Rotation (Physik)

Bewegung eines Punktes oder Körpers um eine Rotationsachse
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Die reine Rotation, auch Rotationsbewegung, Drehung, Drehbewegung oder Kreisbewegung eines Körpers ist im Gegensatz zur reinen Translation keine Bewegung, die den Schwerpunkt des Körpers durch den Raum bewegt, sondern eine Bewegung des Körpers um eine Rotationsachse. Alle Punkte, die auf genau dieser Achse liegen, bleiben an der Stelle stehen, und alle anderen Punkte bewegen sich mit einer Geschwindigkeit, die proportional zur Entfernung von der Achse ist, auf einer idealen Kreisbahn. Hierbei kann sich die Achse im Körper selbst befinden, was zu einer Eigenrotation führt (Rotation um die eigene Achse), oder vom Körper entfernt liegen, was man als Rotationssystem bezeichnet (Rotation um eine gemeinsame Achse). Ursache für eine Rotation ist dabei jedoch immer die Wirkung eines Drehmomentes.

Eigenrotation und Rotationssystem

Eine Rotation mit nicht-konstanter Achse ist möglich und wird umgangssprachlich als „Torkeln“ oder „Eiern“ bezeichnet. Techniker und Wissenschaftler sprechen hingegen - je nach Art der Achsenbewegung - von Taumeln der Achse oder von sekundären Achsfehlern, bzw. von Präzession oder Nutation.

Der Begriff der Rotation findet vor allem Verwendung in der Physik und hier im Speziellen in der Mechanik bzw. Kinematik.

Jede Richtung, in welche eine Rotation erfolgen kann, ist gleichbedeutend mit einem zusätzlichen Rotationsfreiheitsgrad.

Eine Anwendung aus dem Alltag und zur anschaulichen Erklärung oft genutzte Beispiele, in der die Rotation eine wichtige Rolle spielt, sind der Kreisel, das Karussell, das Steinehüpfen sowie das Geschicklichkeitsspiel Astrojax.

Vergleich mit der Translationsbewegung

Die folgende Tabelle vergleicht die charakteristischen Grössen und die Bewegungsgleichungen bei einer Translationsbewegung mit jenen bei einer Rotationsbewegung:

Translationsbewegung Rotationsbewegung
Weg   Drehwinkel  
(Positiver Drehsinn entsprechend der Rechte-Hand-Regel entgegen dem Uhrzeigersinn)
Geschwindigkeit   (1) Winkelgeschwindigkeit   (1)
Beschleunigung   Winkelbeschleunigung  
Masse   (Skalar) Trägheitstensor   (Tensor zweiter Stufe) (2)
Kraft   Drehmoment 
Impuls   Drehimpuls  
Kraftstoß / Antrieb  
Kinetische Energie   Rotationsenergie  
Arbeit   Arbeit bei Drehbewegung  
Leistung   Leistung bei Drehbewegung  
Bewegungsgleichungen
Allgemein: Kraft ist mit Impulsänderung verknüpft (Impulssatz):

 

Allgemein: Drehmoment ist mit Drehimpulsänderung verknüpft (Drehimpulssatz):

 

Im Falle konstanter Masse   (Zweites newtonsches Axiom):

 

Im Falle konstanten Trägheitsmoments  : (2)

 

 (1) Der Punkt über einer Größe besagt, dass es sich hier um deren zeitliche Änderung (Ableitung  ) handelt.
(2) 
{{{2}}}
Fehler bei Vorlage * Pflichtparameter fehlt (Vorlage:FNZ): "2" Im Allgemeinen zeigen   und   nicht in die gleiche Richtung – ein rotierender Körper „eiert“ –, daher ist das Trägheitsmoment im Allgemeinen nicht konstant. Das Äquivalent zur Masse der Translationsbewegung ist daher ein Tensor 2. Stufe – der Trägheitstensor. Ein konstantes Trägheitsmoment tritt genau dann auf, wenn der Körper um eine seiner Hauptträgheitsachsen rotiert.

Rotation fester Körper

Die Rotation fester Körper folgt den Eulerschen Differentialgleichungen, zu den es keine Lösung in Form einer einfachen Formel gibt. Selbst wenn keine äußeren Kräfte auf den Körper wirken, zeigt die Rotationsachse in den meisten Fällen ein komplexe Bewegung, die Nutation genannt wird. Es gibt jedoch für die technische Anwendung bedeutsame Spezialfälle, bei denen sich die Eulerschen Gleichungen soweit vereinfachen, dass sich einfache Lösungen ergeben. In diesen Fällen sind die Trajektorien des Systems periodisch.

