Burgwald

Gebirgszug
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Der bis zu 443 m hohe Burgwald ist ein Mittelgebirge im mittleren Hessen, Deutschland. Die Herkunft des Namens ist unbekannt. Nach einer Theorie leitet sich der Name von den zahlreich vor- und frühgeschichtlichen Burgen wie dem Christenberg ab. Möglicherweise war die ursprüngliche Bedeutung auch einfach „Bergwald“ (vgl. Wagner u.a., S. 4).

Geographie

Lage

 

Der Burgwald befindet sich in den Landkreisen Waldeck-Frankenberg und Marburg-Biedenkopf. Nach Nordosten geht er in den - montaneren - Kellerwald über, nach Osten schließen sich hinter der Wohratal die zur Oberhessischen Schwelle gezählten Gilserberger Höhen an.

Nach Süden folgen hinter dem Tal der Ohm das Amöneburger Becken und die Lahnberge, jenseits der Lahn schließlich der Marburger Rücken.

Im Westen grenzt die Wetschaft, im Nordwesten die Eder den Burgwald von den sich anschließenden Ausläufern des Rothaargebirges ab.

Der Burgwald wird von diesen Orten eingerahmt: Frankenberg im Norden, Haina, Gemünden und Wohratal im Osten, Rauschenberg im Südosten, Cölbe im Süden, Wetter im Südwesten und Münchhausen sowie Battenberg im Westen. Innerhalb des waldreichen Mittelgebirges liegen Burgwald, Rosenthal und Bracht.


Naturräume

Der Burgwald (Haupteinheit 345) wird zum Westhessischen Berg- und Senkenland (Haupteinheitengruppe 34) gezählt, welches sich von Gießen im Süden in etwa bis Kassel und Korbach im Norden zieht.

Neben den zum Burgwald gezählten Tälern und Senken der Flüsse - vor allem Wetschaft und Wohra - teilt sich der eigentliche Burgwald vor allem in die Naturräume Nördlicher (345.1) und Südlicher Burgwald (345.2) auf, wobei der Nördliche Burgwald den überwiegenden Teil der Waldfläche ausmacht, während der Südliche Burgwald nur den (Bruch-)Teil des Waldes darstellt, der seit Menschengedenken durch den Verkehrsweg von Marburg nach Kassel (Bundesstraße 3) vom Kernwald abgeschnitten ist. Da etwa die Hälfte des einstigen Waldes südlich der B 3 zur ackerbaulichen Nutzung gerodet wurde - insbesondere der komplette Teil nördlich der Stadt Rauschenberg wie auch der Südwesthang bei Sindersfeld - handelt es sich um gerade noch etwa 1500 Hektar zusammenhängende Waldfläche, die zum Staatsforst Rauschenberg gehören.

In der Bevölkerung der Umgebung wird "Burgwald" oft als Synonym für den Nördlichen Burgwald verwendet.


Folgende Naturräume unterteilt der Umweltatlas Hessen:

  • 345.0 Wetschaft-Senke
  • 345.1 Nördlicher Burgwald
  • 345.2 Südlicher Burgwald
  • 345.3 Wohratal
  • 345.4 Buntstruth
  • 345.5 Frankenberger Oberland
    • 345.50 Bottendorfer Flur
    • 345.51 Geismarer Platte
      • 345.510 Hauberner Hecke

Geologie

Der Burgwald besteht aus Buntsandstein. Im Erdzeitalter Trias vor ca. 220 Millionen Jahren lagerten sich Sedimente aus dem Rheinischen Schiefergebirge in das südlich davon gelegene Germanische Becken ab. Es entstand eine Schichttafel, die in mehrere Stücke zerbrach, als das Gebiet wieder angehoben wurde. Diese Stücke wurden dann zu den Bergen und Hügeln des heutigen Burgwaldes.

Klima

 
Burgwald bei Oberrosphe
 
Burgwald

Im Burgwald ist es deutlich kälter als in den umliegenden Gegenden. Er liegt im Windschatten des Rothaargebirges, das mit Höhen bis 800 Meter einen Teil der milden Westwinde abfängt. Insbesondere in der zentralen Mulde, den Franzosenwiesen, entsteht in vielen Nächten ein Kaltluftsee. Denn die dort vorhandenen Torfmoose verdunsten große Mengen an Flüssikeit (bis zu 20 mal so viel wie eine gleichgroße Wasserfläche, was eine gewisse Verdunstungskälte bewirkt. Die gegen Abend absinkende sich abkühlende Luft fließt durch die zuführenden Täler in den zentralen Kessel. In Kombination mit der vor Ort abgekühlten Luft (äußert sich auch durch eine hohe Nebelhäufigkeit entstehen Kaltluftseen, die über Nacht erhalten bleiben. Diese Phänomene sind z.B. auch aus dem Bayrischen Wald bekannt.

