Tensor

multilineare Abbildung
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Ein Tensor ist in der Mathematik ein geometrisches, unter Koordinatentransformationen invariantes Objekt, das aus Vektoren und/oder linearen Abbildungen aufgebaut ist.

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Es gibt eine Hierarchie von Tensoren, in der diese nach der Komplexität ihres Aufbaus unterschieden werden. So können z.B. Skalare als Tensoren 0. Stufe aufgefasst werden, Vektoren als Tensoren 1. Stufe und quadratische wie auch rechteckige Matrizen repräsentieren Darstellungen von Tensoren 2. Stufe.

Das mathematische Teilgebiet Lineare Algebra handelt u.a. von Tensoren, dieser Bereich wird ohne klare Bedeutungsunterscheidung auch Tensorrechnung, Tensoralgebra oder multilineare Algebra genannt. Die Tensoranalysis behandelt Tensorfelder über Mannigfaltigkeiten und auf diesen definierte Differentialoperatoren.

Einleitung

Wort- und Begriffsgeschichte

Das Wort Tensor (lat.: tendo ich spanne) wurde in den 1840er Jahren von Hamilton in die Mathematik eingeführt; er bezeichnete damit den Absolutbetrag seiner Quaternionen, also noch keinen Tensor im modernen Sinn.

Maxwell scheint den Spannungstensor, den er aus der Elastizitätstheorie in die Elektrodynamik übertrug, selbst noch nicht so genannt zu haben.

In seiner modernen Bedeutung, als Verallgemeinerung von Skalar, Vektor, Matrix, wird das Wort Tensor erstmals von Woldemar Voigt in seinem Buch Die fundamentalen physikalischen Eigenschaften der Krystalle in elementarer Darstellung (Leipzig, 1898) eingeführt.

Unter dem Titel absolute Differentialgeometrie entwickelten Gregorio Ricci-Curbastro und dessen Schüler Tullio Levi-Civita um 1890 die Tensorrechnung auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten; einem größeren Fachpublikum machten sie ihre Ergebnisse 1900 mit dem Buch Calcolo differenziale assoluto zugänglich, das bald in andere Sprachen übersetzt wurde, und aus dem sich Einstein unter großer Mühe die mathematischen Grundlagen aneignete, die er zur Formulierung der Allgemeinen Relativitätstheorie benötigte. Einstein selbst prägte 1916 den Begriff Tensoranalysis und trug mit seiner Theorie maßgeblich dazu bei, den Tensorkalkül bekannt zu machen; er führte überdies die Einsteinsche Summationskonvention ein, nach der über doppelt auftretende Indizes stillschweigend summiert wird.

Tensoren in der Physik

Einführung

Viele physikalische Gesetze sind Proportionalitäten. Beispielsweise bewirkt eine an einem Körper angreifende Kraft eine Geschwindigkeitsänderung, die der Größe der Kraft proportional ist:

 

Diese Gleichung besagt zudem, dass die Richtung der Kraft auch die Richtung der Beschleunigung angibt. Derselbe Proportionalitätsfaktor, die Masse  , taucht auch in der Formel für die Bewegungsenergie

 

auf.

Es gibt jedoch Zusammenhänge, die sich nicht in dieser Weise beschreiben lassen, weil die zugehörigen Proportionalitätsfaktoren von der Richtung der beteiligten vektoriellen Größen abhängen. Ein Beispiel liefern Drehbewegungen: Greift an einem rotierenden Körper ein Drehmoment an, so bewirkt es eine Änderung der Winkelgeschwindigkeit, und eine Verdoppelung des Drehmomentes verdoppelt auch diesen Effekt. Es gilt also

 

mit einem Proportionalitätsfaktor  , der je nach Richtung von   unterschiedlich sein kann. Auch müssen die Richtungen von   und   nicht übereinstimmen. Die Rotationsenergie lässt sich ebenfalls mit einem richtungsabhängigen Faktor   als

 

darstellen.

