Project for the New American Century

US-amerikanische neokonservative Denkfabrik
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Das Project for the New American Century (PNAC), zu deutsch: Projekt für das neue amerikanische Jahrhundert, ist eine US-amerikanische neokonservative Denkfabrik.

Es wurde im Frühjahr 1997 als nicht-kommerzielle Ausbildungsorganistation gegründet, deren Ziel es ist, für weltweite Führerschaft der Vereinigten Staaten zu werben. Das PNAC hat seinen Sitz im gleichen Gebäude wie das American Enterprise Institute in Washington DC.

Allgemeines

Das PNAC gilt diesseits wie jenseits des Atlantik als äußerst umstritten. Kritiker argwöhnen, die Denkfabrik befürworte die US-amerikanische Herrschaft über das Weltgeschehen für die absehbare Zukunft – folglich das "neue amerikanische Jahrhundert" und betreibe dafür umfangreiche Lobby-Arbeit unter Politikern: PNAC nennt ihre Vorgehensweise, umfangreiche politische Konzepte für Parlamentarier so zu raffen, dass sie in eine Aktentasche passen, brief test case.

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Gary Schmitt, Executive Director des PNAC

Vorsitzender des PNAC ist William Kristol, Herausgeber des "Weekly Standard" und ehemaliger Herausgeber des Commentary Magazine. Gegenwärtige und ehemalige Mitglieder sind unter anderem auch Mitglieder der Bush-Regierung: Donald Rumsfeld, Paul Wolfowitz, Jeb Bush, Richard Perle, Richard Armitage, Dick Cheney, Lewis Libby, William J. Bennett, Francis Fukuyama, Zalmay Khalilzad und Ellen Bork, die Ehefrau des Richters Robert Bork. Zudem auch: der als Executive Director des PNAC fungierende und mit mehreren Publikationen als Geheimdienst-Experte aufgetretene Gary Schmitt, Elliot A. Cohen, Autor des Buches: Soldier, Statesman and Leadership in Wartime, und Thomas Donnelly, mittlerweile vom Rüstungskonzern Lockheed Martin eingestellt. Zu den Unterzeichnern des Statement of Principles des PNAC gehörte 1997 auch Steven Forbes, der Herausgeber des gleichnamigen Magazins.

Die meisten der Ideen und Mitglieder des PNAC stehen mit der politischen Schule des Neokonservativismus in Verbindung. Einer der wichtigsten Protagonisten des Think Tanks war lange Zeit sein Mitbegründer Richard Perle. Als Wortführer am öffentlichkeitswirksamsten ist daneben wohl der zeitweise in Brüssel lebende Journalist Robert Kagan. Das PNAC ist Teil eines weitversponnenen neokonservativen Netzwerks von Denkfabriken, Medien, Bildungseinrichtungen, Stiftungen und Werbe- bzw. PR-Agenturen, das schwer überblickbar, aber hervorragend organisiert und dementsprechend einflussreich ist.

Das Projekt ist eine Initiative des New Citizenship Project, einer nichtkommerziellen Organisation gemäß der Bestimmungen von § 501c3 (in welchem festgelegt ist, was die Voraussetzungen für diesen Status sind), die von der Bradley Foundation finanziert wird.

Das PNAC vertritt u.a. folgende Thesen:

  • US-amerikanische Führerschaft ist sowohl gut für die Vereinigten Staaten von Amerika als auch für die ganze Welt;
  • Eine solche Führerschaft erfordert militärische Stärke, diplomatische Energie und Hingabe an moralische Prinzipien;
  • Eine multipolare Welt hat den Frieden nicht gesichert, sondern stets zu Kriegen geführt;
  • Die Regierung der Vereinigten Staaten soll Kapital schlagen aus ihrer technologischen und wirtschaftlichen Überlegenheit, um durch Einsatz aller Mittel - einschließlich militärischer - unangefochtene Überlegenheit zu erreichen.

Wenn Diplomatie gescheitert sei, seien Militäraktionen ein akzeptables und nötiges Mittel. Das PNAC befürwortet die Errichtung dauerhafter Militärstützpunkte weltweit, um die USA weitestgehend unangreifbar zu machen. Als "Weltpolizist" hätte die Vereinigten Staaten die Macht, in einer chaotischen "hobbistischen" Welt für die Einhaltung von Recht und Gesetz gemäß der von den USA gesetzten Maßstäbe zu sorgen - wenn es sein muss, auch ohne Absprache mit oder Rücksichtnahme auf "Verbündete" und supranationale Organisationen, Verträge und Rechtsverbindlichkeiten (Unilateralismus). Darin sehen Kritiker einen geschichtlichen Rückfall hinter die mühselig errungenden Fortschritte im Völkerrecht seit dem Westfälischen Frieden.

