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Finanzdienstleister
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Die AWD Holding AG gehört zu den größten Finanzvertrieben Europas. Die Firma mit Hauptsitz in Hannover wurde 1988 von Carsten Maschmeyer gegründet. Schwerpunktprodukte sind Kapitalanlagen, Bausparen, Pensionsvorsorge, Finanzierungen und Versicherungen in der Zielgruppe der privaten Haushalte mit Durchschnittseinkommen. Als Strukturvertrieb organisiert, vermittelt der AWD die Produkte durch formal selbstständige Handelsvertreter, die auf Provisionsbasis bezahlt werden.

AWD Holding AG

Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 1988
Sitz Hannover
Leitung .
  • Dr. Ulf Mainzer
Mitarbeiterzahl 6.037 (2006)[1]
Umsatz 727 Mio. EUR (2006)[1]
Branche Finanzdienstleister
Website www.awd.de

Kennzahlen

Der AWD-Konzern, dessen Vorstandsvorsitz Carsten Maschmeyer bis heute führt, zählt ca. 6000 selbständige Finanzberater und ca. 1,8 Millionen Kunden. Der Konzern ist außer in Deutschland noch in England, Österreich, der Schweiz und Osteuropa tätig. Die Übernahmen wurden mit Kapital aus dem Börsengang im Herbst 2000 finanziert. Der Umsatz konnte 2006 um über 15% auf den Rekordwert von 728 Millionen € gesteigert werden. Das 1. Quartal 2007 war umsatzmäßig das stärkste in der Geschichte von AWD. Dabei konnte der Umsatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres um über 11% auf 201 Millionen Euro gesteigert werden.

Geschichte

Die Unternehmensgeschichte ist eng mit der Biografie des Firmengründers und Vorstandsvorsitzenden Carsten Maschmeyer verknüpft. Begonnen hatte Maschmeyer während seines Medizinstudiums bei dem Finanzdienstleistungsunternehmen OVB Vermögensberatung. Das Studium brach er später ab.

In den ersten Jahren wurden an die Qualifikation der Handelsvertreter nicht die allerhöchsten Ansprüche gestellt. Von Heizungsbauern, Soldaten und Studenten aller Fakultäten war öffentlich die Rede. Inzwischen nimmt der AWD für sich in Anspruch, seit dem Börsengang verstärkt auch Bank- und Versicherungskaufleute sowie Akademiker zu beschäftigen. Die Beratung durch - so die Angaben des AWD - „gezielte Bedarfsanalyse mit Hilfe der Privaten Finanzstrategie von Prof. Dr. Steiner (Universität Passau)“ gilt unter AWD-Anhängern und in vielen Presseberichten als „Benchmark im Bereich der Finanzdienstleistungen“, wird aber in mindestens ebenso vielen Presseberichten als "typischer Strukturvertrieb" oder als "Methode von Drückerkolonnen" kritisiert. 1991 gründete Maschmeyer in Wien AWD Österreich; im nächsten Jahr folgte die Gründung von AWD in der Schweiz. 1999 übernahm der Konzern den Finanzdienstleister S&C, im Jahr 2000 erfolgte der Kontakt zum Osteroder Finanzdienstleister Gesellschaft für Wirtschafts- und Finanzberatung (GWF). 2001 verschmolzen die ein Jahr zuvor übernommene Dr. Blumrath AG und die ebenfalls akquirierte Horbach Wirtschaftsberatung GmbH zur Horbach GmbH, die für den AWD gezielt den Markt der Akademiker ansprechen sollte. Im selben Jahr übernahm AWD auch die britische Vertriebsfirma Thomson's. Die Hamburger Firma tecis wurde 2002 übernommen. Weitere Übernahmen folgten in Großbritannien und Osteuropa.

