Walter Karbe

deutscher Heimatforscher
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Hermann Wilhelm Walter Karbe (* 9. April 1877 in Trechwitz; † 25. Oktober 1956 in Neustrelitz) war ein deutscher Heimatforscher und nach den Brüdern Boll der größte Heimatforscher im Stargarder Land – „seinen besten Schüler“ nannte ihn einst Richard Wossidlo. Karbe entdeckte den wendischen Silberschmuck, der als Blumenhäger Silberfund bekannt wurde und in Wissenschaftskreisen Aufsehen erregte.

Er sammelte daneben eine Vielzahl an Relikten unterschiedlicher Art, die er stets dem Neustrelitzer Landesmuseum stiftete, von denen die Mehrheit jedoch beim Schlossbrand 1945 verloren ging. Die umfangreichen schriftlichen Aufzeichnungen Walter Karbes gingen nach seinem Tod an Annalise Wagner über, die aus diesem Nachlass das Karbe-Wagner-Archiv gründete.

Leben

Eduard Karbe (1847–1907), der Sohn eines Amtsrats, war als einziger seiner Brüder in der Landwirtschaft tätig und hatte 1876 das Gut Trechwitz gepachtet. Im gleichen Jahr heiratete er Anna Jonas (1855–1936), die Tochter eines Großkaufmanns und einer malaiischen Häuptlingstochter aus Makassar. Walter Karbe war das älteste der drei Kinder. Von seinen zwei Schwestern verstarb eine bereits ein halbes Jahr nach ihrer Geburt.

1884 zog die Familie Karbe nach Strelitz, wo der Vater das an der Chaussee Richtung Berlin gelegene Stadtgut Marly gepachtet hatte. Walter Karbe besuchte ab 1886 zunächst die Großherzogliche Bürgerschule und dann das Gymnasium Carolinum. Auf Grund von Prüfungsangst in Mathematik verließ er die Schule 1898 kurz vor dem Abitur mit dem Zeugnis der Oberprima. Als die Familie 1896 das Gut aufgab und nach Breslau zog, absolvierte Karbe eine Kaufmannslehre in Stettin, studierte ab 1901 an den Handelshochschulen von Leipzig und Köln und ging dann 1903 für 2½ Jahre als Privatsekretär eines Großindustriellen nach Stockholm. Hier erlernte er die schwedische Sprache und eignete sich umfassende Kenntnisse zur Geschichte Skandinaviens an. Anschließend ging er über Deutschland nach Paris, wo er auch in einem Übersetzerbüro arbeitete und kehrte im Frühjahr 1907 nach einigen Monaten an der Mittelmeerküste wieder nach Deutschland zurück. Er schrieb sich in verschiedenen Universitäten als Gasthörer ein, um seine Kenntnisse der Ethnographie, Geschichte, Landes- und Volkskunde zu erweitern. 1907 kehrte er wieder nach Deutschland zurück und wurde im September nach dem Tode des Vaters zur Familie nach Breslau gerufen. 1908 zog er mit seiner Mutter wieder nach Neustrelitz.

Karbe wurde Betreuer und später um 1919 Konservator in der Alten Bibliothek, welche die Großherzogliche Bibliothek, die Altertümer- und Münzensammlung sowie das Landes- und Hauptarchiv beinhaltete. 1925 war er Gründungsmitglied des Mecklenburg-Strelitzer Vereins für Geschichte und Heimatkunde (Mitgliedsnummer: 1), für den Karbe als Referent und Wanderwart tätig war. Er veröffentlichte sein Wissen in Vorträgen und Aufsätzen in der Schriftreihe Mecklenburg-Strelitzer Heimatblätter des Vereins.

Von 1934 bis 1945 setzte sich Karbe vor allem für den Erhalt der Mecklenburg-Strelitzschen Landesbibliothek ein, so dass wesentliche Teile der wertvollen Sammlungen den Zweiten Weltkrieg überdauerten. Als die 120.000 Bände umfassende Bibliothek nach dem Krieg aufgelöst werden sollte, versuchte er mit scharfen Protesten dies zu verhindern. Doch trotz aller Einwände wurde die Bibliothek 1950 aufgelöst.

Walter Karbe starb unverheiratet und kinderlos. In der Schenkungsurkunde vom 29. Januar 1952 hatte er bereits seine Bibliothek und Münzsammlung an die Heimatforscherin Annalise Wagner übertragen. In Karbes Testament wurde sie als Alleinerbin bestimmt, und so fiel nach seinem Tod auch der gesamte übrige Nachlass an Annalise Wagner. Auf dieser Grundlage gründete sie das anfangs private Karbe-Wagner-Archiv, welches heute als städtische Kultureinrichtung in Neustrelitz fortbesteht.

Ausgrabungen

Karbe suchte 1921 gemeinsam mit Carl Schuchhardt und Robert Koldewey auf dem Schloßberg bei Feldberg nach dem Slawenheiligtum Rethra, das bis in die 1950er Jahre als dort gefunden galt.

Während der Arbeiten an dem Steindamm für die Chaussee nach Blumenhagen entdeckte Karbe dort im Wald 1924 den Silberschmuck einer slawischen Häuptlingsfrau, den sogenannten Blumenhäger Silberfund. Der Fund bestand aus einer 50 cm langen Kette, vier geflochtenen Halsringen, zwei Armbändern aus Silberblech, zwei Hohlkreuzen, einem Amulett, 16 Ohrgehängen, zwei Hohlperlen und rund 300 „Wendenpfennigen“.

Das im 15. Jahrhundert wüst gefallene Dorf Saran fand er Ende der 1930er Jahre wieder.

Werke

  • Schlingel im Kriege. Xenien-Verlag, Leipzig 1918
  • Strelitzer Allerlei: Heimatkundlische Forschungen. Neustrelitz 1938
  • mit W. Gotsmann: Rund um den Zierker See. Natur- und Heimatfreunde, Neustrelitz 1953
  • mit W. Gotsmann: Über Hohenzieritz ins Tollensegebiet. Neustrelitz 1955

Literatur

  • Gundula Tschepego et al. (Red.): Band 4. Karbe-Wagner-Archiv. In: Stadt Neustrelitz, Karbe-Wagner-Archiv (Hrsg.): Neue Schriftenreihe des Karbe-Wagner-Archivs Neustrelitz. Nr. 4, 16.06.2006. Thomas Helms Verlag, ISBN 3-935749-60-0 (208-seitiges Themenheft zum 50. Todesjahr Karbes)
  • Harald Witzke: Walter Karbe (1877–1956). In: Freundeskreis des Karbe-Wagner-Archivs Neustrelitz e.V (Hrsg.): Mecklenburg-Strelitzer Kalender 2001. Neustrelitz 2000
  • Annalise Wagner (Hrsg.): … der sich die Heimat erwanderte. Hinstorff, Rostock 1957