In den umliegenden Dörfern kommen häufig Spät- oder Frühfröste vor. Langzeitmessungen der Universität Marburg auf den Franzosenwiesen ergaben, dass es in jedem Monat des Jahres zu Nachtfrösten gekommen ist. Im Sommer kann der Temperaturunterschied im Tagesverlauf bis zu 30 Grad Celsius betragen.

Die durchschnittlichen Jahresniederschläge liegen bei 700 mm und damit deutlich unter den Niederschlagssummen der angrenzenden Mittelgebirge, da sich der Burgwald im Regenschatten des Rothaargebirges befindet. Auf den Franzosenwiesen werden nur 535 mm erreicht.

Insgesamt ist das Klima des Burgwalds mit seinen relativ geringen Niederschlägen und größeren Temperaturgegensätzen deutlich kontinentaler als das der umliegenden Regionen, mikroklimatisch aber durch hohe Luftfeuchtigkeit in Bodennähe auch sehr atlantisch getönt. Diese Kombination ermöglicht Pflanzen- und Tierarten aus sehr unterschiedlich getönten Klimaten das Überleben.

Geschichte

 
Burgwald
 
Burgwald
 
Christenberg
 
Blick vom Christenberg ins Wetschaftstal; im Hintergrund die Sackpfeifen-Vorhöhen im Rothaargebirge mit Kohlenberg (583 m, halbrechts, zweigipfelig), Sackpfeife (674 m, rechts der Mitte, sehr breit, mit Sendemast), Hainpracht (631 m, links davon im Hintergrund), Hassenroth (622 m, Mitte, kuppig) und Arennest (592 m, halblinks)

Die bisher frühesten Spuren menschlicher Tätigkeit im Burgwald sind altsteinzeitliche Werkzeuge wie Steinklingen und Schaber zur Fleischbearbeitung, die bei Willershausen gefunden wurden. Bei Bracht wurde eine bandkeramische Siedlung aus der Zeit von 4500 v.Chr. entdeckt. Damals gab es im Burgwald große Bestände an lichten Traubeneichenwäldern, die mit Birke, Haselnuss, Weiden, Espen und Kiefern durchsetzt waren. Seit ca. 1800 v.Chr. wurden die Eichen aus klimatischen Gründen zurückgedrängt und die Buche begann den Waldbestand zu dominieren. Aus dieser Zeit sind einige Hügelgräber erhalten.

In der Eisenzeit wurde das westlich vom Burgwald gelegene Tal der Wetschaft zwischen 750 und 300 v.Chr. von den Kelten besiedelt. Der Christenberg (Kesterburg) war ein keltischer Fürstensitz und Fliehburg zugleich. Diese keltische Burg wurde durch einen Brand zerstört. Dieses Ereignis wird in Verbindung gebracht mit dem langsamen Vordringen des germanischen Stammes der Chatten in die Burgwaldregion ab 500 v.Chr.

Seit dem Jahr 469 n.Chr. gehörten die Chatten zum Reich der Franken und im 7. Jahrhundert wurde auf dem Christenberg eine neue karolingische Festungsanlage gegen die Sachsen errichtet. Nach dem Ende der Sachsenkriege war der Christenberg hauptsächlich als kirchliches Zentrum von Bedeutung.

Zahlreiche mittelalterliche Siedlungsversuche im inneren Burgwald scheiterten v.a. am ungünstigen Klima und den armen Böden. Der Wald war zunächst ein königlicher Forst und gelangte im Mittelalter in den Besitz der Landgrafen von Hessen. Er wurde aber auch von den Bauern der umliegenden Dörfer intensiv genutzt. Insbesondere wurden Rinder, Schafe und Schweine zur Mast in den Wald getrieben. Es entstanden sog. Hutewälder mit großen, weit voneinander entfernt stehenden Bäumen, insbesondere Eichen und Buchen. Zudem wurde auch massiv Holz eingeschlagen u.a. für die Frankenberger Silber- und Kupferminen. Dies hatte zur Folge, dass um ca. 1800 im Burgwald nur noch sehr wenige Bäume vorhanden waren (vgl. Wagner u.a., S. 12ff).

