Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1

Infanterieverband der Preußischen Armee
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Das „Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1“ (G Gren.R 1, auch Alexandriner bzw. Alexander-Regiment) in Berlin gehört zu den Regimentern mit der ältesten Tradition im preußischen bzw. deutschen Heer. Diese Tradition reicht vom 1. Mai 1626, als Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg das 3.000 Mann starke Vorgängerregiment (des Obristen Hillebrand von Kracht) errichtete, bis zum 9. Mai 1945, als das Grenadier-Regiment Nr. 67 „Generaloberst von Seeckt“ (Traditionsregiment der Alexandriner in der Wehrmacht) mit der Kapitulation des Dritten Reichs aufgelöst wurde.

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Fahne des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment No.1 - I.Bataillon

Aufstellung

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Parade

Im Oktober 1814 erging eine „Allerhöchste Cabinets-Ordre“, zwei Grenadier-Regimenter zu bilden. Eines davon war das Alexander-Regiment. Gebildet wurde es aus dem Leib-Grenadier-Bataillon und den 1. und 2. Ostpreußischen Grenadier-Bataillonen, Stiftungstag ist der 14. Oktober 1814. Bei der Neubildung der preußischen Armee nach den Freiheitskriegen fanden nur Stämme und Formationen der alten Armee Verwendung, die sich 1806 gut geführt und in den Freiheitskriegen bewährt hatten. Das I. Bataillon wurde aus dem von der Belagerung Kolbergs bekannten Waldenfels-Bataillon gebildet, das II. und III. aus den ältesten Regimentern der brandenburgisch/preußischen Armee. Die Chefstelle bekam der Zar von Russland, nach welchem das Regiment am 19.Oktober 1814 als "Grenadier-Regiment Kaiser Alexander" benannt wurde (ab dem 27.November 1819 "Kaiser Alexander Grenadier-Regiment"). Die Liste der Offiziere vom Oktober 1814 umfaßt 59 Namen, darunter 14 bürgerliche. 40 Offiziere, darunter fast alle bürgerlichen, trugen das Eiserne Kreuz 2. Klasse, drei die 1. Klasse und fünf den Orden Pour le Mérite. Am 18. Februar 1820 erhielt das Regiment den Garde-Rang. Die letzte Namensänderung erfolgte am 14.Juli 1860 in "Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1".

Das Regiment garnisonierte die gesamte Zeit seines Bestehens in Berlin. Seine Kaserne befand sich „Am Weidendamm 2“, zwischen Bahnhof Friedrichstraße und Museumsinsel (am Kupfergraben). Den Berlinern ist der Standort bekannter unter der Bezeichnung Friedrich-Engels-Kaserne bzw. Kaserne des Wachregiments der NVA „Friedrich Engels“. Heute ist die Kaserne Bestandteil der sogenannten Museumshöfe des Deutschen Historischen Museums (DHM) und der Staatlichen Museen Berlin - Preußischer Kulturbesitz. Der Exerzierplatz des Alexander-Regiments befand sich an der Schönhauser Allee im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg, dort trug Hertha BSC bis 1905 seine ersten Spiele aus.

Der erste Wachaufzug mit klingendem Spiel überhaupt vor der SchinkelschenNeuen Wache“ erfolgte am 18. September 1818 anlässlich des Besuchs des Regimentschefs, Zar Alexander von Russland.

Uniform

 
Uniform

Das Alexander-Regiment trug einen blauen Rock mit ponceaurotem Kragen, die Achselklappen waren weiß mit Namenszug aus roter Kordel (verschnörkeltes lateinisches „A“ unter einer Krone, darunter eine arabische 1). Die Waffenröcke hatten brandenburgische Aufschläge mit dunkelblauen Patten und drei wagerechten Litzen. Am Helm wurde der Gardeadler mit Stern getragen; zu Paraden wurde ein weißer Helmbusch angelegt, das Füsilier-Bataillon legte einen schwarzen Helmbusch an.

