Franz Oppenheimer

deutscher Arzt, Soziologe, Nationalökonom
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Franz Oppenheimer (* 30. März 1864 in Berlin; † 30. September 1943 in Los Angeles) war ein deutscher Soziologe und Nationalökonom, der auch im Gebiet der Staatssoziologie grundlegend publizierte.

Datei:Oppenheimer Franz Briefmarke.jpg
Franz Oppenheimer

Ausbildung und Beruf

Nach seinem Studium der Medizin in Freiburg im Breisgau und Berlin war Oppenheimer zunächst von 1886 bis 1895 als praktischer Arzt in Berlin tätig. Schon von 1890 an begann er, sich mit sozialpolitischen Fragestellungen und der Sozialökonomie zu beschäftigen. Nach seiner Tätigkeit als Arzt war er Chefredakteur der Welt am Morgen, wo er Friedrich Naumann Tür an Tür kennenlernte, und Mitarbeiter verschiedener Tageszeitungen.

1909 erfolgte die Promotion in Kiel mit einer Arbeit über David Ricardo zum Dr. phil.. Von 1909 bis 1917 war Oppenheimer Privatdozent in Berlin, anschließend für zwei Jahre Titularprofessor. 1919 nahm er einen Ruf auf einen Lehrstuhl für Soziologie und theoretische Nationalökonomie an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main an. Diese erste Soziologie-Professur Deutschlands hatte er bis 1929 inne. 1934 nahm er eine bis 1935 dauernde Lehrtätigkeit in Palästina auf. 1936 wurde er zum Ehrenmitglied der American Sociological Association ernannt. Von 1938 an lehrte er an der Universität von Kōbe in Japan. Nach seiner Emigration in die USA war er 1942 Gründungsmitglied des American Journal of Economics and Sociology.

Er ist (von Ludwig Erhard als Bundeskanzler durchgesetzt) der einzige Soziologe, der bislang (2004) auf einer deutschen Briefmarke erschien - s. Abb.)

Siehe auch: Wirtschaftssoziologie, Genossenschaftswesen, Politiksoziologie, Soziale Marktwirtschaft, Sozialreformer, Goltz'sche Gesetz

Familie

Franz Oppenheimer wurde als drittes Kind von Antonie Oppenheimer (Lehrerin), geb. Davidson, und Dr. Julius Oppenheimer (Prediger an der jüdischen Reformgemeinde in Berlin) geboren.

Wissenschaft

Prof. Dr. med. et phil. Franz Oppenheimer ist Wegbereiter der "Sozialen Marktwirtschaft", einer Form des Dritten Weges und vor allem der Kibbuz-Bewegung.

Ökonomie

Seine volkswirtschaftliche Theorie ist weder der Historischen Schule des Gustav von Schmoller noch der Grenznutzenschule des Carl Menger oder dem Liberalismus seiner Zeit zuzuordnen. Sein Geist entwickelt eine eigene Denkrichtung. Sie gründet in der Möglichkeit der Überwindung des politischen Mittels, hin zur vollen Entfaltung des ökonomischen Mittels, d.h. der Herstellung von freiem Wettbewerb unter Gleichen. Oppenheimer integriert den Erkenntnisgewinn des Liberalismus (Adam Smith) und die Lösung der Sozialen Frage. Mit seinen Theorien zielte er darauf ab die Werke von David Ricardo, Karl Marx, Joseph Schumpeter, John Maynard Keynes und anderer Ökonomen zu relativieren.

Soziologie

Die soziale Frage lässt ihn, in 40-jähriger Arbeit, eine soziologische Theorie entwickeln, die als Klassen- oder Herrschaftssoziologie bezeichnet werden kann. Der Begriff der Herrschaft wird heute in der von Max Weber durchgesetzten Bedeutung des (personalen) Machtverhältnisses verstanden. Oppenheimer meint mit Herrschaft die Beziehung zwischen zwei rechtsungleichen sozialen Klassen. "Herrschaft" ist eine vertikale Sozialbeziehung, "Genossenschaft" eine horizontale Beziehung (beide Gegenüberstellungen entnimmt er der Typologie von Otto von Gierke).

Die Lösung der Sozialen Frage sah er nicht in einer Politisierung der Klassengegensätze, wie es der von Karl Marx geforderte Klassenkampf zum Ziel hatte. Er entwickelte eine umfassende, durch kantsche Ethik geleitete Theorie, die die Auflösung der Grundlagen von Klassenherrschaft durch die Etablierung von neuen Sozialbeziehungen in „Genossenschaften“ ermöglicht. Er sah also nicht den Kampf als Triebfeder der gesellschaftlichen Evolution, sondern den freien Tausch.

Verbreitung der Lehre

Oppenheimer bildet eine Brücke zwischen sehr unterschiedlichen Schulen, was ihm zu seiner Lebenszeit zwar lebhafte Diskussion, aber von Seiten keiner 'Schule' Würdigung einbrachte. Seine Werke wurden 1933 in Deutschland verboten und eingezogen.

Literatur

Franz Oppenheimer schuf ein umfangreiches Werk, bestehend aus ca. 40 Büchern und 400 Aufsätzen, mit Schriften zur Soziologie, Ökonomie und zu politischen Fragen der Zeit.

Veröffentlichungen von Franz Oppenheimer

Veröffentlichungen über Franz Oppenheimer

Zitate

über Franz Oppenheimer

Ludwig Erhard sagte über ihn: "Solange ich lebe, werde ich Franz Oppenheimer nicht vergessen! Ich werde glücklich sein, wenn die Soziale Marktwirtschaft - so vollkommen oder so unvollkommen sie auch sein mag - weiter zeugen wird auch für das Werk, für den geistigen Ansatz der Gedanken und die Lehre von Franz Oppenheimer. Ich glaube, dass viele Menschen es nicht zu ermessen wissen, wieviel sie einem einzigen Manne zu verdanken haben."

von Franz Oppenheimer

"Wer einmal gelernt hat, dort zu zweifeln und zu fragen, wo die Normen es verbieten, kann grundsätzlich nie wieder aufhören; (...) Und so ist jeder schöpferische Mensch eine Brücke (...) zum übersozialen Menschen (denn die »Viel-zu-Vielen«, das sind die von ihren Gruppenimperativen hilflos Gefesselten); er ist ein Schritt über die Gruppe hinaus (...). Und mag der schöpferische Mensch, auch der bedeutendere, nach anderen Richtungen als der seiner Arbeit hin auch noch so fest gebunden sein (...): er hat doch einen Teil seiner Fesseln gesprengt, er hat doch ein Stück Weges zur freien autonomen Persönlichkeit zurück-gelegt und damit seiner Gruppe, seiner Gesellschaft und vielleicht der Menschheit neue Wege gebahnt, um neuen Kulturwandel zu vollziehen und für neue Persönlichkeiten Raum zu schaffen, die der Menschheit neue Ziele setzen.“