Radionuklidbatterie
Ein Radioisotopengenerator, auch Isotopenbatterie oder Atombatterie genannt, erzeugt elektrische Energie aus der Energie des spontanen Kernzerfalls eines Radioisotopes.

In Isotopen-Generatoren findet zwar Kernspaltung, jedoch keine Kettenreaktion statt, sie sind daher von Kernreaktoren zu unterscheiden.
Wesentliche Merkmale von Isotopenbatterien sind, dass sie autonom, wartungsfrei und sehr lange (Jahre bis Jahrzehnte) elektrische Energie liefern und - außer dem Piezoelektrischen Isotopengenerator - ohne bewegliche Teile arbeiten.
Übersicht verschiedener Radioisotopengeneratoren
Zur Energiewandlung kommen mehrere Prinzipien in Frage bzw. wurden erprobt:
- Thermoelektrischer Isotopengenerator; ein Radionuklid als Wärmequelle betreibt einen thermoelektrischen Generator, ähnlich einem Peltierelement (Seebeckeffekt bzw. inverser Peltiereffekt). Diese Art Isotopengeneratoren ist die gebräuchlichste und wird unten im Detail beschrieben.
Daneben existieren weitere Typen:
- Thermionischer Isotopengenerator; er nutzt die Glühemission von Elektronen aus einer durch das Radionuklid erhitzten Glühkathode
- Thermophotovoltaischer Isotopengenerator; er nutzt die Infrarotstrahlung des sich bis zur Glut erhitzenden Radionuklides und wandelt sie mit Photodioden ähnlich wie Solarzellen in Strom um
- Direkt ladende Generatoren; sie nutzen die durch die Emission von geladenen Teilchen (Beta- oder Alphastrahlung) entstehende elektrische Ladung
- Optoelektrischer Isotopengenerator, in ihm werden durch die radioaktive Strahlung Gase zum Leuchten angeregt, deren Strahlung wird mit Photodioden in Strom umgewandelt.
- sogenannte Betavoltaics, sie wandeln Betastrahlung in einem Halbleiter ähnlich einer Photodiode direkt in elektrischen Strom um.
- Piezoelektrischer Isotopengenerator; hier verformt sich periodisch ein piezoelektrischer Körper, indem er Ladung von einem Betastrahler aufnimmt und diese bei Verformung in einen elektrischen Kontakt abgibt, den er durch seine Verformung schließt.
- Isotopenbatterien mit Alkalimetall-thermisch-elektrischem Wandler (engl.: alkali-metal thermal to electric converter, kurz AMTEC), sie nutzen das elektrochemische System der Natrium-Schwefel-Batterie ähnlich wie eine Brennstoffzelle, indem durch die Wärme des Radionuklides verdampfter Schwefel durch einen Separator bzw. Festelektrolyt aus Aluminiumoxid-Keramik gedrückt wird.
Thermoelektrischer Isotopengenerator
Er wird auch nach der englischen Bezeichnung radioisotope thermoelectric generator auch kurz RTG genannt. Er gewinnt Elektrizität aus Wärme, die beim natürlichen Zerfall von radioaktiven Isotopen entsteht und besteht aus einem radioaktiven Heizelement (engl. radioisotope heating unit (RHU) oder general purpose heat source (GPHS)), und einem thermoelektrischen Generator.
Prinzip
Durch den spontanen radioaktiven Zerfall eines künstlich hergestellten Radioisotops entsteht Wärme, die durch einen thermoelektrischen Generator direkt, d. h. ohne bewegte Teile, in Elektrizität umgewandelt wird. Der Wirkungsgrad beträgt dabei nur 3 bis 8%.
RTGs, die Plutonium 238Pu als Radionuklid verwenden, besitzen eine hohe Energiedichte, die mehr als 100 Mal so groß ist wie die von Benzin. Die durch Spontanzerfall entstehende Wärmeleistung beträgt etwa 450 Watt pro Kilogramm Plutonium-238 (Alphastrahler, Halbwertszeit ca. 87 Jahre, d.h. nach 87 Jahren sind es 225 W, nach 174 Jahren noch ca. 112 W usw.). Eine Menge von 300 g Plutonium-238 liefert nach thermoelektrischer Wandlung mit ca. 8 % Wirkungsgrad z.B. etwa 11 Watt elektrische Leistung und innerhalb von 10 Jahren somit etwa 933 Kilowattstunden elektrische Energie. Andere für Isotopenbatterien geeignete Radionuklide sind Strontium-90, Promethium-147 oder Actinium-227. Actinium-227 ist wegen seiner schwierigen Herstellung (durch Bestrahlung von Radium im Kernreaktor) kaum in Mengen über 10 Gramm zu erhalten, obwohl es eine sehr hohe Leistungsdichte besitzt. Strontium-90 und Promethium-147 benötigen, da sie Betastrahlung emittieren, eine aufwändigere Abschirmung für die Strahlung als Alpha-Strahler.
