Der OM601-Motor sowie seine Parallelmodelle OM602 und OM603 sind Vorkammereinspritzung-Dieselmotoren mit vier, fünf und sechs Zylindern in Reihe, entwickelt und produziert von Daimler-Benz zum Einsatz vorrangig in den Mercedes-Benz-Fahrzeugen.
Diese Motoren lösten 1983 / 1984 die Vorläufer OM615, 616 und OM617 ab. Sie wurden in PKWs, Kleintransportern und Unimogs von Mercedes seit Anfang der 1980er Jahre in Millionen-Stückzahlen eingebaut. Diese Motoren sind noch heute auf den Straßen der Welt in Hunderttausenden Exemplaren unterwegs.
Dieser Artikel behandelt auch deren Nachfolgetypen OM604, OM605, OM606 mit vier Ventilen je Zylinder und OM611, OM612, OM613, OM646, OM647, OM648 mit Turboaufladung und Common-Rail-Direkteinspritzung.
Der Vierzylinder OM646 wird heute noch gebaut, während die Fünf- und Sechszylinder OM647, OM648 bereits durch den V6 OM642 abgelöst wurden.
Das Kürzel „OM“ steht für „Oel-Motor“ (Motor, der mit Leichtöl/Diesel betrieben wird) und bezeichnet bis heute die Dieselmotoren von DaimlerChrysler.
Bedarfsfall, Geschichte
Die Premiere des OM601-Motors war 1983 im neuen „kleinen“ Mercedes-Modell 190 D der Serie W201. Er war eine moderne Konstruktion im Vergleich zu den noch parallel im Mittelklassemodell W123 weiterproduzierten vorigen Dieselmotorentypen OM615, OM616 und OM617. Er war gegenüber dem OM615 um 49 kg leichter (mit Öl und Wasser).
Die vorigen Motoren OM615 und 616 waren für den 190D (W201) zu groß, bauten für den Einbauraum in der kleineren Karosserie zu hoch und waren auch entschieden zu schwer. So erschien 1983 für diesen Wagen mit dem Motortyp OM 601 der erste Vertreter einer neuen Mercedes-Dieselmotorengeneration, die hinsichtlich Grundkonstruktion und Fertigungseinrichtungen bis heute aktuell ist.
Zunächst kam der Motor für das Modell 190 D heraus, mit einer Leistung von 53 kW (72 PS) und einem Hubraum von 2,0 Litern, womit gegenüber dem Modell 200 D der Mittelklasse W123 die Leistung des kleineren Wagens um 9 kW höher lag. Dieser Motor blieb zunächst ein Jahr lang der einzige neuere Dieseltyp, zeichnete aber den Weg vor, den Daimler-Benz mit den Motoren konstruktiv gehen wollte: leichter, sparsamer, höhere Drehzahlen, verbesserte Fertigungstechnik.
Mit der Ablösung der stärkeren Fünf- und Sechszylinder bei einer Modellpflege der aktuellen E-Klasse (Stand 2007) kündigte sich im Jahr 2006 ohne großes Aufsehen das Ende dieser Motorenbaureihe an: die neueren starken CDI-Motoren in den Typen 280 CDI und 320 CDI sind nunmehr V6-Zylinder (OM642) mit den Vorteilen höherer Drehmomente, besserer Abgaswerte und günstigerer Produktionskosten. Auch der V8-CDI OM 629 basiert auf der gleichen Motorgeneration. Erstmals seit Erscheinen des Aufsehen erregenden Typs 240 D 3.0 (W115) im Jahre 1974 wird nun kein Fünfzylinder-Motor mehr angeboten. Dessen Nachfahren OM 602, 612 und 647 waren in vielen Modellen noch einige Zeit erhältlich, aber dann ersetzte Daimler-Benz die Fünf- und Sechszylinder Reihenmotoren durch den V6 OM642.
Somit scheint das Motorenkonzept des OM601 nun allmählich auszulaufen und momentan (Sommer 2007) nur noch in dem Reihen-Vierzylinder OM646 fortzubestehen. Bislang ist noch nicht bekannt, wie die Entwicklung der Vierzylinder-Dieselmotoren weitergeht, jedoch wird es bei neueren Entwicklungen bei Reihenvierzylindern bleiben, da sich die V-Form bei nur vier Brennräumen aus Gründen der Laufruhe nicht eignet. Man entwickelt bei Mercedes jedoch eine neue Generation von Vierzylinder-CDI, die dann mit ca. 2,2 Litern Hubraum auf über 150 kW (200 PS) kommen werden.
