Der Städteexpress war die hochwertigste Schnellzugverbindung der Deutschen Reichsbahn.
Geschichte
Im Oktober 1960 führte die DR einen Städteschnellverkehr ein, der die Hauptstadt der DDR, Berlin, mit den meisten Bezirkshauptstädten jeweils morgens und abends verband und wenige Unterwegshalte aufwies. Die Züge im Städteschnellverkehr waren normale D-Züge mit besonderen Fahrzeiten (Tagesrandlagen) und fuhren Montag–Sonntag.
Nach dem Vorbild der InterCity-Züge westeuropäischer Länder sollte auch der Geschäfts- und Funktionärs-Reiseverkehr der Reichsbahn in den 1970er Jahren verbessert werden. Das bisherige Angebot wurde 1976 um den Städteexpress ergänzt.
Der neue Städteexpress fuhr fortan montags bis freitags und unterschied sich auch schon farblich von den sonstigen Zügen der DR. Nachdem die Tschechoslowakische Staatsbahn (ČSD) im Jahre 1976 mehrere Wagen erster Klasse aus Bautzener Produktion nicht abnehmen konnte, griff die DR zu und setze diese orange-beige lackierten Wagen in verschiedenen Städteexpresszügen als Erst- und Zweitklasswagen ein. Beide Wagenklassen führten zunächst in den Abteilen ausschließlich sechs Sitze. Erst mit Einsatz der Wagen vom Typ Z2 erhielt die zweite Klasse, wie in der DDR üblich, eine durchgehende Sitzbank mit vier Plätzen, damit für acht Personen je Abteil, der Komfort litt darunter erheblich.
Avanciert zum FDJ-Jugendobjekt „Städteexpress“ stellten diese Züge ein gehobenes Reisezugangebot für den Geschäfts-, Partei- und Funktionärsverkehr der DDR da. Dies brachte den Zügen den Spitznamen „Bonzenschleuder“ ein. Aber auch die so genannte Bauarbeiterheranführung nach Ostberlin mit diesen Zügen hatte eine große Bedeutung.
Gab es in den ersten Jahren nur Frühverbindungen nach und Spätverbindungen von Berlin im Städteexpress-Verkehr, so wurden im Laufe der Zeit mit Wagenneulieferungen auf den Relationen nach Erfurt, Leipzig und Dresden auch Züge geführt, die morgens Berlin verließen und abends dort wieder ankamen.
Die Züge waren meistens aus drei Wagen der ersten Klasse, einem Speisewagen und sieben Wagen der zweiten Klasse zusammengesetzt.
Im Gegensatz zum InterCity erreichte der DDR-Schnellverkehr zwei Dinge nie: einen regelmäßigen Takt und eine besondere Fahrgeschwindigkeit. So fuhr der schnellste Städteexpress (Berlin–Schwerin) eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 98 km/h, der langsamste (Berlin–Meiningen) 50 km/h.
Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden mit dem gemeinsamen DB/DR-Jahresfahrplan 1991/92 die meisten Städteexpress-Züge als normale D-Züge geführt.
Laufwegen, Wagenreihung und Tarif
Name | Startbahnhof | Laufweg | Zielbahnhof | 1. Verkehrstag | Zugnummern | Wagenreihung ab 1. Verkehrstag Bme/WRge/Ame | Wagenreihung ab 1981/82 Bmhe/ Bme/WRge/Ame |
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Elstertal | Gera Hbf | Leipzig Hbf - Flughafen Berlin Schönefeld | Berlin Ostbahnhof ab 23.05.1977: Berlin-Lichtenberg | 01.11.1976 | Ex 100/107 | Mo: 7/1/5 Di: 6/1/5 Mi: 6/1/5 Do: 6/1/5 Fr: 7/1/5 | |
Stolteraa | Rostock Hbf | Oranienburg | Berlin-Lichtenberg | 15.11.1976 | Ex 121/126 | Mo: 6/1/3 Di: 5/1/3 Mi: 5/1/3 Do: 6/1/3 Fr: 6/1/3 | |
