Rastafari

in Jamaika in den 1930er Jahren entstandene Glaubensrichtung
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Rastafari (gesprochen meist [ˌɹastafaˈɹaɪ], häufig zu Rasta abgekürzt) ist eine in der schwarzen Bevölkerung Jamaikas in den 1930er Jahren entstandene, heute weltweit verbreitete Religion mit starken christlichen, mythischen sowie alttestamentlichen Bezügen. Die Bewegung glaubt an die Göttlichkeit von Haile Selassie.

Rastafari, Jamaika

Auslöser für die Entstehung war die Prophezeiung von Marcus Garvey in den 1920ern eines mächtigen schwarzen Königs in Afrika. Die Krönung Haile Selassies (= „Macht der Dreifaltigkeit“), nach einem Putsch der christlich-orthodoxen Aristokratie gegen den islamfreundlichen Thronfolger Lij Iyasu zum Kaiser von Äthiopien im Jahr 1930, sah man als Erfüllung der Prophezeiung an.

Unter den Rastafaris gibt es verschiedene Strömungen, wobei sich manche zu sogenannten „Houses“ zusammenschlossen (z. B. Nyahbinghi, Bobo Ashanti oder Twelve Tribes of Israel).

Begriffsherkunft

 
Haile Selassie
Datei:Flag of Ethiopia (1897).png
Aussehen der äthiopischen Flagge zur Zeit Haile Selassies

Der Begriff Rastafari leitet sich vom Geburtsnamen des äthiopischen Kaisers Haile Selassie, nämlich Ras Tafari Makonnen ab.

Wegen seiner Krönungstitel "Auserwählter Gottes" und "Siegreicher Löwe von Juda" gilt er den Rastas als die in der Bibel angekündigte Wiederkehr von Jesus Christus. Rastas sind – wie auch die meisten christlichen Kirchen – von der Dreifaltigkeit Gottes überzeugt, somit ist nach Jesus Christus auch Haile Selassie gottgleich.

Im Gegensatz zu Christen, Juden und Muslimen warten die Rastas demnach nicht mehr auf das (erneute) Erscheinen des Messias, welches die Endzeit einläuten soll, sondern sehen dies bereits durch die Krönung Haile Selassies als erfüllt an. Es herrscht die Auffassung, dass Gott drei Mal in Form eines Menschen auf der Erde erschien: Die erste Inkarnation in der Gestalt des Melchisedech, die zweite als Jesus Christus und die dritte und letzte als Haile Selassie I., der die Sieben Siegel öffnet und das Armageddon (bei Rastas auch "Armagideon" genannt) einleitet.

Die Farben der Rastafari-Bewegung sind Rot, Gold bzw. Gelb und Grün, die Farben der äthiopischen Nationalflagge, wobei die Farben der äthiopischen Nationalflagge in umgekehrter Reihenfolge gehalten sind. Sie haben für die Rastas auch symbolische Bedeutungen: Rot für das Blutvergießen und die Morde unter den verschleppten Sklaven, Gold für den Reichtum, den man den Sklaven (Sufferahs, "Leidende") gestohlen hat, und Grün für das gelobte Land Äthiopien (oder allgemein Afrika), das die Heimkehr der verschleppten Schwarzen erwartet.

Eine zusätzliche Symbolik erhalten die Farben durch ihre Verwendung als Panafrikanische Farben seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Einige darunter glauben sogar, dass Marihuana eine "heilige,reinigende" Wirkung habe.

Bewegung

Wichtigste Quelle der Rastafari-Bewegung sind verschiedene Abschnitte der Bibel, vor allem die Offenbarung des Johannes im Neuen Testament. Manche Rastas schätzen aber auch die besonderen Bücher der äthiopischen Bibel (Henoch, Buch der Jubiläen und andere – siehe Liste biblischer Bücher). Die so genannte Holy Piby gilt vielen unter ihnen zudem als „Bibel des schwarzen Mannes“. Außerdem spielen einige Texte der ersten Rastas, wie zum Beispiel The Promised Key von Leonard P. Howell, eine wichtige Schlüsselrolle in der Entstehung der Rastafari-Bewegung.

Die Rastafari sind eine typische Heilserwartungsbewegung.

Ihre Hauptmerkmale sind: Die Anerkennung Haile Selassies als wiedergekehrten Messias und lebendigen Gott auf Erden, die Ablehnung der westlichen Wertanschauung (die sie als Babylon bzw. Babylon-System bezeichnen) sowie der Kampf für die Gleichberechtigung der schwarzen Bevölkerung.

