Leonid Iljitsch Breschnew

sowjetischer Politiker, Parteichef der KPdSU von 1964 bis 1982, Staatsoberhaupt der Sowjetunion von 1977 bis 1982
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 4. November 2007 um 16:46 Uhr durch DragonBot (Diskussion | Beiträge) (Bot: Ergänze: mr:लियोनिद ब्रेझनेव्ह). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Leonid Iljitsch Breschnew (russisch Леонид Ильич Брежнев anhören/?, wiss. Transliteration Leonid Il'ič Brežnev; ukrainisch Леонід Ілліч Брежнєв/Leonid Illitsch Breschnjew; * 19. Dezember 1906/1. Januar 1907 in Kamenskoje (heute Dniprodserschynsk/Ukraine); † 10. November 1982 in Moskau) war von 1964 bis 1982 Parteichef der KPdSU und damit „erster Mann“ der Sowjetunion. Er war vierfacher Held der Sowjetunion.

Leonid Iljitsch Breschnew (1974 in Wladiwostok)

Biographie

Jugend und Ausbildung

Leonid Iljitsch Breschnew wurde im heutigen Dniprodserschynsk (ukrainisch Дніпродзержинськ) als Sohn eines Metallarbeiters geboren. Wie viele Jugendliche aus Arbeiterfamilien widmete er sich einer technischen Ausbildung, später auch der Metallurgie. 1923 trat er der kommunistischen Jugendorganisation Komsomol bei. Ab 1923 leistete Breschnew seinen Militärdienst in der Roten Armee. Dort wurde er nach einer Ausbildung zum Panzersoldaten Politkommissar. Danach studierte er bis 1935 am Metallurgischen Institut in Dniprodserschynsk. Nach 1936 wurde er kurzzeitig Leiter dieses Instituts.

Erste Parteikarriere

Erst 1931 wurde er Mitglied der kommunistische Partei (KPdSU). 1936 schickte man ihn nach Dnipropetrowsk (ukrainisch Дніпропетровськ, wo er 1939 Parteisekretär im Gebietskomitee (Obkomsekretär im Oblast) von Dnipropetrowsk wurde, zuständig u. a. für Propaganda und für die der lokale Verteidigungsindustrie.

Während und nach der Zeit der Stalinschen Säuberungen (auch Großen Säuberung) von 1936 bis 1939 machte Breschnew - wie andere Überlebende - rasch Karriere. Ingenieure, Techniker und Naturwissenschaftler sind es, die in der Partei nunmehr vorrangig aufsteigen. Er gehörte zur ersten Generation von sowjetischen Kommunisten, die noch zu jung waren, um sich als Erwachsene an die Zeit vor dem Kommunismus zurückbesinnen zu können. In der Zeit, als Breschnew der Partei beitrat, war Josef Stalin unangefochtener Führer und für viele Jungkommunisten ein Idol.

Zweiter Weltkrieg

Am 22. Juni 1941 begann der deutsche Angriff auf die Sowjetunion. Wie die meisten Politoffiziere wurde Breschnew unverzüglich in die Armee berufen. Sein Auftrag war die Evakuierung der örtlichen Verteidigungsindustrie von Dnipropetrowsk in den Osten. Die Stadt fiel am 26. August 1941 in deutsche Hände. Breschnew wurde erneut Politkommissar und im Oktober 1941 schließlich Brigadekommissar und stellvertretender Leiter der politischen Verwaltung der südlichen Front.

1942 ging die Ukraine vollständig an die Deutschen verloren. Breschnew wurde daraufhin an die Front in den Kaukasus versetzt. Mit der Abschaffung der Kommissare und der Einführung der Einzelleitung wurde sein Dienstgrad Brigadekommissar in den Dienstgrad eines Obersten umgewandelt. Im April 1943 wurde er schließlich mit der Leitung der politischen Abteilung der 18. Roten Armee beauftragt. Dort lernte er auch Nikita Sergejewitsch Chruschtschow kennen, der zu einem wichtigen Schirmherrn Breschnews wurde. Als sich der Krieg zu Gunsten der Sowjetunion wendete, stieß die 18. Armee als Teil der 1. Ukrainischen Front über die Ukraine weiter nach Westen vor. Gegen Ende des Kriegs war Breschnew 1.Mitglied des Kriegsrates der 4. Ukrainischen Front. Mit dieser nahm er am 9. Mai 1945 an der Einnahme von Prag teil.

Im August 1946 wurde Breschnew mit dem Rang eines Generalmajors aus dem Militärdienst entlassen.

Aufstieg in der Nachkriegszeit

Nach zahlreichen Wiederaufbauprojekten in der Ukraine war er von 1946 bis 1947 Erster Obkomsekretär der Partei von Saporosche und von 1947 bis 1950 von Dnipropetrowsk.

Von 1950 bis 1952 war Breschnew schließlich Erster Sekretär der Partei der Moldauischen Sowjetrepublik (heute Moldawien) und zugleich Stellvertretender Deputierter des Obersten Sowjet, als Legislative formell das höchste Staatsorgan der UdSSR.

Breschnew gehörte erst seit 1952 dem Zentralkomitee der KPdSU an.

Von 1953 bis 1954 war er Erster Stellvertretender Leiter der politischen Hauptverwaltung der Armee.

Im Zentrum der Macht - Der Kalte Krieg

 
Leonid Iljitsch Breschnew
 
Breschnew und US-Präsident Carter bei der Unterzeichnung des SALT-II-Vertrags 1979
Sowjetische Führer der Bolschewiki (1917–1952)
und der KPdSU (1952–1991)
Skalenmarkierungen Start
1915 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1920 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1925 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1930 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1935 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1940 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1945 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1950 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1955 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1960 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1965 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1970 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1975 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1980 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1985 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1990 —
Skalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen Start
1995 —
Skalenmarkierungen Ende

Skalenmarkierungen StartSkalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen StartSkalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen StartSkalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen StartSkalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen StartSkalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen StartSkalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen StartSkalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen StartSkalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen StartSkalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen StartSkalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen StartSkalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen StartSkalenmarkierungen Ende Skalenmarkierungen StartSkalenmarkierungen Ende

Skalenmarkierungen StartSkalenmarkierungen Ende
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Triumvirat
Duumvirat
Kollektive Führung
Duumvirat

Die weitere Karriere von Breschnew ist ein Auf und Ab. Zwei Mal war er vom 16. Oktober 1952 bis zum 5. März 1953 und vom 27. Februar 1956 bis zum 16. Juli 1960 Sekretär des Zentralkomitees (ZK). Zwei Mal war er auch Kandidat des Politbüros der KPdSU: Von 1952 bis 1953 und von 1956 bis 1957.

1954 wurde er von Chruschtschow nach Kasachstan geschickt und war dort bis 1956 Erster Sekretär der Partei. 1956 wurde er zum zweiten Mal ZK-Sekretär.

Als 1957 die Altstalinisten um Georgi Malenkow, Wjatscheslaw Molotow, Lasar Kaganowitsch und andere erfolglos versuchten, Nikita Chruschtschow als Ersten Sekretär der Partei abzusetzen, stieg er schließlich mit Chruschtschows Hilfe auf in das höchste politische Gremium der UdSSR, er wurde Vollmitglied im Politbüro der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) und zwar in der Zeit vom 29. Juni 1957 bis zu seinem Tod am 10. November 1982.

1960 vertrat er im Zuge der U-2-Affaire - wie sein Förderer Chruschtschow - gemäßigte Positionen. Doch infolge dieser Krise setzten sich Politiker durch, die der seit 1959 betriebenen Politik der Annäherung an die USA (Chruschtschow war im September 1959 zu seinem ersten Treffen mit Eisenhower dorthin gereist) skeptisch gegenüber standen. Dazu gehörte Frol Romanowitsch Koslow, der Breschnjew als „Kronprinz“ Chrutschschows verdrängte. Daher musste Breschnjew im Mai 1960 seinen Platz als ZK-Sekretär erneut räumen. An Stelle von Kliment Woroschilow war er in der Zeit zwischen 1960 und 1964 Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets, also als Parlamentsoberhaupt auch Staatsoberhaupt der UdSSR. Sein unmittelbarer Nachfolger in diesem Amt wurde im Juni 1964 Anastas_Iwanowitsch_Mikojan, der dieses Amt aber bereits im Dezember 1965 an Nikolai Podgorny abgab. Politisch wurde der Wechsel in das Amt des nur formellen Staatsoberhaupts als ein Abstieg von der Macht bewertet.

Der Weg zum Parteichef

Es gelang ihm jedoch zunehmend seine Position im Politbüro zu verbessern. Noch war Frol Koslow der zweite Mann nach Chruschtschow. Um 1960 und 1961 verloren mehrere Chruschtschow-Anhänger (Kiritschenko, Furzewa, Ignatow, Beljajew) ihre Politbüromandate. Doch Koslow erlitt am 10. April 1963 einen Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr erholen sollte und an dem er 1965 starb. Seit diesem Zeitpunkt war Breschnjew de-facto zweitmächtigster Mann hinter Chruschtschow. Dies wurde am 22. Juni 1963 auch formal deutlich. Zu diesem Zeitpunkt wurde Breschnew erneut - und zunächst unter Beibehaltung seines Postens als Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR - zum dritten Mal Sekretär des ZKs. Spätestens im Juni 1964, als er das Amt des Staatsoberhauptes an Mikojan abgab, um sich auf seine Aufgaben als ZK-Sekretär „zu konzentrieren“, war Breschnew der potentielle Nachfolger Chruschtschows, der „Zweite Parteisekretär“. Er nutzte seine Chance. Mit der Mehrheit von Politbüro und Zentralkomitee wurde Chruschtschow nur vier Monate später, am 14. Oktober 1964 als Parteichef abgesetzt. Dabei warf man Chruschtschow u. a. den Bruch mit China, die Misserfolge in der Landwirtschaft und sein Mangel an kollektivem Handeln vor. Es waren Michael Suslow, Dmitri Poljanski, Nikolai Podgorny und Alexei Kossygin, die Breschnew dazu verhalfen, neuer Erster Sekretär der KPdSU zu werden.

Generalsekretär der Stagnation

Am 8. April 1966 nahm er den Titel Generalsekretär der KPdSU an, eine Bezeichnung, die zuvor Josef Stalin von 1922 bis 1952 geführt hatte. Nachdem er sich machtpolitisch gegen seine Rivalen Alexei Kossygin und Nikolai Podgorny durchgesetzt hatte, war seine Position unantastbar geworden. Den Beginn dieses Wandels vernahm die sowjetische Bevölkerung als positiv, so versprach Breschnew durch seine Berechenbarkeit eine gewisse Stabilität nach dem reformfreudigen Chruschtschow.

Im August 1968 ließ Breschnew den Prager Frühling gewaltsam durch eine Invasion von Truppen des Warschauer Pakts beenden und etablierte die so genannte „Breschnew-Doktrin“. Mit dieser Doktrin wurde von der Vormacht UdSSR die begrenzte Souveränität ihrer Satellitenstaaten in Osteuropa festgeschrieben. Andererseits blieb nach 1970 die sowjetische Unterstützung für die sozialistisch-kommunistische Unidad-Popular-Regierung in Chile weitgehend rhetorisch, obwohl Salvador Allende gegen den drohenden Militär-Putsch um Wirtschafts- und Militärhilfe bat.

Am 19. Juni 1973 besucht Breschnew die USA und führt Gespräche mit US-Präsident Richard Nixon.

Mit der Teilnahme am KSZE-Prozess, der seinen Abschluss 1975 in der Schlussakte von Helsinki fand, wollte Breschnew die Entspannungspolitik fördern. Aber dann befahl er jedoch im Dezember 1979 die Intervention in Afghanistan.

Am 5. Mai 1976 wurde Breschnew zum Marschall der Sowjetunion ernannt.

1977 wurde Breschnew als Nachfolger von Podgorny erneut Vorsitzender des Präsidium des Obersten Sowjet und somit sowjetisches Staatsoberhaupt. Er vereinigte erstmals die Ämter des machtvollen Generalsekretärs der KPdSU und die des formellen Staatsoberhauptes in einer Person.

Leonid Breschnew galt als Apparatschik ohne hervorstechende Eigenschaften und personifizierte zum einen die Verkrustung und Erstarrung, der das Sowjetsystem zu seiner Zeit anheim gefallen war. Zum anderen waren die Jahre unter Breschnew auch der einzige Zeitabschnitt, in der die Sowjetunion innerlich etwas zur Ruhe kam. Zwischen Revolution, Stalinismus, Entstalinisierung und später Perestroika waren die Jahre unter Breschnew die einzigen der gesamten Geschichte der UdSSR, in denen diese keine internen Verwerfungen erfuhr. Unter ihm sollte das Durchschnittsalter der Mitglieder des Politbüros über 70 Lebensjahre erreichen. Michail Gorbatschow bezeichnete die Breschnew-Ära später als „Zeit der Stagnation“, vom russischen Historiker Wiktor Kozlow später leicht spöttisch zum „Goldenen Zeitalter der Stagnation“ umgewandelt.

Außenpolitisch profitierte Breschnew ab Anfang der 1970er Jahre von einer durch den verlorenen Vietnam-Krieg hervorgerufenen temporären Schwäche der USA, die der Sowjetunion eine kurze Atempause im Rüstungswettlauf verschaffte. Dieser kurzen Phase der Entspannung - sie dauerte nur von ca. 1972 bis 1979 - setzte Breschnew mit der Invasion Afghanistans im Dezember 1979 selbst ein Ende. Dieses Unternehmen entwickelte sich zu einem Debakel. In der Folge scheiterte der SALT-II-Vertrag vor dem US-Senat und es kam zum Boykott der Olympischen Sommerspiele 1980 in Moskau durch die USA und 64 weitere Nationen, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland.

Ende 1974 stellten die Ärzte bei Breschnew eine beginnende Hirngefässverkalkung fest. In seinen letzten Lebensjahren erlitt Breschnew mehrere Schlaganfälle und Herzinfarkte, die seine intellektuelle Aufnahmefähigkeit stark herabsetzten. Er wurde als Generalsekretär aber immer wiedergewählt, unter anderem, weil seine Parteigänger ihre Posten behalten wollten und jede Veränderung fürchteten.

Breschnew war mit Viktoria Petrowna Breschnewa verheiratet. Die Tochter Galina Breschnewa war mit dem Generalleutnant Juri Tschurbanow – 1982 Erster Stellvertretender Innenminister – verheiratet, um den sich in dieser Zeit Korruptionsgerüchte rankten.

2006 kam ein Untersuchungsausschuss des italienischen Parlaments zu dem Ergebnis, dass das Attentat Ali Agcas auf Papst Johannes Paul II. auf Weisung Breschnews vom russischen Geheimdienst GRU in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Geheimdienst und dem Ministerium für Staatssicherheit in Auftrag gegeben wurde.

Literatur

  • Leonid Breschnew. Umriß seines Lebens, mit einem Vorwort von Leonid Breschnew. Verfasst unter der Schirmherrschaft der Akademie der Wissenschaften der UdSSR. C. Bertelsmann Verlag, München 1978.
  • Dimitri Wolkogonow: Die sieben Führer. Societäts-Verlag, Frankfurt 2001, ISBN 3797307748
  • Michel Tatu: Macht und Ohnmacht im Kreml, Ullstein, Frankfurt, 1967
  • Merle Fainsod: Wie Russland regiert wird, Kiepenheuer & Witsch, 1965
  • Reinhard und Kathrin Meier: Sowjetrealität in der Ära Breschnew, Stuttgart 1980, Seewaldverlag, ISBN 3-512-00612-4
  • Göttinger Arbeitskreis: Die Sowjetunion im Übergang von Breschnew zu Andropow, Berlin 1983, Verlag Dumcker & Humblot, ISBN 3-428-05529-2
  • Michail Voslensky: Sterbliche Götter: Die Lehrmeister der Nomenklatura. - Ullstein, Frankfurt, 1991
Commons: Leonid Iljitsch Breschnew – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
  • Vorlage:PND
  • In der Datenbank RussGUS werden über 1.660 Publikationen nachgewiesen (dort Suche - Einfache Suche: breznev,* OR breschnew,*)
VorgängerAmtNachfolger
Nikita Chruschtschow1. Sekretär bzw. Generalsekretär der KPdSU
1964-1982
Juri Andropow
VorgängerAmtNachfolger
Nikolai PodgornyStaatsoberhaupt der Sowjetunion
1977-1982
Juri Andropow

Vorlage:Julianischer Kalender