Vielehe
Die Polygamie – von griech. πολύς (polys) (= viel) und γάμος (gamos) (= Ehe) – bezeichnet eine Form der Vielehe und der Duldung von gleichzeitigen eheähnlichen Beziehungen. Bei zwei Ehen spricht man von Bigamie. Polygamie wird im Allgemeinen als das Gegenteil von Monogamie verstanden. Polygamie als gesellschaftliche Institution ist zu unterscheiden von Polyamory, bei der die Partner freiwillig entgegen gesellschaftlichen Normen mehrere offen geführte Liebesbeziehungen eingehen können und die als Subkultur einen Teil der Queer-Bewegung darstellt.

Es wird unterschieden zwischen Polyandrie (Vielmännerei – bei der eine Person mehrere männliche Partner hat) und Polygynie (Vielweiberei – bei der eine Person mehrere weibliche Partner hat) sowie der so genannten Gruppenehe (Polygynandrie) und anderen Eheformen, bei denen mehrere Frauen und mehrere Männer beteiligt sind. Polyandrie ist besonders in Ackerbaukulturen auf niederer Stufe (Hackbau) verbreitet, während Polygynie eher Kulturen mit viehzüchterrischem Hintergrund kennzeichnet. Entscheidend ist bzw. war ursprünglich, dass das Geschlecht, das den Hauptteil zum Lebensunterhalt liefert, das andere Geschlecht auch in dieser Beziehung dominiert.
Polygamie in den Weltreligionen
Polygamie im Christentum
Sämtliche großen Glaubensrichtungen des Christentums lehnen die Polygamie ab. Sie ist deshalb in so gut wie allen, seit langer Zeit christlich geprägten Ländern verboten oder nicht üblich.
Im griechischen Kulturraum, in dem sich das Christentum zuerst ausbreitete, war die Polygamie, im Sinne mehrerer Eheschließungen mit freien und ebenbürtigen Frauen, damals schon seit einigen Jahrhunderten praktisch vollständig verschwunden, auch wenn Konkubinate mit Sklavinnen weit verbreitet waren. Seit sich der neue Glaube in neue Kulturkreise auszubreiten begann, spielte jedoch die Frage der Mehrehe immer wieder eine Rolle. In früheren Zeiten war dies etwa bei Normannen und anderen Germanen der Fall, die die Mehrehe auch nach ihrer Christianisierung noch jahrhundertelang weiterpflegten. In neuerer Zeit wurde sie bei den Mormonen praktiziert, war jedoch am Rande des Christentum angesiedelt. Dabei stand die überlieferte polygame Praxis einiger früher biblischer Patriarchen im Widerspruch zur verbreiteten christlichen Theologie, die die Monogamie predigte.
In christlichen Reformbewegungen spielte die Polygamie-Frage durch die Jahrhunderte hindurch immer wieder eine Rolle. Während der Reformation riet Martin Luther Landgraf Philipp von Hessen seine zweite Ehe, eine morganatische Ehe, der öffentlichen Ordnung willen geheim zu halten, wenngleich er nichts Unbiblisches daran fand. Die „Wiedertäufer von Münster“ (Anabaptisten) praktizierten Polygamie, allerdings überlebte diese Praxis die Niederlage von 1535 nicht in öffentlich sanktionierter Form. [1]
In vielen Ländern mit christlichem Hintergrund spielt Polygamie (auch heute noch) eine Rolle. Beispiele sind die Philippinen, verschiedene pazifische Länder wie Papua-Neuguinea und Fidschi oder weite Teile Afrikas. Polygamisten in diesen Ländern sind allerdings in der Regel nicht in besonderen Kirchen oder Gruppen organisiert. Hier wird Polygamie oft als Relikt der vorchristlichen Zeit angesehen. Anders in Nordamerika, wo es kleine polygame Kirchen und andere Gruppen gibt.
