Karl Mayer (Politiker, 1878)

Oberbürgermeister von Neuburg an der Donau
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Karl Mayer (* 16. Dezember 1878 in Ludwigshafen am Rhein; † 18. Oktober 1951 in München). Bürgermeister von Donauwörth (1908-1915) und Oberbürgermeister von Neuburg an der Donau (1915-1933). Als Vorsitzender Richter der 10. Spruchkammer in München verurteilte Mayer 1946 in einem Entnazifizierungsverfahren den Verräter der Geschwister Scholl, Jakob Schmid, zu fünf Jahren Haft. Mayer war Schwiegervater von Renatus Sachs.


Kindheit, Jugend und Studium

Karl Mayer war das erste Kind des Postbeamten Emil Mayer (1849-1900) und von Rosa geb. Melber (1854-1906). Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität München (1898-1900) und der Universität Erlangen (1900-1902) und dem Militärdienst (1902]-1903) legte er 1906 die große Staatsprüfung (zweite Prüfung für den höheren Justiz- und Verwaltungsdienst) ab und arbeitete zunächst als Rechtsanwalt in Würzburg. 1907 heiratete er Anna geb. Vogt.


Bürgermeister in Donauwörth

Am 30. Dezember 1907 wurde der Franke Karl Mayer einstimmig zum rechtskundigen Bürgermeister der "kreisunmittelbaren" Stadt Donauwörth gewählt - eine Stelle, die er zum 29. Februar 1908 antrat. Seit 1909 war Karl Mayer Mitglied es schwäbischen Landrats und des schwäbischen Oberversicherungsamts.


Oberbürgermeister in Neuburg an der Donau

Mayer wurde am 20. November 1915 zum Bürgermeister der Garnisonsstadt Neuburg an der Donau gewählt und - nach der Umwandlung von Bayern in eine Republik - am 14. Juli 1919 wiedergewählt. Unter dem 22. Dezember 1927 verlieh ihm das Staatsministerium des Innern den Titel Oberbürgermeister.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Mayer 1933 von den Nationalsozialisten abgesetzt, da Justizinspektor Mündler (1896-1945 (Selbstmord)), Kreisleiter und ab 1. Juli 1933 auch Gauinspektor der NSDAP sowie seit 1933 bereits Zweiter Bürgermeister, das Amt des Ersten Bürgermeisters für sich selbst beanspruchte. Mayer ging in den Ruhestand.


Erzwungener Ruhestand

In seinem Ruhestand, den er von Januar 1934 an in München verbrachte, beschäftigte sich Mayer als juristischer Schriftsteller. Unter anderem wirkte er mit an einem Werk "Gesetzesanzeiger", das im Verlag von Richard Boorberg in Stuttgart erschien und von Rechtsanwalt Dr. Volkhardt, dem früheren Bürgermeister von Kaufbneuren, herausgegeben wurde. Mit seinem älteren Sohn, dem Regierungsrat Dr. Edi-Günter Mayer, gab er (unter dem Namen des Sohnes) ein "Deutsches Namenesrecht" heraus (München 1939, Rehm-Verlag). Er arbeitete auch sonst für den Rehm-Verlag und den Kommunalschriftenverlag, meist ohne Nennung des Verfassers.


Richter in Entnazifizierungsverfahren

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erließ die amerikanische Militärregierung 1946 ein "Befreiungsgesetz" (Denazifizierungsgesetz) und errichtete Spruchkammern, Berufungskammern, Hauptkammern, einen Kassationshof und ein "Sonderministerium", für die sie unbescholtene deutsche Juristen suchte. Karl Mayer meldete sich und wurde am 16. April 1946 als Vorsitzender der 10. Münchener Spruchkammer vereidigt. In dieser Kammer hatte Mayer die erste öffentliche Spruchkammersitzung in München zu leiten. Angeklagt waren der ehemalige Hausdiener der Universität Jakob Schmid, der die Geschwister Scholl beim Werfen hitlerfeindlicher Zettel überrascht und dem damaligen Hausmeister der Universität Albert Scheithammer zugeführt hatte; beide hatten die Geschister Scholl zu dem damaligen Syndikus und Abwehrbeauftragten der Universität Dr. Häffner Gebracht. Die Geschister Scholl waren daraufhin wegen Vorbereitung zum Hochverrat zum Tode verurteilt und am 22. Februar 1943 in Stadelheim hingerichtet worden. Schmid, SA-Mitglied seit 1933, Parteigenosse seit 1934 und kleiner Parteibeamter, war für seine Tat vom Gauleiter Giesler durch einen Händedruck bedankt, mit 3.000 RM belohnt und zum Truppführer ehrenhalber ernannt worden.

Die Hauptverhandlung fand am 15. Juni 1946 in Gegenwart des Obersten Keller von der amerikanischen Militärregierung, des bayerischen Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner, der Minister Seifried und Roßhaupter, des Ministers im Sonderministerium Schmidt und des Chefs der Bayerischen Landpolizei statt. Der Vorsitzende Mayer begann mit einer Ansprache, in welcher er den Amerikanern für das Vertrauen dankte, das sie dem deutschen Vok bewiesen, indem sie die Durchführung des Befreiungsgesetzes in deutsche Hände legten. Er sagte: "Wir wollen uns dieses Vertrauens würdig erweisen und wollen keine Vergeltung, keine Rache, sondern Recht sprechen."

Die Verhandlung dauerte vier Stunden, die Beratung eine halbe Stunde. Schmidt wurde als "Hauptschuldiger" auf fünf Jahre in ein Arbeitslager eingewiesen.

Die Sache erregte großes Aufsehen. Die Wochenschau berichtete mit einem Film über sie. In der Süddeutschen Zeitung (Nr. 46 und Nr. 49, 1946) erschien ein Bild des Gerichts und ein näherer Bericht. Ministerpräsident Hoegner äußerte mündlich, an der Verhandlungsführung des Vorsitzenden, der zum ersten Mal eine Gerichtsverhandlung geleitet hatte, habe er nichts auszusetzen gefunden.

Mayer wurde als "der Oberbürgermeister" allgemein bekannt. Sein Bemühen um Sachlichkeit und vernünftige Beurteilung der Fälle verschaffte ihm Achtung und Ansehen. Mit Urkunde vom 20. November 1946 wurde er zum Vorsitzenden der Berufungskammer in München ernannt.

Mit "Sondervertrag" vom 24. November 1947 wurde Mayer als Senatsvorsitzender beim Kassationshof in das Staatsministerium für Sonderaufgaben mit Wirkung vom 1. Oktober 1947 berufen.


Verwaltungstätigkeiten im Sonderministerium

Nach der Auflösung des Kassationshofes wurde Mayer für Verwaltungsaufgaben im Sonderministerium herangezogen, wo er neben dem Staatssekretär Camille Sachs, mit dem zusammen er einst als Rechtspraktikant tätig gewesen war, arbeitete. Längere Zeit war er auch Leiter der Personalabteilung des Sonderministeriums, bevor er sich im Juli 1951 endgültig in den Ruhestand zurückzog.


Literatur

  • E. Günter Mayer (Mitverfasser Karl Mayer): Leitfaden für das Polizeirecht, Münchener Verlagsbuchhandlung; Auflage: 3., überarb. Aufl. (1949) (ASIN: B0000BLF7M).