Samenerguss

Ausstoß des Samens
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Als Ejakulation (lateinisch eiaculari, herausspritzen) wird heute nicht mehr nur allein ein Samenerguss verstanden, sondern allgemein der Erguss sowohl eines Jungen vor Beginn der Spermienproduktion etwa ab Mitte der Pubertät, wie auch eines geschlechtsreifen Mannes oder einer Frau bezeichnet, der im Normalfall gleichzeitig mit dem bewussten Erleben eines Orgasmus einhergeht. Ein Erguss kann infolge beliebiger Sexualpraktiken erfolgen, typischerweise während des Geschlechtsverkehrs oder durch Masturbation. Unwillkürliche Ejakulationen von Sperma im Schlaf nennt man auch Pollution. Während der Ejakulation kommt es beim Mann entweder zur Ausspritzung von spermienlosen Seminalplasma oder Sperma aus dem erigierten Penis durch rhythmische Kontraktionen der Muskulatur des Samenleiters, der Samenblase, der Schwellkörper und des Beckenbodens, oder bei der Frau zur Freisetzung von Sekreten der Paraurethraldrüse.

Bildfolge männliche Ejakulation (video)

Wortherkunft

Ejakulation ist ein im 18. Jahrhundert fachsprachlich entstandener lateinischer Neologismus[1]. Es ist gebildet aus dem (nachklassischen) Verb eiaculari = „auswerfen, herausschleudern, schießen lassen (z. B. Blut, Wasser)“, einem Kompositum zu iaculari, „den Wurfspieß schleudern“, später allgemein „schleudern, werfen“, seinerseits eine Ableitung von iaculum, Wurfspieß. Zugrunde liegt iacere, „werfen“.

Begriffsentwicklung

„Samenerguss“

Vor Beginn einer modernen wissenschaftlichen Erforschung der Physiologie der menschlichen Fortpflanzung und Sexualität wurde lange Zeit allgemein angenommen, dass nur ein geschlechtsreifer Jugendlicher oder Mann beim Orgasmus eine Ejakulation haben könnte und sich daher in seinem Erguss immer auch befruchtungsfähige Spermien im Sinne von „Samen“ befinden würden. Deshalb wurde der Begriff Ejakulation zunächst nur als „Samenerguss“ definiert und der Begriff Ejakulat mit Sperma gleichgesetzt. Diese ursprüngliche uneingeschränkte Definition sowie Formulierungen auf dieser Begriffsbasis sind auch noch heute in allgemeinen und wissenschaftlichen Publikationen zu finden. [2], [3], [4], [5], [6]

„Erguss (mit oder ohne Samen)“

Durch die Forschung gelangte man jedoch zu der Erkenntniss, dass Jungen schon vor oder zu Beginn der Pubertät einen feuchten Orgasmus haben können und sich bei einem derartigen Erguss bis zum Beginn der Spermienproduktion etwa ab Mitte der Pubertät noch keine befruchtungsfähige Spermien befinden. In der Folgezeit ging man dann dazu über, einen derartigen Erguss auch als Ejakulation zu bezeichnen.

Hier steht nun Ejakulation für einen „Erguss auch ohne Samen“ im Gegensatz zum trockenem Orgasmus ganz allgemein für einen feuchten Orgasmus, der auch dann möglich ist, wenn eine Spermienproduktion noch nicht begonnen hat und bei einem Orgasmus nur eine mehr oder minder geringe Menge Sekret ohne Spermien an der Penisöffnung erscheint. Allerdings kommt diese Definitionsvariante der ursprünglichen lateinischen Wortbedeutung im Grunde nicht sehr nahe, da bei einem derartigen Erguss zumindest zum Zeitpunkt des Übergangs von einem trockenen - zu einem feuchten Orgasmus in der Regel nicht von ausstoßen oder gar herausschleudern die Rede sein kann.

In diesem Definitionsrahmen werden dann in der Sexualwissenschaft auch „Leerlaufstadium“ (Ejakulation ohne Sperma = samenloser Erguss) und „Funktionsstadium“ (Ejakulation mit Sperma = Samenerguss) unterschieden.[7] Den Beginn des Leerlaufstadium bezeichnen manche Wissenschaftler als Prostatarche [8], da man ursprünglich davon ausging, dass erste Ergüsse allein aus Sekreten der Prostata und nicht auch aus denen anderer akzessorischer Geschlechtsdrüsen bestehen können.

