Zeigerwerte nach Ellenberg

Klassifikationsverfahren für mitteleuropäische Pflanzen
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Die Kurzbezeichnung Zeigerwerte nach Ellenberg für die "Ökologischen Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa" ist ein von Heinz Ellenberg Ende der 1970er Jahre erstmals ausführlich beschriebenes Klassifikationsverfahren für mitteleuropäische Pflanzen nach ihrem ökologischen "Verhalten" und botanischen Eigenschaften.

Beispielhafte Zeigerwert-Angabe mit Entschlüsselung für den Hohlen Lerchensporn

Die Zeigerwerte nach Ellenberg sind von ökologischen und botanischen Beobachtungen und Erfahrungen abgeleitete und inzwischen größtenteils durch Standortanalysen und ökophysiologische Untersuchungen bestätigte bzw. abgesicherte Kenngrößen für einzelne Pflanzenarten.

Zeigerwerte zur Artcharakterisierung

In der Botanik, insbesondere im anwendungsbezogenen Bereich der Land- und Forstwirtschaft werden die Zeigerwerte nach Ellenberg benutzt, um Auskünfte über die Standortansprüche einer Pflanzenart zu erhalten.

... weiteres folgt noch

Zeigerwerte zur Standortanalyse

 
Stickstoff- und Feuchteabhängigkeit der Brennessel

Besondere Relevanz entfalten die Ellenberg´schen Zeigerwerte in den nah miteinander verwandten Disziplinen Geobotanik, Vegetationskunde und Pflanzensoziologie. Denn nicht nur einzelne Pflanzenarten, auch Pflanzengesellschaften geben auf Grund ihres ökologischen Verhaltens Hinweise auf die standörtlichen Bedingungen. Insbesondere gilt dies für natürliche und naturnahe Pflanzengesellschaften, eingeschränkt für alle sich spontan entwickelnden Pflanzengemeinschaften, bei denen die beteiligten Pflanzensippen miteinander im Wettbewerb um Raum, Licht, Wasser, Nährstoffe und andere Ökofaktoren stehen. Um eine Pflanzengesellschaft zu bewerten, werden für die einzelnen Standortfaktoren die Durchschnittszahlen der beteiligten Arten berechnet. Auf diese Weise ergibt sich eine ökologische Kurzcharakteristik der Ökotope. In entsprechenden Zeigerwerttabellen lassen sich auch relativ einfach Arten mit ähnlichem ökologischen Verhalten entdecken, die zu "ökologischen Gruppen", also synökologischen Artengruppen ohne systematischen Verwandtschaft, zusammengefasst werden können.

Statistische Hinweise

 
Beispielhafte Zeigerwert-Angabe für die Ackerröte mit Kürzeln

Die Zeigerwerte sind nicht an einer linearen Skala orientiert und insofern nicht als normierte Messwerte zu betrachten. Nach statistischen Maßstäben können deshalb nur ordinale Häufigkeitsverteilungen aus den Artenlisten einzelner Standorte ermittelt werden. Praktisch wird allerdings in der Regel der simple Durchschnitt der Zahlenwerte benutzt. Dieser erlaubt somit keine quantitative aber eine qualitativ annähernde Standort- und Artbeurteilung.

Die Zeigerwert-Faktoren im Einzelnen

Folgende Standortfaktoren werden im System der Zeigerwerte erfasst:

Desweiteren finden sich auch Angaben zu Lebensform und Blattausdauer im System wieder.

Im Folgenden sind für die einzelnen Faktoren die Kürzel für alle jeweils möglichen Zeigerwerte, teilweise mit kurzen Erklärungen, angegeben.

Grundsätzlicher Hinweis:
Wenn eine Pflanzenart bei einem der Faktoren mit einem X gekennzeichnet ist, dann bedeutet dies, dass sie sich diesbezüglich indifferent verhält.

Die Lichtzahl

Die Lichtzahl L bewertet das Vorkommen in Beziehung zur relativen Beleuchtungsstärke (= r.B.) an. Für die Pflanzen maßgebend ist dabei die relative Beleuchtung, die am Wuchsort der jeweiligen Art zur Zeit der vollen Belaubung der sommergrünen Pflanzen (also etwa von Juli bis September) bei diffuser Beleuchtung (z.B. bei Nebel oder gleichmäßig bedecktem Himmel) herrscht.

