Rheinbund

napoleonische Konföderation deutscher Staaten
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Dieser Artikel behandelt den Rheinbund von 1806. Es gab bereits 1658 einen anderen Rheinbund, siehe: Erster Rheinbund


Der Rheinbund (Confédération du Rhin) ist ein unter dem Druck Napoleons I. 1806 in Paris gebildeter Bund deutscher Fürsten, die aus dem Verband des Heiligen Römischen Reiches austraten.

Entstehung

Mit der Unterzeichnung der Rheinbundakte vom 12. Juli 1806 hatten sich ursprünglich 16 süd- und westdeutsche Reichsstände förmlich vom Reich losgesagt und in einer Konföderation zusammengeschlossen, als deren "Protektor" Napoleon fungierte. Wenige Tage später legte Franz II., der bereits 1804 den Titel eines Kaisers von Österreich angenommen hatte, die deutsche Kaiserwürde nieder und erklärte das Reich für erloschen. Er folgte damit einem Ultimatum Napoleons.

In den folgenden Jahren schlossen sich weitere 23 deutsche Staaten dem Rheinbund an. Nur Österreich, Preußen, Dänisch-Holstein und Schwedisch-Pommern blieben abseits. Der Rheinbund war im wesentlichen ein Militärbündnis, d.h. seine Mitglieder waren verpflichtet, Frankreich hohe Militärkontingente zu stellen. Sie erfuhren dafür im Gegenzug Rangerhöhungen - Baden, Hessen-Darmstadt, das neue Herzogtum Nassau, Kleve und Berg zum Großherzogtum, Württemberg und Bayern zu Königreichen - und teilweise beträchtliche Gebietserweiterungen durch die Mediatisierung kleinerer Reichsstände. Nach der Rheinbundakte sollte der Rheinbund auch gemeinsame Verfassungsorgane erhalten, was aber schnell an dem Streben (vor allem der größeren) Einzelstaaten nach unbegrenzter Souveränität scheiterte. Der vom Fürstprimas Karl Theodor von Dalberg einzuberufende Bundestag trat nie zusammen. Nach der preußischen Niederlage gegen Frankreich 1806 traten auch viele mittel- und norddeutsche Kleinstaaten dem Rheinbund bei. 1808 hatte er die größte Ausdehnung: er umfasste vier Königreiche, fünf Großherzogtümer, dreizehn Herzogtümer, siebzehn Fürstentümer und die Hansestädte Hamburg, Lübeck und Bremen. 1810 wurden große Teile Nordwestdeutschlands mit den Mündungsgebieten von Ems, Weser und Elbe dem napoleonischen Kaiserreich unmittelbar einverleibt, um die Kontinentalsperre gegen England besser überwachen zu können. 1813, nach der Niederlage Napoleons in der Völkerschlacht bei Leipzig, brach der Rheinbund auseinander.

Bewertung

Auch wenn man das Rheinbundsystem primär als „ein System der Ausbeutung und Unterdrückung“ (Thomas Nipperdey) bezeichnen kann, brachte es doch für Deutschland einen ungeheuren Modernisierungsschub. Neben einer radikalen Vereinfachung der Landkarte (der bunte Flickenteppich des fast tausendjährigen Heiligen Römischen Reiches verschwand) brachte es eine Garantie bürgerlicher Rechte (Code Civil) und eine durchgreifende Modernisierung in Wirtschaft und Verwaltung.

