Gerd Hildebrandt

deutscher Forstwissenschaftler und Spezialist für Fernerkundung und Fotogrammetrie
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Gerd Hildebrandt (* 27. November 1923 in Leipzig) ist ein deutscher Forstwissenschaftler. Der langjährige Leiter der Abteilung Luftbildmessung und Fernerkundung der Forstlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg ist ein auch über die forstlichen Fachkreise hinaus international anerkannter Vertreter dieses Fachgebietes.

Leben

Gerd Hildebrandt wurde am 27. November 1923 in Leipzig geboren, wo er im Jahr 1942 auch sein Abitur ablegte. Noch im gleichen Jahr wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Nach einigen schweren Verwundungen erhielt er 1945 seine Entlassung und kehrte in seine Geburtsstadt zurück. Dort betätigte er sich anschließend kurzzeitig als Hilfslehrer an einer Volksschule, bevor er 1946 das Studium der Naturwissenschaften an der Universität Leipzig aufnahm. Doch bereits im Jahr darauf entschied er sich für das Studium der Forstwissenschaften und wechselte an die Forstwissenschaftliche Fakultät der TU Dresden in Tharandt.

Gleich nach der Diplomprüfung 1950 erhielt er eine Assistentenstelle bei Albert Richter am Institut für Forsteinrichtung der Forstwissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin in Eberswalde. Seit 1952 Oberassistent, wurde er dort im Jahr 1953 mit der Dissertationsschrift Untersuchungen an Fichtenbeständen über Zuwachs und Ertrag reiner Holzsubstanz zum Dr. rer. silv. promoviert. Er blieb an der Fakultät und hatte von 1954 bis 1957 einen Lehrauftrag für Forstvermessung und forstliche Luftbildauswertung inne, verbunden mit der gleichzeitigen Leitung der Abteilung für Geodäsie und Luftbildmessung. Er forschte während dieser Jahre insbesondere über betriebsweise Inventurverfahren auf Stichprobenbasis. [1]

Hildebrandt fasste dann jedoch den Entschluss, die Deutsche Demokratische Republik zu verlassen und siedelte in die Bundesrepublik Deutschland über. Im Jahr 1958 wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Forsteinrichtung und forstliche Betriebswirtschaft der Universität Freiburg im Breisgau und unterzog sich im gleichen Jahr einem weiteren Promotionsverfahren, diesmal zum Dr. rer. nat. Thema seiner Dissertation war die Abhandlung Zur Frage des Bildmaßstabes und der Filmwahl bei Luftbildaufnahmen für forstliche Zwecke. Die Habilitation in den Fächern Forsteinrichtung und forstliche Betriebswirtschaftslehre folgte 1963 mit der Darstellung Der laufende Zuwachs in der Forsteinrichtung. Beiträge zur Methodik der Zuwachsermittlung unter besonderer Berücksichtigung der Bohrspanmethoden.

164 wurde er an der Freiburger Fakultät zum Dozenten, 1965 zum Wissenschaftlichen Rat ernannt. Als stellvertretender Leiter des Instituts für Forsteinrichtung und forstliche Betriebswirtschaft von 1964 bis 1965 legte Hildebrandt den Grundstein für den Arbeitsbereich Luftbildinterpretation. 1967 wurde er Leiter der neu gegründeten Abteilung „Luftbildmessung und -interpretation“ (später „Abteilung Luftbildmessung und Fernerkundung“) und 1969 zum außerplanmäßigen Professor (C-3-Professur) ernannt. Die neue Abteilung, der Hildebrandt bis 1989 vorstand, erlangte unter seiner Führung weltweite Bekanntheit und hohes Ansehen. [2] Hildebrandt übernahm Gastprofessuren in Istanbul (1972/73) und Curitiba (1977) und betätigte sich in internationalen Gremien. So war er von 1969 bis 1976 Vorsitzender der permanenten IUFRO-Gruppe 6.05 „Remote Sensing in Forestry“, von 1976 bis 1980 Präsident der Kommission 7 („Interpretation of Remote Sensing Data“) der International Society of Photogrammetry (ISP) und von 1980 bis 1984 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Photogrammetrie und Fernerkundung (DGPF). Dazu kamen verschiedene Berater-Tätigkeiten bei angesehenen Institutionen des In- und Auslandes, darunter bei der Organisation Européenne d’Études Photogrammétriques Expérimentales (OEEPE, 1972 bis 1980), bei der UNO innerhalb der Food and Agriculture Organization (FAO, 1974 bis 1976), der Europäischen Weltraumorganisation (ESA, 1975 bis 1978 und ab 1983), der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR, 1978 bis 1982) sowie dem Bundesgremium für Forstwirtschaft des Landwirtschaftsministeriums Baden-Württemberg. Dabei verband Professor Hildebrandt stets wissenschaftliche Grundlagenforschung mit Praxiserfahrung und praxisorientierter Forschung. Im Zuge der Debatte um das so genannte „Waldsterben“ beschäftigte er sich ab Mitte der 1980er-Jahre schwerpunktmäßig mit der Entwicklung eines Verfahrens für die Waldschadensinventur, zu dem er und sein Mitarbeiterteam zahlreiche Abhandlungen vorlegten. Auf diese gehen wesentliche Techniken zur Beurteilung des Kronenzustandes von Einzelbäumen und Waldbeständen anhand von Luftbildern zurück.

Von 1985 bis 1988 war Professor Hildebrandt an der Freiburger Universität zudem Direktor des Instituts für Forsteinrichtung und forstliche Betriebswirtschaftslehre. Denn neben der Fernerkundung und Forsteinrichtung hat er sich auch regelmäßig mit forstbetrieblichen Aspekten beschäftigt und von 1958 bis 1990 zahlreiche wissenschaftliche Gutachten zu Wald- und Bodenbewertung verfasst.

Neben zahlreichen Veröffentlichungen in verschiedensten nationalen und internationalen Fachzeitschriften für Forstwirtschaft und Fernerkundung hat Professor Hildebrandt an einer Reihe von wissenschaftlichen Standardwerken zur Fernerkundung mitgewirkt, darunter dem Manual of remote sensing (erstmals 1975 erschienen). Im Jahr 1996 legte er das Standard-Lehrbuch Fernerkundung und Luftbildmessung. Für Forstwirtschaft, Vegetationskartierung und Landschaftsökologie, das die Summe seines wissenschaftlichen Lebenswerkes enthält, vor.

Innerhalb der Universität Freiburg engagierte er sich in deren Gremien und war von 1969 bis 1971 Dekan und dann bis 1972 Prodekan der Forstlichen Fakultät. Von 1964 bis 1973 wirkte er zudem als Schriftleiter der Freiburger Universitätsblätter. Ähnlich wie sein Kollege Helmut Schmidt-Vogt legte er großen Wert auf die persönliche Betreuung vor allem von ausländischen Studenten. [3] Anlässlich seiner Verabschiedung in den Ruhestand gab es in Freiburg ein Symposium, dessen Beiträge 1991 unter dem Titel Fernerkundung in der Forstwirtschaft. Stand und Entwicklungen von Gerhard Oesten herausgegeben wurden.

Professor em. Dr. rer. silv. Dr. rer. nat. Gerd Hildebrandt lebt in Freiburg im Breisgau.

Ehrungen

Schriften (Auswahl)