Fall von Euler

Dieser häufigste auftretende Fall beschreibt einen Kreisel, der genau in seinem Schwerpunkt aufgehängt ist. Unabhängig von der Form des Kreisels ist der Fall integrabel, da es mehr Erhaltungsgrößen als Freiheitsgrade gibt: die Energie und die Drehimpulse bezüglich aller drei Hauptträgheitsachsen des Körpers.

Ist die Masse des rotierenden Körpers rings um die Drehungsachse symmetrisch verteilt, so wirken auf die Achse keinerlei aus der Rotation entspringende Kräfte, da ja die Schwungkraft (Zentrifugalkraft) eines jeden Massenteilchens durch eine gleiche und Entgegengesetzte aufgehoben wird; eine solche Achse wird eine freie Achse genannt. Da jedes um eine freie Achse rotierende Massenteilchen vermöge der Trägheit in seiner zur Achse senkrechten Drehungsebene zu verharren strebt, so muss auch die freie Achse selbst das Bestreben zeigen, ihre Richtung im Raum zu bewahren, und wird einer Kraft, welche sie aus dieser Richtung bringen will, einen um so größeren Widerstand entgegensetzen, je größer das Trägheitsmoment und die Winkelgeschwindigkeit des rotierenden Körpers sind. Daher kommt es, dass ein hinlänglich rasch rotierender Kreisel nicht umfällt, selbst wenn seine Achse schief steht, und dass Räder, Münzen etc. nicht umfallen, wenn man sie auf ihrem Rand rollen oder um den vertikalen Durchmesser "tanzen" lässt.

Die Wirkung der störenden Kraft auf den Kreisel äußert sich vielmehr dadurch, dass die Achse desselben in einer zur Richtung der störenden Kraft senkrechten Richtung ausweicht und in langsamer Bewegung die Oberfläche eines Kegels beschreibt, ohne dass die Achse ihre Neigung gegen die horizontale Ebene ändert. Diese Bewegung wird als Präzession bezeichnet.

Das Bestreben einer freien Achse, ihre Richtung im Raum beizubehalten, lässt sich durch Gottlieb Christoph Bohnenbergers Influenzmaschine nachweisen, welche aus einer Kugel besteht, deren Drehungsachse vermöge ihrer Aufhängung in drei ineinander drehbaren Ringen unbehindert jede beliebige Stellung annehmen kann. Versetzt man die Kugel durch Abziehen einer auf ihre Achse aufgewickelten Schnur in rasche Umdrehung, so bleibt die Achse mit sich selbst parallel, wie man auch den ganzen Apparat drehen und neigen mag.

Der Eulersche Kreisel findet z.B. in Kreiselkompassen und gyroskopischen Steuersystemen technische Anwendung. Auch die Räder von Fahrrädern und Motorrädern sind in guter Näherung Eulersche Kreisel und dienen neben der Spurführung des Fahrzeugs durch ihr Bestreben, den Drehimpuls zu erhalten, zur Stabilisierung des Fahrzeugs, siehe auch: Fahrradfahren.

Fall von Lagrange

Für den Lagrange-Fall ist die Übereinstimmung der Trägheitsmomente bezüglich zweier Hauptachsen gefordert, was von radialsymmetrischen Körpern erfüllt wird. Dann gibt es mit drei Erhaltungsgrößen ebensoviele wie Freiheitsgrade: die Energie, den Gesamtdrehimpuls und den Drehimpuls bezüglich der z-Achse (in Richtung des Kraftfeldes). Dieser Fall wird durch einen typischen Spielzeugkreisel realisiert, wenn man dessen Aufsetzpunkt am Boden fixiert.

Fall von Kowalewskaya

Der Kowalewskaja-Kreisel hat bezüglich zweier seiner Hauptachsen gleiche Trägheitsmomente und ein genau doppelt so großes bezüglich der dritten Hauptachse. Die Erhaltungsgrößen sind die Energie, der Gesamtdrehimpuls und ein komplexer mathemathischer Ausdruck, für den es keine allgemeinverständliche Entsprechung gibt.

Dies ist eine Abwandlung des Kowalewskaja-Falles, der statt doppelt so großem dritten Trägheitsmoment ein viermal so großes fordert. In diesem Fall gibt es allerdings nur dann eine dritte Erhaltungsgröße, wenn der Drehimpuls um die z-Achse verschwindet.

Unabhängig von anderen Einflüssen ist jeder Kreisel quasi-integrabel, bei dem entweder sehr wenig oder sehr viel Energie (im Vergleich zur potentielle Energiedifferenz zwischen unterem und oberem Totpunkt) in der Rotation steckt. Die chaotischsten Bewegungen bei den nicht integrablen Typen treten unabhängig von der Form dann auf, wenn die kinetische Energie des Kreisels gerade ausreicht, den oberen Totpunkt zu erreichen.

Siehe auch