Erweiterung der Zylinderzahl
Bei Einführung der neuen Mittelklasse, der Modellreihe W124 im Jahr 1984 wurde der Vierzylindermotor OM601 um die Varianten mit fünf und sechs Zylindern OM602 und OM603 ergänzt. Basismodell der später in „E-Klasse“ umbenannten Mittelklasse wurde der Mercedes-Benz 200 D mit dem gleichen Motor des 190 D und später 55 kW (75 PS).
Die Motoren entstanden in einem anfangs äußerst konsequent genutzten Baukastensystem. Sie wurden alle in der Fertigung Untertürkheim im Neckartal an der Stuttgarter Stadtgrenze zu Esslingen hergestellt.
Technisches Profil
Diee Motoren OM601 bis 603 der Ursprungsserie von 1983/1984 haben Querstromgaswechsel und eine obenliegende Nockenwelle, die zwei Ventile pro Zylinder über Tassenstößel mit hydraulischem Ventilspielausgleich betätigt. Sie haben gegenüber den Vorgängern deutlich reduziertes Gewicht und Abmessungen. Der Motorblock ist aus Grauguss, und der Zylinderkopf aus Leichtmetall. Die gesteigerte Leistung wurde erkauft mit einem höheren Drehzahlniveau und einem geringeren Drehmomentanstieg. Die Vorkammereinspritzung der Vorgängermotoren wurde in optimierter Ausführung beibehalten. Das bedeutet, gemessen an damals bereits vorhandenen Konkurrenzkonzepten (z. B. VW, Fiat) weniger Leistung zu bieten, und etwas höheren Verbrauch in Kauf zu nehmen, aber auch weniger Geräusch zu verursachen im Vergleich zu einer Wirbelkammereinspritzung. Eine Direkteinspritzung wurde in jenen Jahren noch nicht in PKW eingebaut, da man noch keine akzeptable Laufruhe erreichen konnte.
Beispielhaft die Daten des OM601:
- vier Zylinder in Reihe, 15° nach rechts geneigt
- Bohrung 87 mm, Hub 84 mm, Hubraum 1997 cm3
- Verdichtung 22 : 1
- Leistung 53 kW / 72 PS (später 55 kW) bei 4600 U/min
- Drehmoment 123 Nm bei 2800 U/min (später 126 Nm bei 2700 bis 3550 U/min)
- Höchstdrehzahl 5150 U/min
Die anderen Motoren OM602 und OM603 unterscheiden sich nur durch die größere Zylinderzahl. Alle Grundabmessungen, und auch Zylinderbohrung und Hub, sind gleich. Sie haben auch die gleiche Literleistung und nahezu den gleichen Verlauf der Drehmomentkurve. Sämtliche Kolben, Pleuel, Vorkammern und Einspritzdüsen sind baugleich. Der Hubraum jedes Einzelzylinders beträgt knapp 500 cm3. Der Fünfzylinder leistet 66 kW (90 PS) bei 2,5 Litern Hubraum für das Modell 250 D (später 69 kW), und der Sechszylinder bei 3,0 Litern Hubraum zunächst 80 kW (109 PS) im Modell 300 D, später 83 kW.
Es gab sie anfangs nur als Saugmotoren, später dann auch mit Turboaufladung. Für Transporter und den Industriemotoreneinsatz gab es Versionen mit 15% mehr Hubvolumen. Der vergrößerte Sechszylindermotor mit Turboaufladung (3,5 Liter) wurde später teils auch in den PKW der S-Klasse (350 SD für USA) eingesetzt.
Turbos
Auf der Basis des Fünf- und Sechszylinders entstanden dann Turbodiesel-Varianten. Sie hatten in den PKW ein auffälliges Merkmal: ihr „Atmungsbedarf“ war so groß, dass die normalerweise verbaute Luftansaugung im Motorraum laut Daimler-Benz nicht funktionierte. Ein junger Entwicklungsingenieur regte an, zu dem auffälligen Merkmal von „Kiemenschlitzen“ im vorderen rechten Kotflügel zu greifen.
Dem „kleineren“ Mercedes 190 D 2.5 Turbo-Fünfzylinder spendierte man sechs Kiemenschlitze; dem größeren Mercedes 300 D Turbo-Sechszylinder verpasste man fünf Kiemenschlitze, jeweils im rechten vorderen Kotflügel vor dem Radausschnitt. Der kleinere Motor leistet mit Turbo 93 kW (126 PS), der große Dreiliter zunächst 105 kW (143 PS), später auf 108 kW gesteigert. Später wurden auch Saugdieselmodelle mit Kiemen ausgeliefert.