Diese Richtungsabhängigkeit bedeutet, dass das Trägheitsmoment   eine tensorielle Größe ist, genauer ein Tensor zweiter Stufe, der Trägheitstensor. „Stufe zwei“ besagt dabei, dass zwei Vektoren involviert sind, in der ersten Formel wird über den Trägheitstensor   der Vektor   auf den Vektor   abgebildet (lineare Abbildung), in der zweiten Energieformel tritt der Tensor als Bestandteil einer Bilinearform auf, die dem Drehimpuls-Vektor   einen Skalar zuordnet (die Energie). Tensoren der zweiten Stufe können also grob gesagt aus Vektoren wieder Vektoren machen oder aus Paaren von Vektoren Zahlen. Mathematisch entspricht das einer linearen Abbildung bzw. einer Bilinearform, die sich beide durch eine  -Matrix beschreiben lassen. Rechnerisch ist ein Tensor zweiter Stufe also nichts anderes als eine (quadratische) Matrix, und die obigen Formeln nehmen die Form

  bzw.  

mit der entsprechenden Matrix   an.

Tensoren als Verallgemeinerung von Skalar, Vektor und Matrix

Für manche Anwendungen, zum Beispiel in der Elastizitätstheorie und fast überall in den Ingenieurwissenschaften, ist es vollkommen ausreichend, sich Tensoren als eine Fortsetzung der Reihe Skalar, Vektor, Matrix vorzustellen. Dabei unterscheidet man Tensoren verschiedener Stufen (auch Rang genannt):

  • Ein Tensor nullter Stufe ist eine Zahl, auch Skalar genannt.
  • Ein Tensor erster Stufe wird durch einen Spaltenvektor dargestellt. Im n-dimensionalen Raum hat ein solcher Tensor genau n Koeffizienten.
  • Ein Tensor zweiter Stufe wird durch eine quadratische Matrix dargestellt, also ein Zahlenschema, in dem jeder der n2 Koeffizienten des Tensors durch zwei Indizes bezeichnet ist (Beispiele: Arbeitsblatt in einem Tabellenkalkulationsprogramm; zweidimensionales Pixelbild)
  • Ein Tensor dritter Stufe ließe sich durch eine würfelförmige Anordnung seiner n3 Koeffizienten darstellen, die durch je drei Indizes "adressiert" werden (Arbeitsmappe in der Tabellenkalkulation; Videosequenz [Pixelbilder mit zusätzlicher Zeitkoordinate]).
  • Ein Tensor m-ter Stufe hat dementsprechend nm Koeffizienten, die mit Hilfe von m Indizes auseinandergehalten werden. Dabei ist ein Tensor nur dann vollständig bestimmt, wenn zu jeder möglichen Belegung der Indizes der entsprechende Koeffizient angegeben ist. Man kann dies mit einer Datenbank vergleichen, deren Schlüssel aus den m Indizes besteht und in der für jeden zulässigen Schlüssel ein Wert eingetragen ist.

Im Allgemeinen wird zusätzlich gefordert, dass die Tensoren unter Koordinatentransformationen ein vorbestimmtes Verhalten aufweisen. Unter einer Koordinatentransformation kann man sich beispielsweise eine Drehung oder Verschiebung des zugrundeliegenden kartesischen Koordinatensystems vorstellen. Diese zusätzliche Forderung ist besonders wichtig im Rahmen der speziellen und allgemeinen Relativitätstheorie, in der es um das Transformationsverhalten (Lorentz-Transformation) von Gleichungen geht.

Tensoren als "indizierte Größen"

Ein Tensor n-ter Stufe ist eine n-fach indizierte Größe

 .

Oft wird der Tensor nur mit dem in Klammern stehhenden indexbehafteten Symbol   bezeichnet.