Lichtzahl (L)
Wert Benennung Erläuterung
1 Tiefschattenpflanze noch bei weniger als 1%, selten bei mehr als 30% r.B. vorkommend
2 Tiefschatten- bis Schattenpflanze zwischen 1 und 3 stehend
3 Schattenpflanze meist bei weniger als 5% r.B., doch auch an helleren Stellen
4 Schatten- bis Halbschattenpflanze zwischen 3 und 5 stehend
5 Halbschattenpflanze nur ausnahmsweise im vollen Licht, meist aber bei mehr als 10% r.B.
6 Halbschatten- bis Halblichtpflanze zwischen 5 und 7 stehend, selten bei weniger als 20% r.B.
7 Halblichtpflanze meist bei vollem Licht, aber auch im Schatten bis etwa 30% r.B.
8 Halblicht- bis Volllichtpflanze Lichtpflanze, nur ausnahmsweise bei weniger als 40% r.B.
9 Volllichtpflanze nur an voll bestrahlten Plätzen im Freiland, nicht bei weniger als 50% r.B.


Siehe auch: Schattenpflanze

Die Temperaturzahl

Die Temperaturzahl T bewertet des Vorkommens im Wärmebereich der polaren Zone bzw. der alpinen Höhenstufe bis ins mediterran geprägte Tiefland.

Temperaturzahl (T)
Wert Benennung Erläuterung
1 Kältezeiger nur in hohen Gebirgslagen, d.h. der alpinen und nivalen Stufe
2 Kälte- bis Kühlezeiger zwischen 1 und 3 stehend (viele alpine Arten)
3 Kühlezeiger vorwiegend in subalpinen Lagen
4 Kühle- bis Mäßigwärmezeiger zwischen 3 und 5 stehend (v.a. hochmontane und montane Arten)
5 Mäßigwärmezeiger in tiefen bis in montanen Lagen vorkommend (Schwergewicht in submontan-temperaten Bereichen)
6 Mäßigwärme- bis Wärmezeiger zwischen 5 und 7 stehend (planar bis collin)
7 Wärmezeiger im nördlichen Mitteleuropa nur in relativ warmen Tieflangen
8 Wärme- bis Extremwärmezeiger zwischen 7 und 9 stehend (meist mit submediterranem Schwergewicht)
9 extremer Wärmezeiger mediterran (in Mitteleuropa nur auf wärmsten Plätzen, z.B. im Oberrheingebiet)


Die Kontinentalitätszahl

Die Kontinentalitätszahl K bewertet das Verbreitungsschwergewicht von der europäischen Atlantikküste (1) bis ins innere Asien (9).

Kontinentalitätszahl (K)
Wert Benennung Erläuterung
1 euozeanisch in Mitteleuropa nur mit wenigen Vorkommen (süd- und westeuropäische Arten)
2 ozeanisch Schwergewicht in Westeuropa und im westlichen Mitteleuropa
3 ozeanisch bis subozeanisch zwischen 2 und 4 stehend (in großen Teilen Mitteleuropas vorkommend)
4 subozeanisch Schwergewicht in Mitteleuropa, z.T. auch in Osteuropa
5 intermediär schwach subozeanisch bis schwach subkontinental
6 subkontinental Schwergewicht im östlichen Mitteleuropa und Osteuropa
7 subkontinental bis kontinental zwischen 6 und 8 stehend
8 kontinental nur an wenigen Standorten des östlichen Mitteleuropas vorkommend
9 eukontinental im westlichen Mitteleuropa ganz fehlend, im östlichen selten (osteuropäische Arten)


Die Feuchtezahl

Die Feuchtezahl F bewertet Vorkommen von flachgründigen, trockenen Felshängen bis zu Sumpfböden und zu submersen Standorten.

Feuchtezahl (F)
Wert Benennung Erläuterung
1 Starktrockniszeiger auf trockene Böden beschränkt, an oftmals austrocknenden Stellen lebensfähig
2 Starktrocknis- bis Trockniszeiger zwischen 1 und 3 stehend
3 Trockniszeiger auf trockenen Böden häufiger als auf frischen, auf feuchten fehlend
4 Trocknis- bis Frischezeiger zwischen 3 und 5 stehend
5 Frischezeiger Schwergewicht auf mittelfeuchten Böden
6 Frische- bis Feuchtezeiger zwischen 5 und 7 stehend
7 Feuchtezeiger Schwergewicht auf gut durchfeuchteten, aber nicht nassen Böden
8 Feuchte- bis Nässezeiger zwischen 7 und 9 stehend
9 Nässezeiger Schwergewicht auf oft durchnäßten (luftarmen) Böden
10 Wechselwasserzeiger Wasserpflanze, die längere Zeit ohne Wasserbedeckung des Bodens erträgt
11 Wasserpflanze unter Wasser wurzelnd, aber zumindest zeitweise über die Oberfläche aufragend oder Schwimmpflanze
12 Unterwasserpflanze (fast) ständig untergetaucht
~ Zeiger für starken Wechsel zusätzliche Angabe
= Überschwemmungszeiger zusätzliche Angabe


