Proto-Welt-Sprache

hypothetische Ursprache aller Sprachen der Menschheit
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Als Proto-Weltsprache - auch Proto-World, Proto-Sapiens, Welt-Ursprache - bezeichnet man eine hypothetische Ursprache aller Sprachen der Menschheit, also eine Sprache, von der alle heute bekannten Sprachfamilien, isolierte Sprachen und tote Sprachen abstammen. Deren Existenz wird in der Theorie der Monogenese bzw. Monoglottogenese aller existierenden Sprachen angenommen. Die Existenz einer solchen Ursprache kann historisch, biologisch oder psychologisch begründet werden, aber auch in der Esoterik und Religion kommen Mythen von einer gemeinsamen urzeitlichen Sprache der gesamten Menschheit vor (z.B. der Turmbau zu Babel).

Direkte linguistische Aussagen werden jedoch wegen der enormen Zeitspannen - mindestens 100.000 Jahre - von den meisten Linguisten für kaum möglich gehalten. Daher ist es umstritten, ob Aussagen über die Eigenschaften einer Proto-Weltsprache überhaupt als ernsthafte Linguistik gelten können. Außerdem ist die Monogenese aller Sprachen als solche natürlich eine nicht beweisbare, aber auch nicht widerlegbare Hypothese. Dennoch gibt es, neben pseudowissenschaftlichen Ansätzen (z.B. die Paläolinguistik von Richard Fester), auch ernsthafte Versuche der amerikanischen Linguisten Merritt Ruhlen und John D. Bengtson, globale Wortgleichungen aufzustellen.

Unabhängig von der Frage einer generellen Monogenese der Sprache, sind natürlich Situationen denkbar, in denen eine völlig neue Sprache unabhängig von bestehenden Sprachen entsteht. Die Zeichensprache von Nicaragua ist möglicherweise ein Beispiel dafür, wie eine unartikulierte Sprache natürlich unter tauben Kindern von hörenden Eltern entstanden ist.

Einer Geschichte von Herodot zufolge unternahm bereits der Pharao Psammetich I. in Ägypten einen Versuch, die Ursprache (im Sinne von „Proto-World-Sprache“) zu finden. Er gab einem Hirten zwei neugeborene Kinder und befahl, diese so aufzuziehen, dass sie niemals ein gesprochenes Wort vernehmen sollten. Er wollte auf diese Weise herausfinden, in welcher Sprache die Kinder zuerst ein Wort sagen würden. Nach ca. 2 Jahren streckten die Kinder bittend die Hände aus und sagten „Bekos“. Dies hieß in der Sprache der Phryger „Brot“. Der Pharao schloss daraus, dass die Phryger eine noch ältere Rasse als die Ägypter wären. Soweit Herodot, dessen Geschichte in diesem Fall wohl doch eher ins Land der Märchen und Sagen gehört.

Salimbene von Parma, ein Franziskanermönch, erzählte eine ähnliche Geschichte über Friedrich II., den Stauferkaiser. Hier allerdings sterben die Säuglinge frühzeitig mangels Zuwendung, ohne ein Wort zu sagen.

Siehe auch

Literatur

  • Merritt Ruhlen: On the Origin of Languages. Studies in Linguistic Taxonomy. Stanford University Press 1994.
  • Martin Kuckenburg: Wer sprach das erste Wort? Die Entstehung von Sprache und Schrift. Theiss, Stuttgart 2004.
  • Umberto Eco: Die Suche nach der vollkommenen Sprache. C.H. Beck, München 1994.
  • Richard Fester: Sprache der Eiszeit. Die ersten sechs Worte der Menschheit. Herbig, 1980.
    (Ein Machwerk mit völlig unwissenschaftlichen Spekulationen.)