Abchasien

Republik mit eingeschränkter Anerkennung
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Die im Süden des Kaukasus an das Schwarze Meer grenzende Abchasische Autonome Republik (georgisch აფხაზეთის ავტონომიური რესპუბლიკა, Apchasetis Awtonomiuri Respublika, abchasisch Аҧсны Аҳәынҭқарра,) gehört zu Georgien, hat sich jedoch für unabhängig erklärt. Hauptstadt ist Sochumi. Die Einwohnerzahl beträgt nach offizieller Schätzung 320.000, laut UNO 200.000. Das Gebiet umfasst eine Fläche von 8.600 km². Das bis auf einen schmalen, landwirtschaftlich genutzten Küstenstreifen gebirgige Land erreicht Höhen von über 4.000 Metern. Die wichtigsten Wirtschaftsfaktoren sind Tabak, Tee, Wein und Obst sowie die Nahrungs- und Genussmittelindustrie.

Das abchasische Parlament, der Oberste Sowjet, erklärte im Juli 1992 Abchasien für unabhängig. Georgien versuchte der Abspaltung militärisch zu begegnen. Am 14. August 1992 rückten georgische Einheiten unter dem Befehl des damaligen Verteidigungsministers Tengis Kitowani in Abchasien ein. Die von Russland militärisch unterstützten Sezessionisten hielten jedoch stand. Der Krieg dauerte ein Jahr, führte zu Kriegsverbrechen, vielen tausend Toten und zur Vertreibung von ca. 250.000 Georgiern, die in Abchasien gelebt hatten. Die meisten strandeten in der georgischen Hauptstadt Tiflis. 50.000 Flüchtlinge kehrten wieder in ihre Heimat zurück. 40.000 von ihnen wurden 1998 erneut vertrieben.

Im Mai 1994 wurden nach drei vergeblichen Anläufen unter Vermittlung der Vereinten Nationen ein Waffenstillstand vereinbart. Bislang sorgen 1.500 russische Soldaten als Friedenstruppe der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) für die Einhaltung des 1994 geschlossenen Waffenstillstandes zwischen Georgiern und Abchasen. Die Einhaltung des Abkommens wird durch eine 136köpfige VN-Beobachtermission (United Nations Observer Mission in Georgia UNOMIG) überwacht. Deutschland stellt mit elf Soldaten das größte Kontingent der Mission.

Wiederholt wurde vergeblich unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen über eine Beendigung des Konflikts verhandelt. Dabei ging es um eine Rückführung der Flüchtlinge und eine politische Lösung auf der Basis der territorialen Integrität Georgiens. Das scheiterte jedoch an der de facto Regierung Abchasiens, die stets auf einer völligen Unabhängigkeit beharrte.

Im Oktober 2001 entbrannte der bewaffnete Konflikt zwischen georgischen Guerillas und abchasischen Sicherheitskräften in der georgisch-abchasischen Grenzregion erneut. Auf Seiten der georgischen Guerillas kämpften dabei erstmals auch tschetschenische Milizen.

Deutschland zählt neben den USA, Großbritannien, Frankreich und Russland zu den fünf Freunden des abchasischen Friedensprozesses. Die im Juli 2002 vom VN-Sicherheitsrat verabschiedete Abchasien-Resolution, die einen Verbleib als autonome Republik im Staat Georgien vorsieht, gründet auf Vorschlägen des deutschen Diplomaten Dieter Boden, der von 1999 bis 2002 UNOMIG leitete. Obgleich regelmäßige Verhandlungen zur Beilegung des Konfliktes den zwischen den fünf Freunden, Abchasien und Georgien stattfinden, brachten sie bisher keinen Durchbruch. Kofi Annan, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, hat Abchasien aufgerufen, samtene Revolution in Georgien für einen neuen Verhandlungsstart zu nutzen.

Die Menschenrechtslage in Abchasien ist nach Angaben der Vereinten Nationen prekär. Es gibt keine funktionierende Strafverfolgung, das Land wird von kriminellen Gruppen infiltriert und es fehlt die Möglichkeit Klagen einzureichen. 2004 wurde den Volksgruppen (siehe Urumer) das Recht entzogen, an Schulen in ihrer Muttersprache zu lernen.

Präsident Abchasiens ist Sergej Bagapsch. Sein Vorgänger war der Historiker Wladislaw Ardzinba. Sie betrachten Abchasien als eigenständige Nation. Das abchasische Parlament hat in den Jahren 2002, 2003 und 2004 immer wieder erfolglos an die russische Legislative appelliert, assoziierte Beziehungen zu Abchasien herzustellen, die Autonome Republik vertraglich in das russische Zoll- und Währungssystem einzubeziehen sowie militärischen Schutz zu gewähren.

Konflikt nach dem Machtwechsel in Adscharien

Die Regierung in Tiflis beabsichtigt, Abchasien nach dem Modell des Machtwechsels in Adscharien wieder in Georgien einzugliedern. Präsident Micheil Saakaschwili hat am 22. September 2004 vor der UN-Generalversammlung der einen Drei-Stufen-Plan zur Beilegung der Konflikte in Abchasien und Südossetien vorgelegt. Eine erste Stufe sieht vertrauensbildende Maßnahmen zwischen regierungsunabhängigen Organisationen, Studenten, Journalisten, Ärzten, Sportlern und Müttern vor. Auf der zweiten Stufe sollen die Konfliktzonen unter internationaler Aufsicht demilitarisiert werden. Auf der dritte schließlich will Georgien Abchasien und Südossetien eine größtmögliche Autonomie gewähren.

Die Regierungen von Abchasien und Südossetien haben den georgischen Plan zurückgewiesen. Eine Rückkehr nach Georgien werde es nicht geben. Auch Russland lehnt eine Eingliederung Abchasiens in Georgien ab. Es bemüht sich seinerseits, Abchasien an Russland anzubinden. Am 10. September 2004 wurde die unterbrochene Eisenbahnverbindung zwischen Sochumi und Moskau wiederaufgenommen. Tiflis ist darüber sehr erbost, weil es zuvor nicht konsultiert wurde.

Am 3. Oktober 2004 fanden in Abchasien Präsidentschaftswahlen statt. Gewinner war der Oppsitionskandiadat Sergej Bagapsch, früher Chef des abchasischen Elektrizitätsunternehmens TschernoMorEnergo. Er erhielt 45.7% der Stimmen. Sein Gegenkandidat, der frühere Premierminister Raul Khadjimba unterlag mit 38,4%. Der Europarat bezeichnete die Wahlen als illegal.

Nach dem der Oberste Gerichtshof der Separatistenregion den Oppostionsführer zum Sieger der Wahl erklärt hatte, widerrief es diese Entscheidung am 29. Oktober 2004 wieder und erklärte, dass die Wahl wiederholt werden müsse. Der bei der Wahl unterlegene Ministerpräsident Raul Khadjimba hatte wegen angeblicher Wahlrechtsverstöße geklagt.

Literatur

  • Alexander Kokeev: Der Kampf um das Goldene Vlies. Zum Konflikt zwischen Georgien und Abchasien. Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-928965-31-X
  • George Hewitt (Hrsg.): The Abkhazians. A Handbook. Curzon Press, London 1998, ISBN 0700706437
  • Bruno Coppieters: Westliche Sicherheitspolitik und der Konflikt zwischen Georgien und Abchasien. Bundesinstitut für Ostwissenschaftliche und Internationale Studien, Köln 1999, ISSN 04357183
  • Edward W. Walker: No peace, no war in the Caucasus: Secessionist conflicts in Chechnya, Abkhazia and Nagorno-Karabakh. Harvard University, John F. Kennedy School of Government, Cambridge, Mass. 1998
  • Tim Potier: Conflict in Nagorno-Karabakh, Abkhazia and South Ossetia: a legal appraisal. Kluwer Law International, The Hague 2001, ISBN 90-411-1477-7