Die Anatra D und ihr Nachfolgemodell Anatra DS waren zur Aufklärung verwendete Anderthalbdecker aus russischer Produktion. Weitere Aufgabengebiete waren die Feuerleitung der Artillerie sowie die Unterstützung der eigenen Bodentruppen. Geflogen wurden sie im ersten Weltkrieg und nach der Oktoberrevolution auch im russischen Bürgerkrieg.
Anatra D
Die 1913 in Odessa gegründeten Anatra-Werke waren vor und während des 1. Weltkrieges auf die Lizenzproduktion von französischen Flugzeugen der Typen Farman, Nieuport, Voisin und Morane spezialisiert, da die russische Luftfahrtindustrie noch keine eigenen Flugzeugmuster aufweisen konnte.
Parallel dazu begann der französische Angestellte Elysée Alfred Descamps mit der Entwicklung einer eigenen Konstruktion, wobei er sich hierbei an einer erbeuteten deutschen Aviatik orientierte. Am 15. Dezember 1915 startete die Anatra D (D für Descamps) mit einem 74 kW Gnôme Monosoupape Motor zum Erstflug. Offiziell wurde sie auch als Anadé bezeichnet. Ein anderer Prototyp bekam ein stärkeres 81 kW Clerget Rotationstriebwerk und die Namen Dekan oder Anaclé (Anaclér). Mit einem solchen Typ verunglückte der firmeneigene Pilot Jean Robinet aufgrund der schwachen Flügelstruktur während eines Testfluges tödlich. Trotzdem begann die Serienfertigung mit der Auslieferung des ersten Exemplares am 16. Mai 1916 und lief ein Jahr lang bis zur Fertigstellung der 170. Maschine. Ab 1919 ging die Anatra D allmählich in den Bestand der Schuleinheiten über.
Anatra DS
Der als Anatra DS oder auch als Anasal bezeichnete Nachfolger war in seiner Struktur verstärkt worden und besaß einen verkürzten Oberflüge und einen verlängerten Rumpf. Er flog erstmals am 25. Juli 1916 mit einem 118 kW Salmson Antrieb und war recht beliebt. Von diesem Typ wurden 60-70 Stück gebaut und bis 1920 von den russischen und später sowjetischen Luftstreitkräften geflogen. Einige Exemplare gingen 1919 an die CSA und 9 Stück an Polen.
Einige Anatra's bekamen einen stärkeren Salmson Motor und die Bezeichnung Anatra DM, eine Version mit zwei zusätzlichen Druckschrauben-Triebwerken an den Unterflügeln wurde Anatra DE genannt.
Technische Beschreibung
Die Anatra D/DS besaß einen rechteckigen Rumpf in Kasten-Holzbauweise. Er besaß am vorderen Teil eine Blechbeplankung und war ansonsten ebenso wie das Tragwerk stoffbespannt. Der Oberflügel wurde mit dem Unterflügel sowie mit dem Rumpf durch I-Stiele verbunden. Das gesamte Tragwerk sowie das Normalleitwerk waren verspannt. Der Unterflügel besaß kein Querruder. Das Hauptfahrwerk war starr und besaß eine durchgehende Achse; am Heck befand sich ein Schleifsporn.
Technische Daten
Kenngröße | Anatra D | Anatra DS |
---|---|---|
Spannweite | oben 11,50 m unten 10,30 m |
11,42 m |
Länge | 7,70 m | 8,10 m |
Höhe | 2,90 m | 3,20 m |
Flügelfläche | 35,0 m² | - |
Leermasse | 515 kg | 814 kg |
Startmasse | maximal 865 kg |
maximal 1.164 kg |
Antrieb | ein Gnôme Monosoupape Sternmotor (74 kW/100 PS) |
ein Salmson Sternmotor (118 kW/ 150 PS) |
Höchstgeschwindigkeit | 132 km/h in Bodennähe |
144 km/h |
Gipfelhöhe | 4.000 m | 4.300 m |
Reichweite | 350 km | - |
Fludauer | 3,5 h | 3,5 h |
Bewaffnung | ein bewegliches 7,7-mm-MG | ein starres 7,7-mm-MG ein bewegliches 7,7-mm-MG |
Besatzung | 2 | 2 |
Siehe auch: Liste von Flugzeugtypen