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Wittenberge ist eine amtsfreie Stadt im Nordwesten Brandenburgs und der größte Ort in der Prignitz.
Geografie
Wittenberge liegt im nordwestlichen Brandenburg in der Prignitz, ca. 11 km südwestlich der Kreisstadt Perleberg. Dort liegt sie am nördlichen Ufer der Elbe direkt an der Einmündung der Stepenitz und der Karthane in diesen Strom. Die Stadt liegt ungefähr auf der Hälfte der Strecken Berlin-Hamburg und Rostock-Magdeburg.
Stadtgliederung
Zu Wittenberge gehören außerdem die Ortsteile Bentwisch, Garsedow, Hinzdorf, Lindenberg, Lütjenheide, Schadebeuster und Zwischendeich.
Geschichte
Wittenberge soll 1226 in einer Urkunde, die nur als Transsumpt in einer Originalurkunde des Markgrafen Friedrich d. J. von Brandenburg vom 15. Februar 1463 vorliegt, erstmals urkundlich erwähnt worden sein. In der besagten Urkunde verfügten die Markgrafen Johann und Otto von Brandenburg, dass niemand eine Schiffsfähre auf der Elbe zwischen der Stadt Werben (Elbe) und „Wittemberge“ unterhalten darf. Hermann Krabbo bezeichnete 1910 die Urkunde von 1226 als Fälschung, was durch Forschungen im Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt im Januar 2006 bekräftigt wurde. Eine weitere urkundliche Erwähnung findet sich am 29. Oktober 1239. Damals unterschrieb ein Zeuge eine Urkunde mit „prepositus de uittenberge“. Ferner wurde Wittemberg am 22. Juli 1300 urkundlich erwähnt, als der Stadtherr Otto I. Gans die Rechte Wittenberges als Stadt bestätigt.
Die Stadt fiel 1686 und 1757 verheerenden Bränden und 1709 und 1761 Elbdeichbrüchen zum Opfer. 1820 legte das erste Dampfschiff der Berlin-Hamburg Passagierlinie im Hafen von Wittenberge an. Der industrielle Aufschwung der Stadt wurde 1823 durch den Bau einer Ölmühle (1823–1935: Herzsche Ölmühle, 1942–1946: Märkische Ölwerke Wittenberge AG, 1946–1990: VEB Märkische Ölwerke Wittenberge) durch den Kaufmann Salomon Herz begründet. Die Fertigstellung des Elbhafens im Jahre 1835 und der Anschluss an die Eisenbahnlinie Berlin-Hamburg am 15. Oktober 1846 sowie die Fertigstellung der Anschlussstrecken nach Magdeburg zwischen 1847 und dem 25. Oktober 1851, Lüneburg (1874) und Salzwedel (1879) waren ebenfalls entscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt. Der Ölmühle folgten 1846 eine Seifenfabrik, 1849 eine chemische Fabrik und 1875 das Reichsbahnausbesserungswerk.
1903 wurde durch die in New York City ansässige Firma Singer Manufacturing Company eine Nähmaschinenfabrik errichtet, die bis in die 1920er Jahre weitere Ausbauten erfuhr, u. a. durch die größte freistehende Turmuhr auf dem europäischen Kontinent. In dieser Nähmaschinenfabrik wurden bis zum 3. Mai 1945 die „Singer“-Nähmaschinen hergestellt. Während der DDR-Zeit wurde die Nähmaschinenproduktion erfolgreich weitergeführt. Die Nähmaschinen aus Wittenberge hießen jetzt „VERITAS“ und „Naumann“ und wurden ein Weltprodukt. In den 1980er Jahren avancierte der VEB Nähmaschinenwerk Wittenberge zur modernsten Nähmaschinenfabrik der Welt.
1912 erhielt das Baubüro Gropius den Auftrag, im Norden der Stadt die Projekt- und Bauleitung einer großen Arbeitersiedlung zu übernehmen. Um 1914 entstanden auf diese Weise drei Typen von Siedlungshäusern, in denen sich erstmals Gropius' Konzept rationell errichteter Bauten umsetzen ließ. Die Stadt Wittenberge unterließ es, die Bauten unter Denkmalschutz zu stellen, so dass durch die jahrzehntelange Nutzung sowie private Um- und Anbauten der ursprüngliche Zustand verloren ist.
Durch die Ölmühle, Singer und das Bahnwerk sowie den Bau weiterer Fabriken wie 1935 die Norddeutsche Maschinenfabrik und 1937 die Zellstoff- und Zellwollefabrik wurde Wittenberge die wichtigste Industriestadt der Region. Durch den industriellen und damit wirtschaftlichen Aufschwung stieg auch die Einwohnerzahl schnell an. Dies führte zur Ausbreitung des Stadtgebietes. Besonders zwischen der Altstadt und dem ca. 1 km nordöstlich davon errichteten Bahnhof entstanden in mehreren Phasen Wohnungen für Arbeiter. Darunter sind auch etliche Gebäude der Gründerzeit, die nach und nach saniert werden. Besonderes Augenmerk verdient auch das „Haus der Vier Jahreszeiten“ mit seiner Fassade im Jugendstil.
