Agnes Miegel
Agnes Miegel (* 9. März 1879 in Königsberg; † 26. Oktober 1964 in Bad Salzuflen) war eine deutsche Schriftstellerin, Journalistin und bedeutende Balladendichterin.

Leben
Ihre mütterlichen Vorfahren lebten in der Oberhofalm in Filzmoos und gehörten zu den protestantischen Salzburger Glaubensflüchtlingen, die 1732 von Friedrich Wilhelm I. nach Ostpreußen gerufen wurden. Ihre Eltern waren der Kaufmann Gustav Adolf Miegel und seine Frau Helene Miegel geborene Hofer.
Miegel besuchte die Höhere Mädchenschule in Königsberg, war geraume Zeit in einem Pensionat in Weimar, wurde dann zur Kinderkrankenschwester in einem Berliner Krankenhaus ausgebildet und ging später als Erzieherin in ein Mädcheninternat in Bristol. 1905 besuchte sie das Lehrerseminar in Berlin. Wegen der Krankheit ihrer Eltern kehrte sie dann nach Königsberg zurück, wo sie - unterbrochen von größeren Reisen - von 1906 bis 1945 in der Hornstraße (jetzt Serzanta Koloskowa) lebte. Sie arbeitete als Journalistin, Autorin und seit 1927 als freie Schriftstellerin. 1945 flüchtete sie aus Königsberg vor der herannahenden Roten Armee nach Dänemark. 1946 fand sie Aufnahme im Schloss Apelern. 1948 zog sie nach Bad Nenndorf, wo sie bis zur ihrem Lebensende wirkte.
Neben ihrer erzieherischen Tätigkeit schuf Miegel als Literatin Lyrik und Erzählungen, die von heimatlich-christlichem Gedankengut geprägt sind. Börries von Münchhausen förderte bereits Miegels erste Balladen und Lieder in seinem neuromantischen Kreis. Bekannt wurde sie besonders Schülern mit ihrer Ballade „Die Frauen von Nidden“, die bis dato noch vereinzelt in Schulbüchern auftaucht. In ihrer Heimatlyrik verarbeitete sie insbesondere ostpreußische Bezüge und wurde oft als „Mutter Ostpreußens“ bezeichnet.
Verhältnis zum Nationalsozialismus
Während der Zeit des Nationalsozialismus war Miegel eine bekennende Verehrerin des nationalsozialistischen Gedankenguts und des „Führers“ Adolf Hitler. Sie wurde bereits 1933 Mitglied in der nazistischen Deutschen Akademie der Dichtung und war seit 1937 Mitglied der NS-Frauenschaft und seit 1940 Mitglied der NSDAP. 1939 nahm sie das Ehrenzeichen der Hitlerjugend entgegen.[1]
Miegel war weiterhin auf Vortragsreisen, bekam Ehrenbürgerschaften verliehen und durfte ohne Einschränkungen publizieren. Ihre Einstellung wird an einem glorifizierenden Gedicht auf Adolf Hitler (An den Führer, 1938) und einer Hinwendung zu Blut- und Boden-Themen deutlich. Als bekannte ostpreußische Heimatdichterin avancierte sie zu einem literarischen Aushängeschild des NS-Regimes.[2]
Rezeption
Die Deutsche Bundespost gab 1979 eine Briefmarke zu ihrem 100. Geburtstag heraus.
Das Museum Agnes-Miegel-Haus befindet sich in Bad Nenndorf in der Straße Agnes-Miegel-Platz 3. Dort ist das Wohn- und Arbeitszimmer so erhalten, wie Agnes Miegel es verlassen hat. In weiteren Räumen befinden sich Bilder, Fotos, Bücher sowie persönliche Gegenstände von Agnes Miegel und ihrem Umfeld. In dem von ihr betriebenen Museum hat auch die literarische Agnes-Miegel-Gesellschaft ihren Sitz.
