Der kritische Winkel ist ein Begriff aus der Physik und wird gebraucht im Zusammenhang mit der Brechung von Wellen. Gebräuchlich ist der Begriff insbesondere in der Optik und in der Refraktionsseismik.
Die Brechung von Wellen basiert auf einer Änderung ihrer Ausbreitungsgeschwindigkeit, die von dem Medium festgelegt wird, welche die Welle durchläuft. Der Übergang vom einen zum anderen Medium wird dabei als Grenzfläche bezeichnet. Die Brechung benennt dabei den Effekt, dass ein unter einem bestimmten Einfallswinkel auf eine solche Grenzfläche auftreffender Licht- oder seismischer Wellenstrahl unter einem bestimmten, vom Einfallswinkel verschiedenen Winkel im zweiten Medium weiterläuft. Die Winkelbeziehung wird durch das Verhältnis der Ausbreitungsgeschwindigkeiten festgelegt und durch das Snelliussche Brechungsgesetz beschrieben:
- oder auch .
Hierbei ist der Brechungswinkel kleiner als , wenn die Ausbreitungsgeschwindigkeit abnimmt, und größer im umgekehrten Fall. In der Optik (Abbildung) weist das optisch dichtere Medium im Normalfall die niedrigere Ausbreitungsgeschwindigkeit auf, während es sich in der Seismik üblicherweise umgekehrt verhält.
Beim Eintreten einer Welle in ein Medium mit einer höheren Ausbreitungsgeschwindigkeit, kann der Einfallswinkel so groß werden, dass
- ,
d. h. den Wert 1 annimmt. Dies entspricht einem Ausfallswinkel von 90°. In diesem Fall wird als kritischer Winkel bezeichnet. Wird der Einfallswinkel weiter vergrößert, wird das Brechungsgesetz verletzt, da dann größer als 1 werden müsste, was mathematisch nicht definiert ist. Physikalisch ist die Brechung dann nicht mehr realisiert, statt dessen kommt es zur Totalreflexion.
Läuft eine Welle im umgekehrten Fall von einem schnelleren in ein langsameres Medium, bleibt stets kleiner als 1. Daher tritt hier kein kritischer Winkel auf.