugt. Dort drehte sie sich um 180° und kollidierte etwa entlang der Mitte mit der Flügelfläche der XB-70 und riss ihr dabei beide Seitenleitwerke ab. Der Pilot der F-104, Joe Walker, zu dieser Zeit oberster Testpilot der NASA, war sofort tot. Die Valkyrie flog noch ein Stück in normaler Fluglage weiter, bis sie schließlich unkontrollierbar abstürzte. Carl Cross, Kopilot der AV/2, der gerade erst zum Valkyrie-Programm gestoßen war und seinen ersten Flug auf dem Typ absolvierte, gelang es nicht mehr, sich zu retten. Al White, der Pilot der Valkyrie, konnte mit dem Fallschirm aussteigen und flog bereits ein halbes Jahr später wieder für die NASA, stieg jedoch nie wieder in die andere XB-70. Warum Carl Cross sich nicht auch mit der Rettungskapsel der XB-70 ausschiessen konnte, wurde nicht bekannt.

Das Programm wurde noch eine Zeitlang mit der verbleibenden AV/1 weitergeführt und mit dem Überführungsflug am 4. Februar 1969 zum Museum der US Air Force in Wright Field in Dayton, Ohio beendet.

Die Valkyrie ist nach Größe und Geschwindigkeit eines der bemerkenswertesten Flugzeuge überhaupt. Verglichen mit anderen Flugzeugen dieser Geschwindigkeitsklasse, wie der Lockheed SR-71 Blackbird, ist die Valkyrie gewaltig, Versuchsflüge und Roll-Outs waren spektakuläre Ereignisse, oft mit prominenten Gästen. 128 Flüge wurden absolviert, davon 82 mit der AV/1. Technisch wies das Flugzeug viele Besonderheiten auf, beispielsweise konnten die Flügelspitzen bei hohen Geschwindigkeiten um bis zu 65° nach unten geneigt werden, um den Widerstand zu verringern und die Stabilität zu verbessern – bis heute sind dies die größten verstellbaren aerodynamischen Klappen. Außerdem ist die Valkyrie eines der lautesten Flugzeuge, die jemals gebaut wurden. AV/1 kann im Luftwaffenmuseum von Dayton besichtigt werden.

 
Die North American XB-70 Valkyrie im Flug mit heruntergeklapten Tragflächenspitzen.

Technische Beschreibung

Projektverlauf

1955 fordert Airforce General Curtis LeMay einen Nachfolger für die seiner Meinung nach ab 1965 auslaufende B-52 (die noch gar nicht eingeführt war!). Sie sollte mit Überschallreisegeschwindigkeit in den gegnerischen Luftraum eindringen und ab 1964 eingeführt werden. Das Projekt wurde unter dem Namen "CPA" (chemical powered aircraft) WS-110A als B-70 Bomber gestartet. Geplant waren vom SAC 250 Bomber, die laut dem US-Verteidigungsminister Robert McNamara (unter der Regierung John F. Kennedy) ca. 10 Mrd. US-Dollar kosten würde. Dies war ihm zu teuer und er stoppte 1961 das Projekt "B-70" mit Rückendeckung von Kennedy. Da aber schon bis 1961 mehr als 360 Mio. US-Dollar an Forschung und Entwicklung ausgegeben wurde und in Europa das Überschallflugzeug Concorde angekündigt wurde, einigte man sich auf den Bau von drei Erprobungsflugzeugen XB-70 AV-1 bis AV-3. Die beiden ersten Maschinen wurden auch gebaut und erprobt. Die dritte Maschine wurde jedoch kurz vor der Endmontage gestoppt. Maschine AV-1 und AV-2 waren als Erprobungsträger für Hochgeschwindigkeitsflug über Mach 3 und für Radartests entwickelt worden. Sie sollten die Grundlagen für das Projekt SST (Mach 3 schnelles Verkehrsflugzeug) erforschen. Die AV-3 war jedoch als Bomber B-70 mit vier Mann Besatzung, Sternnavigation, IBM-Radar und -Digitalrechner und kurzen Bodenverweilzeiten (20 Minuten in der Luft ab Kaltstart und 7 Minuten zwischen Landung und erneutem Start) konzipiert. Das war wahrscheinlich auch mit der Grund für die nochmalige Verkleinerung des Projekts.