Im Jahr 2000 flossen Maschmeyer rund 500 Millionen Euro Einnahmen aus dem Börsengang (IPO) zu. Im Zusammenhang mit dem IPO und der 2001 erfolgten Aufnahme in den M-DAX nahm die Kritik an den Vertriebsmethoden des AWD wieder stärker zu. Insbesondere mehrten sich die Stimmen enttäuschter Kunden über angeblich unseriöse Immobiliengeschäfte gerade in Ostdeutschland und Berlin. Inzwischen hat sich der Finanzdienstleister verbal von Produkten des sog. grauen Finanzmarkts distanziert, es aber in einer Vielzahl von Verfahren verweigert, Schadensersatz an die von ihm für solche Anlageformen gewonnenen Kunden zu leisten. Gleichwohl sind der AWD selbst und eine Reihe von AWD-Beratern wiederholt verurteilt worden, Anlagegelder von Kunden wegen erwiesener verschuldeter Falschberatung zurück zu zahlen.

Maschmeyer sprach sich im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 mit einer anonymen bundesweiten Anzeige dafür aus, der nächste Kanzler müsse ein Niedersachse sein. Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder war zu diesem Zeitpunkt Kanzlerkandidat der SPD, niedersächsischer Ministerpräsident und persönlicher Freund Maschmeyers. Die Verbundenheit hat sich auch nach der Bundestagswahl 2005 fortgesetzt: Schröders Ex-Regierungssprecher Anda ist inzwischen Kommunikationsdirektor beim AWD. 1991 gründete Maschmeyer die AWD-Kinderhilfe. Die Finanzierung des vom AWD behaupteten jährlichen Finanzvolumens von 10 Mio. EUR erfolgt ausschließlich von Mitarbeitern des AWD, die freiwillig 1 % ihres Verdienstes abführen. Zum Start der Bundesligasaison 2002/03 erwarb der Finanzdienstleister für 2 Millionen Euro pro Saison die Namensrechte am Fußballfeld des Erstligisten Hannover 96: aus dem Niedersachsenstadion wurde die AWD-Arena. In Bremen wurde die Stadthalle in „AWDdome“ umbenannt.

Aufsichtsratsvorsitzender der AWD AG ist Dr. Carl Hermann Schleifer.

Entwicklung des Aktienkurses

Von etwa 60 € Anfang 2001 hat die Notierung der AWD-Aktie bis Ende 2002 auf unter 10 € nachgegeben. Bis Ende 2003 stieg die Aktie dann wieder auf ca. 30 €, bis Mitte 2005 auf knapp 40 €. Kurz zuvor hatte der Gründer Maschmeyer 20 Prozent seiner Aktien verkauft - in Presseberichten (Stern 6/2006) wurde dazu der Verdacht geäußert, er habe zu diesem Zeitpunkt schon von der negativen Entwicklung des Geschäfts in 2005 gewusst. Nach einem kurzen Zwischenhoch ist der Kurs inzwischen (Herbst 2007) der Kurs wieder auf etwa 25 € gefallen. Damit haben Erstzeichner knapp 60% des eingesetzten Kapitals verloren, der Aktienkurs des AWD hat sich über den gesamten Zeitraum seit dem IPO deutlich schlechter entwickelt als DAX, MDAX oder TecDAX.

Kritik

Während der Einarbeitung erhalten die Handelsvertreter - sofern sie sich freiwillig dafür entscheiden - nach Angaben des AWD durchschnittlich 1.500,-- EUR sog. „Monatsvergütung“, die de jure ein Provisionsvorschuss sind. Erwirtschaftet der Berater diesen Provisionsvorschuss nicht, sind diese Leistungen zurückzuerstatten. Zur Vermeidung von zu hohen Rückforderungssummen seitens AWD wurde hierzu in jüngster Zeit eine interne Richtlinie eingeführt, nach der ein Provisionsvorschuss linear gemäß Umsatzplanung gezahlt werden soll. Bei Nichteinhaltung der Mindestkriterien werde die Linearisierung deaktiviert, und Agenten werden rein nach Erfolgsbasis bezahlt. Dabei variiere die Vergütung nun, je nach Qualitäts- und Erfahrungsstufe des Agenten.

Die durch die Direktvertriebsstruktur entwickelten Geschäftspraktiken des Konzerns waren und sind umstritten und werden von Verbraucherschutzorganisationen bis heute kritisiert.