Diesel in Coupés und in der S-Klasse
Der Dreiliter-Turbomotor war dann auch für würdig befunden, die S-Klasse anzutreiben, sowie für den Export in die USA auch das Mittelklasse-Coupe mit dem Modellnamen 300 CD. Beides Maßnahmen, mit denen man den damals aufkommenden Flottenverbrauchsvorschriften in den USA gerecht zu werden versuchte, deren Verfehlen einen Verkaufsstop für die gesamte Mercedes-PKW-Palette im lukrativen amerikanischen Markt hätte bedeuten können. Daimler-Benz musste also etwas tun; sie taten etwas, dessen Ergebnis den Europäern zunächst noch etliche Jahre lang vorenthalten wurde: Diesel in Coupés und in Fahrzeugen der S-Klasse einzubauen.
Verwendung des OM 601 (Vierzylinder)
- 190 D (W201) 1983-1993
- 200 D/E 200 Diesel (W124) 1984-1995
- 2,3 l in Kleintransportern und als Industriemotor
- OM 601-2.3, Saugmotor, in Transportern ca. 58 kW
- OM 601 A-2.3, turboaufgeladen, in Transportern ca. 71 kW
- Mercedes Unimog
- Einbaumotoren:
Verwendung des OM 602/OM 605 (Fünfzylinder)
- 190 D 2.5 (W201) 1984-1993
- 190 D Turbo (201) 1986-1993
- 250 D/E 250 Diesel (W124) 1983-1995
- 250 D-Turbo/E 250 Turbodiesel (W124) 1986-1995
- PKW-Saugmotoren mit anfangs 66 kW, später 70 kW, zuletzt 83 kW
- PKW-Turbomotoren mit anfangs 85 kW, später 92 kW, zuletzt 93 kW
- Hubraum-erweiterte Version mit 2,9 l
Verwendung des OM 603/OM 606 (Sechszylinder)
- 300 D/E 300 Diesel (W124) 1984-1995
- 300 D-Turbo/E 300 Turbodiesel (W124) 1986-1995
- 300 CD-Turbo/E 300 Turbodiesel (W124) 1986-1995
- 300 SD-Turbo (W126) 1986-1995
- als Saugmotor anfangs mit 80 kW, später mit 85 kW, zuletzt 100 kW
- als Turbo mit 105, dann 108 kW
- hubraumerweiterte Version mit 3,5 l
OM 604 bis 606
Die Vorkammer-Motoren wurden später mit vier Ventilen je Zylinder versehen und erhielten die Bezeichnungen OM604 bis OM606. Ab 1993 wurden zunächst OM605 und OM606 (E 250 Diesel und E 300 Diesel) als Saugmotoren in die Mittelklasse-PKW W124 eingebaut, wo parallel weiter Zweiventiler als Turbomotoren verwendet wurden. Das Diesel-Einstiegsmodell des W124, der E 200 Diesel, behielt weiterhin den OM601. Der OM604 hatte im Gegensatz zu den OM605 und OM606 größere Werte für Bohrung (89 mm) und Hub (86.6 mm) und somit 2155 cm3 Hubraum. Er kam erstmals 1993 in der neuen C-Klasse W202 zum Einsatz und hatte als einziger Mercedes-Diesel eine Verteilereinspritzpumpe von Lucas statt der legendären und für ihre Robustheit bekannten Reiheneinspritzpumpen von Bosch. Diese Lucas-Einspritzpumpen hatten und haben erhebliche Qualitätsprobleme, sodass der mit über 2000 € sehr teure Austausch der Einspritzpumpe bis heute etwa alle 100.000 bis 200.000 km nötig ist. Ab 1995 gab es OM605 und OM606 auch als Turbodiesel.
Die Saugmotoren OM604 bis 606 leisteten 70 / 83 / 100 kW bei 5000 U/min und erbrachten ein Drehmoment von 150 (3100-4500 U/min) / 173 (2000-4600 U/min) / 210 Nm (2200-4600 U/min).
Übergangsmodell 2,9-l-Fünfzylinder
Eine Ausnahmestellung hat der Fünfzylinder Motortyp OM602 DE 29 LA mit 2,9 l Hubraum, verbaut in den Anfangsjahren der nachfolgenden E-Klasse, mit Turboaufladung und Ladeluftkühlung. Dies war der erste Mercedes-PKW-Motor mit Direkteinspritzung, allerdings noch ohne Common-Rail-System (CDI). Trotz sehr zurückhaltender Leistungsauslegung, Piloteinspritzung etc. hatte der Motor das laute Geräuschbild eines Direkteinspritzers der ersten Generation; nur reichlich Dämmmaterial milderte den Geräuschpegel. Verbaut wurde der Motor in der E-Klasse W210 und im Sprinter-Kleintransporter mit jeweils 95 kW (122 PS).