Konzept und Hauptschwachpunkt

Das Konzept sah einen strategischen Überschall-Nuklearbomber mit interkontinentaler Reichweite und extrem hoher Eindringgeschwindigkeit von dauerhaft mehr als Mach 3 vor. Die von Boeing und North American anfangs ins Spiel gebrachten Vorschläge lösten bei der USAF-Führung jedoch nur strikte Ablehnung aus. Boeing war bis dato der fast alleinige Hersteller für strategische Bomber (B-47 und B-52), aber der zweite Entwurf von North American machte schließlich auf Grund der langen Windkanalerprobung und des eindeutig besseren Konzeptes das Rennen um die mögliche Nachfolge der B-52. Die meisten Jets konnten ihre Höchstgeschwindigkeit nur sehr kurz halten. Die B-70 war für lange Flugzeiten mit Höchstgeschwindigkeit konzipiert. Zeitgleich wurden aber auf Grund umfangreicher Forschungsarbeiten von Lockheed für den Auftraggeber CIA viele grundlegende Erkenntnisse über die Ortung von Flugzeugen mittels Radar dazu gewonnen. Diese Erkenntnisse sprachen gegen einen erfolgreichen Einsatz. Auch die anfangs als sicher vor Raketen geglaubte Reiseflughöhe stellte sich inzwischen als überholt dar. Das Bomberkonzept B-70 wurde daher schon relativ früh vor Baubeginn vom US-Verteidigungsministerium auf 3, später 2 Erprobungsflugzeuge reduziert.

Bauweise

Die XB-70 war ein Ganzmetall-Hochdecker, zum größten Teil in Stahlsandwichbauweise mit Delta- und Entenflügeln. Dazu mußten grundlegend neue Verfahren, wie Elektronenstrahlschweissen im Vakuum für so große Baugruppen entwickelt werden. Die hohen zu erwartende Temperaturen an Rumpf- und Flächenspitze machten den Einsatz von Edelstahl und Titan notwendig. Das weniger temperaturbeständige Aluminium konnte nur in geringer exponierten und belasteten Bereichen verwendet werden. Edelstahl besitzt allerdings eine im Verhältnis zu seinem Gewicht geringere Festigkeit als Aluminium. Daher wurden viele Baugruppen zur Gewichtsreduktion in Wabenverbundbauweise hergestellt. Dies erhöhte die Entwicklungs- und Fertigungskosten dramatisch.

Antrieb

Die 6 General Electric YJ93-GE-3 Turbojet-Triebwerke der XB-70 sind eine der weltweit wenigen Triebwerke, die für Mach 3 ausgelegt wurden. Mit Nachbrenner erreichten sie zusammen fast 840 kN Schub. Die Triebwerke wurde aus dem GE-J79(-X275) entwickelt und waren auch die Grundlage für das spätere GE-4 Triebwerk. Bei Messflügen wurden Höhen von ca. 75.000 ft (~24.500m) erreicht. Die YJ-93 Treibwerke wurden für langen Betrieb mit Nachbrennern konzipiert. Der Treibstoffverbrauch steigt jedoch im Nachbrennerbetrieb um fast Faktor 3 an. Der bis dahin verwendete Jettreibstoff JP-4 hatte einen zu niedrigen Flammpunkt. Für das YJ-93 wurde eigens ein neuer Treibstoff, der JP-6 entwickelt. Je ein Lufteinlaß versorgte über eine Expansionskammer 3 Triebwerke. Die bei Höchstgeschwindigkeit sehr schnelle Luft wurde durch die zwei riesige Einlässe in zwei große, sich nach hinten weitende Kammern geführt, um die Geschwindigkeit beim Expandieren am Turbineneintritt auf zulässige Werte zu reduzieren. Vor dem Triebwerken waren oben am Rumpf Klappen angeordnet. Mit diesen konnte im Hochgeschwindigkeitsflug überschüssige Luft abgeleitet werden. Die scharfe Trennwand lenkte die Schockwellen bei größer Mach 1 an den Einlässen vorbei. Die verwirbelte Grenzschicht von der Rumpfunterseite wurde am Einlaß vorbei gelenkt. Die Spitze genau dieses Grenzschichtabscheider, vorne oben am Einlaß, löste sich bei einem Hochgeschwindigkeits-Testflug, drang in den rechten Schacht ein und zerstörte Triebwerk Nr 5 und beschädigte dabei auch die Zelle. Durch sofortiges Stilllegen konnte der Flug mit den restliche Triebwerken sicher zu Ende geführt werden. Das relativ niedrige Schub/Gewichtsverhältnis von 0,3 (Tonnen Schub auf 1 Tonne Gewicht) machte sehr lange Startbahnen notwendig. Die hohe Differenz von 180 to zwischen dem Leergewicht (68t) und dem maximalen Startgewicht (249t) ließ jedoch auf gute Flugparameter bei erreichen der Reisehöhe schließen. Die Triebwerksaufhängung und die -anschlüsse waren so konzipiert, dass ein defektes Triebwerk auf dem Flugfeld in nur 25 Minuten getauscht werden konnte.

