Lohengrin

Oper von Richard Wagner
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Lohengrin ist eine romantische Oper in drei Akten des deutschen Komponisten Richard Wagner. Sie spielt vor einem historischen Hintergrund (Brabant in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts). Die Uraufführung war am 28. August 1850 in Weimar im Großherzoglichen Hoftheater. Grundlage des Stoffes ist die Gestalt des Loherangrîn in Wolfram von Eschenbachs mittelhochdeutschem Versepos Parzival.

Werkdaten
Originaltitel: Lohengrin
Form: durchkomponiert
Originalsprache: deutsch
Musik: Richard Wagner
Libretto: Richard Wagner
Literarische Vorlage: nach Parzival von Wolfram von Eschenbach
Uraufführung: 28. August 1850
Ort der Uraufführung: Weimar, Großherzogliches Hoftheater
Spieldauer: ca. 4 Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Antwerpen, Anfang des 10. Jahrhunderts
Personen
  • Heinrich der Vogler, deutscher König (Bass)
  • Lohengrin, Gralsritter und Sohn Parzivals (Tenor)
  • Elsa von Brabant (Sopran)
  • Friedrich von Telramund, brabantischer Graf (Bariton)
  • Ortrud, Friedrichs Gemahlin (dramatischer Sopran, wird oft mit Mezzosopranistinnen besetzt)
  • Der Heerrufer des Königs (Bariton)
  • Vier brabantische Edle (zwei Tenöre, zwei Bässe)
  • Vier Edelknaben (zwei Soprane, zwei Alt)
  • Herzog Gottfried, Elsas Bruder (stumme Rolle)
  • viel Chor

Vorbemerkung

Die Handlung spielt zur Zeit König Heinrichs I. (des Voglers) in Antwerpen im Herzogtum Brabant. (Eigentlich kam es zur Gründung dieses Herzogtums erst einige Jahrzehnte später, der Handlung tut dies jedoch keinen Abbruch.)

Es ist die Zeit der kriegerischen Auseinandersetzung mit den Ungarn. König Heinrich versucht, die regionalen Fürstentümer dazu zu bewegen, sich an den bevorstehenden Kämpfen zu beteiligen. Deswegen kam er auch nach Brabant („Komm ich zu Euch nun, Männer von Brabant, zur Heeresfolg' nach Mainz Euch zu entbieten“), was angesichts dessen, dass die Kriegsgefahr die östlichen Gefilde des Reiches betrifft, Brabant jedoch im äußersten Westen gelegen ist, eine politisch heikle Mission darstellt („Ob Ost, ob West, das gelte allen gleich: was deutsches Land heißt, stelle Kampfesscharen“) und historisch auch nicht korrekt ist. Diese historischen Rahmenbedingungen sind jedoch nur ein äußerlicher Rahmen für die Handlung des Dramas. Der zentrale Konflikt des Werks ist das Zusammenprallen der christlich bestimmten mittelalterlichen Weltsicht mit dem noch latent untergründig vorhandenen (und in der Figur der Ortrud zum Ausdruck kommenden) germanischen Heidentum. Der überirdischen und idealen Welt des Grals, aus der auf magische Weise der Titelheld gesandt wurde, steht ein irdisches Jammertal, eine kriegerische Situation gegenüber, eine Welt des Unfriedens und des Misstrauens, von dem auch "reine" Seelen wie die Figur der Elsa nicht verschont bleiben.

Vorspiel und Erster Aufzug

Zu Beginn der Oper, im musikalischen Vorspiel, wird die Aura des Grals, weithin in lichtem A-Dur gehalten, ausgebreitet.

Dies kontrastiert mit einem kräftigen und ebenso irdischen C-Dur zu Beginn des ersten Aufzugs. Der Heerrufer verkündet die Ankunft König Heinrichs. Heinrich, der eigentlich einen Heerzug organisieren möchte, erfährt nun von Friedrich, Graf von Telramund, dass der Herzog von Brabant verstorben ist und seine beiden Kinder (Elsa, die Jungfrau, und Gottfried, den Knaben) der Obhut Telramunds anvertraut hat. Gottfried war jedoch bald zum Entsetzen Telramunds verschwunden. Er machte Elsa dafür verantwortlich und entsagte daraufhin dem vom Vater verliehenen Recht („Dem Recht auf ihre Hand, vom Vater mir verliehen, entsagt' ich willig da und gern.“) und vermählte sich mit Ortrud, der letzten Nachfahrin des Friesenfürsten Radbod. Es war aber Ortrud, die Telramund eingeflüstert hatte, sie habe beobachtet, wie Elsa ihren Bruder im Weiher ertränkte.Telramund klagt Elsa des Brudermordes an und erklärt weiter, dass ihm dann auch die Herzogswürde zustehe: „Dies Land doch sprech' ich für mich an mit Recht, da ich der Nächste von des Herzogs Blut. Mein Weib dazu aus dem Geschlecht, das einst auch diesen Landen seine Fürsten gab“.

