Objektiv (Optik)

optisches System
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Ein Objektiv ist ein sammelndes optisches System, das eine reelle optische Abbildung eines Gegenstandes (Objektes) erzeugt. Es ist die wichtigste Komponente optischer Geräte und bestimmt die Abbildungseigenschaften und die Bildqualität - sei es bei einer Kamera, einem Fernglas, Mikroskop oder astronomischen Teleskop.

Weitwinkelobjektiv an einer Großformatkamera
Zoomobjektiv für digitale Spiegelreflexkameras
Das Objektiv eines Licht-Mikroskopes
Lichtstarkes Normalobjektiv mit maximal geöffneter Blende
Objektiv mit M 39-Schraubgewinde für Vergrößerungsgeräte

Bestandteile eines Objektivs können sowohl Linsen als auch Spiegel sein, die je nach Einsatzzweck in unterschiedlichsten Gehäusen gefasst sind. Die geeignete Kombination mehrerer Linsen dient zur Verringerung optischer Abbildungsfehler. Das einfachste Objektiv wäre eine einzelne Sammellinse, wie sie um 1610 die ersten Fernrohre hatten.

Brennweite und Scharfstellung

Die Größe des Bildes hängt von der Brennweite (f) der Linse ab. Je flacher die Linsenwölbung, desto größer ist f und auch das Bild. Sehr weit entfernte Gegenstände, die optisch "im Unendlichen" liegen (z.B. Sterne und andere Himmelsobjekte), werden direkt in der Fokalebene des Objektivs abgebildet, die auch seinen Brennpunkt (Fokus) enthält. Näher gelegene Objekte bilden sich erst etwas hinter dem Brennpunkt ab, wobei sich diese Bildweite (b) aus der Entfernung (Gegenstandsweite g) und der Linsengleichung ergibt ( 1/b + 1/g = 1/f ).

Ebenso wie das Objekt ist das erzeugte Bild dreidimensional. Es kann aber nur in einer Ebene, der Bildebene, betrachtet bzw. fotografiert werden und erfordert daher - je nach Entfernung des Objekts - eine Scharfeinstellung (Fokussierung):

  • bei Fernrohren und Ferngläsern durch Verschieben des Okulars (das die Funktion einer Lupe hat)
  • bei Kameras durch Verschieben der Bildebene (mit dem Film bzw. Sensor)
  • bei Mikroskopen durch Verschieben des ganzen optischen Systems (Veränderung von g).

Die Verschiebung erfolgt manuell durch ein feines Gewinde, bei Geräten mit Autofokus durch kleine Schrittmotoren. Frühere Kameras hatten einen auf Metallstangen laufenden Auszug (Balgen), der manchmal auch für Objektive verschiedener Brennweite zu benutzen war. Das Balgenprinzip wird auch heute noch in der Großbild- und Makrofotografie genutzt.

Systematik

Man unterscheidet Objektive primär nach ihrem Verwendungszweck:

Systematik von Fotoobjektiven

Bei Fotoobjektiven unterscheidet man weiters nach der Brennweite:

Diese 4 Kategorien gelten für Objektive mit fester Brennweite. Populärer unter heutigen Amateurfotografen sind jedoch Zoomobjektive, die eine Veränderung der Brennweite erlauben und je nach deren Bereich auch mehrere der genannten Kategorien abdecken können. Zoomobjektive werden auch nach ihrem relativen Brennweitenbereich kategorisiert (z.B. Zoomobjektiv 1:3) und sind umso schwerer und teurer, je lichtstärker sie sind und je größer ihr Verhältnis zwischen längster und kürzester Brennweite ist.

Fotografische Objektive werden auch nach konstruktiven Merkmalen unterschieden, z.B.

Weitere Unterscheidungsmerkmale sind die fotografische Lichtstärke (= Öffnungsverhältnis), die Verzerrung bzw. der Bildwinkel, in dem ein Objektiv ein scharfes Bild zeichnet.
Eine weitere Objektiv-Eigenschaft ist die Naheinstellgrenze (die kleinste Distanz, auf die es fokussieren kann). Sie bestimmt, wie nah man an das Motiv "herangehen" kann, siehe "Makroobjektiv".

Grundkonstruktionen

Verwendung

Ein Projektor benutzt ein Objektiv, um ein stehendes oder bewegtes Bild vergrößert auf eine Wand zu projizieren.

In einem Mikroskop oder einem Teleskop betrachtet man das durch das Objektiv erzeugte Bild sehr kleiner oder weit entfernter Objekte durch ein Okular, ein weiteres Linsensystem. Beim Mikroskop liegt dabei die Bildebene näher beim Objektiv, und das Objektiv hat verglichen mit dem Okular eine kurze Brennweite. Beim Teleskop liegt die Bildebene näher am Okular, und das Objektiv hat die größere Brennweite.