In den Jahren 1912–1914 wurde das Wittenberger Rathaus (Turmhöhe 51 m) errichtet, das in seiner monumentalen Ausführung deutlich den Anspruch der aufstrebenden Industriestadt symbolisiert.
Wittenberge hatte nach 1816 dem Kreis Westprignitz in der preußischen Provinz Brandenburg (Regierungsbezirk Potsdam) angehört. Am 1. August 1922 schied die Stadt Wittenberge aus dem Kreis Westprignitz aus und bildete fortan einen eigenen Stadtkreis.
Die Wiedervereinigung Deutschlands 1990 brachte für die Prignitz und Wittenberge erhebliche wirtschaftliche Veränderungen. Neben dem Nähmaschinenwerk (1991) wurden auch das Zellstoffwerk (1990) und die 1990 in Märkische Ölwerke GmbH Wittenberge umbenannte Ölmühle (18. Januar 1991) geschlossen. Von den großen Betrieben blieb nur das Reichsbahnausbesserungswerk Wittenberge (RAW) als jetziges Instandhaltungswerk der Deutschen Bahn AG erhalten. Aufgrund des damit verbundenen Wegfalls von Arbeitsplätzen kam es zu einer Abwanderung von Einwohnern in erheblichem Ausmaß, deren Ende nicht absehbar ist.
Seit dem Jahre 2000, der 700-Jahrfeier der Stadt, ist Wittenberge der jährliche Austragungsort der überregional bekannten Elblandfestspiele Wittenberge, dem internationalen Festival der Operette und heiteren Bühnenkunst in Deutschland. Es ist damit das bedeutendste Musikfestival dieses musikalischen Genres in Deutschland. Seit 2001 bestehen eine Koproduktion mit dem Rbb-Fernsehen Berlin-Brandenburg und regelmäßige TV-Ausstrahlungen in den dritten Programmen der ARD. Gleichzeitig ist Wittenberge Austragungsort des jährlich stattfindenden „Internationalen Gesangswettbewerbes für Operette – Paul Lincke“ zur Förderung des künstlerischen Nachwuchses im Fach Operette.
Einwohnerentwicklung
(ab 1995 jeweils zum 31. Dezember)
Politik
Stadtverordnetenversammlung
Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Wittenberge besteht aus 28 Stadtverordneten und dem jeweiligen hauptamtlichen Bürgermeister.
(Stand: Kommunalwahl am 26. Oktober 2003)
Bürgermeister
- Klaus Petry (wiedergewählt für 8 Jahre am 17. März 2002)
Städtepartnerschaften
Partnerschaften gibt es mit folgenden Städten:
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Theater
- Das Kultur- und Festspielhaus Wittenberge am Paul-Lincke-Platz
- Elblandfestspiele Wittenberge – das internationale Festival für Operette und heitere Bühnenkunst in Deutschland (jährliche Veranstaltungen in den Sommermonaten)
Kino
- Das Kino „Movie Star“ am Bismarckplatz in der Friedrich-Ebert-Straße 15.
Museen
- Das Stadtmuseum befindet sich in der Alten Burg, dem ältesten Wohnhaus der Stadt.
Bauwerke
- Steintorturm (ältestes Gebäude, ca. 1300)
- Uhrenturm Nähmaschinenwerk (Wittenberge), größte freistehende Turmuhr auf dem europäischen Festland.
- Ehemalige Singer-/Veritas-Nähmaschinenwerke (erbaut 1903)
- Historischer Bahnhof mit großem Gründerzeit-Speisesaal
- Gropiussiedlung im städtischen Norden
- Jugendstilhaus zu den vier Jahreszeiten (Denkmalschutz), Schillerplatz
- Evangelische Kirche in der Altstadt, erbaut 1872
- Historischer Wasserturm mit Trinkhalle
- Neoklassizistisches Rathaus (1912–1914) (Turmbesteigung in der wärmeren Jahreszeit möglich)
- Eisenbahnbrücke (Elbbrücke), längste in der DDR gebaute Eisenbahnbrücke
- Elbebrücke Wittenberge (Straße), längste in der DDR gebaute Straßenbrücke
- Alte Ölmühle zu Wittenberge (Festspielgelände der Elblandfestspiele mit „Elblandbühne“ / Kapazität: ca. 3.500 Besucher, erbaut: 1856)
Parks
- Stadtpark
- Waldfriedhof
- Schützenplatz (Veranstaltungsort für Zirkus, Schützenfest)
Naturdenkmäler
- Elbtalauen
- Elberadweg
- Deichanlagen der Elbe
Regelmäßige Veranstaltungen
- im Juli: Elblandfestspiele Wittenberge, Elbebadetag
- im Mai: Internationale Schießsportwoche
- im Mai: Internationaler Gesangswettbewerb für Operette „Paul Lincke“ Wittenberge
- im Juni: Dixilandfest im Hof des „Marie-Curie-Gymnasium“ Wittenberge
- zu Pfingsten: Country-Music-Festival Wittenberge, auf dem Ölmühlgelände
- im August: Stadt- und Hafenfest
Kulinarische Spezialitäten der Region
Knieperkohl („Saurer Hansen“)
Wirtschaft und Infrastruktur
Verkehr
Der Bahnhof Wittenberge ist Bahnhof an der Strecke Hamburg–Berlin. Ferner verkehren Züge in Richtung Stendal und Magdeburg, sowie nach Berlin-Spandau über Pritzwalk, Wittstock und Neuruppin.
Zuvor verkehrten hier ab 1870 auch die Züge der Bahnstrecke Wittenberge–Lüneburg der Berlin-Hamburger Bahn, die bei Dömitz über die Elbe und über Dannenberg und Lüneburg nach Buchholz führte. Sie sollte ursprünglich der direkten Verbindung Berlin-Bremen dienen, was aber nicht zustande kam. Während der Zeit der DDR war der Bahnhof Wittenberge einer der wichtigsten Bahnhöfe im nordwestlichen Bereich des Netzes der Deutschen Reichsbahn. Noch heute besteht das frühere Reichsbahnausbesserungswerk, welches heute von der Deutschen Bahn betrieben wird.
Mit der geschichtlichen Aufbereitung Wittenberger Eisenbahngeschichte beschäftigt sich der Verein Historischer Lokschuppen Wittenberge e. V.
Öffentliche Einrichtungen
Stadtinformation Wittenberge im Festspielhaus am Paul-Lincke-Platz
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Friedrich Burmeister (1888–1968), Politiker der DDR
- Klaus Havenstein (1922–1998), Schauspieler, Kabarettist und Moderator
- Fried Lübbecke (1883–1965), Kunsthistoriker
- Friedrich Schorlemmer (* 1944), Theologe
- Joachim Tschirner, Dokumentarfilmregisseur und Akzidenz-Schriftsetzer
- Udo Schenk, Schauspieler
- Richard Kruspe, Gitarrist der Industrial Metal-Band Rammstein
- Eugen Hildach, Komponist
- Heiko Reissig, Opernsänger, Schauspieler, Regisseur, Gründer und Intendant der Elblandfestspiele
- Marianne Ammerpohl, Konzertsängerin und Gesangspädagogin / "Nachtigall von Wittenberge"
- Adolf Fritz Guhl, Dirigent und Generalmusikdirektor Rundfunkorchester Leipzig
- Otto Hilgenfeldt, Pionier der deutschen Handchirurgie
- Uwe Potteck (* 1955), Sportschütze, Olympiasieger Montreal 1976 Freie Pistole
- Norbert Klaar (* 1954), Sportschütze, Olympiasieger Montreal 1976 Schnellfeuerpistole
Weitere Persönlichkeiten, die mit der Stadt in Verbindung stehen
- Gans Edle Herren von und zu Putlitz (Stadtgründer)
- Salomon Hertz, jüdischer Kaufmann aus Berlin, Gründer der Wittenberger Ölmühle an der Elbe
- Paul Lincke, Berliner Operettenkomponist (Musikalische Ausbildung an der Wittenberger Stadtpfeiferei unter Rudolph Kleinow von 1882 - 1886)
Sonstiges
Die Stadt erhielt mit den Jahren zwei Identifikationsnamen, den ersten wegen des Nähmaschinenwerkes - „Wittenberge Stadt der Nähmaschinen“ und den zweiten, da die meisten Arbeiter des Nähmaschinen- und des Zellwollwerks, aber auch die der Ölmühle ihren Arbeitsweg mit dem Fahrrad bestritten, „Fahrradstadt Wittenberge“, und seit 2000 zunehmend „Festspielstadt Wittenberge“.
Wittenberge ist beliebter Drehort diverser Filmproduktionen (historische Bausubstanz-Kulissen) u. a.:
- Neger, Neger, Schornsteinfeger mit Veronica Ferres (2005)
- Kleinruppin forever mit Tobias Schenke, in einer Nebenrolle: Heiko Reissig (2004)
- CrazyRace 2 mit Wolke Hegenbarth, Kathy Karrenbauer, Daniel Küblböck, Mundstuhl und Dirk Bach (2004)
- Der Verleger mit Heiner Lauterbach (2001)
- Toter Mann mit Nina Hoss, André Hennicke und Sven Pippig (2001)
- Karbid und Sauerampfer mit Erwin Geschonneck und Marita Böhme (1963), Regie Frank Beyer