 
Lohengrins Ankunft in Brabant

Elsa bestreitet die Tat, so dass ein Gottesgericht entscheiden muss. Sie verweist auf einen Traum, ihr werde ein von Gott gesandter Streiter zur Seite stehen. Nachdem der König zum Gottesgericht hat rufen lassen, erscheint tatsächlich, von einem Schwan gezogen, ein fremder Ritter, Lohengrin. Er will nicht nur für Elsa streiten, sondern hält zugleich um ihre Hand an. Beides ist jedoch mit einer Bedingung verknüpft: „Nie sollst du mich befragen, noch Wissens Sorge tragen, woher ich kam der Fahrt, noch wie mein Nam' und Art“. Den Versammelten verkündet Lohengrin, dass Elsa von Brabant schuldlos, Friedrich Graf von Telramund dagegen ein falscher Ankläger sei. Da Telramund dem Drängen einiger Edler, vom Kampfe abzustehen, nicht nachgibt („lieber tot als feig“), kommt es zum Zweikampf, in dem Lohengrin den Grafen von Telramund besiegt.

Telramund ist durch die Niederlage im Zweikampf entehrt. Lohengrin wäre berechtigt, ihn zu töten, verzichtet hierauf aber: „Durch Gottes Sieg ist jetzt dein Leben mein - ich schenk' es dir, mögst du der Reu' es weih'n“. Unter allgemeinem Jubel (und unter Telramunds und Ortruds Wehklagen) sinkt Elsa ihrem Retter in die Arme.

Zweiter Aufzug

Vor dem Palast beklagt Friedrich Graf von Telramund den Verlust seiner Ehre und bezichtigt seine Gattin, ihn zur Falschaussage gegen Elsa verführt zu haben. Ortrud wiederum zeiht ihn der Feigheit gegenüber dem fremden Ritter, in dem sie keineswegs einen von Gott gesandten Helden erblickt, sondern ein Wesen, „das durch Zauber stark“. Den widerstrebenden Telramund („Du wilde Seherin, wie willst du doch geheimnisvoll den Geist mir neu berücken“) überzeugt Ortrud davon, dass ihm Unrecht getan wurde und Lohengrin den Zweikampf nur mit Hilfe eines Zaubers habe gewinnen können. Die beiden beschließen, Elsa zu verleiten, ihrem Helden die verbotene Frage nach „Nam' und Art“ zu stellen – für den Fall, dass dies missglücke, rät Ortrud zur Anwendung von Gewalt gegenüber dem fremden Helden („Jed' Wesen, das durch Zauber stark, wird ihm des Leibes kleinstes Glied entrissen nur, muss sich alsbald ohnmächtig zeigen, wie es ist!“). Kurz darauf erblicken sie Elsa auf dem Balkon ihrer Kemenate; Telramund zieht sich auf Drängen seiner Gattin zurück. Ortrud gibt sich scheinbar reuevoll gegenüber Elsa, die kurz vor ihrer Hochzeit steht, und schafft es tatsächlich, Elsas Mitleid zu erregen und in den Palast eingelassen zu werden. Triumphierend ruft sie die „entweihten Götter“ Wodan und Freia um ihren Beistand an. Arglos ist Elsa nur zu gern bereit, allen und auch Ortrud zu verzeihen. In einem vertraulichen Gespräch vor der Pforte deutet Ortrud an, es könne ein dunkles Geschick sein, aus dem heraus Lohengrin gezwungen sei, seinen Namen zu verbergen. Elsa weist allen Zweifel von sich und nimmt Ortrud zu sich in den Palast.

Ein musikalisches Zwischenspiel leitet über zum Tagesanbruch. Von den Türmen ertönen Trompetensignale. Der Heerrufer des Königs ruft die Brabanter zusammen und verkündet, dass Telramund, wie es die Gesetze erfordern, „weil untreu er den Gotteskampf“ gewagt, in Acht und Bann gefallen sei. Der „fremde, gottgesandte Mann“ aber soll mit dem Herzogtum Brabant belehnt werden: „Doch will der Held nicht Herzog sein genannt; ihr sollt ihn heißen ‚Schützer von Brabant‘ “. Der Heerrufer kündigt an, dass Lohengrin sich noch am selben Tage mit Elsa vermählen werde, um am nächsten Tag die Brabanter anzuführen und gemeinsam dem König auf dem Kriegszug zu folgen. Am Rande der Szene beobachten wir vier brabantische Edle sich um den plötzlich aus seinem Versteck aufgetauchten Telramund scharen; sie wollen nicht einsehen, dass sie wegen der räumlich entfernten Bedrohung in den Krieg ziehen sollen. Sie ziehen Telramund in die Kirche. Aus der Burg bewegt sich der Brautzug mit Elsa in der Mitte auf das Münster zu. Er hat gerade die Stufen vor dem Portal erreicht, da vertritt Ortrud Elsa den Weg und verlangt den Vortritt für sich mit der Begründung, dass sie einem geachteten Geschlecht entstamme, während Elsa noch nicht einmal in der Lage sei, den Namen ihres Gatten zu nennen. Elsa weist sie unter Hinweis auf die Reichsacht, der ihr Gatte verfallen sei, zurück. König Heinrich erscheint mit Lohengrin, und Ortrud muss vor Lohengrin zurückweichen. Der Hochzeitszug ordnet sich erneut; da erscheint der geächtete Telramund und klagt Lohengrin des Zaubers an, aber die Klage wird abgewiesen. Der Geächtete redet auf Elsa ein, die verbotene Frage zu stellen, doch Elsa ringt sich zu einem erneuten Vertrauensbeweis gegenüber ihrem Helden durch. Der Hochzeitszug zieht mit Lohengrin und der verunsicherten Elsa ins Münster ein.

Dritter Aufzug

Elsa ist mit Lohengrin vermählt. In der Hochzeitsnacht kommt es zum ersten vertraulichen Gespräch der beiden. Elsa will Lohengrin versichern, dass sie auch dann zu ihm halten würde, wenn Ortruds Verdacht zuträfe. Lohengrin möchte sie beruhigen und weist auf seine hohe Herkunft hin, die er für sie aufgab („Das einz'ge, was mein Opfer lohne, muss ich in Deiner Lieb' ersehn“ und „aus Glanz und Wonne komm' ich her“), was Elsa erst recht befürchten lässt, ihm nicht zu genügen und ihn eines Tages zu verlieren. Und so fragt sie den Ritter nach seinem Namen. In diesem Moment dringt Telramund in das Gemach ein und es kommt zu einer Neuauflage des Kampfes, in dessen Verlauf Lohengrin Telramund erschlägt.

Auf Lohengrins Geheiß kommen die Edlen Brabants vor dem König zusammen. Vor dem König und allem Volk nennt er in der sogenannten Gralserzählung seinen Namen und seine Herkunft vom Gral - und dass er nun, nachdem Elsa gegen ihr Versprechen die Frage nach seiner Herkunft gestellt und das Vertrauen gebrochen habe, nicht länger in Brabant verweilen und insbesondere den Feldzug nicht leiten könne. Der König werde aber dennoch die Ungarn besiegen: „Doch, großer König, lass mich Dir weissagen: Dir Reinem ist ein großer Sieg verliehn.“ An Elsa gewandt berichtet Lohengrin weiter, dass es nur eines Jahrs bedurft hätte, und Gottfried wäre nach Brabant zurückgekehrt.

Trotz Elsas Flehen und des Königs Drängen kann Lohengrin nicht bleiben. Schon naht der Schwan, um ihn abzuholen. In schrecklichem Triumph ruft Ortrud aus, sie habe den Schwan wohl als den verschwundenen Gottfried erkannt, den sie selbst einst verzaubert habe: „Am Kettlein, das ich um ihn wand, ersah ich wohl, wer jener Schwan: es ist der Erbe von Brabant!“

Auf Lohengrins Gebet wird Gottfried bereits jetzt, noch vor Ablauf der Jahresfrist erlöst. Der Kahn, in dem Lohengrin unendlich traurig (Regieanweisung) scheidet, entfernt sich. Ortrud sinkt mit einem Schrei tot zu Boden, Elsa stirbt an psychischer Erschöpfung, das Volk (Chor) gibt sein Entsetzen "Weh! Ach!" kund. Trotz dieser Düsternis wendet sich die Musik in hoffnungsvolles Dur. - Ein Zeichen, dass jenseits der strengen Gesetze des Grals auch für Lohengrin und Elsa eine glücklichere Wiederbegegnung warten mag?

Entstehung

 
1933 errichtete man im Liebethaler Grund in der Nähe von Graupa das weltweit größte Denkmal zu Ehren Wagners.

Die erste Idee zur Oper kam Wagner 1842 in Paris: Durch eine Abhandlung von C.T.L. Lucas über den Sängerkrieg auf der Wartburg wurde er auch auf das Lohengrin-Epos und die damit verbundene Parzival-Dichtung Wolfram von Eschenbachs aufmerksam. Einzelne Züge des Werks entnahm Wagner auch anderen Quellen. So ist der Konflikt zwischen Elsa und Ortrud vor dem Münster dem Streit der beiden Königinnen im Nibelungenlied nachgebildet. Im Sommer 1845, während eines Kuraufenthalts in Marienbad, schrieb Wagner den Entwurf zur Oper nieder und begann sofort mit der Ausarbeitung des Textbuchs. Im Mai 1846 ging er an die musikalische Arbeit, die Kompositionsskizze war bereits Ende Juli beendet, die vollständige Partitur des Werks wurde am 28. April 1848 abgeschlossen. Um Ruhe für die Komposition zu haben, zog sich Wagner, der damals noch Hofkapellmeister in Dresden war, zwischenzeitlich für einige Wochen in das so genannte Schäfer'sche Gut, ein typisch sächsisches Großbauernhaus dieser Zeit, in Graupa nahe der Stadt Pirna zurück. Während unbeschwerter Wanderungen in der Natur, u.a. ins nahe Liebethal, fand er Ruhe und Ablenkung von seinen materiellen Sorgen.