Das PNAC und seine Mitglieder haben schon frühzeitig u.a. die Kündigung des mit der ehemaligen Sowjetunion geschlossenen ABM-Vertrages gefordert. Das PNAC schlägt außerdem vor, "die neuen internationalen Gemeinschaftssphären Weltraum und virtuelle Welt zu kontrollieren und den Weg für eine neue Militärgattung – die U.S. Space Forces – mit dem Auftrag, den Weltraum zu kontrollieren, freizumachen". Im September 2000 publizierte das PNAC einen 80-seitigen Bericht mit dem Titel "Rebuilding America's Defenses: Strategies, Forces, And Resources For A New Century". Diese Forderung zur Fortsetzung des unter Ronald Reagan begonnenen "Star-Wars"-Projekt war Gegenstand zahlreicher Analysen und zog einiges an Kritik auf sich.

Diskussion

Kritiker des PNAC neigen dazu, diesen Bericht als ein Manifest zu betrachten, das die Grundlinien eines neuen ehrgeizigen Planes und einen neuartigen Grenzfall von Imperialismus aufzeige. Die Geopolitik darin sei offen von der Energiepolitik der USA bestimmt (Erdöl).

Befürworter hingegen argumentieren, dass die darin entwickelten politischen Entwürfe nicht grundsätzlich von dem abwichen, was andere konservative außenpolitische Analysten in den USA schon seit längerem vorschlügen. Einen hegemonialen Führungsanspruch hätten alle Weltmächte. Einige Beführworter begrüßen den zum Ausdruck kommenden Hegemonialanspruch ausdrücklich.

Einen Krieg gegen den Irak forderte das PNAC schon länger. So heißt es 1998 in einem Brief an den damaligen US-Präsidenten Bill Clinton: "We urge you to [...] enunciate a new strategy that would secure the interests of the U.S. and our friends and allies around the world [..] That strategy should aim, above all, at the removal of Saddam Hussein's regime from power." [1]
In Deutsch etwa: "Wir bitten Sie dringend [...] eine neue Strategie zu verkünden, die die Interessen der USA und unserer Freunde und Verbündeten in aller Welt absichert [...] . Diese Strategie sollte vor allem anderen auf die Entmachtung von Saddam Husseins Regime abzielen."

Kritiker, ernstzunehmende und weniger ernstzunehmende, zitieren häufig eine - wie ihnen entgegengehalten wird: aus dem Zusammenhang gerissene - Passage des Manifests, die sich auf die Möglichkeit eines katastrophalen und transformierenden Ereignisses wie Pearl Harbor (Seite 51) bezieht und die in verdächtiger Weise den Anschlägen am 11. September 2001 vorausgegangen ist, und legen nahe, dass das PNAC und seine Mitarbeiter die Anschläge gewollt und davon gewusst hätten und/oder dass sie sogar darin verwickelt gewesen seien.

Dieses Zitat wird gelegentlich als Beweis für eine Intrige mit dem Ziel angesehen, die Anschläge als Vorwand zu nehmen, um die politischen Pläne des PNAC in die Tat umzusetzen. Viele wähnen gar, der Bericht erläutere, ein neues Pearl Harbour sei nötig, um den gewünschten Krieg gegen den Irak zu rechtfertigen. Andere sind sich hingegen gewiss, dass diese Annahme ins Reich der Verschwörungstheorien gehört (vgl. dazu auch: Mathias Bröckers).

Fest steht, dass durch die Erschütterung der Weltordnung am 11. September das PNAC-Projekt befördert wurde.

Das oben genannte Zitat steht im Mittelpunkt einer Diskussion über den Einsatz neuentwickelter Informationstechniken durch das Militär. Das Manifest hält den Übergang zu neuen Technologien für einen langsamen Prozess, es sei denn, ein katalysierendes Ereignis träte ein, das das Militär zu einer dramatischen Beschleunigung des Ausbaus seiner technologisch-strategischen Kapazitäten veranlassen würde. Als Vergleich wird das US-amerikanische Engagement im Vietnamkrieg herangezogen, das die Entwicklung der US-amerikanischen Militärtechnologie vorantrieb und die Rüstungsausgaben erheblich steigerte.

Mit der (ersten) Wahl von George W. Bush im Jahr 2000 kamen zahlreiche Mitglieder des PNAC wie Richard Perle, Dick Cheney, Donald Rumsfeld, Paul Wolfowitz und Lewis Libby in Schlüsselpositionen der neuen Regierung. Zalmay Khalilzad wurde Botschafter der USA in Afghanistan.

Literatur

  • Donnelly, Thomas: Operation Iraqi Freedom. A Strategic Assessment. Washington: AEI Press, 2004. - ISBN 0-844-74195-7
  • Shulsky, Abram N./Schmitt, Gary James: Silent Warfare. Understanding the World of Intelligence. Dulles, VA: Brassey's Inc, 2002. - ISBN 1-574-88345-3
  • Kagan, Robert/Kristol, William (Hg.): Present Dangers. Crisis and Opportunity in American Foreign and Defense Policy. San Francisco: Encounter Books, 2000. - ISBN 1-893-55413-9
  • George Soros: Die Vorherrschaft der USA - eine Seifenblase. München: Karl Blessing, 2004. - ISBN 3-896-67255-X - (Hier findet sich auf den Seiten 18 bis 20 eine deutsche Übersetzung der Grundsatzerklärung des PNAC.)

Analyse des PNAC

Das PNAC über sich selbst

Siehe auch