Cross-Race-Effect

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Wissenschaftliche Einordnung des Begriffes in die Wissenschaft

Der Cross-Race-Effect oder Cross Race Bias kann einerseits in den Bereich der Verhaltensethologie und auch gleichzeitig in den Bereich der Sozialpsychologie eingeordnet werden. In dem Moment, wo er in den sozialpsychologischen Bereich eingeordnet wird, firmiert er unter dem Begriff ingroup advantage. Im engeren Sinne ist der Cross Race Bias eine spezielle Form des Ingroup Advantages – nämlich eingegrenzt auf interkulturelle oder interethische Aspekte. Eine Übersetzung des Begriffes Race als Rasse ist in Deutschland aufgrund der historischen Belastung dieses Begriffes nicht vorteilhaft. Deswegen übersetzt man Race deswegen eher als Kultur, was im engeren Sinne zwar ungenau, aber aus historischer Sicht die beste Übersetzung ist.

Ingroup-Advantage

Ingroup-Advantage bedeutet, dass Menschen Angehörige ihrer eigenen Gruppe als besser bewerten und darstellen als Menschen, die nicht zu ihrer Gruppe gehören (Outgroup-Disadvantage). Dabei kann der Begriff Gruppe von Familienangehörigen bis hin zur Gruppe Mensch alles bedeuten. Wichtig ist nur, dass man sich durch diese Gruppe von anderen abgrenzt, z.B. durch die Gruppe „Familie“ von anderen Familien oder durch die Zugehörigkeit zur Gruppe „Mensch“ von den Tieren. Sozialpsychologen konnten in den letzten 30 Jahren eindrucksvoll beweisen (z.B. Beaupre, 2006), dass schon kleinste Dinge wie der selbe Fussballverein oder der selbe Musikgeschmack einen ingroup-advantage auslösen kann. Wenn als Faktor der Gruppenbildung die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kultur wie z.B. der europäischen im Bezug zur chinesischen gewählt wird, spricht man vom Cross Race Effect

Cross Race Effect

Eine Analyse über viele Studien zur Emotionserkennung in Gesichtern von Elfenbein & Ambady (2002b) offenbarte, dass Menschen innerhalb einer Kultur besser die Emotionen von eigenen Gruppenmitgliedern erkennen können als Außenstehende (in-group advantage oder cross race effect). Dieser in-group advantage wurde speziell für Angehörige innerhalb eines ethnischen Kulturkreises sehr gut dokumentiert (Anthony, Cooper & Mullan, 1992). Der Grund dafür liegt in der unterschiedlichen Form der Gesichter eines Kulturkreises, was dazu führt, dass unterschiedliche Schlüsselreize im Gesicht genutzt werden, um die Emotion eines Gesichtes zu dekodieren (Sporer 2001a, b). Personen achten dabei auf Schlüsselpunkte des eigenen Kulturkreises. Sind diese Schlüsselpunkte beim anderen Kulturkreis nicht vorhanden, hat man schnell das Gefühl, das Gesicht nicht „lesen“ zu können. Jeder, der schon einmal in einer ganz anderen Kultur gelebt habt (z.B. als Westeuropäer in China), weiß, wie schwierig es in der ersten Zeit war, sich Gesichter überhaupt nur zu merken und Mitglieder des fremden Landes schienen am Anfang alle gleich auszusehen. Mit der Zeit gewöhnt sich das Gehirn jedoch an die andere Form der Gesichter und verändert automatisch seine Schlüsselpunkte im Gesicht der anderen Kultur. Der Vorteil der In-Group resultiert auch daher, dass die angeborene Motivation („cross-race bias“), im Gesicht einer fremden Kultur „zu lesen“ eher gering ist. Hess, Senecal & Kirouac konnten 1996 nachweisen, dass die Motivation zur Emotionserkennung in dem Moment nachließ, als die Probanden erkannten, dass das Gesicht zu einer fremden Kultur gehört, z.B. Chinesen für Amerikaner oder umgekehrt.

Um zu erörtern, ob sich der cross-race-effect oder der cross-race-bias umkehren oder beeinflussen lässt, sei folgende wichtige Studie von Paul Ekman, einem der führenden Forscher auf diesem Gebiet, aufgezeigt: Ekman und Friesen konnten schon 1976 zeigen, dass allein der Kontakt mit einer fremden Kultur schon die emotionale Erkennungsrate erhöhen kann. Sie führten einem Stamm aus Neu Guinea Bilder von Amerikanern vor, die entweder lächelten, sich ärgerten oder traurig schauten. Die Stammesbewohner, die schon Kontakt mit Amerikanern gehabt hatte, konnten signifikant besser die Emotionen in den Gesichtern der Amerikaner lesen. Dieser Versuch wurde von Ducci, Arcuri, Georgis und Sineshaw 1982 nochmals wiederholt. Diesmal fuhren sie nach Äthiopien und verglichen die Erkennungsleistung von Äthiopiern, die entweder in entlegenen Dörfern wohnten mit Äthiopiern in Städten, wo der Kontakt zu Amerikanern groß war. Diese Ergebnisse wie auch die Ergebnisse der Metaanalyse von Elfenbein und Ambady aus dem Jahre 2002 zeigen, dass es so etwas wie kulturelles Emotionslernen gibt. Wichtige Faktoren dieses kulturellen Emotionslernen sind die Dauer und die Häufigkeit des Kontaktes mit anderen Kulturen. Dieses Emotionslernen geschieht auch schon dann von selbst, wenn man einfach in einer anderen Kultur lebt und ihr in ihrer Andersartigkeit ausgesetzt ist. Das Gehirn lernt dabei automatisch, die Informationen, die im Gesicht der anderen Kultur enthalten sind, besser zu verarbeiten und zu dekodieren (Sporer 2001 a,b).


Literatur

Anthony, T.; Cooper, C. & Mullen, B. (1992). Cross-racial facial identification: A social cognitive integration. Personality and Social Psychology Bulletin, 18, 296–301.

Beaupre, M. (2006). An Ingroup Advantage for Confidence in Emotion Recognition Judgments: The Moderating Effect of Familiarity With the Expressions of Outgroup Members. PERSONALITY AND SOCIAL PSYCHOLOGY BULLETIN , 32(1), 16-26.

Elfenbein, H.A. & Ambidi, N. (2002b). On the universality and cultural specificity of emotion recognition: A meta-analysis. Psychological Bulletin, 128(2), 203-235.

Hess, U.; Kappas, A.; Bause, R. (1995). The intensity of facial expression is determined by underlying affective states and social situations. Journal of Personality and Social Psychology, 69(2), 280-288.

Sporer, S.L. (2001a) Recognizing Faces of Other Ethnic Groups, Public Policy, and Law, 7(1),36-97.

Sporer, S.L. (2001b). The Cross-Race Effect. Psychology, Public Policy, and Law, 7(1),170-200.