Fahrwerk

Das Dreibeinfahrwerk mußte eine Startmasse (MTOW) von maximal 249 t tragen. Dazu war das Hauptfahrwerk mit je 4 Hochdruckreifen ausgelegt. Diese wurden mit einer silberfarbenen Metallbeschichtung versehen, um die hohen Temperaturen im Flug vom empfindlichen Gummi abzuhalten. Den zwei riesigen Hauptfahrwerken standen jedoch nur zwei relativ kleine Fahrwerksschächte zwischen den Lufteinlässen zur Verfügung. Zum Einfahren wurden die Hauptfahrwerke in zwei Achsen um je 90°geschwenkt. Dieser Vorgang war sehr aufwendig, wurde lang getestet und optimiert, machte aber noch bei den ersten Flügen anfangs Sorgen. Das Bugfahrwerk war mit Zwillingsbereifung ausgeführt und klappte nach hinten ein. Es musste von der Hydraulik gegen den Luftstrom ausgefahren werden. Konstrukteure versuchen dies wenn möglich zu vermeiden, aber der sehr beschränkte Platz in den Lufteinlässen ließ keine andere Lösung zu. Auf Grund des hohen Landegewichtes und -geschwindigkeit wurden, um das Fahrwerk und die Reifen zu schonen, alle Landungen mit möglichst nur ca. 1,2 bis 1,5° Sinkwinkel durchgeführt.

Flugwerk und Flugeigenschaften

Orthographically projected diagram of the XB-70A Valkyrie.
Orthographically projected diagram of the XB-70A Valkyrie.

In langen Testreihen (ca. 15.000 Std.) bei North American im Windkanal wurde der Kompressionseffekt gründlich erforscht. Dazu waren eine Entenflügelauslegung mit Canards vorne notwendig. Ab ca. Mach 1,8+ wurden die beiden Flügelenden bis maximal 65° nach unten geklappt. Dies erhöhte zum einen den Wirkungsgrad des Kompressionseffekt, erhöhte die Richtungsstabilität und verschob den Druckpunkt nach vorne.[2] Dadurch konnten wesentlich größere Reichweiten als mit herkömmlichen Konzepten erreicht werden. Der extrem lange und schlanke vordere Rumpf erzeugte bei Seitenwind ein hohes Drehmoment um die Hochachse. Der Schwer- und Auftriebspunkt lagen jedoch weit hinten. Um eine ausreichende Stabilität um die Hochachse zu erreichen, wurden zwei große, hydraulisch betätigte Seitenleitwerke notwendig. Die ebenfalls hydraulisch angetriebenen Höhen- und Querruder wurden kombiniert als Elevon ausgeführt. Um die Verwirbelung und somit den Luftwiderstand zu reduzieren, wurden die Klappen sehr oft unterteilt und somit sehr schmal ausgeführt. Das reduzierte auch die Betätigungskräfte auf erträgliche Werte. Die herunterklappbaren Flügelenden machten eine aufwendige und starke Hydraulikanlage in den Flügeln notwendig. Durch die Entenflügelbauweise, mit den sehr weit vorne liegenden Höhenruder, war das Überziehverhalten sehr gutmütig. Bei den Landungen bewirkte der typischer Bodeneffekt von Deltaflüglern ein sehr weiches Aufsetzen. Die Langsamflugeigenschaften der XB-70 waren ausgesprochen gutmütig und besser als erwartet.

