Karl (Österreich-Ungarn)

Kaiser von Österreich und König von Ungarn
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Karl I. Franz Joseph (* 17. August 1887 in Persenbeug, † 1. April 1922 in Funchal auf Madeira) war von 1916 bis 1918 der letzte Kaiser von Österreich bzw. als Karl IV. König von Ungarn (Österreich-Ungarn).

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Karl I. Franz Joseph

Abstammung und Familiäres

Karl war der älteste Sohn von Erzherzog Otto (18651906). Sein Großvater Erzherzog Karl Ludwig (18331896) war ein Bruder von Kaiser Franz Joseph I.; damit war Karl dessen Großneffe. Ottos älterer Bruder und damit Karls Onkel war der 1914 in Sarajevo ermordete Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand.

Nachkommen

Am 21. Oktober 1911 heiratete Karl in Schwarzau am Steinfeld (Niederösterreich) Zita von Bourbon-Parma, mit der er acht Kinder hatte.

  • Otto von Habsburg (* 1912)
  • Adelheid (1914-1971)
  • Robert (1915-1996)
  • Felix (* 1916)
  • Karl Ludwig (* 1918)
  • Rudolf (* 1919)
  • Charlotte (1921-1989)
  • Elisabeth (1922-1993)

Herrschaft (1916–1918)

Da sein Onkel Franz Ferdinand seit 1900 in einer morganatischen ("Ehe zur linken Hand", also nicht standesgemäßen) Ehe verheiratet war und dessen Kinder deshalb von der Thronfolge ausgeschlossen waren, ließ sich nach dem Tod von Karls Vater Otto bereits 1906 absehen, daß Karl als nunmehr nächster in der Thronfolge dereinst den Thron erben würde. Nach der Ermordung Franz Ferdinands wurde er 1914 Erzherzog-Thronfolger. Nach dem Tod von Kaiser Franz Joseph bestieg er 1916, mitten im Ersten Weltkrieg den Thron.

Anders als alle anderen Kriegsherren nahm er, auch durch häufige Frontbesuche, größten Anteil an der Kriegführung und setzte bald den Generalstabschef Conrad von Hötzendorf ab. Durch seinen vertieften Einblick erkannte er die Aussichtslosigkeit der Lage der Mittelmächte immer deutlicher. Deshalb versuchte er schon im Frühjahr 1917, ohne seine deutschen Verbündeten zu informieren, über seinen Schwager Sixtus erfolglos mit der Entente zu Verhandlungen über einen Separatfrieden zu gelangen (siehe: Sixtus-Affäre). Das Vorhaben scheiterte einerseits an der französischen Hoffnung auf einen Sieg im Felde (Amerika stand kurz vor Kriegseintritt), anderseits an den unverschämten Forderungen Italiens. Nach dem nachträglichen Bekanntwerden der Geheimverhandlungen 1918 mußte Karl nach Spa zum Canossagang vor dem deutschen Kaiser Wilhelm II. antreten; aus der "Gemeinsamen" wurde die "Oberste Heeresleitung", die hauptsächlich von der deutschen Generalität (Hindenburg, Ludendorff) bestimmt war und in der Karl, wie schon zuvor Wilhelm, kaum noch Einfluß hatte.

Innenpolitisch war Karl 1916 im Gegensatz zu Franz Ferdinands Plänen sofort bereit gewesen, sich (als "Karl IV." bzw. ungar. "IV. Károly") zum König von Ungarn krönen zu lassen, ohne als Bedingung dafür die dringend erforderlichen Änderungen in der ungarischen Verfassung hin zu einer Autonomie für die unterdrückten nationalen Minderheiten durchzusetzen. Seit damals waren ihm die Hände in der ungarischen Reichshälfte weitgehend gebunden.

Auch die Versuche im Oktober 1918, wenigstens die österreichische Reichshälfte zu einem Bundesstaat mit weitgehender Autonomie für die einzelnen Völkerschaften umzuwandeln, kamen zu spät.