Die Römisch-Katholische Kirche hat sich gegen jede rechtliche Duldung der Vielehe gewandt. Die mit der Vielehe verbundenen Probleme dürften weder im Namen der Religionsfreiheit gerechtfertigt noch unter aus einem „falsch verstandenen Multikulturalismus“ klein geredet werden. [2]
Polygamie im Mormonentum
Siehe auch den Hauptartikel Mehrfachehe (Mormonen)
Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, auch als Mormonen bekannt, erlaubte und förderte die Polygamie zwischen 1852 und 1890 offiziell; im Geheimen wurde sie auch schon einige Jahre vorher und noch einige Jahre später gepflegt. Erst im frühen 20. Jahrhundert unter Joseph F. Smith hat sich die Kirche nach einer Zeit der Ambivalenz offensiv gegen die Polygamie gewandt; bekannte Polygamisten werden seitdem rigoros exkommuniziert. Den die Polygamie lehrenden Abschnitt 132 ihrer heiligen Schrift Lehre und Bündnisse hat die Kirche beibehalten, er wird jedoch heute nur noch symbolisch-mystisch interpretiert und wurde um eine Erklärung ergänzt, die die praktische Ausübung der Polygamie verbietet. Die meisten schon vor 1852 abgespaltenen mormonischen Gruppen, darunter die Gemeinschaft Christi, lehnen die Polygamie strikt ab. Dies ist allerdings nur vordergründig der Fall: Im Tempel können Priestertumsträger (Männer) noch immer mit mehreren Frauen gleichzeitig verheiratet sein, während Frauen nur ein einziges Mal im Tempel mit einem Mann heiraten können. Die Ehen im Tempel können zwar nicht gleichzeitig geschlossen werden, sehr wohl aber nacheinander. Eine im Tempel geschlossene Ehe gilt nach mormonischer Auffassung für alle Ewigkeit, weshalb die Männer also noch immer mit mehreren Frauen verheiratet sein können, die Frauen jedoch nur mit einem Mann im Leben und in der Ewigkeit.
Heute pflegen nur noch einige meist kleine fundamentalistische Splitterkirchen, die sich meist nach 1890 von der Hauptkirche abgetrennt haben, die Polygamie. Dazu gehören die Fundamentalistische Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und die Apostolic United Brethren. Viele dieser Gruppen leben in extrem abgelegenen Örtlichkeiten, in denen außer ihnen niemand siedelt. Auf diese Weise dominieren sie auch die dortige Lokalpolitik und wählen die örtlichen Sheriffs, wodurch eine polizeiliche Verfolgung der illegalen Praxis praktisch nicht stattfindet. Dabei ist meist nur die erste Frau legal mit ihrem Ehemann verheiratet, teilweise werden auch überhaupt keine Zivilehen geschlossen. Manchmal lässt sich das Paar wieder scheiden, damit der Mann eine weitere Frau heiraten kann, um sich nach einer gewissen Zeit wieder scheiden zu lassen usf. In Tat und Wahrheit geht es nur um den Familiennamen und um juristische Gründe (z.B. eine Aufenthaltsbewilligung). In der Regel hilft die ganze Großfamilie mit, die finanziellen Bedürfnisse zu befriedigen und die Kinder zu erziehen.
Daneben gibt es im mormonischen Umfeld noch eine große Zahl individueller Fundamentalisten, die in ihrer eigenen Familie die Polygamie pflegen, ohne einer dieser Splitterkirchen anzugehören. Manche halten dies geheim, um ihre Mitgliedschaft in der Hauptkirche und vor allem ihre Zutrittsberechtigung zu deren Tempeln zu behalten, andere nehmen den Ausschluss in Kauf. Es wird geschätzt, dass heute zwischen 20.000 und 40.000 Einwohner der USA in polygamistischen mormonischen Gruppen oder polygamistischen Einzelfamilien leben, die meisten davon in Utah und dessen Nachbarstaaten. Zum Vergleich: Die mormonische Hauptkirche hat heute ca. 12 Millionen Mitglieder.
Einige heutige Mitglieder der Hauptkirche behaupten, die früheren Vielehen hätten keine sexuellen Beziehungen beinhaltet, sondern hätten nur der materiellen Versorgung der Frauen, deren Männer nach dem Umzug nach Westen verstorben waren, gedient. Dem widerspricht allerdings die Tatsache, dass etwa Brigham Young, der zweite Vorsitzende dieser Kirche, immerhin 57 Kinder von 16 Frauen hatte (Quellen siehe dort), auch wenn er daneben tatsächlich noch etwa 30 solche reinen Versorgungsehen vor allem mit älteren Witwen eingegangen war. Dies wurde seinerzeit auch keineswegs verschwiegen oder geheimgehalten. Auch heutige Kirchenführer verschweigen es nicht und sehen die damaligen sexuellen Beziehungen zu mehreren „rechtmäßig angetrauten“ Ehefrauen als vor Gott gerechtfertigt an, vermeiden das Thema jedoch nach Möglichkeit. Außereheliche sexuelle Beziehungen allerdings führten damals wie heute zu Disziplinarmaßnahmen bis hin zum Ausschluss aus der Kirche.
Polygamie im Islam
[3] In allen islamischen Ländern außer in Tunesien und der Türkei ist die Polygamie legal und wird praktiziert. Die berühmteste Person der Polygamie im Islam ist sicherlich der ehemalige saudische König Abd al-Aziz ibn Saud, der Schätzungen zu Folge 3000 Frauen, worunter sich Ehefrauen, Konkubinen, Töchter und Sklavinnen befanden, in seinem Harem gehabt haben soll. 81 Kinder von 17 verschiedenen Ehefrauen sind staatlich anerkannt. Am häufigsten wird die Mehrehe in Westafrika unter Muslimen sowie in einigen arabischen Staaten praktiziert. In anderen vom Islam dominierten Regionen ist sie weniger häufig.
Zwischen allen islamischen Staaten (mit Ausnahme Tunesiens) bestehen einige grundsätzliche Übereinstimmungen. Gemäß dem islamischen Recht darf ein Mann bis zu vier Frauen ehelichen, sofern ihm seine erste Frau dies erlaubt. Darüber hinaus darf er eine beliebige Zahl an Konkubinen haben, wobei dies heutzutage sehr selten ist, weil die Konkubine eine Sklavin sein muss, d. h. keine freie Frau sein kann. Jeder hat er einen eigenen Haushalt und eigenes Vermögen einzurichten sowie eine Mitgift zu geben. Oft pflegen die Frauen keinen engen Kontakt untereinander, sondern leben getrennt in je eigenen Wohnungen oder Zimmern, manchmal auch in verschiedenen Orten. Zuweilen untersagen gesetzliche Regelungen jenen Männern, die nicht jeder Frau einen eigenen Hausstand einrichten können, die Polygamie.
Die Beschränkung der Mehrehe auf vier Frauen fußt auf dem Koran, Sure 4:3:
„Und wenn ihr fürchtet, den Waisen nicht gerecht werden zu können, nehmt euch als Frauen, was euch gut erscheint, zwei oder drei oder vier. Doch wenn ihr fürchtet, ihnen nicht gerecht werden zu können, heiratet nur eine …“
In den folgenden Versen, mit denen 4:3 inhaltlich verbunden ist, geht es um die Vermählung mit Waisen. Die Vormunde verwaister Mädchen erlangen, insbesondere zur Zeit der Niederschrift des Korans, einen Vorteil, falls die Mündel heiraten wollen. Als ihre Vormunde konnten sie versucht sein, die Anvertrauten, ohne ein ausreichendes Brautgeld zu entrichten, zu heiraten, indem sie das Erbe für sich beanspruchten. Der Koranvers besagt im Kontext, dass Männer, die befürchten, die anvertrauten Waisen, die sie zur Frau nehmen möchten, möglicherweise nicht gerecht behandeln zu können, sich andere Frauen nehmen können, die dann nicht verwaist, sondern frei sein sollen, die Familien oder Vormunde zur Seite haben, die sie beschützen können. Allerdings ist auch eine andere Deutung möglich: Falls ein Mann, der für eine anvertraute Waise verantwortlich ist, befürchtet, diese nicht gerecht behandeln zu können, kann er seiner Frau bzw. seinen Frauen die Aufgabe übertragen, sich um die Mündel zu kümmern.
Dabei ist zu beachten, dass es sich hierbei um Vollwaisen handelt, die weder Vater noch Mutter noch sonstige enge Verwandte haben, die die Vormundschaft übernehmen könnten. Denn diese Personen besaßen zur Zeit der Abfassung des Koran einen besonders niedrigen sozialen Status und keine heute mehr rekonstruierbaren Rechte, soweit sie nicht vom Vormund eingeräumt wurden. Den Rahmen für das rechtliche Verhältnis zwischen ihnen legen die Verse 4:23-24 fest, die den Frauen einen Mann nach islamischem Recht nach 4:3 zu ehelichen erlauben.
Einige Muslime betonen hingegen, dass der Koran die Polygamie verbiete. [4] Dabei berufen sie sich auf Sure 4:129:
„Und ihr könnt zwischen den Frauen keine Gerechtigkeit üben, so sehr ihr es auch wünschen möget.“
In Verbindung mit dem Gebot der Gleichbehandlung nach 4:3 und Argumenten aus dem näheren Kontext schlussfolgern sie, dass eine Mehrehe nur in wenigen, besonders außergewöhnlichen Situationen erlaubt sei; als Beispiel wird Männermangel infolge eines Krieges genannt. Grundsätzlich sei jedoch die Einehe vorzuziehen.
Gegner dieser Position glauben, dass 4:129 weder Polygamie verbietet noch von ihr abrät, sondern den Mann anleitet, alle seine Frauen gerecht zu behandeln, auch wenn er sie nicht alle in gleicher Weise wird lieben können oder für sie das Gleiche empfinden wird.
Dabei stützen sie sich auf die Fortsetzung in Sure 4:129:
„Aber neigt euch nicht gänzlich (einer) zu, so dass ihr die andere gleichsam in der Schwebe lasset. Und wenn ihr es wiedergutmacht und gottesfürchtig seid, so ist Allah allverzeihend, barmherzig.“
Die Zulassung der Polygamie bedeutet nach manchen Erklärungen auch den Schutz des Mannes vor eigenem Ehebruch, da die Psychologie gezeigt habe, dass Männer eher dazu neigen, mit mehreren Frauen intime Kontakte zu pflegen als Frauen umgekehrt mit Männern.
„Studien des Evolutionspsychologen David C. Schmitt von der Bradley Universität basierten auf der Erhebung unter 16.000 College-Studenten aus 52 Nationen. Insgesamt sagten mehr als 52 Prozent der befragten männlichen Teilnehmer der Studie aus, dass sie sich mehr als eine Sexualpartnerin in den kommenden Monaten wünschen würden, während lediglich 4,4 Prozent der Probandinnen diese Absicht äußerten.
Gleichfalls waren die Männer eher zu Sexualkontakten mit Personen, die sie erst seit kurzer Zeit kannten, bereit, während die weiblichen Befragten sich mehr Zeit nehmen wollten, um den Partner kennen zu lernen (…) Dass Schmitts Untersuchung nahe legt, dass Männer anscheinend ihren sexuellen Drang und das umherschweifende geifernde Auge nicht beherrschen können, weil es in ihren Genen angelegt ist, macht sie so wertvoll. Die Chicago Sun-Times bringt es in einer Überschrift auf den Punkt: ‚Forscher sagt: ‚Männer sind geboren zum Rummachen’’. [5]“
Der Islam erlaubt vorehelichen Geschlechtsverkehr nicht. Von Männern wird verlangt, dass sie ihren Blick senken, wenn sie eine nicht mit ihnen verwandte Frau wahrnehmen. In Sure 24:30 heißt es:
„Sprich zu den gläubigen Männern, dass sie ihre Blicke zu Boden schlagen und ihre Keuschheit wahren sollen. Das ist reiner für sie. Wahrlich, Allah ist dessen, was sie tun, recht wohl kundig.“
Damit ein Mann eine Frau begehrend anschauen darf, muss er mit ihr verheiratet sein. Ein versehentlicher Streifblick mag ein erster Anblick sein, ein zweiter Blick aber ist nicht gestattet; das wäre eine Sünde. Das islamische Recht will „zina“ [6], vor- oder außereheliche Sexualkontakte, auslöschen.
Bezüglich des Verhaltens der Frau sagt Sure 24:31:
„Sprich zu den gläubigen Frauen, dass sie ihre Blicke zu Boden schlagen und ihre Keuschheit wahren und ihren Schmuck nicht zur Schau tragen sollen – bis auf das, was davon sichtbar sein darf, und dass sie ihre Tücher um ihre Kleidungsausschnitte schlagen und ihren Schmuck vor niemand (anderem) enthüllen sollen als vor ihren Gatten oder Vätern oder den Vätern ihrer Gatten oder ihren Söhnen oder den Söhnen ihrer Gatten oder ihren Brüdern oder den Söhnen ihrer Brüder oder Söhnen ihrer Schwestern oder ihren Frauen oder denen, die sie von Rechts wegen besitzen, oder solchen von ihren männlichen Dienern, die keinen Geschlechtstrieb mehr haben, und den Kindern, die der Blöße der Frauen keine Beachtung schenken. Und sie sollen ihre Füße nicht so (auf den Boden) stampfen, dass bekannt wird, was sie von ihrem Schmuck verbergen. Und wendet euch allesamt reumütig Allah zu, o ihr Gläubigen, auf dass ihr erfolgreich sein möget.“
Gleichfalls müssen die muslimischen Frauen ihre Körper verhüllen, um „fitnah“ [7] und „zina“ (s.o.) zu vermeiden. Geregelt wird dies in Sure 33:59:
„O Prophet! Sprich zu deinen Frauen und deinen Töchtern und zu den Frauen der Gläubigen, sie sollen ihre Übergewänder reichlich über sich ziehen. So ist es am ehesten gewährleistet, dass sie (dann) erkannt und nicht belästigt werden. Und Allah ist allverzeihend, barmherzig.“
Polygamie im Judentum
Im aschkenasischen Judentum ist die Polygamie seit dem Mittelalter verboten. Im sephardischen und orientalischen Judentum war sie bis ins 20. Jahrhundert möglich, wird heute aber nicht mehr praktiziert. Es waren grundsätzlich maximal zwei Frauen erlaubt.
Polygamie im Buddhismus
Der Buddhismus hat verschiedene Ausprägungen, im Westen passt er sich der Kultur an. Es geht darum, möglichst wenig Leid zu verursachen. Konkrete Äußerungen zu Polygamie sind jedoch nicht bekannt.
Polygamie im Hinduismus
Im Hinduismus gibt es Regeln, die Polygamie erlauben und regulieren.
Existierende Polygamie in den Regionen der Welt
Polygamie im westlich-europäischen Kulturraum
Polygamie in Deutschland
Grundsätzlich ist die Bigamie, also das Eingehen mehrerer Ehen, in Deutschland gemäß § 1306 BGB (vgl. Doppelehe) verboten und wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (siehe § 172 StGB). Jedoch ist es nicht strafbar, dass eine Person mit mehreren Frauen oder Männern in Geschlechtsgemeinschaft zusammenlebt; man kann aber lediglich eine einzige staatlich anerkannte Ehe zur gleichen Zeit eingehen.
Allerdings sind die Folgen ehelicher Polygamie unter Umständen schützenswert, wenn sie im Ausland rechtmäßig zustande kam. So entschied das Oberverwaltungsgericht von Rheinland-Pfalz am 12. März 2004 unter dem Aktenzeichen 10 A 11717/03. OVG, dass die Ausländerbehörde der Stadt Ludwigshafen der Zweitfrau eines Irakers, der seit 1996 in der Bundesrepublik lebte, eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen hatte, auch wenn sie sich nicht auf das sog. Ehegattenprivileg berufen kann. Es ist ihr unzumutbar, dass nur sie aus dieser Lebensgemeinschaft herausgelöst würde, während die anderen beiden bleiben dürfen (Revision läuft). Derartige Urteile wurden von Politikern und einigen Medien jedoch heftig kritisiert.
Polygamie in der Schweiz
Gemäß Schweizerischem Strafgesetzbuch ist Polygamie verboten. Art. 215 StGB wurde an das neue Institut der eingetragenen Partnerschaft angepasst und lautet nun:
„Wer eine Ehe schliesst oder eine Partnerschaft eintragen lässt, obwohl er verheiratet ist oder in eingetragener Partnerschaft lebt, wer mit einer Person, die verheiratet ist oder in eingetragener Partnerschaft lebt, die Ehe schliesst oder die Partnerschaft eintragen lässt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.“
Polygamie in Großbritannien
Im Vereinigten Königreich gibt es Bigamie-Gesetze, die die Polygamie unterbinden sollen. 1922 gestand eine Britin aus Sheffield, mit 61 Männern verheiratet zu sein. Dies ist bisher die höchste bekannte Anzahl von Ehen.