Radarsignatur (RCS)

Der sehr große Radarquerschnitt, durch die großen äußeren platten Flächen des Lufteinlaufs verursacht, gab letztendlich den Ausschlag zur Kürzung des B-70 Programmes auf nur zwei Versuchsflugzeuge XB-70. Da die XB-70 sehr große rechteckige Luft-Einlässe und auch dazu noch 6 Turbinen hatte, war das Radarecho sehr groß. Problematisch war auch die Seitenleitwerksanordnung, die zum Rumpf rechte Winkel bildete.

Tank

Der Tragflügel verfügt über drei Tanks pro Seite. Zusammen faßten diese Flügeltanks 72.770 l Kerosin bei der ersten XB-70 und 66687 l bei der zweiten XB-70. Die erste XB-70 verfügte zusätzlich über vier im Rumpf untergebrachte Tanks mit einem Gesamtfassungsvermögen von 90.649 l. Bei der zweiten XB-70 wurde noch ein Tank hinzugefügt und die Treibstoffmenge im Rumpf auf 107.331 l erhöht. [3] Eine Luftbetankung war nicht vorgesehen. Um den bei steigender Geschwindigkeit nach hinten wandernden Auftriebspunkt auszugleichen, konnte Treibstoff im Flug nach hinten gepumpt werden, um den Schwerpunkt wieder deckungsgleich mit dem Auftriebspunkt zu bringen. Andernfalls hätte die Verschiebung aerodynamisch mit der Klappenstellung ausgetrimmt werden müssen. Das wiederum hätte den induzierten Luftwiderstand erhöht und die Geschwindigkeit und Reichweite somit reduziert.
Ein großes Problem war die große Längenausdehnung durch die Erwärmung bei Hochgeschwindigkeitsflug und somit das Abdichten der Tanks. Die Ausgasung der Treibstoffe wäre ein hohes Gefahrenpotential gewesen. Deshalb wurden die Tanks als Feuerschutz mit Stickstoff beaufschlagt, damit sich kein explosionsfähiges Treibstoff-Luftgemisch , innerhalb der Tanks, bilden konnte.

Rumpf und Cockpit

 
Cockpit der North American XB-70

Der fast kreisrunde Rumpf wurde in Halbschalenbauweise als komplette Baugruppe vormontiert und am Stück an den Hauptrumpf mit Flügel aufgesetzt. Für den Hochgeschwindigkeitsflug mußten die Scheiben mit einer Art Visier möglichst flach gestellt werden. Das hätte zu einer extrem schlechten Sicht bei Start und Landung geführt. Deshalb konnten die Frontscheiben mit einer aufwendigen Mechanik beim Langsamflug (kleiner Mach 1) heruntergeschwenkt werden. Das Cockpit war für zwei Mann (Pilot und Copilot) mit Doppelsteuerung ausgelegt. Das Zweimanncockpit brachte eine hohe Arbeitsbelastung der Besatzung mit sich. Die B-52 und die B-1 als Beispiel haben für Navigation, Funk- und Angriffs- und Abwehrsysteme weitere Bestzungsmitglieder an Bord.

Rettungssystem

Bei Geschwindigkeiten über Mach 2+ ist ein herkömmlicher Schleudersitz nicht mehr ausreichend. Bei hoher Geschwindigkeit beschädigt der starke Luftzug beim Ausschuss den Druckanzug, was in der extrem dünnen Höhenluft zur sofortigen Dekompression und damit aller Wahrscheinlichkeit nach zum Tode geführt hätte.

