Vorgeschichte und Organisation
Im Jahre 1393 waren alle bulgarischen Gebiete durch das Osmanische Reich erobert, diese Besetzung dauerte bis zur „Türkenbefreiung“ 1878 an. Beeinflusst von der Entwicklung von Nationalstaaten und nationalen Identitäten in Westeuropa entstand auch in Bulgarien der Wunsch nach „nationaler Befreiung“[1][2] .
Von 15 bis 25. Dezember 1875 traf sich in der rumänischen Stadt Giurgiu an der Donau das dortige bulgarische Revolutionskomitee mit Vorsitzender „Apostel“ Stefan Stambolow[1]. Nach der Erkenntnissen von Wasil Lewski, dass ein nationalen Befreiungskampf nur mit der Verlagerung der Aufstandsvorbereitungen nach Bulgarien mit ein Netz von revolutionären Komitees erfolgreich seien kann, wurde von Revolutionskomitee in Giurgiu eine wichtige Entscheidung getroffen: Vorbereitung und Durchführung eines Aufstandes innerhalb Bulgariens, dass zur endgültigen Befreiung von der türkischen Herrschaft führen sollte. Der Aufstand sollte viel länger vorbereitet werden als der fehlgeschlagene und blutig geendete „Stara Sagora Aufstand“. Weitere Entscheidung die von den Ideen Lewskis beeinflusst war die bulgarische Ländereien in Revolutionären Regionen/Komitees (bulg. революционни окръга) zu unterteilen. Laut Stojan Zaimow und Nikola Obretenow waren es vier, laut Sahari Stojanow[3] waren es fünf Revolutionären Regionen. An jeder der Regionen sollte ein Hauptapostel der Verantwortlicher sein.
Die Rolle des Hauptrevolutionären und Koordinationszentrum wurde der „Erste Revolutionäre Region von Tarnowo“ übertragen. Dieser Revolutionären Region umfasste die Gebieten um Weliko Tarnowo, Sewliewo, Gabrowo und Trojan. Hauptverantwortlicher war der Apostel Stefan Stambolow mit Christo Karaminkow-Bunito und Georgi Izmirliew-der Mazedone, als Helfer. Die „Zweite Revolutionäre Region “ umfasste die Regionen um Sliwen, Jambol und Kotel. Apostel hier war Ilarion Dragostinow mit Georgi Obretenow als militärischen Ausbilder und Strahil Wojwoda als weiteren Helfer. Die „Dritte Revolutionäre Region von Wraza“ sollte die Regionen um Sofia und Wraza und Nordmakedonien umfassen. Hauptverantwortlicher hier war Stojan Zaimow mit Georgi Apostolow, Nikola Obretenow und Nikola Slawkow als Helfer. Das „IV Revolutionären Komitee von Plowdiw“ war mit Zentrum Panagjurischte. Hautapostel war Panajot Wolow mit Georgi Benkowski als Helfer. Später wurden als Helfer noch Sahari Stojanow und Georgi Ikonomow herangezogen.[3] Im Winter 1875/76 wurde an der Vorbereitung gearbeitet[1].
Anfang April trat in Oborischte am Südhang des Balkans eine Versammlung zusammen, die als erste bulgarische Nationalversammlung in die bulgarische Geschichte einging. Die 64 Delegierten beschlossen, am 26. April loszuschlagen. Die Bevölkerung stimmte begeistert zu[3].
Durchführung
Am 2. Mai 1876 (20. April) brach der Aufstand aus. Das Regierungsgebäude in Kopriwschtiza und Panagjurischte, der Konak, in dem sich türkisches Militär verschanzt hatte, wurde gestürmt. Die Rebellion griff auf Klisma, Brazigowo, Batak und Peruschtiza über. Mancherorts brachen Einzelaufstände plötzlich, planlos und führerlos aus. Gegen die rebellierende Bevölkerung wurden insgesamt 80.000 türkischen Freischärlern (Başı Bozuk) und Tscherkessen und 10.000 Reguläre türkische Kräfte geschickt. Während der Kämpfe wurde die ganze Region Opfer von den marodierenden türkischen Freischärlern Başı Bozuk und Tscherkessen[2][3].
Am 22. April 1876 wurde die Freiheit in Batak verkündet. Batak war für die folgenden zehn Tage eine freie und unabhängige Republik, die unter der Leitung des Revolutionskomitees stand. Am 30. April wurde Batak von einer osmanischen Armee aus 8000 Soldaten umzingelt. Der Kampf dauerte fünf Tage und Nächte und erstreckte sich auf den Ort Galagonkata, auf Bogdans Haus, auf die Schule Kyrill und Method und auf die Kirche „Sweta Nedelja". Diese Kirche war die letzte Festung des Aprilaufstandes und ist das einzige erhalten gebliebene Gebäude von damals. Es folgte einer der der grausamste Teil des Ausstandes - Das Massaker von Batak[3].
Vom 29. April bis zum 7. Mai führten im Erzengel-Michael-Kloster im Tal des Flusses Drjanowo 200 Aufständische einen verzweifelten Kampf gegen die Übermacht der türkischen Armee
Am 28. Mai bestieg Botew mit 205 Mitgliedern seiner Tscheta in Giurgiu das österreichische Schiff „Radetzki“ und zwang am folgenden Tag den Kapitän, am anderen Ufer bei Kozloduj anzulegen. Am 1. Juni fand Botew durch die Hand eines türkischen Scharfschützen den Tod und seine Tscheta wurde aufgerieben. Ein Ort nach dem anderen fiel in die Hände der türkischen Armee. Mehrere tausend Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, wurden bestialisch ermordet. Viele wurden bei lebendigen Leib in den Dorfkirchen verbrannt. Der Aprilaufstand endete mit einer Katastrophe und kostete zwischen 30.000 und 60.000 Menschen das Leben.[2]
Auswirkungen und Konsequenzen
Doch die Brutalität, mit der der Aufstand niedergeschlagen wurde, sowie die Gräuel, die dabei an die Zivilbevölkerung verübt wurden, führten zu einem Aufschrei in Europa. Ganz Europa war entsetzt über die Fotos in den Zeitungen, auf denen haufenweise Leichen von verbrannten und ermordeten Menschen zu sehen waren. In der französischen Nationalversammlung hielt Victor Hugo eine Rede gegen die Grausamkeit der türkischen Regierung. In Italien wurde Bulgarien durch Garibaldi zum Thema von Demonstrationen gemacht. In Russland erhoben u.a. Tolstoj, Dostojewski und Turgenew ihre Stimme. In Großbritannien verfasste Gladstone sein Pamphlet "Bulgarian Horrors and the Question of the East", in dem er das barbarische Niederschlagen des Aufstandes schilderte und die Politik der Disraeli-Regierung hinsichtlich der sogenannten Ostfrage heftig kritisierte. Auch Oscar Wilde widmete sein 6. Sonnet den tausenden bulgarischen Zivilisten, die in den Massakern ihr Leben verloren hatten. In Konstantinopel wurde eine internationale Konferenz einberufen. Dabei schlugen die europäischen Politiker eine Reihe von Reformen im Osmanischen Reich vor. Der Sultan weigerte sich jedoch, diese durchzuführen. Darauffolgend erklärte im April 1877 Zar Alexander II. dem Osmanischen Reich den Krieg mit dem Ziel, „die Bulgaren und andere Balkanvölker zu befreien“. 1878 erlangte in Folge des Russisch-Osmanischen Krieges (1877-1878) Bulgarien die nationale Unabhängigkeit.
Einzelnachweise
Literatur
- Hans-Joahim Härtel / Roland Schönfeld: Bulgarien - Vom Mittelalter bis zur Gegenwart., Regensburg,Friedirch Puste Verlag, 1998, S.92-93, ISBN 3-7917-1540-2
- Edgar Hösch / Karl Nehring / Holm Sundhaussen (Hrsg.): „Lexikon zur Geschichte Südosteuropas“, Wien/Köln/Weimar, Böhlau Verlag 2004, ISBN 3-205-77193-1 (Böhlau)
- Sahari Stojanow (Hrsg.): „Chronik der bulgarische Aufstä̈nde von 1875/1876“, Berlin, Rütten und Loening Verlag 1978
- Georgi Bakalow / Petar Angelow / Dimitar Zanew: „Istorija na Balgarija“ (aus dem bulg. Geschichte Bulgariens), Sofia, Bulwest 2000 Verlag, 1993, ISBN 954-8112-67-7