Für RTGs die nicht nur wenige Jahrzehnte sondern Jahrhunderte lang elektrische Energie liefern können, würde sich das Radioisotop Americium 241am am besten eignen, das eine Halbwertszeit von 432 Jahren besitzt, aber nur 1/4 der Energiemenge von Plutonium 238Pu liefert. Jedoch erzeugen die Zerfallsprodukte von 241Am etwas mehr durchdringende Strahlung als die Zerfallsprodukte von 238Pu. Deshalb benötigen diese RTGs eine etwas dickere Abschirmung.[1][2]
Aufbau
Ein Radioisotopengenerator enthält eines oder mehrere radioaktive Heizelemente, die entweder direkt in den Radioisotopengenerator eingeschoben werden oder bei modernen Typen zur Steigerung der Sicherheit erst hermetisch in mehrere Schichten widerstandsfähiger Materialien gekapselt werden. Der Radioisotopengenerator besteht aus einem Metallzylinder, in dessen Wand die Thermoelemente eingelassen sind. Er besitzt an seiner Außenwand Kühlrippen, um die vom Heizelement erzeugte Wärme abzugeben und so die für den Betrieb der Thermoelemente notwendige Temperaturdifferenz herzustellen. Wenn die radioaktiven Heizelemente nicht einzeln gegen äußere Einflüsse verpackt werden, muss das Gehäuse des Radioisotopengenerators von innen aus den verschiedenen Schutzschichten bestehen, um die Freisetzung von radioaktivem Material auszuschließen.
Anwendung
Aufgrund ihrer Einfachheit und langen Laufzeit finden RTGs dort Verwendung, wo kein Stromnetz vorhanden ist und wo Wartung und Nachfüllen eines Generators selten oder nie möglich ist. In der UdSSR wurden sehr leistungsstarke RTGs mit 90Strontium-Füllung verwendet, um Leuchttürme und Funkfeuer am Polarkreis zu betreiben [1].
In [2] findet sich eine Tabelle von der Sowjetunion 1976 bis 1990 zur terrestrischen Nutzung gefertigter RTG. Daraus lassen sich Wirkungsgrade von ca. 2,5…6 % errechnen.
Als problematisch wird heute der Einsatz von Isotopenbatterien in Herzschrittmachern der ersten Generation betrachtet, die mit Pu-RTGs betrieben wurden [3]. Durch die Langlebigkeit sollten unnötige Eingriffe zum Batteriewechsel vermieden werden. Es gibt heute (2005) weltweit noch etwa 100 Träger derartiger Implantate. Seit längerem werden Herzschrittmacher dagegen nur noch mit chemisch arbeitenden Lithium-Batterien betrieben und erreichen damit eine Betriebszeit bis zu 10 Jahren.
Die bekannteste und heute einzige Anwendung von RTGs ist die Raumfahrt, wo sie zur Stromversorgung von Sonden zu den äußeren Planeten dienen. Jenseits der Mars-Umlaufbahn reicht die Strahlung der weit entfernten Sonne nicht mehr aus, um mit Solarzellen in praktikabler Größe den Energiebedarf der Sonden zu decken. RTGs sind die derzeit einzigen Generatoren, die leicht und zuverlässig genug sind, um in eine Sonde integriert zu werden und die ausreichend lange Strom liefern können. Alle Raumsonden, die zum Planeten Jupiter oder weiter fliegen, wie Pioneer 10, Pioneer 11, Voyager 1, Voyager 2, Galileo, Ulysses, Cassini und New Horizons wurden mit Isotopenbatterien ausgerüstet.
