Horst Steinmann

deutscher Wirtschaftswissenschaftler
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Horst Steinmann (* 17. Juli 1934 in Bad Salzuflen, Lippe) ist ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler und emeritierter Professor für Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensführung.

Leben und Wirken

Nach dem Abitur studierte Horst Steinmann Betriebswirtschaftslehre an der Universität Göttingen und bestand 1959 das Examen als Diplom-Kaufmann. 1962 promovierte er an der TU Clausthal.

1964/65 studierte er am Institut Européen d'Administration des Affaires (INSEAD) in Fontainebleau und erwarb 1965 den Master of Business Administration (MBA). 1967 habilitierte er an der TU Clausthal.

1968 wurde er ordentlicher Professor für Betriebswirtschaftslehre und Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensforschung an der FU Berlin. 1970 erhielt er den Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensführung an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Zu seinen Arbeitsgebieten und Forschungsschwerpunkten gehörten Strategische Unternehmensführung, Personalmanagement, Wirtschaftsplanung und Kontrolle, Organisationstheorie, Unternehmensverfassung, Unternehmensethik und Wissenschaftstheorie. Er erhielt Rufe an verschiedene Hochschulen (Paderborn, Darmstadt, FU Berlin), lehnte sie aber ab.

1986 gründete Steinmann zusammen mit anderen Interessenten das European Business Ethics Network (EBEN) [1] und 1993 das Deutsche Netzwerk Wirtschaftsethik (DNWE) [2], in dem u. a. auch Professor Dr. phil. Marcus Bierich, Vorsitzender der Geschäftsführung und des Aufsichtsrats der Robert Bosch GmbH, lange Zeit Vorsitzender des Kuratoriums war. [3]

Im September 1999 wurde Steinmann emeritiert. [4] Gleichwohl hält Steinmann weiterhin Vorträge und schreibt kleinere Aufsätze. Hervorzuheben ist unter vielen anderen ein Aufsatz zur Unternehmensethik – 100 Jahre Betriebswirtschaftslehre in Deutschland. [5]

Ehrungen

  • 1996 Ehrendoktor der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern
  • 1999 Ehrendoktor der Robert-Schumann-Universität Straßburg für seine Arbeiten zur Theorie der Unternehmensführung, insbesondere zur Wirtschafts- und Unternehmensethik [6]

Werke

  • Lineare Produktionsmodelle der kurzfristigen Programmplanung. Zur statischen Produktionstheorie auf der Grundlage der linearen Planungsrechnung. Dissertation vom 7. Februar 1962, Bergakademie Clausthal, Fakultät für Natur- und Geisteswissenschaften, Clausthal, 1962, 219, XI S.
  • Das Großunternehmen im Interessenkonflikt. Ein wirtschaftswissenschaftlicher Diskussionsbeitrag zu Grundfragen einer Reform der Unternehmensordnung in hochentwickelten Industriegesellschaften. Habilitationsschrift, Clausthal. Stuttgart: Poeschel, 1969, XIV, 329 S.
  • Günter Dlugos, Gerhard Eberlein, und Horst Steinmann: Wissenschaftstheorie und Betriebswirtschaftslehre. Eine methodologische Kontroverse. Bertelsmann Universitätsverlag, 1972, 244 S.
  • Horst Steinmann (Hrsg.): Betriebswirtschaftslehre als normative Handlungswissenschaft. Zur Bedeutung der konstruktiven Wissenschaftstheorie für die Betriebswirtschaftslehre (Schriftenreihe der Zeitschrift für Betriebswirtschaftslehre, Band 9), Wiesbaden: Betriebswirtschaftlicher Verlag Gabler, 1978, 304 S., ISBN 3-409-34481-0 (Schriftenreihe der Zeitschrift für Betriebswirtschaft; Bd. 9)
  • Horst Steinmann, Helmut Müller, Michael Heinrich: Porst-Mitarbeiterunternehmen. Eine Fallstudie zur Unternehmenspolitik. Nürnberg: Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensführung der Universität Erlangen-Nürnberg, 1979, 24, [12] Bl. (Diskussionsbeiträge; H. 2)
  • Horst Steinmann, unter Mitarbeit von Rainer Achenbach: Planung und Kontrolle. Probleme der strategischen Unternehmensführung. München: Franz Vahlen GmbH, 1981, IX, 523 S., ISBN 3-8006-0813-8 (Unternehmensführung; 1)
  • Elmar Gerum, Horst Steinmann und Werner Fees: Der mitbestimmte Aufsichtsrat. Eine empirische Untersuchung. Stuttgart: Schaeffer-Poeschel Verlag, 1988, 210 S.
  • Horst Steinmann, Albert Löhr: Grundlagen der Unternehmensethik. Stuttgart: Poeschel, 1991, IX, 219 S., ISBN 3-7910-9157-3 (Sammlung Poeschel; P 131) 2., überarb. und erw. Auflage, 1994, XII, 279 S., ISBN 3-7910-9195-6 Tschechisch: Základy podnikové etiky [Z 2. vyd. nemeckého orig. prel. Gustav Tomek]. 1. vyd.. - Praha: Victoria Publ., 1995, 133 S., ISBN 80-85865-56-4
  • Horst Steinmann, Georg Schreyögg, unter Mitarbeit von Jochen Koch: Management. Grundlagen der Unternehmensführung – Konzepte – Funktionen – Fallstudien. 6., vollst. überarb. Auflage. Wiesbaden: Gabler, 2005, XIX, 952 S., ISBN 3-409-63312-X (1. Aufl. 1990) - übersetzt in das Polnische, 2. Auflage, Wroclaw 1995 (1. Aufl. 1992); 5. Auflage, 2001
  • Brij N. Kumar und Horst Steinmann (Hrsg.): Ethics in International Business. Berlin: de Gruyter, 1998, 360 Seiten (de Gruyter Studies in Organization)
  • Georges Enderle, Karl Homann, Martin Honecker, Walter Kerber, Horst Steinmann (Hrsg.): Lexikon der Wirtschaftsethik. Freiburg, Basel, Wien: Herder, 1993
  • Horst Steinmann und Andreas Georg Scherer (Hrsg.): Zwischen Universalismus und Relativismus. Philosophische Grundlagenprobleme des interkulturellen Managements. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1998, 421 S., ISBN 3-518-28980-2 (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft; 1380)
  • Günter Bentele, Horst Steinmann, Ansgar Zerfaß: Dialogorientierte Unternehmenskommunikation, Grundlagen – Praxiserfahrungen – Perspektiven, Öffentlichkeitsarbeit, Public Relations und Kommunikationsmanagement. Berlin: Vistas, 1996, 472 S., ISBN 3-89158-166-1 (Serie Öffentlichkeitsarbeit, Public Relations und Kommunikationsmanagement; Band 4)
  • Thomas Bausch, Annette Kleinfeld, Horst Steinmann (Hrsg.): Unternehmensethik in der Wirtschaftspraxis. München und Mering: Rainer Hampp Verlag, 2000, ISBN 3-87988-458-7 (Schriftenreihe des DNWE = Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik, Folge 7)

Wirkungsgeschichte

Zur Rezeptionsgeschichte ist zu klären, inwieweit Steinmann eine Wirtschaftsethik- oder Unternehmensethik- Schule zu bilden vermochte, da er hochbegabte Schüler und Mitarbeiter hatte.

„Von den schulebildenden Richtungen in der akademischen Wirtschafts- und Unternehmensethik weisen insbesondere Peter Ulrich sowie Horst Steinmann / Albert Löhr die Diskursethik bzw. Dialogethik als ihr ethisch-normatives Fundament aus“. [7]. „Innerhalb der diskurs- bzw. dialogethischen Schule der Wirtschaftsethik ist eine Differenz zu beachten. Während P. Ulrich den Begriff der „Diskursethik“ verwendet und auf deren transzendental bzw. universalpragmatische Begründung durch die neuere „Frankfurter Schule“ (K.-O. Apel, J. Habermas) rekurriert, favorisieren H. Steinmann / A. Löhr die konstruktivistische Begründung einer „Dialogethik“ durch die sog. „Erlanger Schule“ (F. Kambartel / P. Lorenzen).“ [8]

„Die Gruppe um Horst Steinmann und Albert Löhr ist der erste systematische deutsche Wirtschafts- und Unternehmensethik-Ansatz. Philosophisch betrachtet basiert er auf der Erlanger konstruktivistischen Wissenschaftstheorie um Lorenzen und der Frankfurter Schule um Karl-Otto Apel und Jürgen Habermas. Im Zentrum der steinmannschen Unternehmensethik steht die Gewalt ausschließende Koordination menschlichen Handelns. Dabei soll die Freiheit in der Wahl der Werte (Wertepluralismus) und die Einheit in der Lösung ethischer Konflikte zu einer Verbindung von Freiheit und Einheit führen.“ [9]

„Horst Steinmann und Albert Löhr gestehen der Orientierung unternehmerischen Handelns am Gewinnprinzip lediglich eine Richtigkeitsvermutung zu. Da jedoch das formale Gewinnprinzip nicht jeden Einzelfall rechtfertigend abdecken könne, sei jede unternehmerische Entscheidung auf ihre Konsensfähigkeit zu prüfen. Diese Prüfung zu stützen, sei Aufgabe der Unternehmensethik. Deren Kriterien seien dem Gewinnprinzip überzuordnen. Die Richtigkeitsvermutung kann mithin aufgrund ethischer Kriterien revidiert werden. Eine Ethik fundieren Steinmann und Löhr in Anlehnung an Paul Lorenzen in vor-theoretischen, lebensweltlichen Einsichten. Das Friedensziel sei das entsprechende ethikfundierende lebensweltliche Datum, wobei Frieden durch den freien Konsens aller Beteiligten gekennzeichnet sei. ....“ [10]

Man kann demzufolge sagen, dass Steinmanns Schüler, die bei ihm promovierten oder habilitierten, mit ihm wissenschaftlich zusammenarbeiteten und gemeinsam publizierten, durch die Steinmann-Schule geprägt wurden, die zum einen auf der wissenschaftstheoretisch orientierten Erlanger Schule des Methodischen Konstruktivismus gründete und zum anderen auf Steinmanns Netzwerk Wirtschaftsethik basierte. Steinmanns Schüler sind in der Scientific Community bekannt und gehören daher zur Darstellung des enzyklopädisch relevanten Schülerkreises und somit auch zur Rezeptionsgeschichte.

Bekannte Schüler

Einige Diplomanden, Doktoranden und Habilitanden Horst Steinmanns erreichten in Wissenschaft und Wirtschaft hohe Positionen und wurden deshalb in der Öffentlichkeit bekannt.

  • Wolfgang Chur (* 1947), Diplom-Kaufmann, Manager und Geschäftsführer des Bosch-Konzerns
  • Michael Heinrich (* 1951), Geschäftsführer der Leitz Metalworking Technology Group, Oberkochen

Literatur

  • Georg Schreyögg: Horst Steinmann – 65 Jahre, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (zfbf) 51 (1999), S. 755-758
  • Brij Nino Kumar, Margit Osterloh, Georg Schreyögg (Hrsg.): Unternehmensethik und die Transformation des Wettbewerbs. Shareholder-Value - Globalisierung - Hyperwettbewerb. Festschrift für Prof. Dr. Dr. h.c. Horst Steinmann zum 65. Geburtstag. Stuttgart: Schäffer-Poeschel, 1999, XIX, 703 S., ISBN 3-7910-1338-6 (Beiträge teilweise deutsch, teilweise englisch. - Bibliographie H. Steinmann: S. 677 - 703)
  • Prof. Dr. h. c. mult. Horst Steinmann, Emeritus am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Unternehmensführung der Universität Erlangen-Nürnberg [Biographie mit Foto]. In: Robert Zaugg (Hrsg.): Handbuch Kompetenzmanagement. Durch Kompetenz nachhaltig Werte schaffen. Bern, Stuttgart, Wien: Haupt-Verlag, 2006, XVII + 521 Seiten, ISBN-13: 978-3-258-07080-3, S. 503

Quellen

  1. European Business Ethics Network (EBEN)
  2. Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik (EBEN Deutschland) e. V. (DNWE)
  3. Freund und Förderer: Abschied von Marcus Bierich, Stuttgarter unikurier Nr. 87, April 2001
  4. Akademische Feier zum Abschied von Prof. Dr. Horst Steinmann. Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 21.07.1999
  5. Horst Steinmann / Albert Löhr / Shinji Suzuki: Unternehmensethik – 100 Jahre Betriebswirtschaftslehre in Deutschland. In: The Bulletin of Nagaoka University, No. 2, March 2003, S. 21-57 (Nr. 263 in deutscher Sprache und japanischer Übersetzung)
  6. Ehrendoktorwürden für Prof. Horst Steinmann, Mediendienst FAU-AKTUELL Nr. 2007 vom 16.12.1999
  7. Siehe dazu Horst Steinmann, Albert Löhr: Grundfragen und Problembestände einer Unternehmensethik. In: Dieselben (Hrsg.): Unternehmensethik. 2. Auflage, Stuttgart 1991, S. 3-32, hier: S. 12 f., 16 ff.; und Horst Steinmann, Albert Löhr: Grundlagen der Unternehmensethik. 2. Auflage, Stuttgart 1994, S. 76 ff.
  8. Thomas Retzmann: Der homo oeconomicus und die diskursethische Schule der Wirtschaftsethik - PDF
  9. Korrektiver Ansatz von Horst Steinmann et al. In: Prof. Dr. Dr. Alexander Brink:: Institutionenethik / Organisationsethik
  10. Gerd Hanekamp: Kulturalistische Bemerkungen zur Wirtschaftsethik