Die Russischen Parlamentswahlen 2007 fanden am 2. Dezember 2007 statt. Es wurde über die 450 zu vergebenden Sitze in der Duma (Gosudarstwennaja Duma), dem Unterhaus der beiden russischen Parlamentskammern, abgestimmt.
Stärkste Kraft wurde mit Abstand die präsidentennahe Partei Einiges Russland. Die Wahlbeteiligung wurde mit 63 % angegeben. Um den Einzug in das Parlament bewarben sich elf Parteien. Drei kleinere Parteien erhielten nicht die Zulassung der Zentralen Wahlkommision, da sie die formalen Voraussetzungen nicht erfüllten. [1]
In Tschetschenien wurde außerdem am selben Tag ein Verfassungsreferendum abgehalten.
Wahlergebnis
Am 3. Dezember um 8:00 Uhr MEZ veröffentlichte die Zentrale Wahlkommission der Russischen Föderation folgendes vorläufiges Endergebnis (auf Grundlage der Auszählung von 97,8 % der Stimmzettel)[2]:
Endergebnis der Wahl zur russischen Duma vom 2. Dezember 2007 | ||||
---|---|---|---|---|
Parteien und Wahlblöcke | Stimmen | % | Sitze | |
Einiges Russland (Jedinaja Rossija) | 64,1% | 315 | ||
Kommunistische Partei der Russischen Föderation (Kommunistitscheskaja Partija Rossijskoi Federazii) | 11,6% | 57 | ||
Liberal-Demokratische Partei Russlands (Liberalno-Demokratitscheskaja Partija Rossii) | 8,2% | 40 | ||
Gerechtes Russland (Sprawedliwaja Rossija) | 7,8% | 38 | ||
Agrarpartei (Agrarnaja partija Rossii) | 2,3% | 0 | ||
Jabloko - Russische Demokratische Partei Jabloko (Rossijskaja Demokratitscheskaja Partija Jabloko) | 1,6% | 0 | ||
Bürgerkraft (Graschdanskaja Sila) | 1,1% | 0 | ||
Union der rechten Kräfte (Sojus Prawych Sil) | 1,0% | 0 | ||
Patrioten Russlands (Patrioty Rossii) | 0,9% | 0 | ||
Partei der sozialen Gerechtigkeit (Partija sozialnoi sprawedliwosti) | 0,2% | 0 | ||
Demokratische Partei Russlands (Demokratitscheskaja Partija Rossii) | 0,1% | 0 | ||
Summe (Wahlbeteiligung: 63 %) | 100,0% | 450 | ||
Wahlberechtigte | ||||
In der Duma vertreten sind folglich:
Platz | Partei/Block (блок) | Stimmenanteil | Stimmen | Sitze Duma | Sitzanteil Duma |
---|---|---|---|---|---|
1 Datei:Logo Einiges Russland.jpg | Einiges Russland Единая Россия |
64,3% | 43 Mill. | 315 | 70,0% |
2 | Kommunistische Partei der Russischen Föderation Коммунистическая партия Российской Федерации |
11,6% | 8 Mill. | 57 | 12,7% |
3 Datei:Logo LDPR.png | Liberal-Demokratische Partei Russlands Либерально-Демократическая Партия России |
8,2% | 5,5 Mill. | 40 | 8,9% |
4 | Gerechtes Russland Справедливая Россия |
7,8% | 5,3 Mill. | 38 | 8,4% |
Wahlrechtsänderungen im Vorfeld
Zwischen den Parlamentswahlen 2003 und 2007 wurde eine Reihe von Gesetzesänderungen vorgenommen, die nach Darstellung der russischen Staatsführung das Ziel hatten, das Parteiensystem zu konsolidieren. Die Gründung von Parteien wurde erschwert, und die Bedingungen für den Einzug in die Duma wurden schwieriger gestaltet.