Ein weiterer Grundsatz ist die Forderung nach Repatriierung, also der Rückkehr in die afrikanische Heimat ihrer Vorfahren, die als Sklaven nach Amerika verschleppt wurden. Inzwischen wurde die körperliche Rückkehr nach Afrika in eine 'spirituelle Rückkehr' umgedeutet, dennoch sind einige Rastafari nach Afrika übergesiedelt und haben dort eigene Gemeinden gegründet. Viele Rastafari akzeptieren allerdings ihr Leben auf Jamaika oder anderen Ländern und streben nach einer 'geistigen Rückkehr' in die afrikanische Heimat. Es geht hierbei darum, den kulturellen Bruch, der durch die Versklavung ihrer Vorfahren entstand, zu überwinden, und sich positiv mit ihrer afrikanischen Herkunft zu identifizieren.

Einige Rastafaris ließen später die Idee von der Göttlichkeit Haile Selassies fallen und wandten sich der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche zu.

Heute bekennen sich etwa 24.000 der 3 Millionen Jamaikaner zum Rastafari-Glauben.[1]

IHR GRÖSSTER SITZ IST IN gAIBACH EIN ORT IN BAYERN, IN DER SICH AUCH VINCENZO SORMANI IHR GRÖSSTER ANFÜHRER GEGENWÄRTIG BEFINDET

Kultur

Prinzipiell wird der Mensch als Individuum verstanden und somit auch die freie Meinung akzeptiert. Andererseits berufen sich manche Gruppierungen auf die strengen Reinheitsvorschriften des Alten Testaments. Es finden sich auch patriarchalische Strukturen, so wird z.B. der Frau die Pflicht auferlegt, ihren Kopf zu bedecken, ihren Mann zu umsorgen und ihm treu zu sein – auch wenn er selbst es nicht ist.

 
Rastaman mit Dreadlocks

Homosexualität wird von den Rastafarians mit Bezug auf ein fundamentalistisches Verständnis des Alten Testaments abgelehnt. Die Musik von Rastafari-Künstlern gerät wegen homophober Texte regelmäßig in die Kritik. Obwohl die Musiker Ausdrucksweisen wie „Feuer auf die Schwulen“ (Fire pon chi chi man) im übertragenen Sinn verstanden sehen wollen, also ein „spirituelles Verbrennen“ solcher „unreiner“ Gedanken meinen, werden sie oft wörtlich aufgefasst. Schwulenfeindlichkeit ist jedoch in der gesamten jamaikanischen Gesellschaft weit verbreitet. So lassen sich die Ermordung des schwulen Bürgerrechtlers Brian Williamson 2004 und des HIV/AIDS-Aktivisten Steve Harvey 2005, sowie die starke Homophobie in Jamaika [2] nur bedingt mit der Rastafari-Bewegung in Verbindung bringen.

Grundsätzlich lehnen die Rastafarians Alkohol sowie Tabak ab und ernähren sich möglichst ohne tierische Produkte und Salz (I-tal). Sie glauben, dass sich der Mensch im Anfang der Schöpfung ausschließlich von Kräutern und Früchten ernährte. (1. Mose 1;29: Und Gott sprach: Siehe, ich habe euch alles samentragende Kraut gegeben, das auf der Fläche der ganzen Erde ist, und jeden Baum, an dem samentragende Baumfrucht ist: es soll euch zur Nahrung dienen.)

Rastas verwenden für Gott die Bezeichnung „Jah“ (in ihrer Aussprache Dschah), eine Kurzform des biblischen Gottesnamens Jahwe.

Viele von ihnen, aber nicht alle, konsumieren gemeinsam auf rituelle Weise Cannabis (Ganja), welches sie zum Meditieren oder zum Reasoning (d. h. nachdenken oder mit anderen debattieren) nutzen. Sie legen allerdings Wert darauf, dass der Konsum von Cannabis allein, ohne den Glauben, niemanden zum Rastafari macht. Die unreflektierte Übernahme von Rastafari-Symbolik in die Jugendkultur westlicher Länder lehnen sie ab.

Einige Rastafaris tragen Dreadlocks und ungestutzte Bärte als Ausdruck ihrer Verbundenheit mit Gott. Die Dreadlocks sind außerdem ein Symbol für Naturverbundenheit und die Mähne des Löwen von Juda. Einige Rastafaris haben auch das Gelübde des Nasiräers abgelegt, was die charakteristischen Dreadlocks und die langen Bärte zur Folge hat.

