Die Schlacht bei Poltawa am 27. Juni/8. Juli 1709 war eine der wichtigsten Schlachten des Großen Nordischen Krieges zwischen Russland unter Peter dem Großen und Schweden unter Karl XII. Die Schlacht stellte den Wendepunkt des Krieges zugunsten der antischwedischen Koalition dar.
Schlacht bei Poltawa | |||||||||||||||||
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Teil von: Großer Nordischer Krieg | |||||||||||||||||
![]() Die Schlacht von Poltawa, von Denis Martens, 1726 | |||||||||||||||||
Datum | 8. Juli 1709 | ||||||||||||||||
Ort | Poltawa, Ukraine | ||||||||||||||||
Ausgang | Entscheidender Sieg der Russen | ||||||||||||||||
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Vor Beginn der Schlacht zählte die russische Armee 42.000 Soldaten und 72 Artilleriegeschütze. Ihnen gegenüber standen 22.000 schwedische Soldaten mit 4 einsatzfähigen Geschützen.
Vorgeschichte
Frühe schwedische Siege bei Kopenhagen und in der Schlacht von Narva 1700 warfen Russland und Dänemark zeitweilig aus dem Krieg. Allerdings war König Karl XII. nicht fähig den Krieg zu Ende zu bringen. So benötigte der schwedische König weitere sechs Jahre, um den verbliebenen Gegner August von Sachsen-Polen zum Frieden zu zwingen.
In der Zwischenzeit baute Zar Peter I. seine Armee wieder auf. Die neue russische Armee verfügte jetzt über gut ausgebildete Infanterie, die für die Anwendung der Lineartaktik notwendig war, und zeitgemäße Feuerwaffen.
Um den Krieg zu beenden, befahl Karls XII. ein letzte Offensive tief in das Kernland des Russischen Reiches im Januar 1708. Ausgangspunkt dieser Offensive war Polen-Litauen, wo der schwedische König Karl XII. seinen letzten Feldzug geführt hatte. Karl XII. marschierte entlang der Hauptroute zwischen Polen und Moskau. Nachdem eine für das Hauptheer bestimmte schwedische Nachschubkolonne unter Kommando von General Lewenhaupt in der Schlacht bei Lesnaja schwere Verluste erlitt, gab Karl XII. nur 130 km vor Moskau auf und marschierte nach Süden in Richtung Ukraine, da er dort hoffte seine schweren Versorgungsprobleme lösen zu können. Danach hoffte er den Schlag auf Moskau von der Ukraine her führen zu können. Die russische Armee bewegte sich parallel zu den Schweden und versperrte dem Gegner die Wege zum Angriff. Während sich die Eroberer erfolglos in Richtung Moskau durchschlugen, befestigte Peter der Große Poltawa, das ein wichtiges strategisches Zentrum in Russlands Süden war.
Das Überwintern in der Ukraine untergrub die Kampffähigkeit der gegnerischen Armee. Wiederholte Offensiven der russischen Divisionen und Partisanen, Mangel an Lebensmitteln, Munition, Futter und Uniformen – all das zwang die Schweden, eine andere Kampfweise anzuwenden.
Verlauf
Belagerung von Poltawa und Vorbereitung der Schlacht
Im Frühjahr begann Karl XII. die Offensive wieder aufzunehmen. Seine erste Aktion war der Beginn der Belagerung der Stadt Poltawa Anfang April 1709. Poltawa liegt etwa 350 km südöstlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew, im Zentrum der Ukraine am Fluss Worskla. Durch den Winter war das Schießpulver unbrauchbar geworden und es fehlte auch an brauchbarer Munition für die Kanonen. Die Garnison der Festung hatte eine Stärke von 4.200 Soldaten unter dem Befehl des Obersten A. Kelin. Diese wurden durch ukrainische Kosaken und die bewaffnete Bevölkerung (insgesamt 2.600 Mann) unterstützt. Die im Laufe der 87 Belagerungstagen vorgenommenen Angriffe der Schweden konnten sie abwehren.
Schließlich kamen die russischen Hauptkräfte Ende Mai auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses Worskla an. Das russische Kommando fasste auf dem folgenden Kriegsrat am 16. Juni den Beschluss, die Schlacht mit den Schweden zu führen. Am gleichen Tag überquerte die führende russische Vorhut den Fluss nördlich der Stadt Poltawa, in der Nähe des Dorfes Petrowka, und sicherte damit den Übergang der Hauptgruppe ihrer Armee. Zar Peter der Große lagerte in der Nähe des Dorfes Semjonowka. Am 25. Juni verlagerte sich die russische Armee nach Süden und nahm eine Position 5 km vor Poltawa ein. Am 26. Juni begannen die Russen, die Frontlinie zu befestigen. Sie errichteten zehn Schanzen, in denen zwei Bataillone untergebracht waren. Hinter dieser Linie befanden sich 17 Kavallerieregimenter unter der Führung von Menschikow.