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Achselklappe mit Namenszug

Ab dem 18.1.1834 durfte das Regiment die Garde-Litzen am Kragen der Mannschaften anlegen (Offiziere hatten eine Stickerei seit der Errichtung). Seit dem 22.3. bzw. 14.4.1874 eine Stickerei bzw. Litzen auf den Ärmelpatten. Im März 1894 wurden dem Regiment vom Kaiser die Grenadiermützen verliehen, die vorher das 1. Garde-Regiment getragen hatte. 1824 wurden diese Grenadiermützen von Zar Alexander I. dem 1. Garde-Regiment verliehen. Als Vorbild dienten die Mützen des russischen Leibgarderegiments „Pawlow“; einzig die Prägung des messingnen Mützenblechs war verschieden: hier war es der Stern des Schwarzen Adlerordens und darüber die preußische Königskrone, bei Mannschaften aus Weißmetall, bei Offizieren aus Silber.

Als das Regiment zum ersten Mal am 14. März 1894 vor dem Kaiser mit den neuen Mützen paradierte, hielt er folgende Ansprache: „Ich habe euch diese Grenadier-Mützen gegeben als ein Zeichen des Dankes für die bisherige stramme Haltung des Regiments, für die hervorragenden Leistungen im Kriege und für mein Haus, und auch aus dem Grunde, weil das Regiment Alexander fast nur aus Grenadier-Bataillonen der alten Friederizianischen Armee zusammengesetzt ist ...“.

Geschichte

Einsätze

Deutsche Revolution 1848/49: Bei den Straßenkämpfen während der Märzrevolution in Berlin fielen ein Premier-Leutnant (Oberleutnant) und drei Grenadiere. Wieviele Berliner Bürger dem bewaffneten Einschreiten des Regiments zum Opfer vielen, ist nicht bekannt. Am 23. April 1848 (eingesetzt war das Füsilier-Bataillon) starben bei Schleswig zwei Leutnants und drei Füsiliere. Vom 5. bis 9. Mai war das Regiment (I. Bataillon und Füsilier-Bataillon) in Dresden im Straßenkampf eingesetzt. Dabei fielen zwei Leutnants sowie zwei Füsiliere. Auch hier gibt es keine Zahlen über die Toten und Verwunderten unter der Zivilbevölkerung.

Deutscher Krieg 1866: Am 28. Juni bei Soor und am 3. Juli in Königgrätz. Bei Königgrätz standen die Alexandriner dem österreichischen Alexander-Regiment (Infanterie-Regiment Kaiser Alexander von Rußland Nr. 2) gegenüber. Grenadier Plitzko vom Brigade-Regiment „Elisabeth“ eroberte die Fahne des 2. österreichischen Bataillons. Die Fahne kam später nach Potsdam in die Garnisonkirche. Die Verluste in diesem Feldzug waren verhältnismäßig gering, mit einem Unteroffizier und sieben Mann.

 
Offizier und Grenadier 1824

Deutsch-Französischer Krieg 1870/71: Am Tage von St. Privat, dem 18. August 1870, wurden 13 Offiziere getötet und 14 verwundet, darunter zwei Bataillons-Kommandeure. Die Mannschaften erlitten Ausfälle von 820 Mann (Gefallenene und Verletzte). An diesem Tage fiel auch der älteste Kriegsfreiwillige dieses Krieges. Der Unteroffizier Christian Raspe, 10. Kompanie, ein 53jähriger Gastwirt, geboren im Kreis Mansfeld, der bereits 1837 im Regiment gedient hatte und 1848 als Halbinvalide ausgeschieden war, hatte sich bei der Mobilmachung erneut gemeldet. Er machte den Einmarsch in Frankreich zu Fuß mit, mußte aber später aufgrund wunder Füße auf dem Kompaniekarren gefahren werden. Am Tag der Schlacht bestand er darauf mitzukämpfen und fiel durch einen Schuß in die Brust.

Weitere gefallene Offiziere hatte das Regiment im Verlauf dieses Krieges nicht zu verzeichnen; die Anzahl der gefallenen Unteroffiziere und Mannschaften ist nicht bekannt.