Angesichts des völligen militärischen Zusammenbruchs und der inneren Auflösung der Donaumonarchie verzichtete Karl am 11. November 1918 in der österreichischen Reichshälfte "auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften" bzw. am 13. November zeitweilig auf die Ausübung seiner Herrscherrechte in Ungarn. Anders als Wilhelm II. dankte er also bewußt nicht formell ab und entband auch die Soldaten nicht ihres Treueeids.

Im Exil (1918–1921)

Nach einem kurzen Aufenthalt auf Schloss Eckartsau im Marchfeld konnte er über Vermittlung des englischen Königs Georg V. (England), der ihm das Schicksal des russischen Zaren Nikolaus II. ersparen wollte, durch das mittlerweile Republik gewordene Österreich in die Schweiz ausreisen. Noch vor dem Grenzübertritt widerrief er seine Verzichtserklärung vom 11. November.

Im Schweizer Exil (zunächst in Prangins am Genfersee) hielt Karl eifrig Kontakt zu legitimistischen Kreisen, vor allem in Ungarn, wo schon 1919 nach einem kurzen republikanischen Intermezzo wieder die Monarchie hergestellt und am 1. März 1920 der habsburgtreue Miklós Horthy zum Reichsverweser gewählt worden war. Zwar hatte Karl diesem versprochen, ihn über seine Pläne zu informieren und erst nach einer Beruhigung der politischen Lage zurückzukehren, doch vertraute er lieber dem Urteil seiner Berater, insbesondere dem Obersten Anton Lehár (dem Bruder des Komponisten Franz Lehár), die Zeit für eine Restauration der Habsburger sei reif. So kehrte er, ohne dies Horthy wissen zu lassen, inkognito zu Ostern 1921 nach Budapest zurück und verlangte vom Reichsverweser ultimativ den Rücktritt. Dabei pochte er nur auf Horthys Treueeid, ohne dessen Einwände über innenpolitische Schwierigkeiten und v. a. über eine drohende Intervention der Entente bzw. eine Kriegserklärung der Nachfolgestaaten Tschechoslowakei, Rumänien und Jugoslawien ernst zu nehmen. Erst nach einer Woche Aufenthalt in Szombathely (Steinamanger) in Westungarn konnte er von der Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen überzeugt werden und reiste in die Schweiz zurück, wo sich die Familie nun in Schloss Hertenstein bei Luzern niederließ.

Schon am 20. Oktober 1921 startete Karl, wiederum ohne den ihm mittlerweile ohnehin suspekt gewordenen Horthy zu informieren, einen zweiten Versuch und flog mit Zita mit einer Junkers F 19 nach Sopron (dt. Ödenburg). Dort hatten Legitimisten unterdessen damit begonnen, noch vom Abwehrkampf gegen die Abtretung des Burgenlandes an Österreich dort stationierte Freischärler und andere kleine Truppenkontingente zu einem Heer zusammenzustellen; da das Telegramm mit der Meldung von Karls Ankunft allerdings einen Tag zu spät eintraf, verzögerte sich der Abmarsch entscheidend. In der Folge entwickelte sich der Marsch nach Budapest zu einem Triumphzug, der Rückkehr Napoleons aus Elba nach Paris 1814 nicht unähnlich. Das langsame Tempo des Vorrückens gab jedoch dem zunächst schwankenden Horthy Zeit, auf die Drohungen der Ententemächte hin seinerseits Truppen zusammenzuziehen. In Budaörs (dt. Wudersch), einem Vorort von Budapest, kam es am 23. Oktober 1921 zu einem kleinen Scharmützel, bei dem 19 Soldaten umkamen. Da somit klar geworden war, dass der Restaurationsversuch in einem Bürgerkrieg enden würde, kapitulierte Karl gegen die Meinung seiner militärischen Ratgeber.

Nach einer kurzen Internierung in der Abtei Tihany am Plattensee wurde Karl am 3. November mit seiner Familie an Bord des britischen Schiffes "Glow-worm" außer Landes gebracht.

Wenige Stunden später wurde im ungarischen Parlament ein Gesetzesentwurf eingebracht und am 6. November angenommen, wonach die Habsburger endgültig für abgesetzt erklärt wurden.

In seinen letzten Lebensmonaten war er in Monte oberhalb von Funchal auf der portugiesischen Insel Madeira im Exil, wo er am 1. April 1922 knapp fünfunddreißigjährig verstarb. Seit der Beisetzung von Zita 1989 in der Wiener Kaisergruft wartet dort ein Platz auf den letzten österreichischen Kaiser. Seine Familie, vor allem sein Sohn Otto von Habsburg stimmte dem aber nicht zu, da er es als Affront gegenüber der Bevölkerung von Madeira empfindet, die Karl in seinen letzten Monaten sehr geholfen hatte.

Würdigung

Nach ungenügender Vorbereitung, ohne eigenes Konzept und zu spät zur Herrschaft gelangt, war Karl I. in seinem politischen Wirken zwar guten Willens und friedliebend, aber geistig seiner riesigen Aufgabe in keiner Weise gewachsen. Aus diesen Gründen konnte er die Fehler seines Vorgängers Franz Joseph I. nicht mehr kompensieren und den Zusammenbruch seines Vielvölkerreiches nicht verhindern. Es bleibt umstritten, inwieweit er persönlich für den Einsatz von Giftgas in der 12. Isonzoschlacht (bei Caporetto/Karfeit 1917; über 40.000 Italiener starben) verantwortlich ist, zumindest hat er ihn nicht verhindert. Jedoch verbot Karl danach explizit jeden Einsatz von Giftgas innerhalb des Befehlsbereichs der k.u.k.-Armee.

In der überholten Idee vom Gottesgnadentum des Monarchen gefangen, konnte er sich nicht dazu überwinden, dem Beispiel Wilhelms II. zu folgen und definitiv abzudanken.

Im Exil war er als typischer Emigrant für die in der Heimat mittlerweile eingetretenen Veränderungen blind und stand völlig unter den Einfluss legitimistischer Kräfte.

Seligsprechung

Die ersten Bestrebungen zur Seligsprechung wurden bereits von Kardinal Innitzer initiiert. 1954 wurde der Seligsprechungsprozess für Karl begonnen, durch die "Kaiser-Karl-Gebetsliga für den Weltfrieden" unter dem Vorsitz von Bischof Kurt Krenn wesentlich gefördert und am 20. Dezember 2003 zum Abschluss gebracht. Die Heiligsprechungskongregation veröffentlichte in Anwesenheit von Papst Johannes Paul II. ein Dekret, das eine auf Anrufung des Verstorbenen geschehene wunderbare Heilung – die notwendige Voraussetzung für die Seligsprechung – anerkennt. Karl soll posthum 1960 Maria Zita Gradowska, eine schwer kranke, in Brasilien wirkende Nonne aus Polen, die ihn in ihren Qualen angerufen hatte, von ihren Krampfadern geheilt haben. Die Seligsprechung des früheren Monarchen, ein nicht alltägliches Ereignis, fand am 3. Oktober 2004 statt.

Die Umstände der Seligsprechung, die umstrittene Persönlichkeit des Fürsprechers Kurt Krenn und die Anwesenheit hoher politischer Würdenträger der Republik an der Zeremonie – die offizielle Delegation wird von Nationalratspräsident Andreas Khol angeführt – sorgten in Österreich für einige Diskussionen. Pikantes Detail am Rande: Tschechien schickte als Gesandten ausgerechnet den Bischof von Königgrätz – Ort der schwersten Niederlage Österreichs 1866 gegen Preußen.

Siehe auch

Vorgänger:
Franz Joseph I.
Kaiser von Österreich-Ungarn Ende der Monarchie 1918