Wolfgang Bauer (* 18. März 1941 in Graz; † 26. August 2005 in Graz) war ein österreichischer Schriftsteller (v.a. Dramatik, daneben Prosa und Lyrik), galt in den 1970er Jahren neben Thomas Bernhard und Peter Handke als bedeutendster österreichischer Dramatiker. Mitglied der Grazer Autorenversammlung, des Forum Stadtpark und Gründungsmitglied der Lord Jim Loge (gemeinsam mit Martin Kippenberger und Albert Oehlen). Mit seinem provokanten Frühwerk Magic Afternoon schaffte er 1968 den internationalen Durchbruch.
Leben
Wolfgang Bauer studierte nach der Reifeprüfung Theaterwissenschaften und Romanistik in Graz und Wien, schloss das Studium jedoch nicht ab. Durch die Uraufführung seiner ersten beiden Einakter "Der Schweinetransport" und "Maler und Farbe" 1962 im damals soeben gegründeten Forum Stadtpark wurde er zum Vertreter der schriftstellerischen Avantgarde; die frühen Stücke sind stark vom Absurden Theater Eugène Ionescos, wie auch von den existenzialistischen Dramen Jean Paul Sartres und Albert Camus' beeinflusst.
Im Alter von 27 Jahren gelang Bauer mit Magic Afternoon der internationale Durchbruch. Die Uraufführung erfolgte am 12. September 1968 unter der Regie von Horst Zankl am Landestheater Hannover, nachdem das Stück zuvor von 40 Bühnen und Verlagen im gesamten deutschsprachigen Raum abgelehnt worden war. Ab diesem Zeitpunkt wurden Bauers Stücke in viele Sprachen übersetzt und weltweit aufgeführt.
Obwohl Bauer nach seinen weiteren internationalen Erfolgen ("Change" 1969, "Silvester oder Das Massaker im Hotel Sacher" 1971, "Gespenster" 1973) äußerst produktiv blieb und seine Stücke weiterhin gespielt wurden, wollte der Dramatiker die vorgeformten Erwartungen der Bühnen und des Publikums nicht erfüllen. Bauers spätere Texte sind kompromisslose Meisterwerke des absurden Theaters und entsprechend schwer konsumierbar. Sein Privatleben, das er stets als exzessiv aktionistisches Gesamtkunstwerk verstand, drängte in der Folge mehr als seine Theaterstücke in die Schlagzeilen. Aus finanziellen Gründen übernahm er diverse Auftragsarbeiten und schrieb journalistische Texte für Magazine wie das Airport Journal und die Wienerin. 1991 gestaltete er den Katalog zur steirischen Landesausstellung Sport - Sinn und Wahn.
Von 1992-2001 lehrte Bauer an der Schule für Dichtung in Wien.
Bauer starb am 26. August 2005 in Graz an den Folgen eines Herzleidens.
Bedeutung
"Wolfgang Bauer entzieht sich seit vielen Jahren erfolgreich allen literaturbetrieblichen und germanistischen Versuchen, mit einem Etikett versehen und einer Schriftsteller-Kategorie zugeordnet zu werden - zu seinem eigenen Schaden. Hauptsächlich als Dramatiker irritierend, waren doch seine Auftritte als Lyriker, Romancier und Feuilletonist äußerst erfolgreich und populär, im gleichen Ausmaß, in dem sie die Anforderungen der Gattung jeweils nicht erfüllten." (Zitat Literaturverlag Droschl)
Urteil von Kritikern zur Person Wolfgang Bauer:
Österreichs lustigster Trivialautor, Verfasser von Zeitdokumenten, Poet, Naturalist, gesellschaftskritischer Neorealist, Autor des absurden Dramas, ordinär, pornografisch - eben Magic Wolfi oder der Bürgerschreck.
Auszeichnungen und Ehrungen
- Peter-Rosegger-Preis 1970 und 2004
- Franz Theodor Csokor-Preis 1970
- Österreichischer Würdigungspreis für Literatur 1979
- manuskripte-Preis 1987
- Goldenes Ehrenzeichen der Stadt Graz 1991
- Ehrenmedaille der Stadt Wien in Gold, 1991
- Dramenpreis des Goethe-Instituts 1994
- Großer Österreichischer Staatspreis für Literatur, 1994 (überreicht am 20. April 1995)
- Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, Klasse I, 2000
- Steirischer Landeskulturpreis, 2004
Werke
Eine neunbändige Werkausgabe in Einzelausgaben ist im Literaturverlag Droschl zwischen 1986 und 2004 erschienen, ein Wolfgang Bauer-Lesebuch mit dem Titel Ein schlimmes Kind bin ich erschien 2007 im Sonderzahl Verlag, ISBN 978-3-85449-266-5.
Theaterstücke
- Der Schweinetransport (1961, Uraufführung 1962, Erstdruck 1978)
- Maler und Farbe (1961, UA 1962, ED 1978)
- Batyscaphe 17-26 oder Die Hölle ist oben (1961, UA 1982, ED 1980)
- Totu-wa-botu (1961, UA 1992, ED 1974)
- Zwei Fliegen auf einem Gleis (1962, UA 1962, ED 1973)
- Katharina Doppelkopf (1962, UA 1962, ED 1973)
- Der Rüssel (1962, von dieser "komischen Tragödie" in 11 Bildern ist nur das 4. Bild erhalten, ED 1970)
- Mikrodramen (insgesamt 21 unaufführbare Kurzdramen, entstanden 1962/63, ED 1964)
- Pfnacht (1963, UA 1985, ED 1980)
- Die Menschenfresser (1963, UA 1967, ED 1970)
- Von der Steinschleuder zum Lipizzaner (1964, unaufgeführt, ED 2006 (Fragment) als Beilage der 4. Ausgabe der Zeitschrift Fleisch)
- Party for Six (1964, UA 1967, ED 1966)
- Ende sogar noch besser als alles gut! (1965, UA 1965, ED 1970)
- Der Tod des Ingenieurs Leo Habernik aus Linz (1965, UA 1984, ED 1982)
- Magic Afternoon (1967, UA + ED 1968)
- Change (1968/69, UA + ED 1969)
- Film und Frau (1971, UA + ED 1971, Alternativtitel: "Shakespeare the Sadist")
- Silvester oder Das Massaker im Hotel Sacher (1971, UA 1971, ED 1972)
- Gespenster (1973, UA 1974, ED 1973)
- Magnetküsse (1975, UA 1976, ED 1975)
- Memory Hotel (1979/80, UA + ED 1980)
- Woher kommen wir? Was sind wir? Wohin gehen wir? (1981, UA 1982, ED 1981)
- Das kurze Leben der Schneewolken (1982, UA 1983, ED 1982)
- Ein fröhlicher Morgen beim Friseur (1982, UA 1983, ED 1982)
- Ein schrecklicher Traum (1986, UA 1986, ED 1987)
- Herr Faust spielt Roulette (1986, UA 1987, ED 1986)
- Das Lächeln des Brian dePalma (1988, UA 1991 Schauspielhaus Graz, ED 1988),
- Ach, armer Orpheus! (1989, UA 1991 (Schauspielhaus Wien), ED 1989)
- Insalata mista (1992, UA 1993 (Ouio Theater, New York), ED 1992, Alternativtitel: "Tadpoltigermosquitos at Mulligan's")
- Die Kantine. Cappricio à la Habsburg. (1993, UA Schauspielhaus Graz) + ED 1993)
- Die Menschenfabrik (1996, UA + ED 1996)
- Skizzenbuch (1996, UA Wiener Festwochen + ED 1996)
- Café Tamagotchi (1998, UA 2001, ED 1998)
- Foyer (2004, UA steirischer herbst 2004 ED 2004)
Libretti
- Magnet (1978, Ballettbearbeitung von "Magnetküsse")
- Café Museum - Die Erleuchtung. Opernlibretto. (1993, UA+ ED 1993)
- Das gestohlene Herz (Kurzoper in einem Akt - Uraufführung sirene Operntheater November 2004)
Roman
- Der Fieberkopf (entstanden 1964-1967, ED 1967)
Lyrikbände
- Das stille Schilf. Ein schlechtes Meisterwerk: schlechte Texte mit schlechten Zeichnungen und einer schlechten Schallplatte. (1969)
- Das Herz (1981)
Hörspiele
- Zisterne (1961, unpubliziert)
- Die Entfernung (1963, Erstsendung unter dem Titel 1431 am 27. Februar 1972 auf Radio Österreich 1)
- Hallo-Hallo (1973, Erstsendung am 2. Oktober 1973 auf Radio Österreich 1)
- Dream Jockey (1998)
Drehbücher
- Die Edeggerfamilie (1970, Erstsendung 1971 auf WDR III)
- Häuptling der Alpen (1974, ED 1978, bislang nicht als Film realisiert)
- Es war nicht die Nachtigall (realisiert als Kinofilm 1974 (Regie: Sigi Rothemund, Alternativtitel: Der Liebesschüler und Die Nichte der O., Drehbuch unpubliziert und verschollen)
- Reise zum Gehirn (1975, Verfilmung vom Roman "Der Fieberkopf", Erstsendung 13. Juni 1975 im ORF, Regie: Claus Homschak)
- In Zeiten wie diesen (Pilotfilm + Siebenteilige Fernsehserie 1983, ED des Pilotfilm-Drehbuchs 1984, die Serien-Drehbücher sind bislang unpubliziert; Erstsendung des Pilotfilms 1984 in ORF und ARD, Erstsendung der Fernsehserie in der Regie und Überarbeitung von Reinhard Schwabenitzky 1989 auf N3 (zwei Teile) bzw. vollständig 1990 im ORF)
- 22, schwarz... (1987, ED 1987, bislang nicht als Film realisiert)
- Der Weihnachtstraum (1994, ED 1994, bislang nicht als Film realisiert)
Weitere Veröffentlichungen in Buchform
- Graz (Graz, Wien, Köln: Styria 1991. Gemeinsam mit Wim van der Kallen (Fotographien)) ISBN 3-222-12016-1
- Martin. Keiner hilft keinem. (zu Martin Kippenberger; Köln: König 1998. Gemeinsam mit Jörg Schlick und Peter Weibel) ISBN 3-88375-330-0
Tonträger
- Das stille Schilf Ein schlechtes Meisterwerk:schlechte Texte mit schlechten Zeichnungen und einer schlechten Schallplatte (Schallfolie mit 10 Titel im Buchrücken des gleichnamigen Lyrikbandes [siehe oben] eingesteckt). Frankfurt am Main: Bärmeier & Nikel 1969 (Gelesen von Wolfgang Bauer; an der Orgel: Herbert Feuerstein)
- Wolfgang Bauer liest Mikrodramen von Wolfgang Bauer (1975, Intercord Litera 26 553-8 H)
- Hirn mit Ei. Jazz + Lyrik. (1981, gemeinsam mit H.C. Artmann, Fritz Pauer und Hans Koller, Schallplatte, Produktion: Verlag Droschl)
- Magic Bauer. Eine Werkauswahl. (2001, Doppel-CD, Aufnahmen von 1969 bis 1999, Interviews, Lesungen des Autors (u.a. 12 Mikrodramen), Hörspielbearbeitung von Der Schweinetransport, ORF-CD 638)
Literatur
- Walter Grond, Gerhard Melzer (Hrsg.): Wolfgang Bauer. Graz: Droschl 1994. (= Dossier. 7.) ISBN 3-85420-377-2
- Jutta Landa: Bürgerliches Schocktheater. Entwicklungen im österreichischen Drama der sechziger und siebziger Jahre. Frankfurt am Main: Athenäum 1988. (= Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur. 15.) ISBN 3-610-08922-9
- Gerhard Melzer, Paul Pechmann (Hrsg.): Bauerplay. Ein Buch für Wolfgang Bauer. [Mit Beiträgen von Martin Esslin, Jörg Drews, Gert Jonke, Rolf Schwendter, Gerhard Roth, Gerhard Rühm u.a.] Graz u.a.: Droschl 2001. ISBN 3-85420-584-8
- Gerhard Melzer: Wolfgang Bauer. Eine Einführung in das Gesamtwerk. Königstein/Taunus: Athenäum 1981. ISBN 3-7610-8027-1
- Eleonora Pascu: Österreichisches Gegenwartstheater zwischen Tradition und Innovation. Timişoara: Ed. Excelsior 2000. ISBN 973-592-007-7
- Paul Pechmann (Hrsg.): Wolfgang Bauer. Lektüren und Dokumente. [Mit Beiträgen von Peter Weibel, Herbert Gamper, Günter Eichberger, Thomas Eder, Thomas Antonic, Ferdinand Schmatz u.a.] Klagenfurt: Ritter 2007. ISBN 978-3-85415-411-2.
- Dieter Wenk: Postmodernes Konversationstheater, Wolfgang Bauer. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1995. (= Münchener Studien zur literarischen Kultur in Deutschland. 25.) ISBN 3-631-48721-5
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Bauer, Wolfgang |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Schriftsteller des Forum Stadtpark |
GEBURTSDATUM | 18. März 1941 |
GEBURTSORT | Graz |
STERBEDATUM | 26. August 2005 |
STERBEORT | Graz |