Seit 1464 besaß die Landgrafen von Hessen das alleinige Jagdrecht im Burgwald. Das Jagdschloss Wolkersdorf wurde zwischen 1481 und 1484 und das Jagdschloss Bracht 1744 erbaut. Beide wurden durch den sog. Herrenweg mitten durch den Burgwald verbunden. In diesen Jahren wird auch von heftigen Konflikten um das Jagdrecht berichtet. Im Jahr 1533 ließ der Landgraf Philipp eine größere Anzahl von Bürgern aus Rosenthal wegen Wilderei verhaften. Ihnen gelang jedoch der Ausbruch aus dem Gefängnis. Am 23. Juni 1623 wurde der Förster Hans Glas im Burgwald von Wilderern erschossen, am 28. Juni 1676 starb Oberförster Hans Roß in einem Feuergefecht mit Wilderern. Die Landgrafen jagten hauptsächlich Wildschweine, im 18. Jahrhundert hatte sich aber das Rotwild aufgrund von Fütterungen so stark vermehrt, dass Landgraf Wilhelm VIII im September 1772 in 6 Jagden über 450 Stück erlegte. Zur Zeit des Königreichs Westfalen nutzte auch König Jérôme Bonaparte das Jagdschloss Wolkersdorf.

Im 19. Jahrhundert wurde der Burgwald intensiv mit Fichten, Kiefern und Weißtannen aufgeforstet. Seit dieser Zeit dominieren Nadelbäume im bisher reinen Laubwaldgebiet. Insbesondere die Fichten mit ihren flachen Wurzeln führten zu einer Regeneration des stark degradierten Bodens und wuchsen zudem auch noch sehr schnell.

Gegenwärtig wird der Laubwaldanteil im Burgwald wieder erhöht.

Franzosenwiesen

 
Franzosenwiesen
 
Franzosenwiesen
 
Rote Wasser

Die Franzosenwiesen liegen in einer Senke mitten im Burgwald. Sie bestehen aus einem ökologisch wertvollen Komplex von Hochmooren, Feuchtwiesen, Stillgewässern und Auenwäldern. Das Gebiet steht unter Naturschutz und ist Bestandteil des länderübergreifendes Schutzgebietssystem Natura 2000.

Bis zum 18. Jahrhundert war das damals als die Brücher bezeichnete Gebiet ein Hochmoor. Im Jahr 1725 überlies Landgraf Karl es hugenottischen Siedlern aus Schwabendorf zur Nutzung. Im westlichen Teil der seitdem so genannten Franzosenwiesen ist das Moor erhalten geblieben. Der östliche Teil wurde entwässert und als Heuwiese genutzt. Die Hugenotten waren verpflichtet, von dem geernteten Heu alle dort stehenden Scheunen zur Wildfütterung aufzufüllen, nur das übrig gebliebene Heu und Moos durften sie nach Schwabendorf mitnehmen.

Als Folge der Aufhebung der feudalen Vorrechte in der Landgrafschaft Hessen-Kassel werden die Franzosenwiesen ab 1848 Allodialbesitz der schwabendorfer Landwirte.

Ab dem Jahr 1898 begannen die Bauern, ihre Grundstücke an den preußischen Forstfiskus zu verkaufen. Diese wurden teilweise mit Nadelbäumen aufgeforstet.

Im Jahr 1985 gehörten von den 65 Grundstücken 45 der Forstverwaltung und die restlichen 20 Privatpersonen. Zwei Jahre später, 1987 wurden die Franzosenwiesen unter Naturschutz gestellt.

Es ist geplant, die Nadelgehölze zu entfernen und die Entwässerungsgräben zu verschließen. Dadurch sollen sich die Feuchtwiesen in Richtung Übergangs- bzw. Schwingrasenmoor entwickeln. Die restlichen Privatflächen sollen angepachtet bzw. gekauft werden [1] [2].

Naturschutz

Die besondere Schutzwürdigkeit des Burgwaldes zeigte sich schon sehr früh durch die Nachweise seltener Tier- und Pflanzenarten. Gerd Hoyer wies 1966 den Rauhfußkauz nach, bald darauf wurden weitere seltene Vogelarten festgestellt. Seit Ende der 50er Jahre wurde der Burgwald auch botanisch und bryologisch untersucht und vor allem Dr. Kellner konnte viele Besonderheiten nachweisen, z.B. Sphagnum imbricatum.

