Nonkognitivismus

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Der Nonkognitivismus bestreitet, dass moralische Sätze überhaupt wahrheitsrelevant sind. Damit geht der Nonkognitivismus noch einen Schritt weiter als der ethische Relativismus, der noch anerkennt, dass mit moralischen Sätzen Wahrheitsansprüche verbunden werden – die er dann zurückweist.

Für Hume ist die Vernunft nur „Sklave der Affekte“.
David Hume

Die wichtigsten Argumente des Nonkognitivismus finden sich bereits bei David Hume. Seiner Ansicht nach können nur zwei Typen von Sätzen einen Wahrheitsanspruch erheben: Sätze, die eine Aussage über die Beziehung von Vorstellungen (ideas) enthalten und Sätze, die eine Aussage über den Bereich der Erfahrung machen. Bei den „Gegenständen“ der Moral, Affekten, Willensakten und Handlungen ist für Hume die Frage nach einer Übereinstimmung mit der Wirklichkeit sinnlos. Die Vernunft sei nicht in der Lage, den Willen zu motivieren oder sich einem Affekt zu widersetzen. Ihre Funktion erschöpfe sich darin, dass sie Mittel für die von den Affekten vorgegebenen Ziele sucht. Die Regeln der Moral sind nach Hume keine Folgerungen der Vernunft, sondern beruhen nur auf einem Gefühl:

Die Vernunft ist nur Sklave der Affekte und soll es sein; Sie darf niemals eine andere Funktion beanspruchen, als die, denselben zu dienen und zu gehorchen [...]. Es läuft der Vernunft nicht zuwider, wenn ich lieber die Zerstörung der ganzen Welt will als einen Ritz an meinem Finger. [1].
Alfred Jules Ayer

In der metaethischen Diskussion der Gegenwartsphilosophie wurde dieser Ansatz Humes wieder aufgegriffen. So unterscheidet Alfred Jules Ayer wie Hume zwei Klassen sinnvoller Aussagen oder Propositionen: analytische und empirische Propositionen. Moralische Sätze lassen sich für Ayer in keine dieser beiden Klassen einordnen. Sie dienen seiner Auffassung nach vielmehr dem Ausdruck von Gefühlen oder von Einstellungen des Sprechers und sollen bei anderen Gefühle hervorrufen, um so Handlungen auszulösen:

Das Vorhandensein eines ethischen Symbols in einer Proposition fügt ihrem tatsächlichen Inhalt nichts hinzu. Wenn ich daher zu jemand sage ‚Du tatest Unrecht, als du das Geld stahlst’, dann sage ich nicht mehr aus, als ob ich einfach gesagt hätte, ‚Du stahlst das Geld’. Indem ich hinzufüge, dass diese Handlung unrecht war, mache ich über sie keine weitere Aussage. Ich zeige damit nur meine moralische Missbilligung dieser Handlung. Es ist so, als ob ich ‚Du stahlst das Geld’ in einem besonderen Tonfall des Entsetzens oder unter Hinzufügung einiger besonderer Ausrufezeichen geschrieben hätte. Der Tonfall oder die Ausrufezeichen fügen der Bedeutung des Satzes nichts hinzu. Sie dienen nur dem Hinweis, dass sein Ausdruck von gewissen Gefühlen des Sprechers begleitet wird [2].
Kritik

Gegen die These des Nonkognitivismus, ethische Aussagen seien bloße Gefühlsäußerungen ohne Wahrheitswert, wird neben dem Verweis auf die Selbstwidersprüchlichkeit des Nonkognitivismus (vgl. Skeptizismus) unter anderem der Einwand erhoben, dass dieser den lokutionären Bestandteil von moralischen Äußerungen zu sehr vernachlässige. Moralische Äußerungen drückten zwar eine subjektive Einstellung des Sprechers zum Gegenstand aus und dienten auch dazu, eine bestimmte Verhaltensweise des anderen auszulösen. Ihre Bedeutung könne sich aber darin nicht erschöpfen, da die Überzeugung von der Richtigkeit der eigenen Aussage die Grundlage der eigenen Einstellung und des Anspruchs an den anderen darstelle. Weiterhin könnten Emotionen und Aufforderungen ihrerseits wiederum einer ethischen Bewertung unterzogen werden. Es sei generell sinnvoll zu fragen, ob die mit einer moralischen Äußerung verbundene Emotion oder die Handlung, die man beim Adressaten eigener Äußerung auslösen möchte, ihrerseits gut sind.

Kognitivisten betonen weiterhin, dass die Frage: "Wie soll ich in der gegebenen Situation handeln?" eine sinnvolle Frage ist und dass die Antworten, die darauf gegeben werden, nicht gleichgültig sind. Sätze, die beinhalten, wie Menschen handeln sollen, stellen Behauptungen mit einem Anspruch auf Richtigkeit dar. Diesen allgemeinen Geltungsanspruch kann man durch Argumente rechtfertigen oder kritisieren. Insofern ist für die Kognitivisten das Bemühen der Ethik um die möglichst allgemeingültige Beantwortung von Fragen, wie gehandelt werden soll, keineswegs sinnlos oder überflüssig.

  1. Hume: Traktat über die menschliche Natur, II, 3, 3
  2. Alfred Jules Ayer: Sprache, Wahrheit und Logik. Reclam, Ditzingen 1990, ISBN 3150079209, S. 141