Weitere Entwicklung bis heute
Es folgten schließlich die im wesentlichen bis heute (Stand Sommer 2007) verbauten Common-Rail-Motoren OM 611/612/613 als Vier-, Fünf- und Sechszylinder mit 2,2, 2,7 und 3,2 Liter Hubraum. Diese Motoren gab es von Anfang an nur als Turbo und mit vier Ventilen je Zylinder. Sie wurden im Laufe der Jahre nochmals modifiziert, die neuen Bezeichnungen lauten seit dem OM 646/647/648. Die Hubräume blieben nahezu gleich, nur die Leistung erhöhte sich geringfügig.
Mittlerweile wurden die Fünf- und Sechszylinder von den neuen V6-Dieseln OM 642 abgelöst. Die Vierzylinder-CDI sind weiterhin im Programm. Allen gemeinsam sind Direkteinspritzung, zwei obenliegende Nockenwellen, vier Ventile je Zylinder und Turboaufladung mit Ladeluftkühlung.
OM 611/OM 646 (Vierzylinder)
Der OM 611 wurde von 1998 bis 2003 in den PKW der C-, CLK- und E-Klasse eingesetzt und darüber hinaus ist er im Sprinter, Viano und Vito verbaut. Der 2,2 Liter Turbodieselmotor hat einen Hubraum von 2148 cm³, Hub x Bohrung beträgt 88,34 mm x 88 mm, ist mit vier Ventilen pro Zylinder und einem BOSCH Common-Rail-Einspritz-System ausgestattet. Zudem verfügt der Motor über einen Abgasturbolader mit variabler Turbinengeometrie, Abgasrückführung (AGR) und eine Kanalabschaltung zur Veränderung des Einlassdralls.
Er wurde bei den PKW-Modellen jeweils mit zwei Leistungsstufen (Modellbezeichnung 200 CDI und 220 CDI) angeboten. Im OM 611 mit 75–105 kW (102–143 PS) und im modifizierten OM 646 mit 90–110 kW (122–150 PS). Ab 2007 wurde die Leistung nochmals auf 100 kW (136 PS) im 200 CDI und auf 125 kW (170 PS) im 220 CDI gesteigert.
Bei den Transportern ist der Motor (OM 611 DE 22 LA) auch mit den Leistungen 60 kW (82 PS), 80 KW (109 PS) und 95 kW (129 PS) erhältlich.
OM 612/OM 647 (Fünfzylinder)
Der 2,7 Liter-Reihenfünfzylinder kommt in der C/CLK/E und ML-Klasse sowie im Sprinter zum Einsatz. Dort leistet der OM 612 Motor 120–130 kW (163–177 PS) und im Sprinter 115 kW (156 PS). AMG fertigte von 2003–2005 eine Spezialversion für die C-Klasse an, den C30 CDI mit der Motorbezeichnung OM 612 DE 30 LA. Dieser hat die Leistung von 170 kW (231 PS) und einen 3,0 l Hubraum. Der Motor wird von Ssangyong in Korea immer noch in Lizenz gefertigt, weiterhin wird der OM612 auf besonderen Wunsch noch in der G-Klasse geliefert.
In der E-Klasse (W211) wurde der Reihenfünfszylinder OM647 zunächst als E270 CDI mit 130 kW(177 PS) angeboten und ab 2004 durch einen mit Partikelfilter ausgestatteten Reihensechszylinder OM648 ergänzt. Dieser trug die Bezeichnung E 280 CDI und hatte einen gedrosselten 3,2 Liter Motor mit einer Leistung von ebenfalls 130 kW(177 PS). Abgelöst wurde dieser dann 2005 von dem moderneren 3,0 Liter V6-CDI OM642 mit 140 kW(190 PS), die Modellbezeichnung "E 280 CDI" blieb bestehen.
OM 613/OM 648 (Sechszylinder)
Der 3,2 Liter CDI-Reihensechszylinder leistete im OM613 145 kW (197 PS) und wurde vom OM648 mit 150 kW (204 PS) ersetzt. Der OM648 war ab 2004 kurzzeitig als gedrosselte Version in der E-Klasse als 280 CDI im Verkauf. Dieser Motor ergänzte den Fünfzylinder OM 647, den es damals nicht mit Partikelfilter gab. Der E 280 CDI leistete ebenso 130 kW (177 PS) und hatte den DPF serienmäßig.
Seit 2005 ersetzt der neue V6-CDI OM 642 die alten Reihenfünf- und Sechszylinder. Der Hubraum des neuen Dieselmotors beträgt 3,0 Liter, trotzdem blieben die Typenbezeichnungen E 280 CDI (140 kW, 190 PS) und E 320 CDI (165 kW, 224 PS) gleich.