Völkischer Nationalismus

auf völkische Abstammung basierende Konzeption einer Nation
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Völkischer Nationalismus ist ein ca. 200 Jahre alte Sonderform des Nationalismus, in dem sich die Personen oder Gruppen das "Volk" und damit oft synonym die "Nation" als ein besonderes Ideal vorstellen. Staat und Nation sollen dabei eine organische Einheit bilden.

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„Das Volk“ wird dabei nicht als ein Zusammenschluss Freiwilliger zu einer politischen Gemeinschaft, sondern als ein gewachsenes homogenes Gebilde aufgefasst. Politisch zielt der Völkische Nationalismus auf den Schutz des Volkes vor der "Andersartigkeit" und dem "Fremden" und orientiert daran alle seine Strategien. Der völkische Nationalismus ist stark an rassistische Konzepte gebunden, wenn auch nicht immer in einer Vorstellung von Überlegenheit.[1]

Seine besondere geschichtliche Ausprägung fand der völkische Nationalismus in Deutschland. Hier forderte der "völkisch begründete Nationalismus … die sogenannte ‚Deutschstämmigkeit‘ seiner Staatsbürger und machte ihre biologische, blutmäßige Abkunft von deutschen Vorfahren zur Grundbedingung für die Staatsbürgerschaft."[2]

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich eine völkische Bewegung, die Einfluss auf die politische und kulturelle Diskussion im Deutschen Reich und in Österreich-Ungarn gewann. Ihre überwiegend männliche, protestantische Klientel rekrutierte sich aus dem alten wie neuen Mittelstand. Dieses Sozialprofil und seine Bedeutung für die spätere NSDAP analysierten Soziologen wie Seymour Martin Lipset als „Extremismus der Mitte“. Völkische Organisationen lehnten die Demokratie in der Weimarer Republik ab oder entwarfen völkische Demokratievorstellungen, die eine durch Homogenität der Bevölkerung und die "Ausscheidung oder Vernichtung des Heterogenen" (Carl Schmitt, 1926) vorsahen. Völkische Konzepte wie Volkstum, Lebensraum und Volksgemeinschaft wurden vom Nationalsozialismus übernommen. Diese Konzepte werden heute am offensten von rechtsextremistischen Gruppen und Akteuren in den proklamierten National befreite Zonen fortgesetzt.

Politisch vertreten gegenwärtige völkisch-nationale Positionen zumeist einen Ethnopluralismus, der "Fremde" ablehnt, aber andere völkische Konzepte gutheißt. So vertreten Rechtsextreme zuweilen das Motto: Auch wir Deutschen haben ein Recht auf unsere Heimat, auf unser Vaterland! China den Chinesen, die Türkei den Türken und Deutschland den Deutschen – das ist unser Credo ... (Deutsche Liga für Volk und Heimat).[3]

Völkischer Nationalismus ist nicht nur ein zentrales Element neu rechter, rechtskonservativer und rechtsextremistischer Ideologien, sondern auch in ‚normalen‘, alltäglichen Diskursen und in zahlreichen politischen Debatten und Medien erkennbar.[4], [5]

Siehe auch: Präfaschismus, Neue Rechte, Konservative Revolution, Volkstumspolitik

Quellen

  1. Vgl. Roger Griffin: Völkischer Nationalismus als Wegbereiter und Fortsetzer des Faschismus. Ein angelsächsischer Blick auf ein nicht nur deutsches Phänomen. In: Heiko Kauffmann, Helmut Kellershohn und Jobst Paul, Hg.(2005): Völkische Bande. Dekadenz und Wiedergeburt – Analysen rechter Ideologie; sowie Margret Jäger / Siegfried Jäger (1999): Gefährliche Erbschaften. Die schleichende Restauration rechten Denkens und Uwe Puschner: Die völkische Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich. Sprache - Rasse - Religion. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft, 2001.
  2. Vgl. Jäger/Jäger 1999 und Uwe Puschner: Die völkische Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich. Sprache - Rasse - Religion. Darmstadt : Wiss. Buchgesellschaft, 2001.
  3. Vgl. Jäger/Jäger 1999 sowie Heiko Kauffmann, Helmut Kellershohn und Jobst Paul (Hgg.): Völkische Bande. Dekadenz und Wiedergeburt – Analysen rechter Ideologie. Münster: Unrast, 2005
  4. Jäger/Jäger 1999
  5. Siegfried Jäger [1], sowie Literatur, insb. BrandSätze [2]