  • Untersuchungen an Fichtenbeständen über Zuwachs und Ertrag reiner Holzsubstanz, Dissertation 1953, Eberswalde 1952 (im Buchhandel unter gleichem Titel, Berlin 1954)
  • zusammen mit Horst Ziesing und Gerhard Heine: Grundlagen zur Forstwirtschaft, Forsteinrichtung und Jagd, Fachkunde für Forstfacharbeiter – Lehr- und Fachbücher für die Berufsausbildung, Berlin 1956
  • Zur Frage des Bildmaßstabes und der Filmwahl bei Luftbildaufnahmen für forstliche Zwecke, Dissertation, Freiburg 1958 [auch in : Archiv für Forstwesen, Band 6, Heft 4, Berlin 1957]
  • Der laufende Zuwachs in der Forsteinrichtung. Beiträge zur Methodik der Zuwachsermittlung unter besonderer Berücksichtigung der Bohrspanmethoden, Habilitationsschrift, Freiburg 1963 (in Buchform unter diesem Titel als Band 6 der Schriftenreihe der Forstlichen Abteilung der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg im Breisgau, München, Basel und Wien 1967)
  • als Bearbeiter und Herausgeber: Bibliographie des Schrifttums auf dem Gebiet der forstlichen Luftbildauswertung. 1887 - 1968, Freiburg 1969
  • als Mitverfasser: Manual of remote sensing, New York u.a. 1975 (2. Auflage, Falls Church 1983, ISBN 0-93729441-1 oder ISBN 0-93729442-X)
  • als Herausgeber: Proceedings ; International Union of Forest Research Organizations. Symposium. IUFRO Subject Group S 6. 05, Remote sensing including aerial-photography. Freiburg, 17.-21. Sept. 1973, Freiburg 1974
  • als Herausgeber: Remote sensing in forestry. Proceedings of the symposium held during the XVI. IUFRO World Congress, Oslo, 21.-26. June 1976. International Union of Forestry Research Organizations, Subject Group S 6.05, Remote Sensing, Freiburg 1976
  • als Herausgeber zusammen mit H.-J. Boehnel: Proceedings of the International Symposium on Remote Sensing for Observation and Inventory of Earth Resources and the Endangered Environment. July 2 - 8, 1978, Freiburg, Federal Republic of Germany. International Society for Photogrammetry, Comm. VII, Interpretation of Data, and International Union of Forestry Research Organizations, Subject Group 6.05, Remote Sensing, 3 Bände, Freiburg 1979
  • zusammen mit Jörg Henninger: Bibliography of publications on damage assessment in forestry and agriculture by remote sensing techniques, 2., erweiterte Auflage, Freiburg 1980
  • Wertminderung eines Forstgutes bei Durchschneidung, Schriftenreihe Taxationspraxis (F, Heft 2), Wilnsdorf 1982
  • als Mitverfasser: 75 Jahre Deutsche Gesellschaft für Photogrammetrie und Fernerkundung (DGPF). 1909 - 1984, Freiburg 1984 (ISBN 3-87907-136-5)
  • als Mitverfasser: Luftbildmessung und Fernerkundung in der Forstwirtschaft, Karlsruhe 1984 (ISBN 3-87907-131-4)
  • als Mitverfasser: Entwicklung und Durchführung einer Pilotinventur für eine permanente europäische Waldschadensinventur, Projekt Europäisches Forschungszentrum für Maßnahmen zur Luftreinhaltung, Karlsruhe 1986
  • als Mitverfasser und Mitherausgeber: Vortragstexte. Symposium über Fragen der Forstwirtschaft in der Sowjetunion und in der Bundesrepublik Deutschland. Freiburg, 14. - 20. Juli 1986, Mitteilungen der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (Heft 128), Freiburg 1986
  • zusammen mit William M. Ciesla: Forest decline inventory methods in West Germany. Opportunities for application in North American forest, Report of the Forest Service; 3400 Report; 86-3, Fort Collins (Colorado) 1986 [?]
  • als Mitverfasser: Entwicklung eines Verfahrens zur Waldschadensinventur durch multispektrale Fernerkundung, Projekt Europäisches Forschungszentrum für Maßnahmen zur Luftreinhaltung, Karlsruhe 1987
  • als Mitverfasser: Schlußbericht zum Forschungsvorhaben Untersuchungen zur Methodik großräumiger und betrieblicher Erfassung von Waldzustandsänderungen durch Fernerkundung, Freiburg 1987
  • als Mitverfasser: Untersuchung zur Methodik großräumiger Waldschadensinventuren und der Beobachtung der Schadenentwicklung durch Fernerkundung und kombinierter Feld-Fernerkundungsverfahren. (Abschlußbericht), Untersuchung und Kartierung von Waldschäden mit Methoden der Fernerkundung (Teil B 5), Freiburg 1990
  • als Herausgeber: Remote sensing applications for forest health status assessment, Namur 1991 (dt. Anwendungen der Fernerkundung zur Beurteilung des Gesundheitszustandes der Wälder, Namur 1992; fr. Applications de la télédétection à l’observation de l’état sanitaire des forêts, Namur 1994)
  • Fernerkundung und Luftbildmessung. Für Forstwirtschaft, Vegetationskartierung und Landschaftsökologie, Heidelberg 1996 (ISBN 3-87907-238-8)

Literatur

  • Jörg Henninger: Professor Hildebrandt 60 Jahre alt. In: Der Forst- und Holzwirt, 38. Jahrgang 22/1983, S. 592-593, ISSN 0015-7961
  • H. Kenneweg: Prof. Dr. Gerd Hildebrandt 65 Jahre. In: Allgemeine Forst- und Jagdzeitung, 160. Jahrgang Nr. 4/1989, S. 57-58, ISSN 0002-5852
  • F. Matthies: Professor Hildebrandt 65 Jahre. In: Forst und Holz 43. Jahrgang 21/1988, S. 546-547, ISSN 0932-9315
  • G. Schmitt-Fürntratt: U + 20, Gerd Hildebrandt zum 70. Geburtstag. In: AFZ. Allgemeine Forst Zeitschrift für Waldwirtschaft und Umweltvorsorge, 48. Jahrgang 25/1993, S. 1329, ISSN 0002-5860
  • Gerd Hildebrandt. In: Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender 2003. 19. Ausgabe. Band I: A – J. Bio-bibliographisches Verzeichnis deutschsprachiger Wissenschaftler der Gegenwart. K. G. Saur, München 2003, ISBN 3-598-23607-7, S. 1307

Einzelnachweise

  1. G. Schmitt-Fürntratt: U + 20, Gerd Hildebrandt zum 70. Geburtstag. In: AFZ. Allgemeine Forst Zeitschrift für Waldwirtschaft und Umweltvorsorge, 48. Jahrgang 25/1993, S. 1329
  2. Jörg Henninger: Professor Hildebrandt 60 Jahre alt. In: Der Forst- und Holzwirt, 38. Jahrgang 22/1983, S. 593
  3. Jörg Henninger: Professor Hildebrandt 60 Jahre alt. In: Der Forst- und Holzwirt, 38. Jahrgang 22/1983, S. 593