Jeder Index, beispielsweise  , durchläuft einen vorbestimmten Wertebereich natürlicher Zahlen, beispielsweise  . Zu jeder möglichen Indexkombination enthält der Tensor eine reelle oder komplexe Zahl. Die indizierte Größe kann sowohl ein Skalar (n=0), einen Vektor (n=1) oder eine Matrix (n=2) darstellen. Insofern handelt es sich um eine Verallgemeinerung der Größen Skalar, Vektor und Matrix. Weitere Informationen über das Thema findet man unter Indexdarstellungen der Relativitätstheorie.

Tensor als Tensorprodukt von Vektoren

Als Tensorprodukt wird eine Verknüpfung   zwischen zwei Vektoren v und w der Vektorräume V und W über demselben Körper K definiert. Diese Verknüpfung wird in der üblichen Form zweistelliger Rechenoperationen notiert,

 .

Die Verknüpfung   kann als Produktoperation interpretiert werden. Die Produktoperation   ist eine bilineare Abbildung. Den Vektoren v und w wird ein Tensorprodukt zugeordnet:

 

Für diese Abbildung gelten die folgenden Regeln:

 
 
 

Dabei sind   und   jeweils ein beliebiges Element des Vektorraumes V;   und   sind jeweils ein beliebiges Element des Vektorraumes W;   ist ein beliebiges Element des Grundkörpers K.

Im Allgemeinen nichts miteinander zu tun haben jedoch

  und  ,

selbst wenn V = W ist; andernfalls gehören sie sogar unterschiedlichen Vektorräumen an.

Diese Regeln sehen aus wie Distributivgesetze bzw. Assoziativgesetze der Multiplikation; auch daher der Name Tensorprodukt. Damit das Tensorprodukt diese Eigenschaften haben kann, muss der Raum der Tensorprodukte selbst wieder ein Vektorraum sein. Das heißt aber insbesondere, dass beliebige Summen

 

in diesem Tensorproduktvektorraum gebildet werden können. Diese stellen die allgemeinste Form eines Tensors 2. Stufe dar, jedoch kann mit den angegebenen Rechenregeln derselbe Tensor durch verschiedene Summen von Tensorprodukten dargestellt werden.

Da die Menge der Tensorprodukte   wieder einen Vektorraum über dem Körper K bildet, kann ein Tensor der Form   gebildet werden. u ist dabei ein Vektor aus einem weiteren Vektorraum U über K. Man kann zeigen, dass es auf die Reihenfolge der Produktbildung nicht ankommt, also   =  . Durch Fortsetzung ist es möglich, Tensorprodukte mit beliebig vielen Faktoren zu definieren:

 .

Jeder Tensor kann als Summe reiner Tensorprodukte dargestellt werden, insbesondere als Linearkombination der Tensorprodukte der Basisvektoren,

 .

Dabei ist   eine Basis des Vektorraums  , aus welchem der k-te Faktor des Tensorproduktes stammt. Fasst man die Koeffizienten dieser Basisdarstellung zu einem mehrfach indizierten Tupel zusammen, so entsteht die obige Tensordarstellung.

Beispielsweise kann man in einem Tensor   die vorkommenden Vektoren in ihren Basen darstellen,

 ,  , sowie
 ,  ,

und erhält die Basisdarstellung

 

Tensoren als multilineare Abbildung

Tensoren   sind multilineare Abbildungen in einen Vektorraum  :

 .

  und   sind jeweils Vektorräume über dem gemeinsamen Körper  . Mit   wird die Stufe des Tensors bezeichnet.   seien jeweils beliebige Vektoren aus den entsprechenden Vektorräumen  . Dann lässt sich eine multilineare Abbildung auch folgendermaßen darstellen:

 

Multilinear bedeutet, dass die Abbildung linear in jedem ihrer Argumente sein muss. Sei i ein Index, der von 1 bis n läuft.   und   seien zwei beliebige Vektoren aus dem Vektorraum  .   sei ein beliebiges Element des Körpers  . Dann muss für alle   gelten:

 
 

Der Zusammenhang mit den Tensorprodukten ergibt sich durch folgende Identifikation:

 .

