Tanit
Tanit (auch Tannit, Thanit, Tinnit) ist die punische Göttin der Fruchtbarkeit, eine Apotheose der phönizischen Göttin Astarte und Schutzgöttin von Karthago. Ihr ständiger Beiname ist „Klagende im Angesicht des Baal“. Sie war die weibliche Hauptgottheit Karthagos und löste in dieser Rolle die frühere Hauptgöttin Astarte ab. Sie gilt sowohl als Jungfrau, als auch als Mutter, nicht aber als Frau des Baal. Als Spenderin der Fruchtbarkeit hat sie den Namen „Nutrix“ (= Amme, Ernährerin). Sie erweckt den Fruchtbarkeitsgott Baal jedes Jahr zu neuem Leben. Ihre Symbole sind Granatapfel, Feige, Ähre und unter den Tieren die Taube. Ihr besonderes Symbol ist das Tanit-Zeichen: Dreieck mit wagrechtem Balken darüber, auf dem eine Scheibe liegt. Sie dürfte auch die dargestellte Frau auf den karthagischen Münzen ab dem 3. Jaht. v. Chr. sein. Sie scheint auch als Dea Caelestis lunare Bedeutung zu haben. Die Etymologie des Namens ist umstritten. Im phönizischen Mutterland ist der Name Tanit nicht nachweisbar. Nachgewiesen wurde ihre Verehrung auch auf Malta.
Ursprünglich eine niedere Erdgottheit, lösten Tanit und Baal-Hammon im 5. Jahrhundert v. Chr. Astarte und Melkart als Hauptgötter der Punier ab. Tanit sollen auch Kinder im Feuertod (siehe auch Moloch und Menschenopfer) geopfert worden sein.
Tanit wurde bis zum Untergang der phönizischen Kultur verehrt. Die Römer setzten sie mit Ops und Nutrix, der Nährerin des Saturn, gleich, die Griechen mit der Jagd- und Fruchtbarkeitsgöttin Artemis. In gewissen Darstellungen entspricht sie auch der Venus lugens.
Besonders lang hielt sich der Tanit-Kult auf der Balearen-Insel Ibiza, wo die Göttin noch lange nach der Christianisierung der Inselbevölkerung im 2. Jahrhundert n. Chr. verehrt wurde. Auf Ibiza sind mehrere Kultstätten ausgegraben worden. Am bekanntesten ist die Höhle Es Culleram bei Sant Vicent de sa Cala.
Literatur
Lipinski, E., Studia Phoenicia XIV, Utgeverij Peeters & Dpartement Oosterse Studies, Leuven, 1995