Agnes-Miegel-Denkmale gibt es an ihrem ehemaligen Wohnhaus in Königsberg in der Hornstraße (jetzt: Serzanta Koloskowa), in Bad Nenndorf (siehe Abbildung), an der Oberhofalm in Filzmoos (siehe Weblinks) und im Blumenauer Kirchweg in Wunstorf. Auf dem Relief am ehemaligen Königsberger Wohnhaus ist in deutscher und russischer Sprache zu lesen: Und dass du Königsberg nicht sterblich bist. Und: In diesem Hause lebte bis 1945 die deutsche Dichterin Agnes Miegel * 9.3.1879 Königsberg + 26.10.1964. Auf das Denkmal in Wunstorf wurde Anfang Februar 2007 ein Anschlag verübt; das Denkmal wurde dabei mit einem Davidsstern und mit der orangefarbenen Inschrift beschmiert: Kein Vergeben - Kein Vergessen.
In der Nachkriegszeit war Miegel Namensgeberin für Schulen in Düsseldorf, Osnabrück, Wilhelmshaven und Willich. Ferner haben mehrere deutsche Städte Straßen nach ihr benannt. In letzter Zeit kommt es in einigen Städten auf Grund der Haltung der Autorin zum Nationalsozialismus zu Umbenennungsbestrebungen, wie beispielsweise in Erlangen[3] und in Wilhemshaven[4]. Teilweise gab es solche Anfragen bereits in den 1970er und 1990er Jahren, wie in Wilhemshaven.
Porträt
Auf Agnes Miegel wurde von dem unbekannten Medailleur „HSF“ eine undatierte Bronzegußmedaille mit ihrem Porträt geschaffen (Vorderseite: AGNES MIEGEL - Halsbildnis nach links, unten signiert: HSF (unbekannter Medailleur); Rückseite: Sechs Zeilen Text: ÜBER / DER WEICHSEL / DRÜBEN / VATERLAND / HÖRE UNS / AN; Durchmesser der Medaille: 880 mm).
Auszeichnungen und Ehrungen
- 1916 Kleist-Preis
- 1924 Ehrendoktorwürde der Albertina (Universität der Stadt Königsberg) am 200. Geburtstag von Immanuel Kant
- 1935 Ehrenring des allgemeinen deutschen Sprachvereins
- 1936 Herder-Preis der Johann-Wolfgang-Goethe Stiftung
- 1939 Ehrenbürgerin der Stadt Königsberg
- 1939 Ehrenzeichen der Hitlerjugend
- 1940 Goethepreis der Stadt Frankfurt
- 1952 Westfälischer Kulturpreis
- 1954 Ehrenbürgerin der Gemeinde Bad Nenndorf
- 1957 Ehrenplakette des Ostdeutschen Kulturrates
- 1959 Großer Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
- 1962 Kulturpreis der Landsmannschaft Westpreussen
Werke
- 1901 Gedichte. Stuttgart (Cotta)
- 1907 Balladen und Lieder. Jena (Eugen Diederichs)
- 1920 Gedichte und Spiele. Jena (Eugen Diederichs)
- 1926 Geschichten aus Alt-Preußen. Jena (Eugen Diederichs)
- 1926 Die schöne Malone, Erzählungen. Leipzig (Eichblatt)
- 1927 Spiele. Jena (Eugen Diederichs)
- 1927 Gesammelte Gedichte. Jena (Eugen Diederichs)
- 1928 Die Auferstehung des Cyriakus, Erzählungen. Leipzig (Eichblatt)
- 1930 Kinderland, Erzählungen. Leipzig (Eichblatt)