Die Anfang der 1970er Jahre von den Apollo-Astronauten auf dem Mond aufgestellten automatischen Meßstationen (ALSEP) bezogen ihre Energie ebenfalls von Isotopenbatterien.
Typische Generatoren für Raumsonden sind mit keramischem Plutoniumdioxid (PuO2) in Form fester Blöcke befüllt – es ist chemisch stabiler und hat einen höheren Schmelzpunkt als metallisches Plutonium.
In der Raumfahrt dient Plutoniumoxid auch als Heizelement (RHU), um den Betrieb elektronischer Schaltungen im kalten Raum fernab der Sonne zu ermöglichen. 2,7 g PuO2, eingeschlossen in eine 3,2 cm x 2,6 cm große Kapsel, liefern eine thermische Leistung von ca. 1 W bei einem Gesamtgewicht von ca. 40 g [4].
Radioaktivitäts-Problematik
Die Radioisotope in einer Isotopenbatterie zerfallen nach den für das jeweilige Isotop spezifischen Halbwertszeiten und nicht durch neutroneninduzierte Kernspaltung. Daher besteht keine Gefahr einer Kettenreaktion.
Bei beschädigter Abschirmung, Zerstörung oder Defekten können die Isotope aber ihre Umgebung kontaminieren. Weiterhin besteht das Risiko einer Entwendung. Zwar können damit keine Kernwaffen hergestellt werden, da hierfür durch Neutronen leicht spaltbare Isotope wie Plutonium-239 benötigt würden, aber die Radioisotope könnten von Terroristen in „schmutzigen Bomben“ eingesetzt werden, bei denen gezielt radioaktives Material verstreut wird, um Schrecken zu verbreiten.
Eine umfangreiche Debatte zum Thema Radioaktivität von RTGs in der Raumfahrt fand 1997 statt, als die NASA-Mission Cassini-Huygens zum Saturn startete. Anwohner des Weltraumbahnhofs und Umweltverbände protestierten, da sie bei einem Fehlstart schwerwiegende Umweltschäden befürchteten. Ein weiteres Risiko wurde hinsichtlich eines zukünftigen Fly-by-Manövers der Sonde gesehen, das sie zum Saturn beschleunigen wird.
Das Thema kam erneut an die Öffentlichkeit, als im Januar 2006 die NASA die Raumsonde New Horizons mit einer Isotopenbatterie an Bord zum Zwergplaneten Pluto startete.
Das Gehäuse der Sonden-Batterien ist jedoch derart konstruiert, dass sie eine Explosion der Trägerrakete oder einen unkontrollierten Wiedereintritt überstehen, ohne dass eine Freisetzung der Radioisotope in die Atmosphäre stattfinden soll.
Wegen der insgesamt großen Menge von Isotopenmaterial wird auch die Anwendung in den Nachfolgestaaten der UdSSR als problematisch gesehen. Dort wurden und werden teils abseits gelegene Leuchttürme sowie militärische Funkstationen mit Isotopenbatterien versorgt. Wegen des hohen Leistungsbedarfs müssen dabei auch hohe Mengen radioaktiven Materials eingesetzt worden sein.
Man befürchtet, dass diese Anlagen teils unzureichend gesichert sind, so dass es zu Diebstahl oder Freisetzung durch Korrosion kommen kann. Aus Georgien wurde berichtet, dass Schrottsammler in Wäldern die liegengelassenen Bestandteile der Isotopenbatterien ehemaliger, mobiler militärischer Funkanlagen fanden.
Quellen
Weblinks
- Artikel über Probleme mit terrestrisch genutzten RIGs in der Russischen Föderation
- RTG-FAQ der NASA zur Cassini-Mission (dt.)
- Die Radioisotopenelemente an Bord von Cassini und Kernreaktoren in Satelliten. (deutsch)
- Caltech-JPL Thermoelectrics Website (english)
- NASA Risiko Studien zum Cassini-Huygens Start
- elektrische Antriebe in der Raumfahrt
- Strahlenschutzüberlegungen hinsichtlich des Absturzes von nuklearbetriebenen Satelliten. Stellungnahme der Strahlenschutzkommission. Bonn 6. Dezember 1989
- Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Atomenergienutzung in der Raumfahrt, 27.01.1997
- Principles Relevant to the Use of Nuclear Power Sources In Outer Space. Resolution der UN-Vollversammlung vom 14. Dezember 1992