Mitglieder

Die Mitglieder des Rheinbunds, also rheinische Bundesstaaten, waren die Staaten:

  1. des Königs von Baiern
  2. des Königs von Württemberg
  3. des Kurfürsts Erzkanzler von Baden
  4. des Herzogs von Berg und Kleve
  5. des Landgrafen von Hessen-Darmstadt
  6. des Fürsten von Nassau-Usingen
  7. des Fürsten von Nassau-Weilburg
  8. des Fürsten von Hohenzollern-Hechingen
  9. des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen
  10. des Fürsten von Salm-Salm
  11. des Fürsten von Salm-Kyrburg
  12. des Fürsten von Isenburg-Birstein
  13. des Herzogs von Ahremberg
  14. des Fürsten von Liechtenstein
  15. des Grafen von der Leyen

Dem Rheinbund traten später bei:

  1. Großherzogtum Würzburg (Vertrag vom 25. September 1806)
  2. Königreich Sachsen (Vertrag vom 11. Dezember 1806)
  3. Herzogtum Sachsen-Weimar (Vertrag vom 15. Dezember 1806)
  4. Herzogtum Sachsen-Gotha (Vertrag vom 15. Dezember 1806)
  5. Herzogtum Sachsen-Meiningen (Vertrag vom 15. Dezember 1806)
  6. Herzogtum Sachsen-Hildburghausen (Vertrag vom 15. Dezember 1806)
  7. Herzogtum Sachsen-Coburg (Vertrag vom 15. Dezember 1806)
  8. Herzogtum Anhalt-Dessau (Vertrag vom 18. April 1807)
  9. Herzogtum Anhalt-Bernburg (Vertrag vom 18. April 1807)
  10. Herzogtum Anhalt-Köthen (Vertrag vom 18. April 1807)
  11. Fürstentum Lippe-Detmold (Vertrag vom 18. April 1807)
  12. Fürstentum Schaumburg-Lippe (Vertrag vom 18. April 1807)
  13. Fürstentum Reuss-Greiz (Vertrag vom 18. April 1807)
  14. Fürstentum Reuss-Schleiz (Vertrag vom 18. April 1807)
  15. Fürstentum Reuss-Lobenstein (Vertrag vom 18. April 1807)
  16. Fürstentum Reuss-Ebersdorf (Vertrag vom 18. April 1807)
  17. Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt (Vertrag vom 18. April 1807)
  18. Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen (Vertrag vom 18. April 1807)
  19. Fürstentum Waldeck (Vertrag vom 18. April 1807)
  20. Königreich Westfalen (Constitution vom 15. November/7. Dezember 1807)
  21. Herzogtum Mecklenburg-Strelitz (Vertrag vom 10. Februar 1808)
  22. Herzogtum Mecklenburg-Schwerin (Vertrag vom 22. März 1808)
  23. Herzogtum Oldenburg (Vertrag vom 14. Oktober 1808)

Auszug aus Meyers Konversationslexikon, Band 4, Seite 0883 (public domain)

Dieser, der Rheinbund (s. d.), ward 12. Juli 1806 von 16 deutschen Fürsten: Bayern, Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt, Berg, Nassau, dem Fürsten-Primas v. Dalberg u. a., abgeschlossen und wahrte durch Berufung einer ständigen Bundesversammlung nach Frankfurt seinen föderativen Charakter, war aber ganz in der Gewalt seines Protektors, des französischen Kaisers, gegen den sich jeder einzelne Fürst zu ewigem Bündnis und zur Stellung eines fest normierten Kontingents in jedem Krieg verpflichten mußte. Dafür erhielten die Rheinbundsfürsten die Erlaubnis, die noch unabhängigen Reichsgrafen und Reichsfürsten in ihrem Gebiet zu mediatisieren. Auf die Anzeige an den Regensburger Reichstag von der Bildung des Rheinbundes und dem Austritt seiner Mitglieder aus dem Reichsverband (1. Aug. 1806) legte Franz II. 6. Aug. die Kaiserwürde nieder, und der Reichstag ging auseinander. Dies war das Ende des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation, nachdem es lange schon abgestorben war. Sein Untergang ließ die deutsche Nation fast unberührt, so sehr war durch seine Ohnmacht sein Ansehen gesunken.

Literatur

  • Birgit Fratzke-Weiß, Europäische und nationale Konzeptionen im Rhein­bund. Politische Zeitschriften als Medien der politi­schen Öffentlichkeit, Frankfurt/M.: Verlag Peter Lang 1997, 456 S.

Siehe auch