Änderungen des Wahlgesetzes
Für die Duma-Wahlen 2007 wurde das Wahlsystem zu einem ausschließlichen Verhältniswahlrecht geändert. Bis zu den Wahlen 2003 war die Hälfte der Sitze in der Duma über Direktwahlkreise (russ. одномандатные округи) vergeben worden.
Die Hürde für den Einzug ins Parlament wurde von fünf auf sieben Prozent angehoben. Das Wahlrecht sieht jedoch vor, dass in jedem Fall die zweitstärkste Partei ins Parlament einzieht, auch wenn diese weniger als 7 % der Wählerstimmen erreichen sollte.
Eine weitere Änderung bestand in der Abschaffung der Mindestwahlbeteiligung, die bis dahin bei 25 % gelegen hatte. Außerdem wurde die Möglichkeit abgeschafft „gegen Alle“ zu stimmen – eine Besonderheit des russischen Wahlrechts. [3]
Änderung des Parteiengesetzes
Außer dem Wahlgesetz war in der zurückliegenden Legislaturperiode auch das Parteiengesetz geändert worden. Diese Änderung beeinhaltete unter anderem die Anhebung der Mindestmitgliederzahl von 10.000 auf 50.000. Die Neuregelung führte zur Auflösung einer Reihe kleinerer Parteien, [4] darunter der Republikanischen Partei des Dumaabgeordneten Wladimir Ryschkow. Ryschkow bestritt allerdings die Rechtmäßigkeit der Auflösung und reichte dagegen Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein.[5]
Wahlkampf
Präsidententreue Parteien
Als loyal gegenüber Putin gelten neben Einiges Russland, die rechtspopulistische LDPR, die im Herbst 2006 gegründete Partei Gerechtes Russland und die ebenfalls neu gegründete Partei Bürgerkraft.
Die Umfrageergebnisse deuteten von Anfang an darauf hin, dass Einiges Russland seine dominierende Stellung in der Duma behalten würde. Bis September 2007 ergaben die Wahlprognosen des staatnahen Umfrageinstituts WZIOM für Einiges Russland einen Stimmenanteil zwischen 45 und 50 %. In den Monaten Oktober und November erhöhten sich die Umfragewerte von Einiges Russland noch einmal deutlich. Am 1. Oktober 2007 hatte Präsident Putin angekündigt, als Spitzenkandidat für Einiges Russland anzutreten und sich im Falle eines deutlichen Wahlsieges möglicherweise als Ministerpräsident zur Verfügung zu stellen. In den folgenden Wochen sprach sich Putin wiederholt für die Partei Einiges Russland aus. Diese warb ihrerseits intensiv mit der Unterstützung durch den Präsidenten und erklärte die Wahl zu einem „Referendum zur Unterstützung Putins“. Die Umfragewerte der Partei stiegen daraufhin auf über 60 %.
Die zweite explizit präsidententreue Partei Gerechtes Russland brachte diese Entwicklung in eine schwierige Lage, da sie nicht mit der Unterstützung des Präsidenten werben konnte, und sie nun jede Kritik an ihrem Konkurrenten Einiges Russland in Widerspruch zu ihrer deklarierten Unterstützung für den Präsidenten gebracht hätte. Die Umfragewerte von Gerechtes Russland, die im September noch bei 14 % gelegen hatten, fielen bis November auf 7 % [6]
Wladimir Schirinowskis Partei LDPR machte unter anderem dadurch auf sich aufmerksam, dass sie den von der britischen Staatsanwaltschaft des Mordes verdächtigten Geschäftsmann Andrei Lugowoi auf den zweiten Platz ihrer Parteiliste aufnahm. [7] Die Prognosen für den Stimmenanteil der Partei schwankten konstant zwischen 7 und 9 %.
