Kastration

Unterbinden der Zeugungsfähigkeit, Entfernung der Keimdrüsen
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Unter einer Kastration - von lat.: castrao, castratus = (schwächen, berauben, entnehmen, entkräften) - wird üblicherweise die operative Entfernung der Geschlechtsdrüsen verstanden.

Als Kastration wird auch die Zerstörung der Hoden, z.B. durch ionisierende Strahlung (benötigt wird eine Gesamtdosis von ca. 10-12 Gray), oder die Unterdrückung der Hormonproduktion durch Pharmaka ("chemische Kastration") bezeichnet.

Bei Frauen ist die Verwendung des Begriffes "Kastration" nur im umgangssprachlichen Sinn nicht üblich. In der Medizin ist darunter eine Entfernung der hormonproduzierenden Eierstöcke zu verstehen.

Wird der Penis eines Mannes gewaltsam oder durch einen Unfall entfernt, ist dieser Mann entmannt worden. In der griechischen Mythologie erleidet Uranos dieses Schicksal, als er von Zeus entmachtet wird.

Folgen

Beim Menschen hat eine Kastration vor der Pubertät nicht nur ein Ausbleiben des Stimmbruchs zur Folge, sondern auch ein verändertes Wachstum und ein Ausbleiben der männlichen Körperbehaarung.

Bei Kastration im Erwachsenenalter können Fettleibigkeit, Antriebsarmut, eine Veränderung der Behaarung und eine Abnahme der Libido oder sogar Impotenz auftreten. Oft gehen mit einer Kastration auch tiefgreifende Persönlichkeitsveränderungen, eine gesteigerte vegetative Labilität und Depressionen einher.

Die Kastration von Frauen durch operative oder radiologische Ausschaltung der Eierstöcke beziehungsweise ihrer Funktion wirkt sich somatisch, psychisch und sexuell jedoch geringer aus.

Bei beiden Geschlechtern führt die Kastration zur Sterilität.

Medizinische Anwendung beim Prostatakrebs

Die operative oder chemische Kastration kann in der Behandlung des Prostatakarzinoms angewendet werden. Da Prostatakarzinome in vielen Fällen testosteronabhängig sind, kommt es nach der Entfernung der Hoden (Orchiektomie) oder der sogenannten "chemischen Kastration" mit LHRH-Analoga meist zu einem deutlichen Rückgang bzw. Stillstand der Krankheit, so dass der Patient meist über Jahre von der Krankheit wieder Ruhe hat. Als "ungewünschte Effekte" können die oben genannten Folgen auftreten, die nur teilweise medizinisch behandelt werden können.

Geschichtliche Anmerkungen

Die Kastration an Männern wurde in der gesamten Geschichte und allen Kulturen durchgeführt: an Feinden und Sklaven sowie an Knaben, um ihre hohe Stimme zu erhalten - eine Praktik, die noch bis vor 150 Jahren regelmäßig in Italien angewandt wurde. Ein berühmtes Beispiel ist Carlo Broschi, genannt Farinelli, der italienische Kastratensänger.

In einem Dekret von Papst Sixtus V. vom 7. Juni 1587 wird unter dem Oberbegriff Verschnittener in Spadone, Kastrat und Eunuch differenziert:

  • Der Spadone ist in seltenen Fällen noch zum Beischlaf fähig, aber zeugungsunfähig. Bei ihm sind die Samenstränge durchtrennt oder die Hoden so sehr verletzt, dass sich eine Erektion nur selten einstellt.
  • Der Kastrat ist nicht zum Verkehr fähig, hat aber durchaus sexuelles Verlangen, da ihm nur die Hoden, nicht jedoch das Glied entfernt worden sind. Offenkundig werden noch hinreichend Sexualhormone produziert.
  • Der Eunuch ist vollkommen verschnitten.

Der irreversible Eingriff der chirurgischen Kastration wurde oft als ultima ratio bei wiederholt rückfälligen und anders nicht beeinflussbaren Sexualdeliquenten vorgenommen. Die (reversible) hormonelle Kastration durch Antiandrogene wird in einzelnen Bundesstaaten der USA weiterhin bei Sexualstraftätern (mit deren Einwilligung) vorgenommen.

Recht

Eine ohne Einwilligung vorgenommene Kastration ist strafbar als schwere Körperverletzung. Die Einwilligung kann bei Körperverletzung jedoch gegen die guten Sitten verstoßen und daher für die Rechtswidrigkeit der Tat bedeutungslos sein. Die Kastration Minderjähriger ist verboten (§ 1631 c BGB).

Die Kastration kann dazu führen, dass ein Sexualstraftäter, gegen den Unterbringung in Sicherungsverwahrung angeordnet ist, nicht mehr als gefährlich anzusehen ist. Gemäß § 67 d Abs. 2 StGB kann dann eine Aussetzung zur Bewährung in Betracht kommen.

Tiere

Im Bereich der Veterinärmedizin hat die Kastration auch heute noch einen hohen Stellenwert. Im Bereich landwirtschaftlicher Nutztiere kommt diese Methode zum Einsatz, um von Sexualhormonen bewirkte geschmackliche und geruchliche Veränderungen des Fleisches zu verhindern (Schwein) bzw. um die Mastleistung zu erhöhen (Schwein, Rind). Männliche Pferde werden kastriert, um ihr ausgeprägtes Sexualverhalten zu verhindern. Das gleiche Ziel verfolgt die Kastration von Katze, Hund und Frettchen. Im Bereich der im Haushalt gehaltenen Heimtiere (Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten etc.) schließlich dient die Kastration hauptsächlich der Vorbeugung unerwünschten Nachwuchses.

Vielfach tragen verschnittene Tiere eigene Bezeichnung wie Kapaun (Hahn), Poularden (Hennen), Wallach (Hengst), Ochse (Stier), Hammel (Widder), Borg (Eber), Gelze (Sau) usw.

Siehe auch

Orchiektomie - Ovariohysterektomie - Kastrationsangst - Entmannung - Antiandrogene - Sterilisation (Empfängnisverhütung)