Als man auf schwedischer Seite erfuhr, dass die Russen zum 29. Juni neue Verstärkung erwarteten, beschloss Karl XII., die Russen anzugreifen. Da er am 17. Juni bei einer Aufklärungsaktion verwundet worden war, übergab er das Kommando an Feldmarschall Rehnskiöld und General Adam Lewenhaupt, denen 20.000 Soldaten für die Schlacht zur Verfügung gestellt wurden. Etwa 2.500 Mann, darunter auch die ukrainischen Kosaken Masepas, blieben im Lager bei Poltawa. Zu dem Zeitpunkt ermangelte es der schwedischen Armee weiterhin an Munition und Pulver für die Artillerie und der Infanterie. Von den 32 verfügbaren schwedischen Geschützen waren deshalb nur 4 einsatzfähig und viele Musketen der Infanterie waren nicht einsetzbar.
Die Schlacht
Ausschnitt eines Mosaiks von Lomonossow
In der Nacht zum 27. Juni griff die schwedische Armee mit vier Kolonnen und mit sechs Reiterkolonnen das befestigte Lager der Russen in der Nähe des Dorfes Jakowzy an. Nach zweistündigem Kampf gelang es den Schweden lediglich, zwei Unterstände einzunehmen. Rehnskiöld nahm eine Umformierung der schwedischen Truppen vor; gleichzeitig versuchte er die russischen Befestigungen zu umgehen. Dabei blieben die sechs Schwadronen der schwedischen Generäle Schliepenbach und Rosse hinter den Hauptkräften zurück. Diese verbargen sich im Wald nördlich von Poltawa, wo sie von der Kavallerie Menschikows zerschlagen wurden.
Als die Schweden die Linie der geschlossenen, russischen Schanzen durchbrachen, gerieten sie in starkes Artillerie- und Gewehrfeuer. Dabei verloren sie ein Viertel der Infanterie, ein Sechstel der Kavallerie und waren gezwungen, gegen das gezielte Artilleriefeuer im Wald von Maly-Budyschansk Deckung zu suchen.
Gegen sechs Uhr morgens führte Peter der Große seine Armee aus dem Lager und ließ sie in zwei Linien antreten. Im Zentrum davon platzierte er die Infanterie unter Marschall Scheremetjew, auf der rechten Flanke die Kavallerie Menschikows und auf der linken Seite General R. H. Bours. Im Lager verblieb eine Reserve von neun Infanteriebataillonen. Rehnskiöld ließ die Schweden gegenüber den Russen antreten. Um neun Uhr morgens gab Karl XII. das Signal zur Offensive. Er griff die linke Flanke der russischen Armee an. Hier hatte sich das erfahrene Nowgoroder Regiment als Rekruten verkleidet. Zwar gelang es den Schweden durch zahlenmäßige Überlegenheit das erste Bataillon zu zerschmettern. Doch war der Erfolg nur von kurzer Dauer. Die Spitze des zweiten Bataillons führte Peter selbst an und ging zum Gegenangriff über. Die russische Reiterei umzingelte die Flanken des Gegners. Die Schweden waren der russischen Übermacht unterlegen und begannen den Rückzug, der sich gegen elf Uhr in eine regelrechte Flucht verwandelte. Unter dem unaufhaltsamen Andrang der russischen Infanterie und Kavallerie wurden die Schweden von Panik gepackt, und sie ergriffen in chaotischem Durcheinander die Flucht.
Nach der Schlacht
Die Verluste der Russen in der Schlacht betrugen 4650 Tote und Verwundete. Die Schweden verloren insgesamt etwa 20.000 Soldaten. Die restlichen Soldaten flüchteten zum Dnepr. Drei Tage später am 11. Juli wurden sie von der russischen Kavallerie unter Menschikow an der Furt in der Nähe der befestigten Kosakensiedlung Perewolotschna eingeholt. Daraufhin ergab sich ein großer Teil des schwedischen Heeres, unter ihnen auch General Adam Ludwig Lewenhaupt.
Der schwedische König Karl XII., der ukrainische Ataman Iwan Masepa und Kost Hordijenko konnten dagegen mit 3.000 Schweden und Kosaken den Dnjepr an der Furt überqueren und Zuflucht im Osmanischen Reich finden.
Folgen der Schlacht
Die schwedische Armee wurde völlig vernichtet. Das war der Wendepunkt des Krieges. Von nun an hatten die Verbündeten die strategische Initiative.
Trivia
- In Poltawa gibt es heute einen Denkmalkomplex und ein Museum, das der Schlacht gewidmet ist.
- Die Redewendung „Wie ein Schwede bei Poltawa“ ist bis heute in der russischen und in der ukrainischen Sprache eine Redewendung, die auf die absolute Hilflosigkeit einer Person hinweist.
- Die Schlacht bei Poltawa war so bedeutend, dass ihr sogar eine moderne russische Münze (in Platin) gewidmet wurde.
Quellen
Interne Verweise
Literatur
- Klaus-Jürgen Bremm: Im Schatten des Desasters. Zwölf Entscheidungsschlachten in der Geschichte Europas. Books on Demand, Norderstedt 2003, ISBN 3-8334-0458-2.