Die Reaktionszahl

Die Reaktionszahl R bewertet das Vorkommen in Abhängigkeit von extrem sauren bis zu alkalischen (kalkreichen) Böden, dabei entspricht R jedoch nicht dem pH-Wert, siehe auch: Boden-pH.

Reaktionszahl (R)
Wert Benennung Erläuterung
1 Starksäurezeiger nur auf sauren, nie auf nur schwach sauren bis alkalischen Böden vorkommend
2 Starksäure- bis Säurezeiger zwischen 1 und 3 stehend
3 Säurezeiger Schwergewicht auf sauren Böden, nur ausnahmsweise im neutralen Bereich
4 Säure- bis Mäßigsäurezeiger zwischen 3 und 5 stehend
5 Mäßigsäurezeiger auf stark sauren wie auf neutralen bis alkalischen Böden selten
6 Mäßigsäure- bis Schwachsäure-/Schwachbasenzeiger zwischen 5 und 7 stehend
7 Schwachsäure- bis Schwachbasenzeiger niemals auf stark sauren Böden
8 Schwachsäure-/Schwachbasen- bis Basen- und Kalkzeiger zwischen 7 und 9 stehend, d.h. meist auf Kalk weisend
9 Basen- und Kalkzeiger stets auf kalkreichen Böden


Die Stickstoffzahl

Die Stickstoffzahl N bezeichnet das Vorkommen auf Böden mit sehr geringer bis übermäßiger Mineralstickstoffversorgung (NH4+ und NO3-), siehe auch: Stickstoff.

Stickstoffzahl (N)
Wert Benennung Erläuterung
1 Extremer Stickstoffarmutzeiger stickstoffärmste Standorte anzeigend
2 Extremer Stickstoff- bis Stickstoffarmutzeiger zwischen 1 und 3 stehend
3 Stickstoffarmutzeiger auf N-armen Standorten häufiger als auf mittelmäßigen, nur ausnahmsweise auf N-reicheren
4 Stickstoffarmut- bis Mäßigstickstoffzeiger zwischen 3 und 5 stehend
5 Mäßigstickstoffzeiger mäßig N-reiche Standorte anzeigend, seltener auf N-armen und N-reichen
6 Mäßigstickstoff- bis Stickstoffreichtumzeiger zwischen 5 und 7 stehend
7 Stickstoffreichtumzeiger an N-reichen Standorten häufiger als auf mittelmäßigen, nur ausnahmsweise auf N-ärmeren Standorten
8 ausgesprochener Stickstoffzeiger zwischen 7 und 9 stehend
9 übermäßiger Stickstoffzeiger an übermäßig N-reichen Standorten konzentriert (Viehlägerpflanze, Verschmutzungszeiger)


Die Salzzahl

Die Salzzahl S bezeichnet das Vorkommen im Gefälle der Salzkonzentration (insbesondere Cl--Konzentration) im Wurzelbereich des Bodens von 0 (nicht salzertragend) bis 9 (extrem salzertragend).

Salzzahl (S)
Wert Benennung Erläuterung
0 nicht salzertragend nur auf Böden ohne Salz (die Zahl "0" ist bei Berechnungen mit zu verwenden!)
1 salzertragend meist auf salzarmen bis salzfreien Böden, gelegentlich auf leicht salzhaltigen Böden (0-0,1% Cl-)
2 oligohyalin (I) öfter auf Böden mit sehr geringem Chloridgehalt (0,05-0,3% Cl-)
3 β-mesohyalin (II) meist auf Böden mit geringem Chloridgehalt (0,3-0,5% Cl-)
4 α/β-mesohyalin (II/III) meist auf Böden mit geringem bis mäßigen Chloridgehalt (0,5-0,7% Cl-)
5 α-mesohyalin (III) meist auf Böden mit mäßigem Chloridgehalt (0,7-0,9% Cl-)
6 α-meso-/polyhyalin (III/IV) auf Böden mit mäßigem bis hohem Chloridgehalt (0,9-1,2 Cl-)
7 polyhyalin (IV) auf Böden mit hohem Chloridgehalt (1,2-1,6% Cl-)
8 euhalin (IV/V und V) auf Böden mit sehr hohem Chloridgehalt (> 1,6-2,3% Cl-)
9 euhalin bis hypersalin (V/VI) auf Böden mit sehr hohem, in Trockenzeiten extremem Salzgehalt (> 2,3% Cl-)


Die Schwermetallresistenz

Die Schwermetallresistenz bewertet ...