Polygamie in den Vereinigten Staaten von Amerika
In den Vereinigten Staaten ist die Polygamie verboten. In der Vergangenheit wurde sie jedoch vor allem von mormonischen Glaubensgemeinschaften praktiziert. 1890 verzichtete die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage offiziell darauf, jedoch behielten einige die Praxis bei und bildeten in der Folge Sondergemeinschaften. Die meisten Polygamisten der USA wohnen in abgelegenen ländlichen Orten, und die Staatsanwaltschaften strengten wiederholt Prozesse gegen sie an. Wegen der schwierigen Beweislage berufen sich die Staatsanwaltschaften dabei auf finanziellen Betrug, denn die großen polygamischen Familien (z.B. mit 29 Ehefrauen) haben zuweilen massiv Sozialhilfe beansprucht.
Polygamie in Südostasien
In Thailand ist es durchaus üblich, zusätzlich zur Erstfrau („große Frau“) weitere Frauen zu nehmen („kleine Frauen“). Dies hängt mitunter damit zusammen, dass im Familienverbund ein – möglichst männlicher – Erbe erwartet wird. Stellt sich die „große Frau“ als unfruchtbar heraus – die Annahme, der Mann sei unfruchtbar oder mangels Y-Chromosom unfähig zur Zeugung eines Jungen, kommt wegen des Gesichtsverlustes kaum in Betracht –, wird eine „kleine Frau“ zur Zeugung des Erben hinzugeholt und kann sich dann im „Erfolgsfall“ zur neuen „großen Frau“ entwickeln. Diese Präferenzen sind vor allem bei der chinesischen Minderheit in Thailand relevant.
Polygamie in Ozeanien
Unter der ursprünglichen Bevölkerung Neuguineas und der umliegenden Inseln existiert Polygamie sowohl in der Ausprägung Polygynie (Vielweiberei) als auch als Polyandrie (Vielmännerei). Das Thema wird gesellschaftlich kontrovers diskutiert und auch in Verbindung mit der Praxis des Brautpreises und der Ausbreitung sexuell übertragbarer Krankheiten gesetzt.
Polygamie in Afrika
Im südafrikanischen Königreich Swasiland ist Polygamie nichts ungewöhnliches. Der jetzige König Mswati III. hat erst im Mai 2005 seine zwölfte Frau geheiratet. Sein Vater König Sobhuza II., der 1982 starb, hatte immerhin zehnmal so viele Frauen.
Quellen und Verweise
- ↑ vgl. en:Polygamy
- ↑ Radio Vatikan: Italien: Kirche warnt vor Multikulti 10. Januar 2007
- ↑ Grundlage ist der Artikel der englischen Wikipedia Polygamie im Islam
- ↑ answering-christianity.com: When is Polygamy allowed in Islam?
- ↑ Scott Fornek: Men born to fool around, researcher says (2.08.2003)
- ↑ „Zina“-Artikel der englischen Wikipedia
- ↑ „Fitna“ bedeutet etwa „Unglaube“ oder „Verführung“, vgl. Sure 8:39; siehe auch „Fitna“-Artikel der englischen Wikipedia
Siehe auch
Literatur
- Philippe Antoine; Jeanne Nanitelamio: Peut-on échapper à la polygamie à Dakar ?; Paris: CEPED, 1995; ISBN 2-87762-077-8
- Alfred Yambangba Sawadogo: La polygamie en question; Paris: L’Harmattan, 2006; ISBN 2296014895
- Philip Leroy Kilbride: Plural Marriage for our Times. A reinvented Option?; London: Bergin & Garvey, 1994; ISBN 0897893158.
(Polygamie bei Mormonen in USA, polygame Tendenzen in der afroamerikanischen Gesellschaft, Situation der Polygamie in Westafrika, ethische Bewertung in der amerikanischen Gesellschaft, Legalisierung der Polygamie)