Petermännchen | Schwerin (Meckl) Hbf | Berlin-Lichtenberg | 06.12.1976 | Ex 131/126 | Mo: k. A. Di: 5/1/3 Mi: 5/1/3 Do: 6/1/3 Fr: 6/1/3 | Mo: 2/k. A. Di: 0/5/1/3 Mi: 0/5/1/3 Do: 0/6/1/3 Fr: 2/6/1/3 | |
Börde | Magdeburg Hbf | seit 25.09.1977: Potsdam Hbf | Berlin-Lichtenberg vom 23.05.1977 bis 27.05.1978: Berlin Ostbahnhof | 29.11.1976 | Ex 141/146 | Mo: 7/1/3 Di: 6/1/3 Mi: 6/1/3 Do: 6/1/3 Fr: 7/1/3 | |
Rennsteig | Meinigen | Suhl - Erfurt - Halle | Berlin-Lichtenberg | 25.10.1976 | Ex 150/157 | Mo: 6/1/5 Di: k. A. Mi: k. A. Do: 7/1/5: Fr: 7/1/5 | Mo: 1/6/1/5 Di: k. A. Mi: k. A. Do: 1/7/1/5: Fr: 0/7/1/5 |
Elbflorenz | Dresden Hbf | Dresden-Neustadt | Berlin Ostbahnhof ab 23.05.1977: Berlin-Lichtenberg | 08.11.1976 | Ex 170/177 | Mo: 7/1/5 Di: 6/1/5 Mi: 6/1/5 Do: 6/1/5 Fr: 6/1/5 | Mo: 1/7/1/5 Di: 1/6/1/5 Mi: 1/6/1/5 Do: 1/6/1/5 Fr: 1/6/1/5 |
Sachsenring | Zwickau (Sachs) Hbf | Karl-Marx-Stadt Hbf - Flughafen Berlin-Schönefeld ab 3.06.1984: Leipzig Hbf | Berlin-Lichtenberg | 22.11.1976 | Ex 172/175 ab 03.06.1984: Ex 160/167 | Mo: 6/1/3 Di: 6/1/3 Mi: 6/1/3 Do: 6/1/3 Fr: 6/1/3 | Mo: ?/6/1/3 Di: 0/6/1/3 Mi: 0/6/1/3 Do: ?/6/1/3 Fr: ?/6/1/3 |
Fichtelberg | Karl-Marx-Stadt Hbf | bis 29.05.1989: Dresden-Neustadt | Berlin | 03.06.1984 | Ex 172/175 | unbek. | |
Lipsia | Berlin | Leipzig Hbf | 27.05.1979 | Ex 161/166 | unbek. | mindestens ein Bmhe | |
Berlin-Expreß | Berlin | Dresden | 02.06.1985 | Ex 171/176 | unbek. | ||
Berliner Bär | Berlin | Erfurt | 01.06.1986 | Ex 151/156 | unbek. | ||
Thomaner | Berlin | Leipzig | 27.05.1990 | Ex 162/162 | unbek. |
(Stand: 31. Mai 1991)
Die Benutzung der Expresszüge war zuschlagpflichtig. Es war ein Expresszug-Zuschlag (der den D-Zug-Zuschlag einschloss) erforderlich, dieser betrug in der zweiten Klasse fünf Mark. Die Züge des Städteschnellverkehrs wurden im Rang eines D-Zuges geführt und kamen mit dem normalen D-Zug-Zuschlag aus (drei Mark in der zweiten Klasse).
Interexpress
Noch bevor die westeuropäischen Bahnverwaltungen 1987 den EuroCity-Zug kreierten, vereinbarten die Eisenbahnen im RGW-Verbund (Ostblock) eine internationale Variante des Städteexpress: den Interexpress. Auch diese Züge verschwanden aus dem Fahrplan 1991, einige fuhren aber danach als EuroCity weiter, zum Teil mit neuen Namen. Es verkehrten folgende Interexpresszüge bei der DR:
- IEx 72/73 Metropol: Berlin–Prag–Budapest mit Kurswagen nach Bratislava (Preßburg) und Wien,
- IEx 74/75 Hungaria: Berlin–Prag–Budapest im Sommerhalbjahr mit Kurswagen von Malmö nach Budapest und Belgrad,
- IEx 76/77 Primator: Berlin–Prag,
- IEx 78/79 Progress: Berlin–Prag und
- IEx 242/243 Berolina: Berlin–Warschau mit Kurswagen von Paris.
Im Fahrplanabschnitt 1987/88 verkehrte der IEx 74/75 Hungaria zwischen Berlin und Prag vereinigt mit dem D 374/375 Vindobona. Diese Züge nutzen unterschiedliches Wagenmaterial, ob einheitliche Standards vereinbart waren, ist nicht bekannt.
Literatur
- Georg Thielmann, Peter Knaack: „Schnelle Züge nach Berlin: die Geschichte der ‚Paradezüge‘ der DR 1960–1990. Städteschnellverkehr und Städteexpreß“. Wachsenburg-Verlag, Arnstadt 2004. ISBN 3-935795-08-4
- ↑ Stepp's Waggon-Archiv
- ↑ [Der Städte-Express der Deutschen Reichsbahn, Erich Preuß, 1. Auflage, transpress Verlag, Stuttgart, 2003; ISBN: 3-613-71222-9]