Basis und Koordinaten von Vektoren

Für ein tieferes Verständnis von Tensoren ist es unerlässlich, zu rekapitulieren, was ein Vektor ist:

  • ein geometrisches Objekt,
  • das einem Vektorraum angehört,
  • das durch Koordinaten bezüglich einer Basis dargestellt werden kann,
  • das aber nicht von einer bestimmten Basis abhängt, sondern unter Basiswechsel (= Koordinatentransformation) invariant bleibt.

Wir betrachten einen Vektor   aus einem  -dimensionalen Vektorraum  . Bezüglich einer gegebenen Basis   ist   durch seine Koordinaten   gegeben:

 .

Das Hochstellen der Koordinatenindizes ist in einigen, aber nicht allen Anwendungen der Tensorrechnung üblich; es steht im Zusammenhang mit der Unterscheidung von ko- und kontravarianten Größen; mehr dazu unten.

Koordinaten eines Tensors

Jeder der Vektorräume   besitzt eine Basis. Als Basisvektoren der jeweiligen Vektorräume werden   bezeichnet. Der erste Index unterscheidet dabei die Basisvektoren des jeweiligen Vektorraums, der Vektorraum selbst wird mit dem zweiten Index gekennzeichnet.   stellt also den k-ten Basisvektor des Vektorraums   dar. Der Vektorraum   hat eine bestimmte Dimension  , so dass er   Basisvektoren   besitzt. Das gilt entsprechend für alle Vektorräume  .

Die Koordinaten eines Tensors sind folgendermaßen definiert:

 

Handelt es sich bei dem Tensor   um Elemente eines mehrdimensionalen Vektorraums  , so ist nach obiger Definition   ein Element aus diesem Vektorraum  .   kann wiederum nach den Basisvektoren dieses Vektorraums   entwickelt werden. Dadurch können die Koordinaten als rein skalare Größen dargestellt werden. Die Koordinaten erhalten in dieser Darstellung einen weiteren Index  .

Jeder beliebige Vektor   des Vektorraums   lässt sich als Linearkombination seiner Basisvektoren darstellen, so dass gilt:

 

Mit   werden die Koordinaten des Vektors   bezeichnet. Die Koordinaten des Vektors   sind Skalare aus dem Körper  . Für die Abbildung der Vektoren   unter dem Tensor   gilt also ganz allgemein:

 

Basiswechsel und Koordinatentransformation

Seien   und   jeweils unterschiedliche Basen der Vektorräume  . Jeder Vektor, also auch jeder Basisvektor   kann als Linearkombination der Basisvektoren   dargestellt werden. Der Basisvektor   werde dargestellt durch:

 

Die Größen   bestimmen also die Basistransformation zwischen den Basen   und  . Das gilt für alle  .

Ferner stelle   die Koordinaten   des Tensors T in der Basis   dar. Dann ergibt sich für das Transformationsverhalten der Tensorkoordinaten:

 

Wichtig: Es wird in der Regel zwischen den Koordinatendarstellung des Tensors   und den Transformationsmatrizen   unterschieden. Die Transformationsmatrix   ist zwar eine indizierte Größe aber kein Tensor. Sowohl die Galilei-Transformation der klassischen Mechanik als auch die Lorentz-Transformation der speziellen Relativitätstheorie sind Beispiele für eine solche Transformationsmatrix. Im Rahmen der speziellen Relativitätstheorie sind Lorentz-Tensoren Größen, deren Koordinaten sich unter einer Lorentz-Transformation transformieren. Die Lorentz-Transformation stellt also eine Koordinatentransformation des Lorentz-Tensors dar. Deshalb ist der Lorentz-Tensor invariant unter Lorentz-Transformation. Der abstrakte Formalismus findet aus physikalischer Sicht hier seine Berechtigung.