Oppositionelle Kräfte
Die einzige Oppositionspartei, die den Wahlprognosen zufolge darauf hoffen durfte, die 7-Prozent-Hürde zu überspringen war die Kommunistische Partei der Russischen Föderation. Ihre Umfragewerte lagen zunächst bei knapp 16 %, fielen jedoch im November auf etwa 12 %
Den liberalen Parteien Jabloko und SPS blieben in allen Prognosen deutlich unter der 7-Prozent-Hürde. Die höchsten Zustimmungsraten erreichte die SPS, der zwischenzeitlich vom Umfrageinstitut WZIOM ein Wahlergebnis von 5,2 % prognostiziert wurde. Im Verlaufe des Wahlkampfes intensivierten sie ihre Kritik an der Staatsführung. So entschied sich etwa die Partei SPS zur Teilnahme an den von radikaleren Oppositionskräften organisierten Märschen der Nichteinverstandenen. Kritiker warfen der SPS Populismus vor, da sie mit ihrem Wahlprogram einen starken Linksruck machte. Wegen dem Festhalten der Partei an der Leitfigur Nemzows haben einige regionale Führer der Partei den Wahlkampf boykottiert.
Im Rahmen einiger Demonstrationen kam es zu kurzzeitigen Festnahmen mehrerer Oppositionspolitiker. Garri Kasparow, einer der Organisatoren der Proteste wurde anschließend, wegen Organisation einer nichtgenehmigten Demonstration zu fünf Tagen Haft verurteilt. Er selbst nahm aber nicht persönlich an der Wahl teil. Das russische Außenministerium rechtfertigte die Festnahmen damit, dass die Demonstranten nach einer erlaubten Kundgebung versucht hätten, einen nichtgenehmigten Straßenumzug durchzuführen. [8]
Kritik am Ablauf der Wahlen
Die Oppositionsparteien KPRF, Jabloko und SPS, die allesamt starke Verluste gegenüber den letzten Wahlen verzeichneten, kündigten noch in der Wahlnacht an, dass sie das Wahlergebnis auf gerichtlichem Wege anfechten würden.[9] Die SPS weigerte die staatliche Wahlkampfunterstützung zurückzuzahlen, wozu sie wegen des offiziell unter drei Prozent der Stimmen liegenden Ergebnisses verpflichtet wäre.[10] Vertreter der KPRF erklärten, es werde innerhalb der Partei erwogen, die offiziell erreichten Mandate nicht anzutreten, um dadurch Neuwahlen zu erzwingen. Die Kommunisten vermuten um etwa die Hälfte ihrer Wählerstimmen betrogen worden zu sein.
Im Vorfeld der Wahlen war es zudem zu einem Konflikt zwischen der OSZE und den russischen Behörden gekommen, in dessen Folge sich die OSZE entschied, die geplante Entsendung von Wahlbeobachtern abzusagen.[11] Die von der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten und der Schanghai-Organisation entsandten Beobachter konnten keine Unregelmäßigkeiten feststellen.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Russland-Aktuell: Dumawahl: Nur 11 von 14 Parteien dürfen antreten
- ↑ http://top.rbc.ru/politics/03/12/2007/128116.shtml
- ↑ Wahlgesetz als Steuerungsmechanismus. Zu den neuen rechtlichen Regelungen der Dumawahl im Dezember 2007; Russlandanalysen Nr. 146, 26. Oktober 2007
- ↑ Zakon o partijach v dejstvii; Gazeta, 16. Januar 2007
- ↑ Dumawahlkampf 2007; Russlandanalysen Nr. 150, 23. November 2007
- ↑ Russlandanalysen Nr. 151, 30. November 2007
- ↑ LDPR-Kandidaten stehen fest, Lugowoi belegt zweiten Platz, RIA Nowosti, 17. September 2007
- ↑ RIA Nowosti: Russland dementiert Kritik über rechtswidrige Auflösung der Oppositionsmärsche
- ↑ Meldung auf der Webseite des Senders Echo Moskwy; 3. Dezember 2007
- ↑ http://www.newsru.com/russia/06dec2007/spsps.html
- ↑ [1]