In der Fotografie oder Videotechnik ist das Objektiv Teil eines Fotoapparates beziehungsweise einer Videokamera. Es erzeugt ein reelles Bild in der Bildebene, wo sich der lichtempfindliche Film oder ein elektronischer Sensor befindet. Man unterscheidet anhand der Brennweite zwischen Weitwinkelobjektiven, Normalobjektiven und Fernobjektiven (zumeist:Teleobjektiven). Lässt sich die Brennweite des Objektivs ändern, spricht man von einem Zoomobjektiv, sonst von einer Festbrennweite. Spezialobjektive sind das Fischauge (Fisheye) und TS-Objektive.

Geschichte und Entwicklung

 
Objektiv einer Mittelformatreisekamera aus den 1930er Jahren

Zu dem Fortschritt der Fotografie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts haben die zahlreichen Vervollkommnungen der Objektive beigetragen. Früher benutzte man einfache achromatische Linsen, welche zur Erzielung scharfer Bilder stark "abgeblendet" werden mussten. Infolgedessen gaben sie sehr lichtschwache Bilder, die eine lange Expositionszeit nötig machten.

Ein großer Fortschritt war die Erfindung des Porträtobjektivs von Josef Petzval, einem lichtstarken Objektiv, das aus zwei Doppellinsensystemen besteht, bedeutend hellere Bilder lieferte als vorherige und damit die Aufnahme von Porträten in kurzer Expositionszeit ermöglichte. Zur Aufnahme von Landschaften, Architekturen etc. ist weniger Lichtstärke, aber ein großer Gesichtswinkel notwendig.

Die gewöhnlichen Landschaftsobjekte umfassen nur einen Winkel von 30° bis 45°, der meist zu klein ist. Man benutzte dazu früher ausschließlich einfache Linsen, später aber die Tripletobjektive, etwa ab den 1860er Jahren dann die von Steinheil eingeführten Aplanate. Das Tripletobjektive ist ein Objektiv, das insgesamt drei Linsen besitzt. Zu diesem System gehören auch die Euriskope, das Rapid Rectilinear u.a.

Diese geben bei einem Gesichtsfeld von ca. 60° eine hinreichende Lichtstärke, um in heiterem Sommerwetter selbst Momentaufnahmen zu gestatten. Ist ein noch größeres Gesichtsfeld als 60° nötig, so nimmt man Weitwinkellinsen, wie Buschs Pantoskop, Dallmeyers Wide angle lens, Steinheils Weitwinkelaplanat, Voigtländers Weitwinkeleuriskop, die ein Gesichtsfeld von 75 bis 100° besitzen.

Im Jahre 1860 konstruierte Thomas Sutton eine symmetrische Tripletlinse; das Objektiv bestand dabei aus zwei Konvexlinsen, deren vordere um etwa ein Drittel kleiner war als die Hinterlinse, sowie einer weiteren Einzellinse als konkaver Meniskus.

Steinheils Periskopobjektiv von 1865 ist ein verzeichnungsarmes Objektiv mit großem Bildwinkel, das erste Weitwinkelobjektiv im heutigen Verständnis.

Ludwig Seidel untersuchte in München die Abbildungsfehler der Linsen und veröffentlichte 1866 ein Formelsystem, das die Objektivkonstruktion erleichterte.

Hugo Adolf Steinheil konstruierte 1881 das erste Universalobjektiv.

Ernst Abbe und Otto Schott begannen ab 1880 mit der Entwicklung neuer Glassorten. Sie gründeten 1882 zusammen mit Carl Zeiss eine Glasschmelzerei in Jena. Mit Hilfe der neuen Gläser gelang es 1889 dem Mitarbeiter Paul Rudolph, ein Objektiv zu konstruieren, bei dem der Fehler des Astigmatismus erstmals korrigiert war: das Protar-Objektiv. 1896 gelang ihm auch die Konstruktion eines entsprechenden Doppelobjektives, des Planar.

Der Astigmatismus kann auch durch Verwendung asphärischer Linsen korrigiert werden, die aber in der Herstellung viel komplizierter sind als sphärische Linsen.

Literatur

  • H. E. Fincke: Das Objektiv deiner Kamera (2. neubearb. Aufl.). Halle: Fotokino-Verlag 1963
  • Johannes Flügge: Das photographische Objektiv (Die wissenschaftliche und angewandte Photographie, hrsg. v. Kurt Michel, Band 1). Wien: Springer-Verlag 1955
Wiktionary: Objektiv – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen