Die Firma Ilmor – der Name setzt sich aus den Namensteilen der beiden Firmengründer und ehemaligen Cosworth-Mitarbeiter Mario Illien und Paul Morgan zusammen – ist ein 1983 im englischen Brixworth gegründeter Motorenlieferant verschiedener Motorsportserien und von Bootsmotoren.
Geschichte
Champ Car
Mit finanzieller Rückendeckung von Roger Penske, einem US-amerikanischem Geschäftsmann und Rennstall-Besitzer, entstand 1984 Ilmors erster Motor, der 265A, besser bekannt als Chevrolet-Indy-V8 (Namengebung gemäß der lt. Reglement zulässigen 2,65 l Hubraum). Dieser Motor und seine Weiterentwicklungen B, C und D gewannen nach anfänglichen Problemen 98 Rennen der US-amerikanischen Champ-Car-Serie zwischen 1988 und 1994, einschließlich sechs Indianapolis-500-Rennen, sowie weitere sechs Siege des unter der Bezeichnung Ilmor-Indy eingesetzten IC108.
Herausragend dabei war 1994 der 500I bzw. 265E genannte Motor, der unter dem Markennamen von Mercedes-Benz bei den 500 Meilen von Indianapolis zum Einsatz kam. Eigens für dieses Rennen entstand in nur zehn Wochen (Konzept auf dem Papier bis Prüfstandslauf) ein Motor, der aufgrund seiner konzeptionellen Nachteile mehr Hubraum und Ladedruck aufweisen durfte, als die Wettbewerber aktuellerer Bauart. Die konzeptionellen Nachteile bestanden darin, dass die Ventile nicht über obenliegende Nockenwellen angetrieben werden durften, sondern über untenliegende Nockenwellen, Stößelstangen und Kipphebel, was zur Zeit der Reglemententstehung ein Nachteil bezüglich erreichbarer Maximaldrehzahl und damit der möglichen Motorleistung darstellte. Aus diesem Grund waren den so genannten Stoßstangen-Motoren 3,43 l Hubraum statt 2,65 l und ein Ladedruck von 1,86 bar statt 1,52 bar gestattet. Im Laufe der technischen Entwicklung konnten die Nachteile aber kompensiert werden, so dass man nun ein vom Reglement günstiger gestelltes Aggregat nach aktuellen Erkenntnissen zu Höchstleistungen treiben konnte. Dies gipfelte in einem Motor, der eine Leistung von 1024 PS (statt ca. 780 PS) und ein Drehmoment von 755 Nm (statt 495 Nm) abgab.
Die drei Penske-Mercedes Piloten Al Unser jr., Emerson Fittipaldi und Paul Tracy qualifizierten sich mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von 228,011 mph, 227,303 mph und 222,71 mph und mussten nach eigenen Aussagen erstmals auf dem Ovalkurs die Kurven anbremsen. Der Motor trat nach dem Rennen seine letzte Reise ins Museum an, da die Motorsportbehörde die Reglementlücke aus naheliegenden Gründen schloss.
Formel 1
Schon Ende der 1980er Jahre gab es aufgrund der Indy-Erfolge Überlegungen für Aktivitäten in der Formel 1, unter anderem Verhandlungen mit GM, welche sich aber nicht für eine Marke entscheiden konnten, deren Namen die Motoren tragen sollten.
So stattete man ab 1990 den F1-Rennstall von Leyton-House (später March) zunächst mit Motoren vom Typ 2175A unter eigenem Namen aus und ausschließlich 1992 auch das Team Tyrrell.
Die Ilmor-Motoren gehörten zu dieser Zeit noch nicht zu den Stärksten. Beispielsweise 1993 hatte der Renault-Motor von Williams geschätzte 760 PS während der Ilmor-Motor nach eigenen Angaben 696 PS entwickelte. Immerhin war man damit besser aufgestellt als jene Teams, die Motoren von Ford-Cosworth oder der Firmen Judd bzw. Hart einsetzten.
Dennoch waren Ilmor-Formel-1-Motoren bei den Triebwerksabmessungen und -gewicht immer im Spitzenfeld zu finden, wenn nicht sogar das Maß der Dinge.
1993 begann die Kooperation mit Mercedes-Benz in der Formel 1 unter der Bezeichnung „Concept by Mercedes-Benz“, welche auf den Sauber-Rennwagen prangte. Während dieser Saison kam mit finanzieller Unterstützung von Sauber die Weiterentwicklung 2175B zum Einsatz. Erst 1994 bekannte sich dann Mercedes-Benz nach der Zurückhaltung des Vorjahres voll zu seinem Formel-1-Engagement: die Sauber-Rennwagen trugen den Mercedes-Benz-Schriftzug des Motorenlieferanten, die Motoren jedoch lieferte Ilmor. Außerdem erlebte der 2175A-Motor einen zweiten Frühling im Pacific-Ilmor.
Seit 1995 ist Mercedes-Benz zu 40 % an Ilmor beteiligt und offizieller Motorenlieferant von McLaren. In dieser Konstellation konnten 1998 und 1999 die Fahrerweltmeisterschaft mit Mika Häkkinen und zahlreiche Grand Prix Siege errungen werden.
Nach dem Tod des Mitbegründers Paul Morgan am 12.05.2001 verkaufte dessen Witwe im Jahr 2002 zehn Prozent ihrer Anteile an Mercedes-Benz, bevor der Fahrzeughersteller 2005 auch die verbliebenen Anteile von Liz Morgan, Mario Illien und Roger Penske erwarb.
Seitdem in der Saison 2001 das Material Beryllium zur Herstellung von F1-Motoren verboten wurde, gab es bei Mercedes (bzw. Ilmor) teilweise große Schwierigkeiten, an die Leistung und Zuverlässigkeit anderer Motorenhersteller anzuknüpfen. Dies wurde oft auf den vermehrten Einsatz dieses Leichtmetalls bei Ilmor zurückgeführt, den Mario Illien einst in einem Interview zugestand.
Erst in der Saison 2005 konnte man, abgesehen von der immer noch schwachen Zuverlässigkeit, wieder einen Motor entwickeln, der nach Leistung einer der besten Motoren des Feldes war. Der Ingenieur Enrico Benzing hatte mittels eines Diagnoseprogramms ermittelt, dass der Mercedes-Motor beim letzten Saisonlauf 2005 917 PS leistete.
Im Jahr 2006 hat man, nach einem schwierigen Start mit der neuen V8 Motorenregelung, nun auch einen relativ konkurrenzfähigen Motor zu bieten, der mit schätzungsweise 15 PS weniger Leistung als die Ferrari-Triebwerke, auf ca. 750 PS kommt.
MotoGP
Seit 2006 konzentriert Mario Illien seine Aktivitäten auf den Motorrad-Sport und tritt unter dem Team-Namen Ilmor SRT X³ ab 2007 mit einer mit Eskil Suter entwickelten Maschine sowie Andrew Pitt und Jeremy McWilliams als Fahrer in der MotoGP-Klasse an. Der 800 cm³ Vierzylinder-V-Motor hatte seine Premiere in dem X³ genannten Motorrad am 14. Oktober 2006 mit Garry McCoy beim vorletzten Rennen der MotoGP 2006 in Estoril.
Außerdem entwickelt Ilmor (die Namensrechte liegen weiterhin bei Mario Illien), mit einem Kern von 60 Mitarbeitern aus der Kooperationszeit mit Mercedes-Benz, weiterhin Indy-Motoren für Honda und Nascar-Triebwerke für Penske-Racing.
Literatur
- Karl Ludvigsen: Prime Movers: Ilmor and Its Engines. Transport Bookman Publications, 1995, ISBN 0851840531.