Anfang der 70er Jahre wurde die Trasse der A4 mitten durch den Burgwald geplant und eine Wasserentnahme im großen Stile wurde diskutiert. Durch diese akut drohende Gefahr begann sich Wiederstand zu organisieren und 1977 wurde die Aktionsgemeinschaft "Rettet den Burgwald" e.V. gegründet. Diese setzte sich in Zusammenarbeit mit anderen Naturschutzverbänden wie NABU und HGON für den Erhalt des Burgwaldes ein.

Im weiteren Verlauf war die Unterschutzstellung besonders wertvoller Lebensräume prioritär, aber auch deren Untersuchung wurde forciert.

Im Laufe der Zeit wurden zehn Naturschutzgebiete ausgewiesen, die als FFH-Gebiet ins Schutzgebietsnetz Natura 2000 aufgenommen wurden. Der Kern des Burgwaldes wurde Vogelschutzgebiet in dieses Schutzgebietsnetz aufgenommen.

Aktuell gelten die Bestrebungen der Naturschutzverbände zum einen der wieder neu in der öffentlichen Diskussion aufgekommenen A4 zum anderen eigenen Renaturierungsprojekten und der aktiven Kommunikation mit Landnutzern, vor allem der Forstverwaltung. Durch Umstellen auf naturgemäßen Waldbau und das große Interesse der Zuständigen vor Ort an den Belangen des Naturschutzes ist gute Zusammenarbeit möglich und wird aktiv durchgeführt.

Berge

  • Knebelsrod (443 m), äußerster Norden, Landkreis Waldeck-Frankenberg
  • Heukopf (421 m), Norden, Landkreis Waldeck-Frankenberg
  • Wasserberg (412 m), Landkreis Waldeck-Frankenberg
  • Tauschenberg (407 m), Landkreis Marburg-Biedenkopf
  • Gerhardsberg (399 m), Landkreis Marburg-Biedenkopf
  • Namenloser Berg bei Mellnau (405 m), Landkreis Marburg-Biedenkopf
  • Schönelsberger Kopf (401 m), Landkreis Waldeck-Frankenberg
  • Gerhardsberg (405 m), Landkreis Marburg-Biedenkopf
  • Pfaffenkopf (392 m), äußerster Nordwesten, Landkreis Waldeck-Frankenberg
  • Hohehardt (391 m), Landkreis Marburg-Biedenkopf
  • Christenberg (387 m), Ostrand bei Münchhausen, Landkreis Marburg-Biedenkopf
  • Stirnhelle (387 m), Westrand bei Oberrosphe, Landkreis Marburg-Biedenkopf
  • Finsterkopf (386 m), Landkreis Waldeck-Frankenberg
  • Sattelkopf (384 m), Westrand bei Mellnau, Landkreis Marburg-Biedenkopf
  • Himmelsberg (381 m), äußerster (Nord-)Westen, jenseits der Bewaldung, Landkreis Waldeck-Frankenberg
  • Alter Rauschenberg (376 m), Südlicher Burgwald, Landkreis Marburg-Biedenkopf
  • Todtenhöhe (375 m), Landkreis Waldeck-Frankenberg
  • Großer Hirschberg (361 m), einzige Kuppe des Burgwaldes an der Nahtstelle zum Südlichen Burgwald; Landkreis Marburg-Biedenkopf
  • Galgenberg (358 m), äußerster Osten, Landkreis Waldeck-Frankenberg
  • Hauptkopf (357 m), im (östlich gelegenen) Mönchwald, Landkreis Marburg-Biedenkopf
  • Auf dem Siegel (344 m), Südlicher Burgwald, Landkreis Marburg-Biedenkopf
  • Söhler (338 m), Landkreis Marburg-Biedenkopf
  • Kainsberg (324 m), östlich des Burgwaldes, bei Wollmar, Landkreis Marburg-Biedenkopf
  • Eibenhardt (302 m), südlichster Berg des Burgwaldes, bei Reddehausen

Literatur

  • HGON (Hrsg): Naturschutz- und Entwicklungskonzeption Burgwald. Wohratal 1996, kein ISBN, kann für 12,80 Euro bei der HGON gekauft werden
  • Gerhard Wagner, Eva Merz, Ursula Mothes-Wagner: Der Burgwald. Wohratal 1995, Herausgegeben von der HGON, Broschüre ohne ISBN.

Quellen

  1. Geschichte der Franzosenwiesen
  2. Hessisches Umweltministerium über Planung Franzosenwiesen
Commons: Burgwald – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien


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