Literatur

  • Stefan Breuer (1999): Grundpositionen der deutschen Rechten 1871-1945. Tübingen
  • Annelie Buntenbach / Helmut Kellershohn / Dirk Kretschmer (Hg.): Ruck-wärts in die Zukunft. Politik und Ideologie des Neokonservatismus. ISBN 3-927388-64-5
  • Hubert Cancik, Uwe Puschner (Hrsg.): Antisemitismus, Paganismus, Völkische Religion. Anti-semitism, paganism, voelkish religion. München : Saur, 2004. ISBN 3-598-11458-3.
  • Roger Griffin: Völkischer Nationalismus als Wegbereiter und Fortsetzer des Faschismus: Ein angelsächsischer Blick auf ein nicht nur deutsches Phänomen. In: Heiko Kauffmann, Helmut Kellershohn und Jobst Paul, Hg.(2005): Völkische Bande. Dekadenz und Wiedergeburt – Analysen rechter Ideologie. Münster.
  • Margret Jäger und Siegfried Jäger (1999): Gefährliche Erbschaften. Die schleichende Restauration rechten Denkens, Berlin. (Ergebnisse einer umfangreiche Untersuchungsarbeit, die das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung seit Anfang der 1990er-Jahren durchgeführt hat. (Onlineausgabe)
  • Helmut Kellershohn: Der völkische Nationalismus der Republikaner. Ideologie und Programmatik. Duisburg 1989
  • Helmut Kellershohn (Hg.): Das Plagiat. Der völkische Nationalismus der Jungen Freiheit. Duisburg.
  • Heiko Kauffmann, Helmut Kellershohn, Jobst Paul (Hg.): Völkische Bande. Dekadenz und Wiedergeburt – Analysen rechter Ideologie. Münster 2005. ISBN 3-89771-737-9
  • Dieter Oberndörfer: Der Wahn des Nationalen. Die Alternative der offenen Republik. Freiburg, Basel, Wien 1993, 1994 (Herder Spektrum 4279). (Auszug [3])
  • Zeev Sternhell: Maurice Barrès et le nationalisme français. Brüssel : Editions Complexe, 1985
  • Zeev Sternhell: Von der Aufklärung zum Faschismus und Nazismus. Reflexionen über das Schicksal der Ideen im 20. Jahrhundert. In.: Siegfried Jäger, Jobst Paul (Hg.) "Diese Rechte ist immer noch Bestandteil unserer Welt". Aspekte einer neuen Konservativen Revolution. DISS. Duisburg 2001. S. 16-48 sowie In.: jour fixe initiative berlin: Geschichte nach Auschwitz. Münster. 2002 ISBN 3-89771-409-4

Zur Bedeutung für den Nationalsozialismus

  • Rainer Hering (2003): Konstruierte Nation. Der Alldeutsche Verband 1890 bis 1939, Hamburg.
  • George L. Mosse (1991): Die völkische Revolution. über die geistigen Wurzeln des Nationalsozialismus. Frankfurt am Main. ISBN 3-445-04765-0
  • George L. Mosse (1979): Ein Volk, ein Reich, ein Führer. Die völkischen Ursprünge des Nationalsozialismus. Königstein/Ts. : Athenäum. ISBN 3-7610-8056-5
  • Uwe Puschner: Die völkische Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich. Sprache - Rasse - Religion. Darmstadt : Wiss. Buchgesellschaft, 2001. ISBN 3-534-15052-X. (Rezensionen zu diesem Buch im H-Net, bei H-Soz-u-Kult und shoa.de)
  • Uwe Puschner, Walter Schmitz, Justus H. Ulbricht (Hrsg.): Handbuch zur "Völkischen Bewegung" 1871 - 1918. München : Saur, 1999. ISBN 3-598-11421-4.
  • Steffen Raßloff, Flucht in die nationale Volksgemeinschaft. Das Erfurter Bürgertum zwischen Kaiserreich und NS-Diktatur. Köln/Weimar/Wien : Böhlau, 2003. ISBN 3-412-11802-8.
  • Stefanie v. Schnurbein, Justus H. Ulbricht (Hrsg.): Völkische Religion und Krisen der Moderne. Entwürfe "arteigener" Glaubenssysteme seit der Jahrhundertwende. Würzburg : Königshausen & Neumann, 2001. ISBN 3-82602-160-6. Buchrezension bei H-Soz-u-Kult.
  • Meir Buchsweiler (1984): Volksdeutsche in der Ukraine am Vorabend und Beginn des Zweiten Weltkriegs - ein Fall doppelter Loyalität? Schriftenreihe des Instituts für Deutsche Geschichte Universität Tel Aviv, Bd. 7. Bleicher Verlag, Gerlingen. ISBN 3-88350-452-1 (Notation [4])
  • Ingo Haar: Historiker im Nationalsozialismus. Deutsche Geschichtswissenschaft und "Volkstumskampf" im Osten. Göttingen: Vandenhoeck && Ruprecht, 2000 ISBN 3-525-35942-X (Notation [5])
  • Michael Fahlbusch (1999): Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik. Die "Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften" von 1931 – 1945. Baden-Baden: Nomos Verlag. ISBN 3-7890-5770-3 (Notation [6])
  • Volker Zimmermann (1999): Die Sudetendeutschen im NS-Staat. Politik und Stimmung der Bevölkerung im Reichsgau Sudetenland (1938 - 1945). Klartext Verlag, Essen. ISBN 3-88474-770-3 (Notation [7])
  • Dieter Schenk (2000): Hitlers Mann in Danzig. Gauleiter Forster und die NS-Verbrechen in Danzig-Westpreußen. Bonn. ISBN 3-8012-5029-6 (Notation [8])
  • Winfried Schulze / Otto Gerhard Oexle (Hg.) (1999): Deutsche Historiker im Nationalsozialismus. Frankfurt a. M. ISBN 3-596-14606-2
  • Götz Aly / Susanne Heim (1993): Vordenker der Vernichtung. Auschwitz und die deutschen Pläne für eine neue europäische Ordnung. Frankfurt a. Main. ISBN 3-596-11268-0 (Bestandteil dieser "von Deutschland her strukturierten Wirtschaftsordnung Europas" waren auch völkische Neuordnungspläne wie u.a. der "Generalplan Ost" nach Maßgabe, Notation [9])