- o.J. Heimat, Lieder und Balladen. Leipzig (Eichblatt)
- 1931 Dorothee, Erzählungen. Königsberg/Pr. (Gräfe und Unzer)
- 1932 Der Vater, Erzählungen. Berlin (Eckhart)
- 1932 Herbstgesang, Gedichte. Jena (Eugen Diederichs)
- 1933 Weihnachtsspiel. Königsberg/Pr. (Gräfe und Unzer)
- 1933 Kirchen im Ordensland – Gedichte. Königsberg/Pr. (Gräfe und Unzer)
- 1934 Gang in die Dämmerung – Erzählungen. Jena (Eugen Diederichs)
- 1935 Das alte und das neue Königsberg. Königsberg/Pr. (Gräfe und Unzer)
- 1935 Deutsche Balladen. Jena (Eugen Diederichs)
- 1936 Unter hellem Himmel, Erzählungen. Jena (Eugen Diederichs)
- 1936 Kathrinchen kommt nach Hause, Erzählungen. Leipzig (Eichblatt)
- 1936 Noras Schicksal, Erzählungen. Königsberg/Pr. (Gräfe und Unzer)
- 1937 Das Bernsteinherz, Erzählungen. Leipzig (Reclam)
- 1937 Audhumla, Erzählungen. Königsberg/Pr. (Gräfe und Unzer)
- 1937 Herden der Heimat, Erzählungen mit Zeichnungen von Hans Peters Königsberg/Pr. (Gräfe und Unzer)
- 1938 Und die geduldige Demut der treuesten Freunde, Versdichtung. Ebenhausen bei München (Bücher der Rose, Langewiesche-Brandt)
- 1938 Viktoria, Gedicht und Erzählung. Ebenhausen (Gesellschaft der Freunde der deutschen Bücherei)
- 1939 Frühe Gedichte (Neuausgabe der Gedichte von 1901). Stuttgart (Cotta)
- 1939 Die Schlacht von Rudau, Spiel. Königsberg/Pr. (Gräfe und Unzer)
- 1939 Herbstabend, Erzählung. Eisenach (Privatdruck)
- 1940 Ostland, Gedichte. Jena (Eugen Diederichs)
- 1940 Im Ostwind, Erzählungen. Jena (Eugen Diederichs)
- 1940 Wunderliches Weben, Erzählungen. Königsberg/Pr. (Langen und Müller)
- 1940 Ordensdome. Königsberg/Pr. (Gräfe und Unzer)
- 1944 Mein Bernsteinland und meine Stadt. Königsberg/Pr. (Gräfe und Unzer)
- 1949 Du aber bleibst in mir, Gedichte. Hameln (Seifert)
- 1949 Die Blume der Götter, Erzählungen. Köln (Eugen Diederichs)
- 1951 Der Federball, Erzählungen. Köln (Eugen Diederichs)
- 1951 Die Meinen, Erzählungen. Köln (Eugen Diederichs)
- 1952 Ausgewählte Gedichte. Köln (Eugen Diederichs)
- 1952–1955 Gesammelte Werke (G.W.). Köln (Eugen Diederichs)
- Band 1: Gesammelte Gedichte
- Band 2: Gesammelte Balladen
- Band 3: Stimme des Schicksals (Erzählungen I)
- Band 4: Seltsame Geschichten (Erzählungen II)
- Band 5: Aus der Heimat (Erzählungen III)
- Band 6: Märchen und Spiele
- 1958 Truso, Erzählungen. Köln (Eugen Diederichs)
- 1959 Mein Weihnachtsbuch, Gedichte und Erzählungen. Köln (Eugen Diederichs) (2. erweiterte Auflage 1984)
- 1962 Heimkehr, Erzählungen. Köln (Eugen Diederichs)
Literatur
- G. Burgmann: Hier wohnte Agnes Miegel in Weimar. - In: Der Vertriebene (Erfurt), 2007, H. 01, S. 20-21, mit Abb.