Daher wurde eine Rettungskapsel wie bei der B-58 verwendet: Vor dem Ausschuß wurde der Schleudersitz in einer Schiene schnell nach hinten gefahren. Arme und Beine wurden durch Rückholgurte an den Körper herangezogen. Ein Schutzvisier klappte sich von hinten über den gesamten Schleudersitz samt Mann und bildete eine strömungsgünstige Kapsel. Erst danach würde der so gekapselte Sitz nach oben ausgeschossen. Nach dem Ausschuss musste sich die Schutzkapsel nach Erreichen von niedrigeren Geschwindigkeiten wieder vom Sitz lösen. Ab diesem Zeitpunkt war es ein normaler Schleudersitz, der den Piloten über die Sitztrennung freigibt. Ein sehr aufwendiges und kompliziertes Verfahren, das aber angesichts der angepeilten Einsatzdaten notwendig war.

Beim Absturz der Maschine Nr.1 hat das Rettungssystem zwar Pilot Al White das Leben gerettet, aber es verletzte seinen rechten Ellbogen schwer. Auf Grund der starken Fliehkräfte beim Trudeln konnte der Copilot Carl Cross entweder das System nicht mehr auslösen oder es versagte bei ihm.

Zuladung

Um den Luftwiderstand und das Radarecho niedrig zu halten und die Reichweite möglichst hoch zu bringen, mussten die konzipierten Waffenzuladungen in einem internen Bombenschacht mit großen Klappen mitgeführt werden. Diese unbenutzten Räume nahmen während der Erprobung die damals noch schweren Meßgeräte und Sensorik auf. Das maximale Startgewicht lag um 366% über dem Leergewicht, was auf einen extremen Leichtbau bei hoher Tankkapazität und Zuladung schließen lässt.

Bau und Erprobung

Die beiden Versuchsflugzeuge wurden hintereinander gebaut: In Maschine 2 flossen direkt die Erfahrungen aus dem Bau der Maschine 1 ein. Viele Verfahren mussten erst entwickelt werden, da keinerlei vergleichbare Technologien zur Verfügung standen. Bei der Erprobung wurde bei einem Hochgeschwindigkeitsflug dauerhaft für über 15 Minuten lang Mach 3 geflogen, was auch für heutige Verhältnisse eine lange Zeitspanne darstellt.

Technische Daten

Kenngröße Daten
Kennung:  XB-70A Valkyrie
Typ:  Prototyp eines schweren strategischen Hochgeschwindigkeitsbomber
Länge:    59,74 m
Flügelspannweite:    32,03 m
Höhe:    9,12 m
Tragflügelfläche:    585,62 m²
Flächenbelastung:  414.7 kg/m²
Leermasse:  ca. 68.400 kg
normales Startgewicht:  238.350 kg
maximales Startgewicht (MTOW):  249.500 kg
Marschgeschwindigkeit:  3.163 km/h
Höchstgeschwindigkeit:  Mach 3,08 bzw. 3.249 km/h in 22.250 m Höhe
Dienstgipfelhöhe:  21.336 m
maximale Flughöhe:  24.385 m
Flugreichweite:  12.067 km
Bewaffnung:    Bis zu 14 atomare Bomben in einem internen Waffenschacht mit einer maximale Bombenlast von ca. 31.750 kg
Triebwerk:  sechs Turbojets General Electric YJ93-GE-3 mit je 137,9 kN
Schubkraft-Gewichts-Verhältnis:  0.314
Gesamtkosten:  ca. 1.5 Mrd. US-Dollar

Weiterentwicklungen

Aus den Ergebnissen der Flugerprobung heraus und mit deutlich reduzierten Vorgaben wurde dann die Ausschreibung für einen neu zu entwickelnden Nachfolger "B-1" geschrieben. In der neuen Ausschreibung wurde die Geschwindigkeit auf maximal Mach 2 und die Anzahl der Triebwerke auf 4 reduziert. Der Rumpf sollte runder, ohne scharfe Kanten und großen ebenen Flächen werden. Durch schräge Trennwände in den Triebwerkseinlässen sollte das Radarecho deutlich reduziert werden. Das zukünftige Einsatzprofil wurde in Tiefangriff bzw. Hi-Lo-Hi geändert. Dadurch konnte auf Mach3+ und den Kompressionseffekt verzichtet werden. Die problematischen, herunterklappbaren Flügelenden konnten daher einem "normalen" Schwenkflügel weichen. Dieser war auch für die Windböen bei einem schnellen Tiefflug besser geeignet. Auch sollte die mitgeführte Bewaffnung komplett im Waffenschächten im Rumpf mitgeführt werden. Diese Forderung wurde aus den Erfahrungen des XB-70 Programmes übernommen. Es reduzierte sowohl den Luftwiderstand als auch das Radarecho und erhöhte gleichzeitig die Geschwindigkeit und Reichweite beträchtlich. Dieser Nachfolger wurde in Zusammenarbeit mit Rockwell unter dem Namen "North American / Rockwell B-1" entwickelt. Ende der Neunziger wurde diese Firma dann von Boeing übernommen.