AWD-Ehemalige haben im Zeitraum von Dezember 2002 bis Mai 2003 öffentlich unter verschiedenen Internet-Domänen in wenigen Monaten weit über eintausend, oft sehr persönliche und schmerzliche Erfahrungen geschildert. Der Konzern versuchte daraufhin, auf juristischem Wege die Domänen awd-aussteiger.de und aussteigerforum.de zur Schließung zu veranlassen. Beide Websites existieren inzwischen nicht mehr. Gegenwärtig ist der „Verein der ehemaligen AWD-Mitarbeiter“ aktiv[2].

In den vergangenen Jahren wurden einige Gerichtsurteile mit hohen Schadenersatzforderungen gegen AWD-Berater und den AWD selbst erwirkt. Als Gegenmaßnahme hat der Konzern eine Ausbildung der selbständigen Versicherungs- und Anlageberater mit fachlichen Inhalten sowie Audio- und Videotraining eingeführt, die mit einer IHK-Prüfung zum Fachberater für Finanzdienstleistungen in Österreich Prüfung an der WKO zum Staatlichen Vermögensberater abgeschlossen werden kann und nach zwei Jahren AWD zugehörigkeit abgeschlossen werden muss. Aufgrund der EU-Vermittlerrichtlinie wird in Zukunft eine anerkannte Ausbildung in dieser Art Pflicht sein und abschließend durch den IHK-Prüfungsausschuss abgenommen.

Die Vermögenssituation der meisten AWD-Berater selbst ist, nach übereinstimmenden Berichten einer Vielzahl von ehemaligen Mitarbeitern, häufig sehr schlecht. Das resultiere aus dem Umstand, dass der Konzern nach Meinung dieser Mitarbeiter Gebühren und Nebenkosten für die Nutzung der AWD-Infrastruktur in Rechnung stelle, selbst dann, wenn der Berater keinen oder nur einen geringen Erfolg erwirtschafte. Zudem wird oft von ungünstigen Provisionsberechnungen zu Lasten der selbständigen Handelsvertreter berichtet. Die Fluktuation der einzelnen Geschäftsstellen sei, so die Kritik, häufig enorm hoch und die in eine wirtschaftliche Abhängigkeit geratenen Vertreter seien zum Teil überschuldet und stünden unter enormen Verkaufsdruck. Im Jahr 2003 sah sich z. B. eine vierstellige Anzahl ehemaliger Mitarbeiter zum Teil fünfstelligen Provisionsrückforderungen gegenüber.

AWD-Kunden

Gesprächsstrategien

Die Gespräche laufen meist nach folgenden Schema ab:

  • Das Erstgespräch findet möglichst in den Räumlichkeiten des potentiellen Kunden statt. Dort wird eine standardisierte Präsentation von AWD abgespielt und die Finanz- und Versicherungssituation des Kunden erhoben.
  • Das zweite Gespräch folgt meist nach einigen Tagen bis wenigen Wochen. Dabei wird dem Kunden vom Vertreter eine ca. 50 Seiten starke sog. "Wirtschaftsbilanz" vorgelegt, die aus Sicht des AWD bestehende Versorgungslücken bzw. Anlagechancen zusammenfasst und konkrete Produkte - an deren Vermittlung der AWD Provision verdient - vorgestellt.
  • Zur möglichen Vertragsunterzeichnung mit meist schon vorab ausgefüllten Formularen kommt es beim zweiten oder dritten Gesprächstermin. Dem Kunden werden die gesetzliche vorgeschriebenen Unterlagen übergeben, bei Rückfragen wird nach Aussagen des AWD neuerdings auch auf gesetzliche Rechte wie z.B. Kündigungsmöglichkeiten hingewiesen. Dies wurde in der Vergangenheit nach Aussage vieler Gerichtsurteile teilweise unterlassen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Corporate Release – Vorläufige Zahlen 2006
  2. Website des Vereins der ehemaligen AWD-Mitarbeiter

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