Schwermetallresistenz
Wert Benennung Erläuterung
b mäßig schwermetallresistent ...
B ausgesprochen schwermetallresistent ...


Die Lebensform

Die Angabe zur Lebensform ermöglicht ... zur Erklärung der Begriffe siehe: ... Unterschieden wir bei diesen Angaben nach Blütenpflanzen, Moosen und Flechten, für die jeweils ein unterschiedliches Werte-Spektrum zur Verfügung steht.

Lebensform bei Blütenpflanzen
Wert Benennung Erläuterung: Lage der Überwinterungsorgane zur Erdoberfläche
A Hydrophyt aquatisch lebende Pflanze, Überwinterungsknospen normalerweise unter Wasser
C krautiger Chamaephyt Knospen wie bei Z meist über der Erde und im Schneeschutz überwinternd
H Hemikryptophyt Überwinterungsknospen nahe der Erdoberfläche
T Therophyt kurzlebig und ungünstige Zeiten als Samen überdauernd
G Geophyt Überwintwerungsknospen unter der Erdoberfläche meist mit Speicherorganen
Z (z) holziger Chamaephyt Zwergstrauch, nur selten über 0,5 m hoch werdend (Angabe "z" wenn zweijährig)
N (n) Nanophanerophyt Strauch oder Kleinbaum, meist 0,5 - 5 m hoch werdend (Angabe "n" wenn zweijährig)
P Phanerophyt Baum, der mehr als 5 m hoch werden kann
li Liane oder Spreizklimmer sich auf andere Pflanzen stützend, aber im Boden wurzelnd
ep Epiphyt auf anderen Pflanzen nicht parasitisch als "Aufsitzer" lebend
hp Halbparasit auf lebenden Pflanzen schmarotzend, aber mit grünen Blättern
vp Vollparasit wie hp, aber ohne Blattgrün


Lebensform bei Moosen
Wert Benennung Erläuterung
A Hydrophyt aquatisch lebendes Moos
C Chamaephyt weitgehend über der Erde
H Hemikryptophyt nahe der Erdoberfläche
T Therophyt kurzlebig
E Epiphyt auf anderen Pflanzen, z.B. Bäumen lebend


Bei Flechten erfolgt die Lebensform-Angabe in zwei Teilen. Die beiden Kürzel zu Substrat und Wuchsform werden dabei durch einen Bindestrich (-) getrennt.

Lebensform bei Flechten
Wert Substrat' Erläuterung
E Erdboden oder Rohhumus ...
G Gestein ...
H Holz ...
M Moose ...
R Rinde ...
Wert 'Wuchsform' Erläuterung
Ak Außenkruste ...
Be Strauchflechte Cladonia-Typ
Ce Strauchflechte Cetraria-Typ
Cl Strauchflechte Cladina-Typ
Ik Innenkruste im Substrat
L Laubflechte ...
N Nabelflechte ...
r rosettiger Wuchs ...
S mit schuppigem Lager ...
... u.a. Angaben Es bestehen noch weitere, allerdings seltenere Kürzel für die Wuchsform.


Die Blattausdauer

Die Blattdauer ist ein Merkmal, das im Rahmen der Zeigerwerte nur selten angegeben wird ... es dient lediglich als Zusatzinformation.

Blattausdauer
Wert Benennung Erläuterung
I immergrün zu allen Jahreszeiten mit Blättern, die oft länger als ein Jahr leben
W überwinternd grün oft mit grünen Blättern überwinternd, die aber meist im Frühjahr ersetzt werden
S sommergrün nur in der wärmeren Jahreszeit mit grünen Blättern
V vorsommergrün vom Vorfrühling bis zum Frühsommer grün, dann aber meist einziehend


Literatur

  • Heinz Ellenberg et. al: Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa. Scripta Geobotanica 18. (2. Aufl.) Verlag Erich Goltze, 1992. ISBN 3884525182
  • Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. 5. Aufl. Stuttgart, Ulmer, 1996. ISBN 3825281043 (Zeigerwertliste mit Erläuterungen auf den Seiten 1020-1065)