Reaktionen auf die XB-70

Sowjetischer Abfangjäger MIG-25

Mit bekanntwerden der Entwürfe wurde in der Sowjetunion schnell die Forderung nach einem geeigneten Abfangjäger in der gleichen Geschwindigkeitsklasse laut. Mikojan-Gurewitsch legte den Entwurf für die Mach 3 schnelle MiG-25 vor. Eine Ironie der Geschichte war es, dass die XB-70 nie in Serie gebaut wurde, sehr wohl aber der Abfangjäger, der diese Maschine hätte abfangen sollen. Aus der MiG-25 wurde dann später die MiG-31 weiterentwickelt.

Sowjetischer Langstreckenbomber Suchoi T-4

Das Design der Suchoi T-4 war, bis auf die fehlenden abklappbaren Flügelenden für den Kompressionseffekt, auffallend ähnlich zur XB-70. Die T-4 macht optisch den Eindruck einer verkleinerten XB-70. Ähnlich waren die markanten Lufteinlasse, der Rumpf, das Fahrwerk und die Flügelgeometrie. Das Visier der XB-70, das die Sicht der Piloten bei Rollen, Start und Landung deutlich verbesserte, war bei der T-4 wesentlich einfacher konstruiert, führte aber dazu, dass im Geradeausflug fast keine Sicht nach vorne war. Bei der Erprobung der vierstrahligen T-4 wurde eine maximale Geschwindigkeit von ca. Mach 1.8 ermittelt, was deutlich unter der XB-70 lag. Der Bau und Unterhalt war jedoch absehbar zu kostenintensiv. Mit den immer leistungsfähigeren Interkontinentalraketen (ICBM) konnte eine wirksame Abschreckung mit deutlich geringeren Kosten realisiert werden. Das ansonsten anspruchsvolle und vielversprechende Projekt T-4 wurde nach nur einer Versuchsmaschine aus Kostengründen eingestellt. Die XB-70 und die T-4 betraten extremes flugtechnisches Neuland und scheiterten beide letztendlich an den damit verbundenen gigantischen Kosten.

Einzelnachweise

  1. http://ntrs.nasa.gov/archive/nasa/casi.ntrs.nasa.gov/19950002360_1995102360.pdf North American Rockwell, NASA-CR-115702, B-70 Aircraft Study Final Report, Vol.III, NASA, 1972. PDF Seite 233-236 25 MB
  2. http://ntrs.nasa.gov/archive/nasa/casi.ntrs.nasa.gov/19950002360_1995102360.pdf North American Rockwell, NASA-CR-115702, B-70 Aircraft Study Final Report, Vol.III, NASA, 1972. Seite 162-164 PDF 25 MB
  3. http://ntrs.nasa.gov/archive/nasa/casi.ntrs.nasa.gov/19950002360_1995102360.pdf North American Rockwell, NASA-CR-115702, B-70 Aircraft Study Final Report, Vol.III, NASA, 1972. PDF 25 MB

Siehe auch

Literatur

  • Dennis R. Jenkins, Tony R. Landis: Valkyrie: North American’s Mach 3 Superbomber. Specialty Press, North Branch, Minnesota 2004, ISBN 1580070728
  • Jeannette Reamark, Joe Ventolo: XB-70 Valkyrie: The Ride to Valhalla. MBI Pubsishing Company, Osceola, USA, 1998, ISBN 0-7603-0555-2
Commons: North American XB-70 – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien