Emmauskirche (Borna)
Die Emmauskirche in Borna besitzt als älteste Wehrkirche in Sachsen hohe kulturhistorische Bedeutung. Sie stand ursprünglich in Heuersdorf; da dieser Standort jedoch dem Braunkohlenabbau im mitteldeutschen Revier zum Opfer fiel, wurde der komplette Baukörper nach Borna umgesetzt.

Geschichte
Die in ihren Ursprüngen aus dem 13. Jahrhundert stammende romanische Emmauskirche, ist höchstwahrscheinlich die älteste Wehrkirche in Sachsen. Sie wurde erstmals 1297 urkundlich erwähnt und ist zugleich das älteste erhaltene Gebäude der Gemeinde. Die Ersterwähnung ist zugleich der Beginn der urkundlich belegten Geschichte von Heuersdorf, eines reichen Bauerndorfes. Kulturgüter neben der Emmauskirche sind die Taborkirche, das Großhermsdorfer Rittergut mit einem Herrenhaus aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und mehrere Drei-Seiten-Höfe mit Wohnhaus, Stall- und Nebengebäuden in Heuersdorf und Großhermsdorf, die überwiegend in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet wurden und in ihrem baulichen Urzustand größtenteils als Zeugnisse der Landkultur des Bornaer Umlandes erhalten geblieben sind.
Architektur
Bei der Heuersdorfer Emmauskirche handelt es sich um eine Saalkirche mit eingezogenem Rechteckchor. Durch die fensterlose West-und Nordseite des Chores wird sie als Wehrkirche charakterisiert. Die Kirche wurde aus unbearbeiteten Feldsteinen errichtet und später verputzt. Im Gegensatz zu anderen mittelalterlichen Feldsteinkirchen fehlt bei der Emmauskirche die Priesterpforte, was einen Hinweis für die Nutzung als Wehrkirche darstellt. Der Altarblock und die Vertiefung der Sakramentsnische in der Chorsüdwand sind Bauzeugen der Ausstattung aus der Bauzeit. Die kleinen Okuli im Westgiebel lassen vermuten, dass die Kirche einen offenen Dachstuhl besaß, denn ein Okulus diente zur Bestimmung des Ostertermins.
Die hölzerne Kassettendecke im Inneren der Kirche stammt aus der Zeit der Renaissance und wird von einer einzigen, mit Blumenmalerei verzierten, Stütze getragen. Ebenso stammt der Dachreiter mit Haube aus der Renaissance. In der Zeit des Barock wurden die Eingangspforte und die Fenster der Südseite umgebaut und vergrößert. Die anderen prägenden Inneneinbauten wie Kanzelaltar, Orgel und die Empore in Formen der Neorenaissance stammen aus dem 19. Jahrhundert. Im Dachreiter befinden sich zwei Glocken, die 1829 in Apolda gegossen wurden.
Verlegung
Die mittelalterliche Wehrkirche besitzt eine solche kulturhistorische und geschichtliche Bedeutung, dass die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft (MIBRAG) im Zusammenhang mit der Abbagerung des Dorfstandortes verpflichtet wurde, dieses Kulturgut zu sichern. Das wirtschaftliche Interesse den Tagebau "Vereinigtes Schleenhain" mit 50 Mio. t Braunkohle auszubeuten, begründete diese Zusage im Vertrag. Die Emmaus-Kirche wurde – nachdem am Ostermontag 2007 der letzte Gottesdienst gefeiert wurde – nach Borna umgesetzt und soll am neuen Standort restauriert werden[1].
Der Transport startete am 23. Oktober 2007 in Heuersdorf und endete am 31. Oktober, dem Reformationstag.
Der Transport besitzt eine besondere Bedeutung, obwohl alle technischen Arbeiten in diesem Zusammenhang machbar sind: Diese Art der Verrückung eines kompletten Bauwerkes ist bislang einmalig. Das Kirchengebäude wiegt 665 Tonnen, ist 14,5 m lang, 8,9 Meter breit und 19,6 Meter hoch. Geplant war die Verladung als Ganzes auf ein 32 Meter langes Spezialfahrzeug, das mit 40 Achslinien selbstfahrend ist und bei dem jedes Radpaar einzeln angetrieben und gelenkt wird. Wegen der Besonderheit von Fahrzeug und Last dürfen die Steigung auf dem Transportweg maximal 2° haben. Während die Transporteinheit für eine Kurvenfahrt konzipiert ist, mussten die Wege ausgeglichen werden, um diese Neigungsbegrenzung zu erreichen.
Der romanische, fast fensterlose Bau der Kirche sollte ursprünglich auf einen stabilen Boden aus Beton und Stahl gestellt werden. Bauvoruntersuchungen ergaben jedoch, dass der Zustand des 750 Jahre alten Mauerwerkes die Umsetzung auf diese Weise gefährden könnte. Der Hohlraumanteil des dreischaligen Feldsteinbaues lag bei 30% bis 40%. Zunächst wurden deshalb in 1 800 Bohrungen 30 m³ Schaummörtel verpresst. Seitenwände und Giebelwände waren wegen der unregelmäßigen Feldsteine kaum miteinander verbunden und es stand zu befürchten, dass das Gebäude auseinander bricht. So wurde die vorgesehene innere Verspannung durch fünf äußere Stahlgurtungen ersetzt, drei in Bodennähe und zwei im oberen Bereich. Zusätzlich sichert innen ein Stahlgittergerüst mit zwei Längsträgern die Gebäudestabilität ab. Der Dachstuhl besitzt kulturhistorischen Seltenheitswert und wurde mitsamt des Glockenturmes mit 12 m³ Konstruktionsholz ausgesteift.
Der 12 km lange Transportweg vom alten zum neuen Standort der Kirche bot durch zwei Eisenbahnüberquerungen und die Überwindung der Flüsse Pleiße bei Lobstädt und der Wyhra vor Borna eine technische Herausforderung. Zwei Bahnübergänge erforderten den Höhenausgleich mit Schotterbett und Stahlblechen über den Gleise und die Oberleitungen mussten entfernt werden. Auf Grund der Sperrung der Strecke zwischen Chemnitz und Leipzig bei Neukieritzsch hatte die Bahn feste Termine zugewiesen, die das Bausicherungsunternehmen unter Zeitdruck setzten. Wenig später folgte der Bahnübergang bei Deutzen. Für die beiden Flussquerungen wurden die Flussläufe zugeschüttet und so die eine niveaugleiche Fahrt ermöglicht. Um keinen Stau zu verursachen waren Rohre in die Schüttungen eingefügt. Nach der erfolgreichen Ankunft in Borna stellte das Einfahren auf den Martin-Luther-Platz durch die enge Durchfahrt (5 cm zu den anstehenden Häuserkanten) und das Eindrehen die letzte technische Herausforderung dar.[2]
Planmäßig zum Reformationstag stand die Emmauskirche auf ihrem Standort gegenüber der Stadtkirche St. Marien. Die Transportplattform wird entfernt und der Baukörper um die in heuersdorf angehobenen 1,5 Meter auf sein neues Fundament abgesenkt. Nach der Entfernung der Bausicherungshilfen außen und innen kann die Kirche saniert und ihrer Bestimmung wieder übergeben werden.
Weblinks
Quelle
- ↑ Umzug der Emmaus-Kirche (11. April 2007)
- ↑ VDI-Nachrichten 26.10.2007 S. 4