Andererseits hatte man bei Kinderlosigkeit von Paaren auch ursprünglich angenommen, dass die Ursache allein bei der Frau zu suchen wäre, solange der Mann weder kastriert oder sterilisiert war, außerdem einen normal erektionsfähigen Penis und beim Erreichen des Orgasmus während des Geschlechtsverkehrs auch eine normal erscheinende Ejakulation hatte. Doch dann stellte sich heraus, dass sich nicht in jedem Erguss eines Mannes immer auch Spermien befinden müssen.

Daher ist aus heutiger neurophysiologischer Sicht eine Ejakulation selbst beim geschlechtsreifen Mann nicht zwangsläufig an das Vorhandensein von Spermien geknüpft, da beispielsweise bei Vorliegen einer Vasektomie, einer Kastration, oder einer Azoospermie nach Degeneration der Hodenkanälchen (Tubuli seminiferi) der physiologisch nach wie vor ungestörte Vorgang eines Ergusses von Seminalplasma beim Erreichen eines Orgasmus von Medizinern auch als Ejakulation bezeichnet wird.

Schließlich erbrachte die Forschung auch noch den Nachweis, dass auch Frauen während eines Orgasmus ein Drüsensekret ausstoßen können, in dem sich selbstverständlich von Natur aus keine Spermien befinden können. Auch hierbei wird heute von einer Ejakulation gesprochen.

Alle diese Erkenntnisse führen logischerweise zu einer Vergrößerung des Begriffsumfangs von „Ejakulation“ nunmehr im Sinne von „Erguss mit oder ohne Spermien (Samen)“.

Männliche Ejakulation

Physiologie

Die Ejakulation wird vom Sexualzentrum im Zwischenhirn ausgelöst. Deren Nervenimpulse wirken auf sympathische Nervenzellen im Lendenteil des Rückenmarks (Ejakulationszentrum), deren Nervenfasern über den Nervus hypogastricus und Plexus pelvinus die Kontraktionen der Genitalgänge und zugehörender Organe wie beispielsweise Samenleiter, Samenblase und Prostata auslösen.[9] Gleichzeitig wird über α-Rezeptoren die Muskulatur des Harnblasenhalses angeregt, wodurch die Harnblase verschlossen wird. Somit wird der Rückfluss von Sperma in die Harnblase und die Beimengung von Urin verhindert.

Datei:Male reproductive system lateral nolabel.png
Männliche Geschlechtsorgane

Bei der Ejakulation im Sinne von „Samenerguss“ werden in der Regel ab einem Zeitpunkt während der Pubertät, wenn die Hoden mit der Spermienproduktion begonnen haben (Spermarche), ca. 2 bis 6 ml Sperma (Ejakulat) mit individuell oder von Ejakulation zu Ejakulation sehr unterschiedlicher Geschwindigkeit über koordinierte Kontraktionen des Nebenhodengangs (Ductus epidedymidis) (16), des Samenleiters (Ductus deferens) (15), der Samenblase (Vesicula seminalis) (10), Vorsteherdrüse (Prostata) (12) und Harnröhre (Urethra) sowie über die Kontraktionen der Beckenbodenmuskulatur über die äußere Harnröhrenöffnung meist in mehreren Schwällen – entsprechend der reflexgesteuerten Muskeltätigkeit – ausgestoßen. Bei der Ejakulation sind mehrere Kontraktionswellen der Muskeln dafür verantwortlich, dass diese in mehreren Schüben erfolgt.

Die Ejakulation wird in zwei Phasen unterteilt:

  1. Emission
  2. Ejakulation im engeren Sinn

Als Refraktärperiode wird die Zeitspanne bezeichnet, die von einer Ejakulation zur nächstmöglichen verstreichen muss.

Vor der Pubertät ist bei einer sexuellen Stimulation bis zum Orgasmus kein Samenerguss möglich, da die Hoden in der Regel frühestens mit Eintritt in die Pubertät beginnen, Samen zu bilden. In der Lebensphase davor kann daher in der Mehrzahl der Fälle lediglich ein trockener Orgasmus ohne Erguss von Samen oder anderer Sekrete der akzessorischen Geschlechtsdrüsen auftreten. Manchmal ist jedoch in dieser Zeitspanne eine mehr oder minder geringe Sekretausscheidung ohne Samen möglich [10], welche auch als Ejakulation, aber im Sinne von „Erguss“ (hier: samenloser Erguss), bezeichnet werden kann.

