Artur Rubinstein

Polnisch-US-amerikanischer Pianist
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Arthur Rubinstein 1887-1982

„Ich bin ein Glücksmensch, dass ich einen Beruf habe, der mir erlaubt, soviel unterwegs zu sein. Und dann wiederum kann ich von Glück sagen, dass ich Pianist bin. Ein großartiges Instrument, das Klavier, gerade groß genung, um es nicht mitnehmen zu können! Anstatt zu üben, kann ich lesen, essen, trinken und anderen Aktivitäten nachgehen. Bin ich nicht ein Glückspilz?“

Dieses Zitat stammt von Arthur Rubinstein; es ist charakteristisch für ihn, den Thomas Mann den „glückhaften Virtuosen“ genannt hat. Seine Autobiographie ist nicht die eines Pianisten, der morgens aufsteht, Klavier übt, ein Konzert gibt und dann sogleich wieder ins Bett verschwindet. Sie beschreibt vielmehr das süße gesellschaftliche Leben eines Kosmopoliten im großen Stil; den Genuß an Weinen, gutem Essen und nicht zuletzt an Frauen. Fingerübungen machte er lieber im Kino, wo es keiner sah!

Als siebtes Kind einer Handweberfamilie zog er am 28. Januar 1887 in Lodz die Glocke am Tor zum Leben. Seine ältere Schwester bekam Klavierunterricht, nahm diesen allerdings nicht besonders ernst. Aber der vierjährige Arthur lauschte jedem Wort der Klavierlehrerin und suchte sich gerne bekannte Melodien auf den Tasten zusammen. Seine Begabung wurde also schon früh erkannt und man brachte ihn zu Alexander Rozincki, einem angesehenen polnischen Klavierpädagogen. Er konnte mit den jungen jedoch nichts anfangen, da Rubinstein fortwährend einschlief sobald er irgendwelche Übungen spielen sollte. Die Eltern gaben jedoch nicht auf und seine Mutter brachte den zehnjährigen im Herbst 1897 nach Berlin, damals Heimat berühmter Musiker. Hier verschafte Joseph Joachim Arthur reiche Förderer und empfahl ihn dem strengen Klavierpädagogen Heinrich Barth. Hier lernte er in einem anstrengenden Studium von sieben Jahren alles was er als Klaviervirtuose brauchte. (Eugen d´Albert) (Paderwski 1903)

Mit einem adeligen polnischen Freund reiste Rubinstein nach Warschau und gab mehrere Konzerte. Er wurde durch seine charmante Art, seinen guten Manieren und durch sein hochvirtuoses Klavierspiel der Liebling in den Warschauer Salons. Sechzehnjähig zog es ihn nach Paris, wo er sich erneut innerhalb weniger Monate zum Liebling der Pariser Bohèmie spielte. Er lernte Proust, Rothschildts, Saint-Saens, Ravek und Dukas kennen. 1906 trat er zum erstenmal in den USA auf und gab in drei Monaten 75 Konzerte.

Zurück in Paris musste er seinem Impressario gegenüner jedoch einräumen, dass seine Tournee nicht den erhofften Erfolg gebracht hatte und dass er für das nächste Jahr nicht wieder angagiert worden war. Statt aber seine Aussichten durch intensiveres Studium zu verbessern, wurde er träge und genoss lieber das süße Pariser Nachtleben. Der junge Graf Armand de Gontaut Birom bot ihm an mit in seine Luxuswohnung am Place Vendome zu ziehen und konnte Rubinstein leicht überreden, seine billige Pension zu verlassen und zu ihm zu ziehen.

Man findet Rubinstein in dieser Zeit größtenteils in den Salons der reichen Pariser Gesellschaft. Durch Beziehungen und einen reichen Förderer wurde ihm eine sechsjährige Europatournee ermöglicht. In jeder europäischen Stadt freundete er sich mit den „großen“ der Gesellschaft an. Mit einem Diplomatenpass, der ihm in Rom überreicht worden war, bereiste er Italien. Bei Kriegsausbruch befand er sich in London; es war die letzte Station der Konzertreise. 1916 besuchte er zu erstenmal Spanien. Vier Klavierabende waren geplant, aber er trat schließlich nicht weniger als 120mal auf und wurde ein Freund es Königshauses. König Alfons stellte ihm einen Pass des freien Polens aus noch bevor Polen eine Botschaft in dem iberischen Land unterhielt. Alle spanisch sprechenden Länder erklärten ihn bald zu ihrem Adoptivsohn, und er zählt seitdem zu den bedeutendsten Interpreten ihrer Musik.