Das Regiment war in zentraler Rolle der Eroberung von Le Bourget am 30. Oktober 1870 beteiligt. Ein Bild stellt den Kommandeur der 2. Garde-Infanterie-Division, Generalmajor Rudolph Otto von Budritzki (vorher Kommandeur der Alexandriner) mit der Fahne des II. Bataillons des Regiments „Elisabeth“ dar, die er dem fallenden Fahnenträger beim Sturmangriff entrissen hatte. In diesem Angriff entschied ein 23jähriger Seconde-Leutnant an der Spitze der 8. Kompanie den Kampf um den Bahnhof. Bereits für St. Privat mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet, wurde ihm das Eiserne Kreuz 1. Klasse verliehen. Beim Siegeseinzug in Berlin wurde ihm die Ehre zuteil, vor allen Gardetruppen an der Spitze der 89 eroberten französischen Fahnen zu marschieren und diese dann an der Statue König Friedrich Wilhelms II. im Lustgarten niederzulegen. Beim Kampf um die Gasfabrik stürmte der Tambour der 7. Kompanie, Friedrich Wilhelm Bümsen, zum Sturm trommelnd nach vorn zu seinem Kompaniechef. Als das Trommelfell platzt, drehte er die Trommel um und schlug weiter. Er war als einer der ersten im Hof der Gasfabrik. Als Tambour von „Le Bourget“ wurde er in Gedichten verewigt. Der Figaro kaufte die Geschichte von der Zeitschrift Daheim und brachte das Bild des Tambours auf der ersten Seite.

Weitere Teilnahme an Gefechten:

Erster Weltkrieg: Die Teilnahme am Ersten Weltkrieg erfolgte im Rahmen der 2. Garde-Division. Während dieses Krieges fielen vier von sechs Majoren und elf von 16 Hauptleuten; einer verstarb in englischer Gefangenschaft. Die Reserveoffiziere des Regiments rekrutierten sich überwiegend aus Kaufleuten, Lehrern, Architekten und Juristen und waren durchweg bürgerlich. Zahle über Verluste unter den Unteroffiziern und Mannschaften fehlen.

Unterstellung

Das Regiment gehörte zur 3. Garde-Infanterie-Brigade in Berlin der 2. Garde-Infanterie-Division (Berlin) des Gardekorps (Berlin).

Chefs des Regiments

Kommandeure

Kriegskommandeure:

  • Bernhard Graf Finck v. Finckenstein
  • Friedrich Frhr. v. Wedekind

Tradition

Aus den Resten des Alexander-Regiments wurde 1919 das Reichswehr-Regiment 51 gebildet. Später war der Kommandeur dieses Regiments Victor von Alten (früher auch Alexander-Regiment), Kommandeur I. Batl. des Infanterie-Regiment 9. Die Tradition der preußischen Garde wurde nach 1918 in der Reichswehr vom Potsdamer Infanterie-Regiment 9 übernommen, die des Alexander-Regiments speziell von der 9. und 12. Kompanie. Traditionsträger in der Wehrmacht war das III./ Grenadier-Regiment Nr. 67 „Generaloberst von Seeckt“.

Die Tradition des Infanterie-Regiment 9 pflegt bis heute der Semper-talis-Bund ("semper talis" war der Wahlspruch des 1. Garde-Regiments zu Fuß).

Bekannte Angehörige

Bekannte Angehörige des Regiments waren:

Denkmäler

Auf dem Garnisonsfriedhof in Berlin-Neukölln, Columbiadamm, befindet sich ein Denkmal der Gefallenen des Regiments. Das Denkmal steht seit 1957 an diesem Standort, der Künstler ist unbekannt. Das Denkmal zeigt einen knieenden barhäuptigen Soldaten, der eine Fahne hält. An den Seiten ist der Namenszug des Regiments.

 
AK Denkmal Amanweiler

In Amanweiler (50 km südl. von Paris) steht ein Denkmal zur Erinnerung an die Gefallenen des Tages von St. Privat.

Quellen

  • Deutsche Gesellschaft für Heereskunde
  • Klaus Schlegel: „Aus der Geschichte des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiments Nr. 1.“ Zeitschrift für Heereskunde, 1971/72
  • v. Etzel: Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1, Berlin 1855
  • v. Kries/v. Renthe: Geschichte des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiments Nr. 1, Berlin 1904
  • div. Regiments-, Bataillonsgeschichten und Stammlisten