Obwohl die Bewegung ihren Ursprung in der schwarzen Bevölkerung hat, werden auch weiße Rastas respektiert. Allerdings kann die im Rastafari-Glauben fest verankerte Rückkehr ins Mutterland (Äthiopien bzw. Afrika allgemein) den weißen Rastafarians nicht als Ziel gelten. Eine übergeordnete, umfassende Institution bzw. Kirche, die z.B. Glaubensgrundsätze festlegen könnte, fehlt im Rastafari-Glauben, so dass die Voraussetzungen für eine Zugehörigkeit zur Bewegung nicht klar festgelegt sind.

International bekannt wurden die Rastafaris ab den 1970er Jahren hauptsächlich durch die Reggae-Musik (zum Beispiel von Bob Marley, Peter Tosh und Dennis Brown). Gleichzeitig sehen viele Rastas (z. B. bis vor kurzem die Bobo Ashanti) Reggae als „Musik des Bösen“ an und lehnen ihn kategorisch ab. Dennoch finden sich auch beim heute populären Dancehall-Reggae einige Musiker, die der Rastafari-Religion angehören.

Sprache

Die jamaikanischen Rastafari sprechen das auf der Insel übliche Patois, allerdings mit einer ganzen Reihe Rastafari-spezifischer Wörter versetzt, die von anderen Patois-Sprechern nicht gebraucht werden.

Hauptmerkmal dieser Begriffe ist, dass sie mit einem (meist großgeschriebenen) I verfremdet wurden, das sowohl das englische Wort ich als auch die Ziffer eins des römischen Zahlensystems symbolisiert, die im Titel Haile Selassies vorkommt.

Bekannte Beispiele sind „I and I“ für „ich“ bzw. „wir“. Durch die Vermeidung des Ausdrucks „du“ (also „me and you“) soll die Einheit der einzelnen Individuen untereinander und mit Gott ausgedrückt werden.

Einzelne Anhänger der Bewegung nennt man dementsprechend Bredren bzw. Idren („Brüder“), bei weiblichen Rasta Sistren, Sister („Schwestern“), Daughter bzw. Iawata („Tochter“).

Die Rastafari-spezifische Sprache bez. „I“ wird von Rastafarians selbst „Iyaric“ genannt.

Viele Wörter oder Wortteile wurden auch durch ihr Gegenteil ersetzt. Das auffallendste Beispiel ist das Wort „verstehen“ – englisch „to understand“ – welches von den Rastafarians durch „to overstand“ ersetzt wurde, da sie das ursprüngliche Wort als Atavismus aus der Sklaverei sehen und daher als erniedrigend empfinden. Ein weiteres Beispiel ist das Wort "cigarette", welches in englischer Aussprache als "see-garette" verstanden werden kann. Da das Tabakrauchen als negativ und die Sicht trübend gilt, wird stattdessen "blindgarette" verwendet.

Eine geregelte Rechtschreibung für diese Begriffe existiert nicht, so dass unterschiedliche Schreibweisen gebräuchlich sind.

Iyaric Englisch Deutsch
I and I I, we ich, wir
Irie free, happy, good frei, sehr gut
Ites heights Höhen (spirituell; auch im Sinne von „high“ durch Drogenkonsum)
I-tal vital „ökologisch“ gekocht nach bestimmten Rasta-Regeln
Ises praises Lobpreisungen
most I most high Allerhöchster = Gott
politricks politics Politik, Politiker
baldhead baldhead Kahlkopf = jemand ohne Dreadlocks = Unterdrücker
to overstand to understand verstehen

Literatur und Quellen

  1. http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laender/Jamaika.html
  2. Homophobie in Jamaika
  • Rastafari (Bibliothek der Popgeschichte), von Volker Barsch, Ventil-Verlag Mainz 2003, ISBN 978-3930559978
  • Introduction au Mouvement Rastafari, de Boris Lutanie
  • Bass Culture Der Siegeszug des Reggae, von Lloyd Bradley, Hannibal 2003, ISBN 978-3854452096
  • Der erste Rasta, von Helene Lee, Hannibal, Verlagsgruppe KOCH, 2. Aufl. 2000, ISBN 978-3854451785
  • Rastafari, von Peter M. Michels, Trikont Verlag, München 1979, ISBN 3881670572
  • Zion : La foi des rastas von Moise Cul

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