- Klaus-Dietrich Hoffmann: Das Menschenbild bei Agnes Miegel. Mit einem Literaturverzeichnis. Dortmund: Ostdeutsche Forschungsstelle im Lande Nordrhein-Westfalen. 1969. (= Veröffentlichungen der Ostdeutschen Forschungsstelle im Lande Nordrhein-Westfalen; Reihe A; 16)
- Walther Hubatsch: Ostpreußens Geschichte und Landschaft im dichterischen Werk von Agnes Miegel. Minden: Agnes-Miegel-Ges. 1978.
- Harold Jensen: Agnes Miegel und die bildende Kunst. Leer: Rautenberg. 1982. ISBN 3-7921-0261-7
- Jurgita Katauskiené: Land und Volk der Litauer im Werk deutscher Schriftsteller des 19./20. Jhs. (H. Sudermann, E. Wiechert, A. Miegel und J. Bobrowski). Vilnius: Matrica. 1997. ISBN 9986-645-04-2
- Marianne Kopp: Agnes Miegel. Leben und Werk. Husum: Druck-und-Verlagsges. 2004. ISBN 3-89876-116-9
- Helga Neumann u. Manfred Neumann: Agnes Miegel. Die Ehrendoktorwürde und ihre Vorgeschichte im Spiegel zeitgenössischer Literaturkritik. Würzburg: Königshausen u. Neumann. 2000. ISBN 3-8260-1877-X
- Ruth Pietzner: Die Natur im Werk Agnes Miegels. Rostock: Hinstorff. 1937. (= Rostocker Studien; 2)
- Anni Piorreck: Agnes Miegel. Ihr Leben und ihre Dichtung. 2. Aufl. München: Diederichs. 1990. ISBN 3-424-01036-7
- Alfred Podlech: Agnes-Miegel-Bibliographie. Minden: Agnes-Miegel-Ges. 1973.
- Annelise Raub: Nahezu wie Schwestern. Agnes Miegel und Annette von Droste-Hülshoff. Grundzüge eines Vergleichs. Bad Nenndorf: Agnes-Miegel-Ges. 1991.
- Ursula Starbatty: Begegnungen mit Agnes Miegel. Bad Nenndorf: Agnes-Miegel-Ges. 1989.
- Zimmermann, Jan: Die Kulturpreise der Stiftung F.V.S. 1935 - 1945. Darstellung und Dokumentation. Hrsg. von der Alfred-Toepfer-Stiftung F.V.S. Hamburg: Christians 2000
Weblinks
- Vorlage:PND
- Überblick über Texte von Agnes Miegel im Internet
- Agnes-Miegel-Gesellschaft
- Agnes-Miegel-Haus
- Christian Otto Frenzel: Die vertriebene Ostpreußin. In: Die Zeit. 1954.
- Der Nachlass von Agnes Miegel im Deutschen Literaturarchiv Marbach
- Grabstein auf dem Bergfriedhof in Bad Nenndorf
- Gedenktafel für die Vorfahren von Agnes Miegel an der Oberhofalm in Filzmoos
- Gedenktafel in Königsberg
Einzelnachweise
- ↑ „Wer war Agnes Miegel?“], Onlineauftritt des Bremer Landesverbandes der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)
- ↑ Literatur während des NS-Regimes, Onlineauftritt des Deutsches Historisches Museums
- ↑ Antrag der Grünen Liste Erlangen zur Umbenennung der Agnes-Miegel-Straße
- ↑ „Agnes Miegel – eine widersprüchliche Person. Wilhelmshaven will nach Nationalsozialistin benannte Realschule nicht umtaufen / Schulleiter wirbt für sachgemäße Debatte“, Bericht von Martin Wein, Weser-Kurier, 29. Dezember 2007
Personendaten | |
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NAME | Miegel, Agnes |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Schriftstellerin, Journalistin und Balladendichterin |
GEBURTSDATUM | 9. März 1879 |
GEBURTSORT | Königsberg (Preußen) |
STERBEDATUM | 26. Oktober 1964 |
STERBEORT | Bad Salzuflen |