Beispiele von wichtigen Tensoren in der Physik

Das Kronecker-Delta   ist ein Tensor zweiter Stufe. Es ist ein Element von  ; es ist also eine lineare Abbildung  . Lineare Abbildungen sind durch die Wirkung auf die Basisvektoren eindeutig bestimmt. So ist das Kronecker-Delta eindeutig durch

 

bestimmt.

Das Levi-Civita-Symbol  , das zur Berechnung des Kreuzprodukts zwischen Vektoren gebraucht wird, ist ein Tensor dritter Stufe. Es gilt  . Man schreibt  .

Der Energie-Impuls-Tensor   und der elektromagnetische Feldstärketensor   sind Tensoren zweiter Stufe auf der vierdimensionalen Basis der Raumzeit.

Summationskonvention

Im weiteren Verlauf dieses Artikels wird die von Einstein eingeführte Summationskonvention verwendet: über jeden Index, der in einem Tensorausdruck genau zweimal vorkommt, und zwar einmal als tief- und einmal als hochgestellter Index, wird automatisch summiert. Es ist also

 

von nun an eine Kurzscheibweise für

 .

Kovariante und Kontravariante Tensoren

Die Vektoren des dualen Vektorraums   sind Tensoren der Stufe 1. Sie werden als kovariante Tensoren bezeichnet.

 

Die Basisvektoren des dualen Vektorraums   seien gegeben durch:

 

Für einen beliebigen Vektor   des Dualraums gibt es folgende Koordinatendarstellung:

 

Die Koordinaten   eines kovarianten Tensors tragen konventionsgemäß einen tiefgestellten Index i.

Die Vektoren des zugehörigen Vektorraumes V sind ebenfalls Tensoren der Stufe 1. Sie werden als kontravariante Tensoren bezeichnet.

 

Die Koordinaten   eines kontravarianten Tensors tragen konventionsgemäß einen hochgestellten Index  .

Die Vektoren v können mit den Vektoren v** des zugehörigen Bidualraumes V** identifiziert werden. Denn es existiert eine Bijektion zwischen den Elementen des Vektorraums V und des zugehörigen Bidualraums V**. Der Bidualraum umfasst die linearen Abbildungen von v* in K, also

 

Tensoren der Stufe r+s

Man definiert einen Tensor vom Grad (r,s) als multilineare Abbildung mit r Argumenten   und s Argumenten   Die Argumente   sind Elemente eines Vektorraumes   und   Argumente des zum Vektorraum gehörenden Dualraumes  .

Der Tensor hat dann die Form

 
 

Die Summe r + s heißt Stufe oder Rang des Tensors.

Je nachdem, ob die Argumente aus einem Vektorraum sind oder aus dessen Dualraum, wird der Tensor als kovariant oder kontravariant bezeichnet. Im obigen Fall liegt ein r-fach kovarianter, s-fach kontravarianter Tensor vor.

Tensoroperationen

In dieser einfachen Form eines Tensors wird das Produkt zweier Tensoren gebildet, indem die beiden Indextupel in der Reihenfolge ihres Auftretens unter Beibehaltung aller hoch- und Tiefstellungen zum Indextupel eines neuen Tensors aneinandergekoppelt werden. Dabei sind die Indizes beider Tensoren als voneinander verschieden zu betrachten und notieren. Die Komponenten des neuen Tensors ergeben als Produkte der Komponenten der alten Tensoren, deren Indexbelegungen die Indexbelegung der Komponente des neuen Tensors ergeben. Zum Beispiel ist das Produkt von Tensoren   und   ein Tensor fünfter Stufe  . Dessen Komponente   ist das Produkt der Komponenten   und  .

