Europäischer Zahlungsraum

gemeinsamer Zahlungsverkehrsraum von 34 europäischen Staaten
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Der Begriff Single Euro Payments Area (Einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum, abgekürzt SEPA oder auch S€PA) (fälschlicherweise auch Single European Payments Area) bezeichnet im Bankwesen das Projekt eines europaweit einheitlichen Zahlungsraums. In diesem Zahlungsraum sollen für Kunden keine Unterschiede mehr zwischen nationalen und grenzüberschreitenden Zahlungen bestehen.

Die Single Euro Payments Area, bestehend aus
  • 31 Staaten
  • Problemstellung und Ziel

    Traditionell besteht in jedem Land ein nationales Zahlungsverkehrssystem. Dies umfasst

    • Rechtsnormen und Interbankenvereinbarungen
    • technische und organisatorische Standards (z. B. Überweisungsformulare, BLZ-Systeme)
    • Clearingstellen und
    • Softwarelösungen

    Parallel hierzu bestehen internationale Zahlungsverkehrssysteme (z. B. SWIFT). Auslandszahlungen sind um ein Vielfaches teurer als Inlandszahlungen. Dabei ist anzumerken, dass Euro-Zahlungen innerhalb der EU mit der angebotenen EU-Standardüberweisung unter bestimmten Voraussetzungen (Verwendung von IBAN und BIC) laut der EU-Verordnung 2560/2001 über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro[1] (oft EU-Preisverordnung genannt) nicht mehr kosten dürfen als eine Inlandsüberweisung. Auch ist die Fehlerquote bei Auslandszahlungen höher, da vielfach die Auftraggeber die Zahlungsverkehrssysteme des Empfängerlandes nicht kennen und daher falsche Angaben machen. Im Rahmen der Schaffung eines Europäischen Binnenmarktes beklagt die EU-Kommission seit vielen Jahren, dass dies ein erhebliches Hindernis für den grenzüberschreitenden Handel darstelle.

    Ziel der SEPA ist, bargeldlose Zahlungen innerhalb der Teilnehmerländer so zu standardisieren, dass es für die Bankkunden keine Unterschiede zwischen nationalen und grenzüberschreitenden Zahlungen mehr gibt.

    Hieraus ergeben sich folgende Themenstellungen:

    • Schaffung eines gemeinsamen Rechtsrahmens für Zahlungsverkehrstransaktionen in Europa
    • Entwicklung gemeinsamer Standards, Prozesse, Datenformate und Softwarelösungen
    • Mittelfristige Ablösung der nationalen Zahlungsverkehrssysteme.

    Insbesondere der letzte Punkt ist wesentlich, da das parallele Bestehen nationaler und EU-weiter Zahlungsverkehrssysteme zu doppelten Kosten führt und die Durchsetzung der EU-Normen verlangsamen oder verhindern würde.

    Ziel ist es, bis 2010 eine hinreichende Nutzung der neuen SEPA-Verfahren, die so genannte kritische Masse, zu erreichen, damit der gesamte Prozess unumkehrbar wird. Mittelfristig, also bis 201x sollen die nationalen Verfahren (z.B. die deutsche oder österreichische Überweisung mit Kontonummer und Bankleitzahl) durch SEPA-Instrumente ersetzt werden. [2]

    Teilnehmerländer

    Voraussichtlich werden 31 Länder an SEPA teilnehmen. Hierzu gehören die 27 Mitglieder der Europäischen Union sowie Island, Norwegen und Liechtenstein.

    Ein weiteres SEPA-Teilnehmerland wird voraussichtlich die Schweiz sein, bis jetzt wurden die europäischen Rechtsvorschriften (PSD) dort jedoch noch nicht in nationales Recht umgewandelt. Zwar haben einige Banken ihre Teilnahme an SEPA angekündigt, zur Zeit kann jedoch noch nicht von einer flächendeckenden SEPA-Fähigkeit der Schweiz ausgegangen werden.

    Unabhängig vom teilnehmenden Land und seiner Währung werden SEPA-Zahlungen nur in Euro ausgeführt.

    Behandelte Themenbereiche

    Einheitlicher Rechtsrahmen

    Ein wesentliches Hemmnis für die SEPA-Ziele sind die fehlenden einheitlichen Rechtsvorschriften in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Beispielsweise ist in manchen Ländern noch keine juristische Grundlage für ein Lastschriftverfahren gegeben. Die EU-Kommission hat deshalb im Dezember 2005 einen Vorschlag für einen neuen einheitlichen Rechtsrahmen („New Legal Framework“) vorgelegt. Dieser Vorschlag mündete in der Richtlinie für Zahlungsdienstleistungen (Richtlinie 2007/64/EG), auf Englisch „Payment Service Directive“ (PSD). Die Richtlinie muss von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums bis zum 1. November 2009 in nationales Recht umgesetzt werden. Wegen der hochgradigen Integration ihrer Banken in das Europäische Bankensystem verschrieb sich den PSD-Zielen auch die Schweiz.

    PSD hat einen deutlich weiteren Anwendungsbereich als die weiterhin gültige Verordnung über grenzüberschreitende Zahlungen innerhalb der EU (Verordnung 2560/2001/EG), die die rechtliche Grundlage für die EU-Überweisung bildet.

    Trotz der verzögerten Umsetzung des PSD wird SEPA bereits am 28. Januar 2008 starten. Vorerst werden nur SEPA-Überweisung und SEPA-Kartenzahlungen möglich sein. Für SEPA-Lastschrift ist der Rechtsrahmen zwingend erforderlich, um eine einwandfreie Abwicklung europaweit garantieren zu können.

    SEPA-Produkte

    Ab Anfang 2008 sollen SEPA-Zahlungsverkehrsprodukte für die Bankkunden nutzbar sein:

    • SEPA-Überweisungen (SEPA Credit Transfer) ab 28.01.2008
    • SEPA-Lastschriften (SEPA Direct Debit) nach Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht (spätestens 01.11.2009)
    • SEPA-Kartenzahlungen (SEPA Cards Framework)

    Wesentlich ist, dass diese Produkte vollautomatisch (Straight Through Processing/STP), d.h. ohne manuelle Eingriffe abgewickelt werden können.

    Die dafür notwendige Standardisierung der Übertragungsprotokolle wird im EPAS-Projekt (Electronic Protocols Application Software) behandelt.

    SEPA-Datenformat

    Vor dem Hintergrund des angestrebten STP-Prozessing hat das European Payments Council (EPC) für das zu verwendende Datenformat zur Einreichung von beleglosen SEPA-Überweisun­gen und SEPA-Lastschriften eine europaweit einheitliche Empfehlung erarbeitet.

    Dieses so genannte SEPA-Datenformat basiert auf dem Standard UNIFI (ISO 20022). Für eine effiziente Nutzung innerhalb der EU wurden Einschränkungen an ISO 20022 vorgenommen, welche durch das EPC im Dezember 2006 verabschiedet wurden. Während die Implementation Guidelines die Datenformate für den Interbankenzahlungsverkehr (pacs-Nachrichtentypen) verbindlich festlegen, entfalten die Spezifikationen für die Kunde-Bank-Schnittstelle (pain-Nachrichtentypen) nur empfehlenden Charakter. Deshalb wurden für die pain-Nachrichtentypen auch keine XML-Schemata durch das EPC erstellt.

    Vor diesem Hintergrund wird es in der Praxis kein einheitliches Datenformat für Kundenaufträge in Europa geben. Die möglichen Ausprägungen reichen von 1-1 Umsetzung der EPC-Vorgaben über mehr oder minder stark ausgeprägte Abweichungen von den EPC-Empfehlungen auf Basis des ISO-Standards bis hin zu institutsindividuellen Formaten jenseits des ISO-Standards.

    Derzeit liegen im Zentralen Kreditausschuss für Deutschland zwei verschiedene Vorschläge für das Kunde-Bank-Format zur Einreichung von SEPA-Aufträgen vor:

    a) eine vollständige Ausrichtung an den EPC-Empfehlungen

    b) Einschränkungen an dem vom EPC empfohlenen Kunde-Bank-Format

    Aus Kundensicht könnten diese Einschränkungen gegebenenfalls als erhebliches Manko bewertet werden. Beispielsweise würde die Einschränkung der Grouping-Optionen auf „Grouped“ pro Auftraggeberkonto und Ausführungstermin eine separate Nachricht/Datei erfordern. Der gedachte Ausgleich dieses Mankos über die proprietäre, nationale Definition eines Umschlags um die eigentliche ISO-Nachricht herum würde zu einem weder EPC- noch ISO-konformen Datenformat führen.

    Vorgehensweise

    Auf Ebene der europäischen Bankenverbände erfolgt die Definition der notwendigen Standards.

    Die neuen Instrumente sollen den Planungen entsprechend ab dem 1. Januar 2008 angeboten werden. Die SEPA-Lastschrift kann aber aufgrund des fehlenden Rechtsrahmens zu diesem Zeitpunkt noch nicht angeboten werden, so dass SEPA allenfalls mit der Überweisung (ab 28. Januar 2008) und der Kartenzahlung starten kann. Die Einführung des Lastschriftverfahrens ist für November 2009 geplant. Ein Termin für die Beendigung der nationalen Systeme besteht noch nicht, es wird jedoch erwartet, dass die Umstellung bis ca. 2011 vollzogen sein wird. Insbesondere die deutsche Kreditwirtschaft setzt sich dafür ein, dass die Ablösung der nationalen Verfahren marktorientiert erfolgt und nicht durch die europäischen Gesetzgeber zwangsweise verordnet wird. Die s.g. kritische Masse muss bis dahin erreicht werden.

    Organisation

    Europäische Ebene

    Das European Payments Council (EPC), in dem sich die europäischen Banken zusammengeschlossen haben, hat gegenüber der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) die Umsetzung von SEPA bis zum Jahr 2010 zugesagt. Hierzu sind sechs Arbeitskreise gebildet worden: Direct Debit, Credit Transfer, Cards, Cash, OITS (Operations, Infrastructure, Technology, Standards) und Legal.

    Nationale Ebene (in Deutschland)

    Der Zentrale Kreditausschuss (ZKA), der Zusammenschluss der Bankenverbände und die Deutsche Bundesbank arbeiten an der Einführung der SEPA in Deutschland. Zur Koordinierung dieser Arbeiten besteht seit dem 13. September 2006 das Deutsche SEPA Komitee. Aufgabe des Komitees ist es, die zügige Umsetzung der SEPA in Deutschland strategisch sicherzustellen. Dazu beobachtet und bewertet das Komitee die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie mögliche Risiken.

    Die Vertreter im „Deutschen SEPA Komitee“ sind:

    Nationale Ebene (in Österreich)

    Der Austrian Payments Council (APC) ist das zuständige Gremium auf nationaler Ebene in Österreich.

    Nationale Ebene (in der Schweiz)

    Der Swiss Payments Council (SPC) und das Payments Committee Switzerland (PaCoS) sind die zuständigen Gremien auf nationaler Ebene in der Schweiz.

    Folgen der Einführung von SEPA

    Bedingt durch die Kosten der Einführung von SEPA ist es möglich, dass die Kosten der Zahlungsverkehrsdienstleistungen zunächst steigen. Konservative Schätzungen der EZB gehen von einem Kostenrahmen von ca. 10 Milliarden Euro europaweit für die Kreditwirtschaft aus. Jedoch prognostiziert die EU-Kommission auf mittlere Sicht europaweite Kostenvorteile durch Vereinheitlichung des Zahlungsverkehrs. Die Kreditwirtschaft teilt diese Meinung nur teilweise. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die derzeitigen Auslandszahlungsverkehrssysteme erhalten bleiben müssen (für Zahlungen ins Nicht-Euro-Ausland oder Zahlungen, die nicht in EURO denominiert sind).

    Allgemein wird mit einer Konsolidierung der einzelnen Clearing-Organisationen gerechnet. Es gibt heute bereits ein pan-europäisches automatisiertes Clearinghaus (PE-ACH), das sämtliche europäischen Staaten und Regionen abdeckt: Die EBA Clearing S.A. Trotzdem wird das in Deutschland weit verbreitete, sehr effiziente bilaterale Clearing weiterhin seine Berechtigung haben.

    Da SEPA auf dem SWIFT-System aufbauen soll, besteht die Gefahr, dass die US-Geheimdienste Zugriff auf alle – auch nationalen – Überweisungen in Europa bekommen.[3] Nach öffentlicher Kritik hat SWIFT angekündigt neue Backup-Server für die europäischen Backupdaten in Europa aufzustellen, um diese dem US-Zugriff zu entziehen.[4]

    Quellen und Anmerkungen

    1. EU-Verordnung 2560/2001 über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro
    2. Presseerklärung Bundesbank und ZKA vom 28. August 2006 [1]
    3. US-Geheimdienst vor Kontrolle deutscher Bankdaten [2]
    4. SWIFT will Zugriff auf Daten von EU-Kunden erschweren [3]