Gewohnheitsrecht ist ungeschriebenes Recht, das durch lange tatsächliche Übung (lat. consuetudo) und allgemeine Anerkennung seiner Verbindlichkeit (lat. opinio necessitatis, Überzeugung von der Notwendigkeit oder auch opinio iuris Rechtsüberzeugung) entstanden ist.
Geschriebenes Recht ist dagegen gesetztes Recht, d. h. dass es von staatlichen Organen (in der Regel von der Legislative, zum Teil von der Exekutive) in einer bestimmten Form erlassen worden ist.
In mancherlei Hinsicht wird das Gewohnheitsrecht - das sonst dem gesetzten Recht völlig gleichsteht - vom Gesetzgeber besonders behandelt. So kann z. B. die Strafbarkeit von Handlungen in Deutschland nicht durch Gewohnheitsrecht begründet werden, weil Art. 103 Abs. 2 des Grundgesetzes fordert, dass die Strafbarkeit einer Handlung vor ihrer Begehung gesetzlich bestimmt sein muss. Im Völkerstrafrecht oder im Common Law gilt dieses Verbot strafbegründenden Gewohnheitsrechts nicht.
Das Gewohnheitsrecht ist von dem sog. Richterrecht zu unterscheiden, bei dem es sich um ein Weiterdenken und eine Fortbildung des geltenden Rechts durch die Judikative handelt, ohne dass dadurch neues Recht im eigentlichen Sinne geschaffen werden würde. Die Rechtsprechung bleibt befugt, Richterrecht aufgrund besserer Einsicht jederzeit zu ändern, während über das Gewohnheitsrecht - wie über das gesetzte Recht - nur der Gesetzgeber selbst verfügen kann. Auch bei dem Gerichtsgebrauch, also der ständigen Rechtsprechung der obersten Gerichte, handelt es sich nicht um Gewohnheitsrecht. Allerdings kann sich Gewohnheitsrecht unter Umständen aus Richterrecht oder Gerichtsgebrauch entwickeln.
Besondere Bedeutung hatte die Lehre vom Gewohnheitsrecht in Deutschland, solange das römische Recht aufgrund der Rezeption als Gewohnheitsrecht in Geltung stand - bis zum 1. Januar 1900. Namentlich Georg Friedrich Puchta hat im 19. Jahrhundert die Lehre zum Gewohnheitsrecht wissenschaftlich weiterentwickelt.