Belegt man zwei Indizes unterschiedlicher Stellung mit demselben Index, so wird nach der Summationskonvention die Summe über alle Belegungen dieses Index gebildet. Diese Operation heißt Verjüngung des Tensors. Es ist also   ein Skalar, welcher die Summe aller Diagonalelemente einer mit A assoziierten Matrix ist.   ist nicht definiert,   ein Tensor erster Stufe.

Haben in einem Tensorprodukt die aneinanderliegenden äußeren Enden der Indextupel unterschiedliche Stellung, aber gleiche Indexdimension, so können diese im Produkt gleichgesetzt und damit automatisch heraussummiert werden. Diese Kombination aus Produkt und Verjüngung nennt sich Überschieben der Tensoren. Beispielsweise kann     zu einem Tensor dritter Stufe   überschoben werden. Ein Spezialfall ist das Matrix-Matrix-Produkt  . Ein Tensor höherer Stufe kann auch mehrfach mit Vektoren überschoben werden, bis alle Indizes aufgebraucht sind,   ist ein Skalar, der sich aus der Auswertung von B als Multilinearform ergibt.

Tensorbegriff der Mathematik

Unterschiedliche Betrachtungsweisen

In der Physik wird „Tensor“ oft als Abkürzung für Tensorfeld verwendet. Ein Tensorfeld ist eine Abbildung, die jedem Punkt des Raums (allgemeiner: einer Mannigfaltigkeit) einen Tensor zuordnet; jede physikalische Feldtheorie handelt von Tensorfeldern. Das mag im ersten Moment verwirrend erscheinen. Dahinter verbergen sich nur unterschiedliche Blickrichtungen auf die gleichen Objekte, erläutert am Beispiel von Vektorfeldern:

  • In der mathematischen Physik versteht man unter einem glatten Vektorfeld   über einer glatten Mannigfaltigkeit   einen Schnitt im Tangentialbündel  , d.h. eine  -Abbildung
 
mit
 .
Das ist die abstrakte Form von Bewegungsgleichungen erster Ordnung in der Physik. Hier interessiert man sich für die Existenz und Eigenschaften von Lösungen.
  • In der angewandten Mathematik bzw. in den Ingenieurswissenschaften liegt das Augenmerk weniger auf Existenz und speziellen Eigenschaften, sondern auf der Berechnung von Lösungen. An Stelle einer n-dimensionalen glatten Mannigfaltigkeit   und des Tangentialbündels   treten die lokalen Koordinatensysteme.
  • Für die Sicht der multilinearen Algebra beschränkt man sich auf die Strukturen in den einzelnen Fasern  

Welcher Blickwinkel gerade verwendet wird, ergibt sich aus dem Kontext.

Universaldefinition des Tensorprodukts

Als Tensorprodukt der Vektorräume V und W, d.h. als Vektorraum, in welchem die Tensorprodukte von Vektoren aus V und W „leben“, wird jeder Vektorraum X (über dem gemeinsamen Skalarenkörper von V und W) bezeichnet, zu dem es eine bilineare Abbildung   gibt, die die folgende universelle Eigenschaft erfüllt:

Jede weitere bilineare Abbildung   kann auf eindeutiger Weise zu einer linearen Abbildung auf X erweitert werden. Dies heißt exakter, dass es eine einzige lineare Abbildung   gibt, so dass für beliebige Paare von Vektoren gilt
 .

Gibt es einen solchen Vektorraum, so ist er (bis auf Isomorphie) eindeutig. Es wird   und   notiert. Die universelle Eigenschaft kann also als   geschrieben werden. Zur Konstruktion solcher Produkträume sei auf den Artikel Tensorprodukt verwiesen.

Tensor als Element des Tensorproduktes

In der Mathematik sind Tensoren Elemente von Tensorprodukten.

Es sei   ein Körper, also beispielsweise   oder  , und es seien   Vektorräume über  .

Das Tensorprodukt   von   ist ein  -Vektorraum, dessen Elemente Summen von Symbolen der Form

 

sind. Dabei gelten für diese Symbole die folgenden Rechenregeln:

  •  
  •  

Die Tensoren der Form   heißen elementar. Jeder Tensor lässt sich als Summe von elementaren Tensoren schreiben, aber diese Darstellung ist außer in trivialen Fällen nicht eindeutig, wie man an der ersten der beiden Rechenregeln sieht.

Ist   eine Basis von   (für  ;  ), so ist

 

eine Basis von   Die Dimension von   ist also das Produkt der Dimensionen der einzelnen Vektorräume  

Tensorprodukte und Multilinearformen

Der Dualraum von   kann mit dem Raum der  -Multilinearformen

 

identifiziert werden:

  • Ist   eine Linearform auf   so ist die entsprechende Multilinearform
 
  • Ist   eine  -Multilinearform, so ist die entsprechende Linearform auf   definiert durch
 

Sind alle betrachteten Vektorräume endlichdimensional, so kann man

 

miteinander identifizieren, d.h. Elemente von   entsprechen  -Multilinearformen auf  

(r,s)-Tensoren

Es sei   ein fester endlichdimensionaler Vektorraum über  .

Elemente von

 

heißen (r,s)-Tensoren oder Tensoren der Stufe (r,s).

Beispielsweise sind (0,0)-Tensoren Skalare, (0,1)-Tensoren Elemente des Vektorraums und (1,0)-Tensoren Linearformen auf  . (1,1)-Tensoren können mit Endomorphismen von V und (2,0)-Tensoren mit Bilinearformen auf V identifiziert werden (siehe unten).

Für (r,s)-Tensoren gibt es drei wichtige Konstruktionen:

  • Einem (r,s)-Tensor kann auf verschiedene Weisen ein  -Tensor gebildet werden: Für   und   wird einem Tensor
 
der Tensor
 
zugeordnet. Dieser Vorgang heißt Kontraktion oder Spurbildung: im Falle von (1,1)-Tensoren entspricht die Abbildung
 
unter der Identifizierung   der Spur eines Endomorphismus.
  • Aus einem  -Tensor und einem  -Tensor kann ein  -Tensor gebildet werden:
 
  • Ist auf   ein Skalarprodukt gegeben, so können   und   miteinander identifiziert werden, es gibt also Entsprechungen zwischen  -Tensoren und  -Tensoren.
Beispiel

Es sei   ein (2,0)-Tensor und   zwei Vektoren. Dann ist

 

ein (2,2)-Tensor, der durch zweimalige Spurbildung ein Element von   liefert. Da alle diese Konstruktionen multilinear sind, definiert   also eine Bilinearform

 .

(2,0)-Tensoren können also mit Bilinearformen identifiziert werden.

Beispiele

  • Die Determinante von  -Matrizen, aufgefasst als alternierende Multilinearform der Spalten, ist ein (n,0)-Tensor.
  • Lineare Abbildungen   zwischen endlichdimensionalen Vektorräumen können als Elemente von   aufgefasst werden.

In der Differentialgeometrie spielen Tensorfelder eine wichtige Rolle: Ist   eine differenzierbare Mannigfaltigkeit, so ist ein Tensorfeld auf   eine Abbildung, die jedem Punkt einen Tensor zuordnet. Meist werden auch noch gewisse Differenzierbarkeitseigenschaften gefordert.

Beispiele sind:

  • Differentialformen vom Grad  , insbesondere das totale Differential einer Funktion im Fall  , sind Schnitte von  
  • Riemannsche Metriken sind (2,0)-Tensoren.
  • Der riemannsche Krümmungstensor ist ein (3,1)-Tensor, der mithilfe der riemannschen Metrik als (4,0)-Tensor aufgefasst werden kann.

Siehe auch: Tensoralgebra, äußere Algebra, symmetrische Algebra.