Doch der Eindruck von mühelos errungenen Triumphen täuscht. Seine außerordentliche Begabung war ihm die größte Gefahr: Die idealen Klavierhände (Hand, c` bis g``) und seine große Musikalität gaben ihm zunächst die Überzeugung, nicht soviel üben zu müssen. Außerdem lernte er unglaublich schnell auswendig und brauchte vor einem Klavierabend nur kurz die Noten zu überfliegen. 1907 spielte er die Oper Salome auswendig, und hat in den Salons den zweiten Akt von Carmen Ton für Ton, sämtliche Arien mitsingend, auf dem Klavier vorgeführt.

Warum ihm der Erfolg nicht überall sicher war, hat Rubinstein in seiner scheinbar offenen, souveränen Art selbst erklärt:

„Als junger Mensch war ich faul. Ich hatte Talent, aber es gab vieles in meinem Leben, was mir wichtiger war als Üben. Gutes Essen, gute Zigarren, große Weine, schöne Frauen.....Als ich in den lateinischen Ländern spielte, in Spanien, Frankreich, Italien, liebte man mich wegen meines Temperamentes. In Russland hatte ich auch keine Schwierigkeiten, aber in England und Amerika meinte das Publikum , für sein Geld alle Noten hören zu müssen; ich jedoch ließ damals viele unter den Tisch fallen, vielleicht dreißig Prozent, und man fühlte sich betrogen. Ich konnte nicht täglich acht bis zehn Stunden am Klavier sitzen. Ich lebte für jede Minute. Ich war tief beeindruckt von Leopold Godowsky. Fünfhundert Jahre würde ich brauchen, um solche Technik zu bekommen. Aber was hatte er davon? Er war ein unglücklicher, verkrampfter Mensch, der sich elend fühlte, wenn er nicht am Klavier saß. Hat er sein Leben nicht verpasst?“

So kam es, dass Rubinstein bis zu seinem fünfundvierzigsten Lebensjahr trotz vieler äußerer Erfolge noch nicht der goße Pianist war, als den wir ihn heute kennen und bewundern. (Plattenladen) Die Wende in seinem Leben brachte seine Heirat mit Nela Mlynarski, der Tochter des Dirigenten, unter dessen Leitung Rubinstein schon als Fünfzehnjähriger konzertiert hatte. Er hatte nun eine Frau, später auch Kinder zu ernähren und brachte feste Einnahmen. Doch ein anderes Ereignis hatte diese Lebenswandlung mitbestimmt:

„Horowitz begeisterte Paris, er riß es mir buchstäblich unter den Hängen weg. Ich sah in ihm einen neuen Liszt. Ich wollte alles hinwerfen. Bevor ich sterbe, will ich beweisen,wozu ich fähig bin, sagte ich mir. Ich ballte die Fäuste, was ich jedoch als Pianist nicht lannge konnte, ich öffnete sie wieder und begann hart zu arbeiten. Ich hatte Rache zu nehmen- nicht an Horowitz, sondern an mir.“

1937 unternahm Rubinstein eine große Konzerttournee durch die USA, die er dabei in 17 Konzerten im Sturm eroberte. Während des zweiten Welkrieges verlegte er seinen Wohnsitz von Paris nach Hollywood, wo er 1946 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt. 1947 spielte er erstmals wieder in Europa. In mehr als 35 ausverkauften Konzerten bejubelte man ihn. Seine vier Pariser Konzerte brachten eine Summe von 5 Millionen Francs (1,6 Mio. DM), die er den Kriegsopfern spendete. (Deutschland)

1954 bezog er wieder seinen Pariser Wohnsitz, nur wenige Meter von Debussys letztem Haus entfernt.