Der Anti-Atlas ist das dem Hohen Atlas südlich gegenüber liegende Grossgebirge Marokkos. Der Anti-Atlas erstreckt sich vom Atlantik im Westen Richtung Nordwest bis auf die Höhe von Ouarzazate und östlich bis an das Tafilalt. Im Süden wird es von der Sahara begrenzt. Östliche Ausläufer des Anti-Atlas sind das Djebel-Sarhro-Gebirge und dessen östliche Vorgebirge, die sich steckenweise dem Hohen Atlas annähern und nur durch enge Täler von ihm getrennt sind (Dadés-Tal, Tal des Todgha). Auf der Höhe von Ouarzazate wird das Massiv vom Dráa-Tal in südlicher Richtung durchschnitten.
Geologisch gesehen beginnt mit dem Anti-Atlas die Afrikanische Platte und damit finden sich hier präkambrische und paläozoisch-kambrische Gesteine. Klimatisch muss das Gebirge schon der saharaischen Wüstenzone zugerechnet werden.
Die Berggipfel erreichen im Westen Höhen von bis zu 2500 m, gegenüber einer Plateauhöhe von ca. 1700 bis 1800m bzw. der Saharahöhe von rund 700m südlich des Anti-Atlas. Der Djebel Siroua allerdings erreicht 3306m. Das Gebirge ist, insbesondere Richtung Süden, stark zerklüftet. Hier liegen die Niederschlagmengen unter 200mm jährlich, während die klimatischen Bedingung an den Nord- und Westhängen günstiger sind. Bewohnt und landwirtschaftlich genutzt sind in der Regel allein Bereiche entlang von Flüssen (Oasen) – im Sommer nicht Wasser führend. Auf Hochflächen wird teilweise allerdings auch – mit geringen Erträgern – Gerste angebaut.
Während im Westen und Norden auf großen Flächen Thymian, Rosamarin und andere wenig Wasser benötigende Pflanzen wie die Arganienbäume steppenartig den Anti-Atlas überziehen (gefährdet durch Überweidung), sind im Süden höchstens Dornbüsche anzutreffen. Der Übergang in die Wüste ist regelmäßig fließend.
Traditionell wird der Anti-Atlas von den Chleuh-Berbern bewohnt. Ihr Zentrum ist die Stadt Tafraoute (neben dem Tal der Ammeln ein beliebtes touristisches Ziel). Vielfach sprechen sie noch Tachelhit, eine Berbersprache, die allerdings „an Boden“ verliert. Aufgrund der schwierigen Bedingungen für die landwirtschaftliche Produktion und die geringen Verdienstchancen stellt die Landflucht ein erhebliches Problem im Anti-Atlas dar. Die Analphabetenquote wird hier auf 75% geschätzt. Der Tourismus entwickelt sich während der letzten Jahrzehnte zu einem erheblichen Wirtschaftfaktor.
Kennzeichnend für die Landschaft sind an vielen Plätzen Agadire, Speicherburgen, in denen früher die Vorräte der Sippen bzw. Stämme gelagert (und bewacht) wurden. In der Nähe von Siedlungen prägen Trockenmauern und die von ihnen gehaltenen Terrassenfelder die Landschaft. Es sind allerdings zunehmend verfallende Häuser und aufgelassene Felder anzutreffen. Mit dieser Landflucht verfallen auch die für die Landwirtschaft notwendigen Bewässerungssysteme.