Ko- und Kontravarianz als Eigenschaften von Abbildungen

Sei   ein fester  -Vektorraum und   ein beliebiger weiterer  -Vektorraum. Eine lineare Abbildung   heißt kovariant bezüglich  , eine lineare Abbildung   heißt kontravariant in  .

Eine Quelle der Verwirrung über diese Begriffe ist, dass in der Physik und älteren Lehrbüchern davon gesprochen wird, dass sich die Matrizen dieser Abbildungen ko- bzw. kontravariant unter Basiswechsel transformieren. Jedoch kehren sich dabei die Zuordnungen um - eine kovariante Abbildung hat eine Matrix, die kontravariant bzgl. Basiswechsel ist und umgekehrt.

Grundlegende Beispiele:

  • Ein Vektor   ist mit der Abbildung   zu identifizieren, welche   auf die Gerade   mit der Richtung   abbildet. Ein Vektor ist also kovariant.
  • Ein Kovektor   ist als lineares Funktional   definiert, somit ist er kontravariant in  .

Tensorprodukte eines Vektorraums und Symmetrie

Man kann das Tensorprodukt   eines Vektorraumes V mit sich selbst bilden. Ohne weiteres Wissen über den Vektorraum kann ein Automorphismus des Tensorprodukts definiert werden, der darin besteht, in den reinen Produkten   die Faktoren zu vertauschen,

 .

Das Quadrat dieser Abbildung ist die Identität, woraus folgt, dass es Eigenvektoren zum Eigenwert 1 und zum Eigenwert -1 gibt.

  • Ein  , welches   erfüllt, heißt symmetrisch. Beispiele sind die Elemente
 .
Die Menge aller symmetrischen Tensoren der Stufe 2 wird mit   bezeichnet.
  • Ein  , welches   erfüllt, heißt antisymmetrisch oder alternierend. Beispiele sind die Elemente
 .
Die Menge aller antisymmetrischen Tensoren der Stufe 2 wird mit   bezeichnet.

Mittels   können Tensorpotenzen von V beliebiger Stufe gebildet werden. Entsprechend können weitere paarweise Vertauschungen definiert werden. Nur sind diese nicht mehr voneinander unabhängig. So lässt sich jede Vertauschung der Stellen j und k auf Vertauschungen mit der ersten Stelle zurückführen.

 

Anwendungen

Tensoren und Tensorfelder werden in verschiedenen Teilgebieten der Mathematik und Physik angewandt. Diese Anwendungen sind von sehr unterschiedlicher Komplexität:

  • in einigen Fällen genügt es, sich Tensoren als eine Verallgemeinerung von Skalar, Vektor, Matrix vorzustellen; in anderen Fällen steht die Invarianz eines Tensors unter Koordinatentransformationen im Vordergrund;
  • in einigen Fällen ist es erforderlich, zwischen ko- und kontravarianten Tensoren zu unterscheiden (mehr dazu unten), in anderen Fällen ist diese Unterscheidung irrelevant.

Man muss deshalb damit rechnen, dass Tensoren in verschiedenen Anwendungsgebieten verschieden definiert, verschieden notiert und verschieden gehandhabt werden.

Wichtige Anwendungsgebiete umfassen:

 
auftretenden multilinearen Ableitungen   kann man als symmetrische, rein kovariante Tensoren aufsteigender Stufe auffassen.

Siehe auch

Literatur

  • Theodor Bröcker: Lineare Algebra und Analytische Geometrie. Birkhäuser, Basel 2004, ISBN 3764321784, Kap. VII: Tensorrechnung.
  • R. Abraham, J.E. Marsden, T. Ratiu: Manifolds, Tensor Analysis, and Applications. Second Edition, Springer-Verlag, Berlin, ISBN 3-540-96790-7.
  • Theodore Frankel: The Geometry of Physics -- An Introduction. Cambridge University Press 1997, Cambridge, ISBN 0-521-38334-X