De revolutionibus orbium coelestium

Buch von Nikolaus Kopernikus
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"De Revolutionibus Orbium Coelestium" ("Von den Umdrehungen der Himmelskörper"), 1543 in Nürnberg gedruckt, gehört zu den Meilensteinen der Astronomie in der Neuzeit.

Entstehung

Nikolaus Kopernikus versuchte in dem zwischen 1520 und 1541 entstandenen Werk den mathematischen Nachweis für das heliozentrische Weltbild zu führen, von dessen Richtigkeit er überzeugt war. Die damals geltende Lehrmeinung ging von dem geozentrischen Weltbild aus, das dem Werk des Ptolemäus zugrunde liegt. Ptolemäus stellte die Erde in den Mittelpunkt des Universums und erklärte die scheinbaren Schleifenbewegungen der Planeten mit der Hilfskonstruktion der Epizykeltheorie. Kopernikus führte in seinem Werk den Gedanken ein, die Sonne in den Mittelpunkt zu stellen um die Schleifenbewegungen durch Überlagerung von Erd- und Planetenbewegung zu erklären. Möglicherweise wurde er durch die Vorstellungen des griechischen Astronomen Aristarch, den er allerdings nicht erwähnt, zu dieser Idee angeregt.

Kopernikus hoffte, mit seinem System eine einfachere, schlüssigere Beschreibung der Bewegungen der Himmelskörper geben zu können als die umständliche Theorie des Ptolemäus. Dieser Plan scheiterte, Kopernikus konnte nicht auf die Epizykeltheorie verzichten und erreichte keine Beschreibung der Planetenbewegungen, die besser als die des Ptolemäus mit der Realität übereinstimmte. Wahrscheinlich zögerte er darum lange mit der Veröffentlichung seines Werkes, das erst in seinem Todesjahr gedruckt wurde.

De Revolutionibus ist, noch ganz in der Tradition der Antike und des Mittelalters, von vielen mystischen und magischen Betrachtungen durchsetzt. Auch kann Kopernikus keinen Beweis für das heliozentrische Weltbild anführen, sondern versucht, die Argumente des Ptolemäus für das geozentrische Weltbild mit neuen Hypothesen zu entkräften.

Zeittafel

  • 1538 Besuch des Georg Joachim Rheticus (1514-1576) bei Johannes Schöner in Nürnberg. Er reist später zu Copernicus (1473-1543), um im Auftrag des Druckers Johannes Petreius (1497-1559) dessen Werk nach Nürnberg zu bringen.
  • 1543 Das Hauptwerk von Nicolaus Copernicus (1473-1543) erscheint bei Johannes Petreius in Nürnberg.
  • 1576 Johannes Praetorius wird Professor für Mathematik in Altdorf. Er setzt sich hier u.a. intensiv mit dem Werk von Copernicus auseinander.

mehr zur Geschichte der Astronomie in Nürnberg bei http://www.astronomie-nuernberg.de

Wirkung

Andreas Osiander, ein lutherischer Theologe, versah das Buch bei der Überwachung des Druckes eigenmächtig und anonym mit einem Vorwort, in dem er Kopernikus' Theorie als bloßes Rechenmodell ohne Anspruch auf Übereinstimmung mit der Realität darstellte. Es ist unklar, ob er wirklich die Leistung von Kopernikus missachtete, oder ob er lediglich seine eigene Reputation sowie die des Autors nicht gefährden wollte, jedenfalls scheint dieses Vorwort dem sich anbahnenden Konflikt zunächst einen Teil der Schärfe genommen zu haben. Die "Fälschung" wurde erst später entdeckt, anhand von Notizen im Exemplar von Jerome Schreiber/Hieronymus Schreiber aus Nürnberg das zu Mästlin und Kepler gelangte.

Die Reaktion war denn auch zunächst nur gering, man sah in Expertenkreisen noch keinerlei Veranlassung, die bisherige Lehre aufzugeben, die wesentlich besser mit dem gesunden Menschenverstand übereinzustimmen schien. Es wurde lediglich als Rechenmodell, beispielsweise von Erasmus Reinhold zur Erstellung der Prutenischen Tafeln, verwendet, während das dahinterstehende Weltmodell abgelehnt wurde. Die Reaktion der Theologen war unterschiedlich: Die Katholiken hielten sich mit Stellungnahmen zunächst zurück, bei den Protestanten, die eine strenge und wörtliche Bibelauslegung als Glaubensgrundlage sahen, stieß Kopernikus dagegen auf teils heftige Ablehnung. Martin Luther, der Kopernikus als "Narren" beschimpfte, führte die in der Folge oft zitierte Bibelstelle Josua 10, 12-13 als Beweis für die Geozentrik ins Feld, Philipp Melanchthon wünschte sich ein Einschreiten der Obrigkeit gegen diese "Zügellosigkeit der Geister".

Erst später, um die Wende zum 17. Jahrhundert, griffen Astronomen, wie Michael Mästlin, Johannes Kepler und Galileo Galilei, zunehmend die Lehre des Kopernikus auf und versuchten, Beweise für seine Aussagen zu finden. Die Katholische Kirche bezog, gedrängt von Galileis Gegnern, Stellung zugunsten des traditionellen geozentrischen Modells. Die verordnete Zensur wirkte sich vor allem in Italien aus, Bibliotheken nördlich der Alpen liessen ihre Kopien meist unverändert, wie die Nachforschungen von Owen Gingerich ergaben.

Erst ab 1822 erlaubte die katholische Kirche den Druck und den Vertrieb von Büchern, die das heliozentrische Weltbild verteidigten. De Revolutionibus Orbis Coelestium verblieb jedoch bis 1835 auf dem Index der verbotenen Schriften.

Bleibendes Verdienst von Kopernikus ist es, mit diesem Werk das Denken in Wissenschaft und Weltanschauung in neue Bahnen gelenkt zu haben ("Kopernikanische Wende") und damit ein Wegbereiter für die modernen Naturwissenschaften geworden zu sein.

Manuskript

Das private Manuskript von Kopernikus wurde an Tiedemann Giese vererbt, gelangte dann zurück an Rheticus, der nur eine Kopie als Basis für den Druck in Nürnberg 1543 hatte. Valentin Otho bracht es nach Heidelberg, dort signierte es Jakob Christmann, und Comenius erwarb es 1614. Danach lag es Jahrhunderte in der Bibliothek derer von Nostiz in Prag. 1945 wurde es von den Kommunisten beschlagnahmt und Polen überreicht, die es seit 1956 in Krakau aufbewahren. Es ist online zugänglich. [1] [2] [3]

Literatur

  • Owen Gingerich: An annotated census of Copernicus' De revolutionibus (Nuremberg, 1543 and Basel, 1566). Leiden : Brill, 2002 ISBN 90-04-11466-1 (Studia copernicana. Brill's series; v. 2)[4]
  • Owen Gingerich: The Book Nobody Read : Chasing the Revolutions of Nicolaus Copernicus. New York : Walker, 2004 ISBN 0-8027-1415-3 [5]