Ejakulationsprobleme

Bei der Ejaculatio praecox kommt es zu einem „vorzeitigen“ – das heißt zu frühen – Samenerguss, der heute als eine Form der Potenzstörung gesehen wird. Als vorzeitig gilt hier die individuelle Empfindung von „zu früh“. Das kann im Extremfall schon ein Samenerguss beim Kuss, bei der ersten Berührung des Penis durch den Sexualpartner oder direkt nach dem Eindringen sein. Dieses Problem wird oft von Seiten des Mannes, der Frau oder beider Sexualpartner gemeinsam als ausgeprägte Belastung empfunden, die zu Einschränkungen im Sexualleben führt. Meist ist es der Partnerin unmöglich, einen eigenen Orgasmus zu bekommen – und damit der Weg zu einer umfassenden sexuellen Erfüllung des Paares oft versperrt. Viele Männer tabuisieren das Problem des vorzeitigen Samenergusses. Wenn es fortgesetzt besteht, ist jedoch eine ärztliche Beratung unbedingt angebracht.

Als retrograde Ejakulation wird eine Ejakulationsstörung bezeichnet, bei der die Samenflüssigkeit rückwärts in die Harnblase ausgestoßen wird.

Spermatorrhoe ist das Abfließen von Samenflüssigkeit, z. B. bei einer Inkontinenz des Ductus ejaculatorius (des Endabschnittes des Samenleiters), bei der es zu einem Samenabgang ohne Wollustgefühl, zum Beispiel beim Stuhlgang oder Wasserlassen, kommt.

Die Unfähigkeit zum Samenerguss durch verschiedene Krankheiten, Entfernung der Hoden (Kastration), psychische Probleme oder als Nebenwirkung mancher Medikamente bezeichnet man als Anejakulation.

Beim alternden Mann verschlechtert sich die Koordination der Kontraktionen von Nebenhodengang, Samenleiter, Bläschendrüse, Vorsteherdrüse, Harnröhre und Beckenbodenmuskulatur. Die Ursachen sind vielfältig, eine untrainierte Beckenbodenmuskulatur (Hinweis darauf kann ein sogenannter „Bierbauch“ sein) spielt dabei eine wesentliche Rolle. Der Koordinationsverlust kann sich auch bei gegebenenfalls unbeeinträchtigt fortbestehender Erektionsfähigkeit entwickeln.

Bei der Ejaculatio retarda kommt es zu einer verzögerten Hinführung zum Orgasmus. Oftmals liegen psychische Probleme vor.

Zahlreiche Medikamente können die Ejakulation beeinflussen, z. B. zu einer retrograden Ejakulation führen oder sogar zum Ausbleiben der Ejakulation.

Weibliche Ejakulation

Hauptartikel: Weibliche Ejakulation

Bei etwa einem Drittel der Frauen, und auch bei diesen nur unregelmäßig, tritt beim Erreichen eines Orgasmus eine Freisetzung von Sekreten der Paraurethraldrüse auf, die gelegentlich im Sinne von samenloser Erguss als weibliche Ejakulation bezeichnet wird. Sie wird oft mit einem spontanen Urinabgang verwechselt.[11]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache
  2. Roche
  3. Duden: Die Deutsche Rechtschreibung, 22. Aufl., Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG Mannheim 2000, S. 333
  4. Duden: Fremdwörterbuch,3. Aufl., Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG Mannheim 1974, S. 199
  5. Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch, 256. Aufl., Walter de Gruyter 1990, S. 413
  6. E. J. Haeberle: Die Sexualität des Menschen, Walter de Gruyter, Berlin – New York 1983, S. 38 – 39
  7. http://www2.hu-berlin.de/sexology/GESUND/ARCHIV/GUS/CHILDORG.HTM Growing Up Sexually, The Sexual Curriculum, oct. 2002, 16: Prespermarchic Ejaculation? On „Prostatarche“
  8. http://www2.rz.hu-berlin.de/sexology/GESUND/ARCHIV/GUS/CHILDORG.HTM#_Toc26332935
  9. E. J. Haeberle: ’’Die Sexualität des Menschen’’, Walter de Gruyter, Berlin – New York 1983, S.38
  10. http://www2.hu-berlin.de/sexology/GESUND/ARCHIV/GUS/CHILDORG.HTM#_Toc26332935
  11. Ernest Grafenberg (Ernst Gräfenberg): The Role of Urethra in Female Orgasm. International Journal of Sexology Nr. 3, 1950, S. 146

Literatur

  • Vorzeitiger Samenerguss - Hintergründe, Tipps, Auswege und Erfolgsberichte Betroffener von Carsten Dieme, 2003, ISBN 3980869601
  • 3-Stufen-Programm gegen vorzeitigen Samenerguss von Michael Pfreunder, 2002, ISBN 3-00-001597-3
  • Therapiemanual Ejaculatio praecox von Michael Hanel, 2003, ISBN 3-13-136712-1
  • Jeder Mann kann von William Hartman & Marilyn Fithian, 1985, ISBN 3-55007735-1
Commons: Ejakulation – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien